Leserbrief 6
Es besteht für die kardiovaskuläre Reaktion auf Hypoxie kein Unterschied zwischen hypobarer und normobarer Hypoxie. Untersuchungen von Hunderten von Personen über die letzten 7 Jahre allein in unserer Einrichtung haben gezeigt, dass bis zu der in normobarer Hypoxie maximal möglichen ~6000 m keinerlei gesundheitliche Schäden zu erwarten sind, wenn der Aufenthalt auf weniger als 4 Stunden begrenzt wird. Eine bei uns gerade fertiggestellte Dissertation von Gerhard Gaube (zur Veröffentlichung eingereicht im AJRCCM/Blue Journal) zeigt bei 36 Probanden (Alter 19–50 Jahre), dass die Erhöhung des pulmonalen Drucks in diesem Zeitraum eher geringgradig ist (noninvasiv gemessen über der Trikuspidalis) und sich die deutliche Rechtsherzvergrößerung in weniger als einer Minute in Normoxie wieder komplett rückbildet.
Ein zwingend vorgeschriebenes Tragen eines Sauerstoffgeräts ab 13 Vol% O 2 würde wissenschaftliches Arbeiten in normobarer Hypoxie, in der sich wissenschaftlich tätige Akademiker und Assitenzkräfte für Sättigungsmessungen, Blutentnahmen etc. bewegen müssen, unmöglich machen.
Entscheidend für ein mögliches Gesundheitsrisiko ist die Zeit. Solange die in normobarer Hypoxie arbeitenden Personen sich nicht länger als 8 Stunden in normobarer Hypoxie aufhalten, besteht bei nicht (Nyha 3 und 4) Herzkranken kein Risiko. Chronische Höhenkrankheit ensteht nicht in intermittierender Hypoxie. Chronische Höhenkrankheit ensteht nur bei mehrwöchigen bis mehrmonatigen oder mehrjährigen Aufenthalten in hypobarer Hypoxie (in normobarer hat sich, soweit mir bekannt ist, noch niemand so lange aufgehalten).
Ich finde es auch bedauerlich, dass die europäischen Wissenschaftler, die solche normobaren Hypoxieeinrichtungen haben und seit Jahren darin forschen (Prof. Burt- scher in Innsbruck, Prof. Richalet in Gre- noble, Prof. Küpper in Aachen und ich in Bad Aibling/Uni Salzburg und Ulm), nicht zu solchen Fragestellungen gehört werden.
Priv.-Doz. Dr. med. N.C. Netzer , Salzburg
Leserbrief 7
Als Präsident der Europäischen Luftretter (EURAMI), Mitherausgeber des Buches „Intensivtransport“ für den gleichnamigen DIVI Kurs und verantwortlicher Arzt für die weltweite Versorgung von Patienten auch unter hypoxischen Bedingungen, habe ich Ihre Veröffentlichung mit Interesse gelesen. Da wir eng mit den Betriebsärzten unserer Kunden zusammenarbeiten und diese bei der weltweiten Umsetzung der G 35 und anderer arbeitsmedizinischer Rahmenbe- dingungen unterstützen, sind wir an einer praxisnahen Umsetzung sehr interessiert.
Es ist immer wieder erstaunlich, wie wenige Probleme die Hypoxie für unsere Patienten darstellt. Auch der „normale“ Passagier in einem Flieger hat unter hypoxischen Bedingungen keine relevanten Pro- bleme (siehe Veröffentlichung der Notfälle an Bord der Lufthansa-Flotte).
Diese Erkenntnisse stimmen mit den Ergebnissen der Fachliteratur überein. Ich würde sehr dafür plädieren, wenn man sich auf die medizinisch notwendigen und einen Effekt hervorrufenden Untersuchungen beschränkt. Eine zu starke Reglementierung und Bürokratisierung, ohne dass dabei dem Arbeiter geholfen wird, macht für alle vor Ort Beteiligten wenig Sinn.
Dr. med. Michael Weinlich , Reutlingen
Replik der Autoren
Der Arbeitskreis Atemschutz war über- rascht über die Vielzahl der Zuschriften, die die ASU nach der Veröffentlichung des Vorschlages zum DGUV-Grundsatz G 28 erreichten. Die Anzahl der betroffenen Betriebe ist überschaubar, und vielen mit der Thematik befassten Kollegen war schon im Vorfeld Gelegenheit gegeben worden, sich zu dem Entwurf zu äußern.
Einige (verständliche) Unklarheiten gab es hinsichtlich der Einordnung des Grund- satzes ins Vorschriften- und Regelwerk sowie zu notwendigen technischen und organisatorischen Schutzmaßnahmen. Re- gelungen und Informationen hierzu werden sich in der BGI 5162 finden, mit deren Veröffentlichung wir in den nächsten Monaten rechnen. Leider war eine zeitgleiche Publikation mit dem G 28 nicht möglich.
Unverändert teilen wir nicht die Ansicht einiger Kollegen, dass Schutzmaßnahmen völlig verzichtbar seien, weil sich Menschen in ihrer Freizeit oder beim Sport ähnlichen Gefährdungen aussetzen. Abgesehen von den im Detail unterschiedlichen Expositionsbedingungen kann das Schutzniveau von Beschäftigten nicht an Risiken von Freizeitgestaltung und Leistungssport gemessen werden, zumal dieser Grundsatz auch erkrankte Beschäftigte zuverlässig erkennen und schützen soll.
Viele Zuschriften betrafen Aspekte, die bereits in unserem Arbeitskreis ausführlich diskutiert wurden. Der Untersuchungsumfang wurde reduziert, insbesondere in der Risikogruppe 1, die Auflistung hinsichtlich gesundheitlicher Bedenken ergänzt. Es bleibt nun abzuwarten, welche Auswirkungen die geplante Novellierung der ArbMedVV sowie die Neuregelung des Beschäftigtendatenschutzes auf die Untersuchungen nach dem DGUV-Grundsatz G 28 haben wird.
Für den Arbeitskreis 1.2 „Atemschutz“ im Ausschuss Arbeitsmedizin der Gesetzlichen Unfallversicherung: Dr. med. Andreas Rickauer