Der Gemeinsame Bundesauschuss fördert dafür die Universitäten Erlangen-Nürnberg und Bamberg ab Mai 2019 drei Jahre lang mit rund 2.4 Millionen Euro aus seinem Innovationsfonds.
„Wer gerade einen Alkoholentzug geschafft hat, hat ein sehr hohes Rückfallrisiko“, erklärt Prof. Dr. Sabine Steins-Löber, Inhaberin des Lehrstuhls für Klinische Psychologie und Psychotherapie an der Universität Bamberg. „In dieser Phase sind individuell passende Anschlussmaßnahmen besonders wichtig.“ In Zusammenarbeit mit mehreren Kliniken führen Forschende der Universität Erlangen-Nürnberg deshalb einen innovativen Behandlungsplan in der Region Franken in Bayern ein: Mit Hilfe der neuen Versorgungsform namens SmartAssistEntz, die Prof. Dr. Matthias Berking und sein Team an der Universität Erlangen-Nürnberg entwickelt haben, werden Betroffene unterstützt, geeignete Anschlussmaßnahmen zu finden, in Anspruch zu nehmen und nachhaltig zu nutzen. Dafür lernen die Patientinnen und Patienten zuerst, mit einer App die eigene Motivation zu stärken, Suchtverlangen zu erkennen und mit Risikosituationen umzugehen sowie die eigenen Ressourcen zu aktivieren. Im zweiten Baustein erhalten sie über Telediagnostik Empfehlungen für passende Anschlussmaßnahmen wie Selbsthilfegruppen oder Paargespräche. Im dritten Baustein erarbeiten die Betroffenen gemeinsam mit einem eCoach einen Nachhaltigkeitsplan, in dem festgehalten ist, welche dieser Maßnahmen wann umgesetzt werden.
Ob und wie diese Bausteine greifen, untersuchen die Bamberger Psychologinnen und Psychologen Sabine Steins-Löber, Niklas Enewoldsen und Daniela Reichl. Ihr Teilprojekt wird mit rund 395.000 Euro der Gesamtsumme gefördert. „Wir evaluieren die Effekte des neuen Behandlungskonzepts. Dafür vergleichen wir unter anderem das Rückfallrisiko innerhalb von sechs Monaten beim Einsatz von SmartAssistEntz mit der Regelversorgung“, erklärt Steins-Löber. Die Forschenden befragen Betroffene sowie Behandler, auch Routinedaten der beteiligten Krankenkassen und der Rentenversicherung werden miteinbezogen. „Wenn sich das Konzept bewährt, ist denkbar, dass es auch in anderen Regionen angewendet wird oder Teil der Regelversorgung wird.“ Erste Ergebnisse erwartet die Psychologin, die unter anderem auch zu Adipositas, Essstörungen, Kaufsucht und Binge-Watching forscht, ab Januar 2021.