Das Bundesverfassungsgericht hat, nach langem Warten, den Wahlrechtsauschluss von Menschen mit Behinderung, die in allen Belangen betreut werden, für verfassungswidrig erklärt (Beschluss vom 29. Januar 2019). Die Lebenshilfe NRW hat in den vergangenen Jahren immer wieder auf diese Ungerechtigkeit hingewiesen. Zuletzt im Jahr 2017, als in Nordrhein-Westfalen diese Personengruppe bei der Landtagswahl im Mai ihre Stimme abgeben durfte, bei der Bundestagswahl im September jedoch nicht.
„Das ist ein großer Tag für die Demokratie und Inklusion in Deutschland. Wir begrüßen die Entscheidung der Karlsruher Richter ausdrücklich, weil sie eine große Ungerechtigkeit beseitigt und die Teilhabe der Menschen mit Behinderung am demokratischen Prozess auf Bundesebene gestärkt hat. Das dies funktioniert, hat NRW 2017 bei der Landtagswahl bewiesen“, sagt Prof. Dr. Gerd Ascheid, Landesvorsitzender der Lebenshilfe NRW.
Durch die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichtes wird die politische Teilhabe von rund 85 000 Menschen mit Behinderung, die in allen Belangen betreut werden, gestärkt. Seit der deutschen Ratifizierung der UN-Behindertenrechtskonvention vor zehn Jahren, in der die politische Teilhabe von allen Menschen mit Behinderung festgeschrieben ist, sind zwei Bundestagswahlen vergangen, bei denen ein Teil von Menschen mit Behinderung nicht wählen durfte. „Wir freuen uns, dass diese von uns immer wieder kritisierte Diskriminierung endlich aufgehoben werden muss“, sagt Ascheid.
„Wir fordern alle nordrhein-westfälischen Bundestagsabgeordneten auf, sich in Berlin für eine schnelle Beseitigung des Wahlrechtsauschlusses einzusetzen, damit bereits bei der Europawahl im Mai alle betroffenen Menschen abstimmen können. Die Landtagswahl 2017 in Nordrhein-Westfalen wird ihnen als gewichtiges Argument in den anstehenden Debatten dienen“, so Ascheid.
Die 76 nordrhein-westfälischen Orts- und Kreisvereinigungen der Lebenshilfe mit rund 21 000 Mitgliedern sind Träger oder Mitträger von zahlreichen Diensten, Einrichtungen und Angeboten für Menschen mit einer geistigen Behinderung. Sie alle sind Mitglieder im nordrhein-westfälischen Landesverband, des Lebenshilfe Nordrhein-Westfalen e.V. In Frühförderstellen, (meist integrativ) Kindergärten und Krippen, Schulen und Tagesförderstätten, Werkstätten, Fortbildungs- und Beratungsstellen, Sport-, Spiel- und Freizeitprojekten, Wohnstätten und Wohngruppen sowie Familienentlastenden Diensten werden Kinder, Jugendliche und Erwachsene gefördert, betreut und begleitet.
Hauptamtliche und ehrenamtliche Mitarbeiter der Lebenshilfe sind mit diesen Aufgaben betraut. Angehörige von Menschen mit Behinderung können sich in Elterngruppen austauschen, behinderte Menschen selbst arbeiten immer stärker in den Vorständen und anderen Gremien der Lebenshilfe mit. Die 76 nordrhein-westfälischen Lebenshilfen sind in der Beratung, Fortbildung und Konzeptentwicklung tätig und vertreten die Interessen behinderter Menschen und ihrer Familien gegenüber den Ländern bzw. der Bundespolitik.
Quelle: Lebenshilfe Nordrhein-Westfalen e.V.