Mehr als vier von zehn jungen Frauen (41 Prozent) zwischen 18 und 34 Jahren sagen, dass sie aktuell unter Depressionen, Angststörungen, Essstörungen, Zwangsneurosen oder anderen psychischen Erkrankungen leiden. Zu diesem Ergebnis kommt der dritte AXA Mental Health Report für den das Meinungsforschungsinstitut Ipsos eine bevölkerungsrepräsentative Umfrage ab 18 Jahren in Deutschland und fünfzehn weiteren Ländern durchgeführt hat. Im Bundesdurchschnitt gibt rund jede:r Dritte (32 Prozent) an, derzeit unter einer mentalen Erkrankung zu leiden. Im Vergleich mit den weiteren untersuchten Ländern aus Europa liegen Deutschland und Großbritannien (32 Prozent) damit an der Spitze. In Frankreich gibt nicht einmal jede:r Fünfte (19 Prozent) an, aktuell psychisch erkrankt zu sein.
Krieg und seine Folgen aber auch Druck durch Social Media beeinflussen das psychische Wohlbefinden der Deutschen
Die Mehrheit der Deutschen gibt an, dass die steigenden Preise (89 Prozent), der Krieg (81 Prozent) und der Zustand der Wirtschaft (76 Prozent) einen negativen Einfluss auf ihr emotionales Wohlbefinden haben. Unter den 18- bis 24-Jährigen ist der Anteil derjenigen, die steigende Preise als Einflussfaktor nennen mit 90 Prozent sogar noch höher als im Bundesdurchschnitt. Auffällig ist außerdem: Drei Viertel dieser Altersgruppe nennen neben dem Krieg (75 Prozent) auch persönliche Faktoren wie das eigene Körperbild (75 Prozent) und gesellschaftliche Erwartungen (75 Prozent) als wichtige Einflussfaktoren auf ihre emotionale Verfassung. Deutlich mehr als die Hälfte (63 Prozent) der 18- bis 24-Jährigen sagen außerdem, dass die sozialen Medien und das „always on“ im Internet ihre emotionale Verfassung negativ beeinflussen.
„Die aktuelle psychische Verfassung unserer Gesellschaft stimmt bedenklich. Die gleichzeitigen Krisen haben ihre Spuren in der Bevölkerung hinterlassen – gerade bei jungen Menschen. Mit dem AXA Mental Health Report wollen wir auf diese Situation aufmerksam machen und gleichzeitig einen Beitrag dazu leisten, dass mentale Probleme und Erkrankungen kein Tabu mehr in unserer Gesellschaft sind. Dies ist eine wichtige Voraussetzung, damit wir gemeinsam mit unseren Partnern weiterhin an der Stärkung der mentalen Gesundheit arbeiten können“, so Karsten Dietrich, Vorstand Personenversicherung bei AXA Deutschland.
24 Prozent aller Befragten stimmen der Aussage zu, dass das mit mentalen Erkrankungen verbundene gesellschaftliche Stigma abgenommen hat. Unter den 44- bis 74-Jährigen sind es deutlich weniger. Unter den stärker betroffenen 18- bis 24-Jährigen sagen 38 Prozent, dass die Stigmatisierung abgenommen hat.
Ältere mit höherer Resilienz – Junge optimistischer
Die am wenigsten von psychischen Erkrankungen betroffene Altersgruppe sind die 65- bis 74-Jährigen. Hier geben 17 Prozent an, aktuell mental erkrankt zu sein. Die steigende Lebenserfahrung hilft offenbar dabei, mit schwierigen Situationen umzugehen: Deutlich mehr als die Hälfte der 65- bis 74-Jährigen sagt, dass sie kontrollieren, wie sich die Dinge auf ihr psychisches Wohlbefinden auswirken (66 Prozent). Die große Mehrheit dieser Altersgruppe stimmt außerdem der Aussage zu, sich mit sich selbst wohlzufühlen (68 Prozent) und stolz darauf zu sein, was sie bisher im Leben erreicht haben (70 Prozent). Gleichzeitig stimmen lediglich 17 Prozent dieser Altersgruppe der Aussage zu, dass das mit mentalen Erkrankungen verbundene gesellschaftliche Stigma abgenommen hat.
Eine Minderheit von 38 Prozent der Deutschen blickt optimistisch in die Zukunft. Unter den 18- bis 24-Jährigen sind es immerhin 47 Prozent. Gefragt nach einem Wunsch, um das eigene Leben zu verbessern, nennen die jungen Erwachsenen an erster Stelle „den perfekten Job finden“ (19 Prozent). Danach folgen „mentale Gesundheit“ (18 Prozent), „körperliche Gesundheit“ (15 Prozent) und „Reichtum“ (15 Prozent). Die jüngste befragte Altersklasse ist die einzige, die mentale noch vor körperlicher Gesundheit nennt.
Immer mehr diagnostizieren sich selbst online
Die Zahl der Menschen, die ihre mentale Erkrankung durch das Internet selbst diagnostiziert haben, ist auf 16 Prozent gestiegen. Im vergangenen Jahr lag dieser Wert noch bei 12 Prozent. Unter den 18- bis 24-Jährigen sind es sogar 40 Prozent – und damit beinahe genau so viele wie die, die ihre Erkrankung durch eine:n Psychiater:in oder Psycholog:in diagnostiziert bekommen haben (41 Prozent). Jede:r vierte junge Erwachsene (25 Prozent) gibt außerdem an, dass die Erkrankung nicht professionell behandelt, sondern durch Selbsthilfe gemanagt wird. Besonders alarmierend ist: Fast jede:r dritte Betroffene zwischen 18 und 24 Jahren (32 Prozent) erhält aktuell keine Behandlung.
„Digitale Angebote können ein hilfreiches Instrument sein, um Betroffene schnell und einfach zu unterstützen. Wichtig ist jedoch, nicht auf vermeintliche Expert:innen in den sozialen Medien zu vertrauen, sondern online und offline auf Angebote mit psychologischem und psychiatrischen Fachpersonal zu achten“, erklärt Psychotherapeutin Dr. Deniz Kirschbaum, die neben der Behandlung eigener Patient:innen Unternehmen in allen Fragen rund um psychische Gesundheit und Entwicklungen berät.