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Aktuell

Gesundheitssystemanalyse in der Europäischen Union (EU) “Health at a Glance: Europe 2018“

Die im Jahr 2016 von der EU-Kommission eingeführte und im Zweijahreszyklus stattfindende Betrachtung der Gesundheitssysteme der EU-Mitgliedstaaten und des Gesundheitszustandes der EU-Bürgerinnen und -Bürger „State of Health in the EU“ hat die Aufgabe, durch Vergleichsanalysen die Stärken und Verbesserungschancen der nationalen Gesundheitssysteme aufzeigen.

Dabei wechseln sich jeweils (in geraden Jahren) die länderübergreifenden „Health at a Glance“-Berichte und (in ungeraden Jahren) die länderspezifischen Gesundheitsprofile ab, die auf die besonderen Merkmale und die damit verbundenen Herausforderungen im nationalen Kontext eingehen. Abschließend folgt ein auf freiwilliger Basis angedachter Austausch unter den Mitgliedstaaten.

Der Bericht ist in zwei Teile gegliedert:

  • Teil eins widmet sich den Schwerpunktthemen des Jahres 2018 psychische Gesundheit und Reduzierung vermeidbarer Gesundheitsausgaben.
  • Teil zwei vergleicht in zahlreichen Diagrammen Indikatoren zum Gesundheitszustand und Sterblichkeit, Risikofaktoren, Gesundheitsausgaben, Patientenerfahrungen und messbare Erfolge wie Impfraten und Überlebensraten, den Zugang zu Behandlungen, etwa im Hinblick auf Wartezeiten und finanzielle Barrieren, sowie schließlich die finanzielle Nachhaltigkeit der Gesundheitssysteme.

Schwerpunktthemen psychische Gesundheit und vermeidbare Ausgaben

Die Gesamtkosten psychischer Erkrankungen werden auf mehr als 600 Mrd. Euro/Jahr im europäischen Raum geschätzt, was 4 % des BIP aller Mitgliedstaaten ausmacht (hiervon entfällt etwa ein Drittel auf Behandlungskosten). Mehr als jeder sechste EU-Bürger, in absoluten Zahlen 84 Millionen Menschen, hatten im Bezugsjahr 2016 mindestens eine psychische Erkrankung. 84 000 Todesfälle werden psychischen Erkrankungen zugeschrieben, wobei Suizide hierbei eingerechnet sind.

Bezüglich der Effektivität der Gesundheitsausgaben kommen die Verfasser der Studie zu dem Urteil, dass bis zu einem Fünftel der Gesundheitsausgaben vermeidbar wären. Hierbei werden vermeidbare Gesundheitsausgaben als solche definiert, die aufgrund unnötiger Tests und Behandlung entstehen, oder wenn die Versorgung mit einem geringeren Aufwand hätte erfolgen können. Ein Großteil dieser vermeidbaren Ausgaben entstehe durch die Behandlung chronischer Krankheiten in Krankenhäusern.

Für Deutschland wird der hohe Anteil an Generika und die Verfügbarkeit und Erstattung aller zugelassenen Biosimilars positiv hervorgehoben.

Weitere Gesundheitsindikatoren

Während zwischen 2001 und 2011 in allen EU-Ländern die Lebenserwartung um mindestens 2–3 Jahre gestiegen ist, ist im Zeitraum von 2011–2016 nur noch ein Zuwachs von weniger als einem halben Jahr zu beobachten. Zusätzlich existieren starke Unterschiede bei der Lebenserwartung, die sich nicht nur auf Geschlecht, sondern auch auf sozioökonomische Faktoren zurückführen lassen.

Trotzt eines bestehenden Abwärtstrends des Anteils der Raucher an der Bevölkerung konsumieren im Durchschnitt ein Fünftel der EU-Bürger täglich Tabakprodukte. Auch beim Alkoholkonsum ist ein Rückgang zu beobachten, jedoch stellt der exzessive Alkoholkonsum weiterhin ein großes Problem dar, das besonders Jugendliche und Männer zwischen 20 und 29 Jahren betrifft. Der Anteil an adipösen Erwachsenen steigt in den meisten Teilen der EU weiterhin an, mindestens jeder sechste Erwachsene ist betroffen. Menschen mit einem niedrigen Bildungsniveau sind mit 20 % Anteil stärker betroffen als Menschen mit einer höheren Bildung, bei denen nur 12 % von Adipositas betroffen sind.

Laut den Verfassern sind im Jahr 2015 1 200 000 Todesfälle auf ineffektive oder zu langsame Gesundheitsversorgung zurückzuführen. In Teilen von Europa steigt die Anzahl an durch Impfung vermeidbaren Krankheiten wieder an. Die Qualität der Akutversorgungen hat sich zwar verbessert, jedoch gibt es starke regionale Unterschiede, selbst innerhalb der Länder. Die Überlebensraten von Krebspatienten verzeichnen historische Bestwerte, jedoch gibt es in einigen Teilen Europas noch großes Potenzial für Verbesserungen. In vielen Ländern haben sich die Wartezeiten bei chirurgischen Eingriffen verlängert, was auf einen Zuwachs des Bedarfs an Eingriffen zurückzuführen ist.

Sehr gute Werte erzielt Deutschland beim Zugang zu Gesundheitsversorgung (d. h. ein sehr niedriger ungedeckter Behandlungsbedarf und von Versicherten zu tragender Kostenanteil). Die Anzahl der Ärzte pro Einwohner ist hierzulande vergleichsweise hoch. In der ambulanten Versorgung erzielen Ärzte in Deutschland gute Zufriedenheitswerte bei Patienten. Die Zahl der Patienten, die online Arzttermine vereinbaren, stieg zwischen 2012 und 2016 von 5 auf 11 %, was etwa dem EU-Durchschnitt entspricht (am oberen Ende stand 2016 Dänemark mit 49 %).

Eine Stärkung der Anpassungsfähigkeit der Gesundheitssysteme, besonders hinsichtlich des demografischen Wandels, aber auch in Hinblick auf die Nutzung von neuen Technologien wird angeregt, um einen weiteren Anstieg der Gesundheitsausgaben einzudämmen. Auch die kontinuierliche Verlagerung von Akutversorgung durch Krankenhäuser auf eine patientenzentrierte Primärversorgung verspricht eine Reduktion der erwarteten Kosten durch eine effizientere Einteilung der verfügbaren Ressourcen. Deutschland zählt die meisten Krankenhausbetten pro Einwohner, auch die Zahl der Krankenhausbehandlungen liegt sehr weit oben. Die Dauer eines Krankenhausaufenthaltes liegt mit durchschnittlich 8,9 Tagen über dem EU-Durchschnitt (7,9 Tage).

  Bericht: State of Health in the EU 2018 (EN, 216 Seiten), 22. November 2018:https://ec.europa.eu/health/sites/health/files/state/docs/2018_healthatglance_rep_en.pdf

  Pressemitteilung (DE), 22. November 2018:europa.eu/rapid/press-release_IP-18-6498_de.htm

  Länderspezifische Gesundheitsprofile 2017:https://ec.europa.eu/health/state-health-eu/country-health-profiles_en

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