Die Ergebnisse der KiGGS Welle 2 zeigen zum Beispiel, dass Kinder und Jugendliche mit niedrigem sozioökonomischen Status sich häufiger als Gleichaltrige aus sozial bessergestellten Familien ungesund ernähren, dass sie seltener Sport treiben und häufiger übergewichtig oder adipös sind. Die Daten sind in einem Focus-Beitrag im Journal of Health Monitoring 2/2018 veröffentlicht, der Online-Zeitschrift des Robert Koch-Instituts zu Public-Health-Themen. Die RKI-Wissenschaftler erfassen den sozioökonomischen Status bei KiGGS mit einem Index, der auf Angaben der Eltern zu ihrem Bildungsstand, ihrer beruflichen Stellung und der Einkommenssituation (Netto-Äquivalenzeinkommen) basiert.
Für die Gesundheit der Bevölkerung ist es von zentraler Bedeutung, dass bereits die Kinder und Jugendlichen an eine gesundheitsbewusste Lebensweise herangeführt werden. Eltern bestimmen zum Beispiel durch ihr Einkaufsverhalten und gemeinsame Mahlzeiten das Ernährungsverhalten ihrer Kinder. Auch den natürlichen Bewegungsdrang ihres Nachwuchses beeinflussen sie durch Fördern oder Bremsen. Wie häufig sich Kinder und Jugendliche im Freien bewegen, hängt aber auch maßgeblich von den Wohnverhältnissen ab, von Grünflächen, Sportangeboten und dem Verkehrsaufkommen. Die Verhältnisse spielen auch bei der Ernährung eine wichtige Rolle. So steigt die Wahrscheinlichkeit einer ungesunden Ernährung, wenn in der Nachbarschaft vor allem Fast-Food-Angebote dominieren.
Erzieherische Ansätze und Einzelmaßnahmen wie Trainings- oder Kursangebote, die auf eine Verhaltensänderung des Einzelnen abzielen, haben sich in der Vergangenheit als wenig effektiv erwiesen, zudem kommen solche Maßnahmen bei sozial benachteiligten Gruppen kaum an. Nachweislich bessere Erfolge sind zu erzielen, wenn verhaltenspräventive Ansätze durch Verhältnisprävention ergänzt werden, das heißt Maßnahmen, die an den konkreten Lebensbedingungen und gesellschaftlichen Strukturen ansetzen. Das Ziel der Verhältnisprävention besteht darin, die Lebensumstände der Menschen so zu verändern, dass es ihnen leichter fällt, gesundheitsförderliche Entscheidungen zu treffen. „Die Kombination aus verhaltens- und verhältnispräventiven Ansätzen scheint für eine evidenzbasierte Prävention besonders erfolgversprechend“, betont Wieler.
Werden die komplexen Ursachen des Gesundheitsverhaltens und die Bedeutung der Lebensumstände (materielle Ressourcen, Bildung, Umweltfaktoren etc.) außer Acht gelassen, besteht die Gefahr einer einseitigen Schuldzuweisung in Richtung der von Gesundheitsrisiken am stärksten betroffenen Bevölkerungsgruppe („blaming the victim“).
Die neue Ausgabe des Journal of Health Monitoring enthält neben Focus-Beiträgen zur Kindergesundheit auch Fact sheets zur subjektiven Gesundheit bei Erwachsenen und zur Passivrauchbelastung bei Erwachsenen. Diese Daten stammen aus der Studie „Gesundheit in Deutschland aktuell“ (GEDA 2014/2015-EHIS).