Hartnäckig hält sich das Vorurteil von der „Insel der Seligen“, auf der Angehörige des öffentlichen Dienstes angeblich immer noch arbeiten. Auch wenn einige Verwaltungen nicht in der Jetztzeit ankommen wollen und sich nach wie vor nicht als kundenorientierte Dienstleister verstehen, sind Arbeitsverdichtung, Zeit-, Leistungs- und Termindruck, Stress, Burnout und Mobbing in den meisten deutschen „Amtsstuben“ längst Realität. Darüber hinaus bringen Einstellungsstopp, Stellenkürzungen und eine vergleichsweise hohe Rate krankheitsbedingter Fehlzeiten zusätzliche Belastungen mit sich. Andrerseits bietet der öffentliche Sektor in Zeiten von globalem Wettbewerb und Prekarisierung der Arbeitswelt seinen Mitarbeitern Arbeitsplatzsicherheit, (zumeist) humane Arbeitszeiten und eine relativ hohe Vereinbarkeit von Berufs- und Privatleben.
In der Reihe Personalmanagement im öffentlichen Sektor, die von Andreas Gourmelon, hauptamtlich Lehrender Psychologe und Wirtschaftswissenschaftler an der Fachhochschule für öffentliche Verwaltung NRW, herausgegeben wird, ist das jetzt erstmalig vorgelegte Buch als Band 13 erschienen. Die Autorin, Fritzi Wiessmann, Arbeits-/Organisationspsychologin und freiberufliche Beraterin, beschäftigt sich darin mit Ursachen, Auswirkungen und Folgen von psychosozialen Belastungen im öffentlichen Sektor. Behandelt werden u.a. verschiedene Möglichkeiten der Ermittlung psychischer Belastungen mit ihren Vor- und Nachteilen (inkl. Gefährdungsbeurteilung), Maßnahmen und Gestaltungsansätze zur Reduzierung arbeitsbedingter psychischer Belastungen sowie spezielle Themen wie z. B. Burnout, Boreout, Innere Kündigung, Mobbing, Präsentismus, Gewalt am Arbeitsplatz und Traumata.
Die praxisorientierte Aufbereitung mit vielen Fallbeispielen, Checklisten, Übersichten, Tipps und Informationen zu Download-Literatur sowie Anlaufstellen für fachliche Beratung ist rundherum gelungen. Das Buch besticht durch einen stringenten Ductus mit sehr guter Übersichtlichkeit und Lesbarkeit. Hier wird Kompaktwissen erfolgreich auf den Punkt gebracht, ohne banal oder zu simplifizierend zu werden.
Primär zwar an Führungskräfte und Personalverantwortliche gerichtet, ist das Werk aber gerade auch für Arbeitsmediziner, die im öffentlichen Sektor tätig sind, ein uneingeschränkt empfehlenswerter „Geheimtipp“.