Beschäftigte aus den unterschiedlichsten Branchen arbeiten zu verschiedenen, teils wechselnden oder ungewöhnlichen Zeiten. Wie geht der Körper damit um?
Praktisch alle Körperfunktionen unterliegen einem tagesperiodischen Wechsel. So wird auch von der Leistungsbereitschaft am Tag und der Erholungsbereitschaft in der Nacht gesprochen. Wer in Schichten arbeitet, lebt sozusagen gegen seine „innere Uhr“. Schlafstörungen sind neben einer hohen psychischen Beanspruchung nachgewiesene Auswirkungen von Nacht- und Schichtarbeit. Darüber hinaus kann diese indirekt zu Magen-Darm-Beschwerden sowie Herz-Kreislauf-Erkrankungen führen und das allgemeine Wohlbefinden reduzieren. Soziale Beeinträchtigungen, wie Einschränkungen im Familien- und Freizeitleben oder das Gefühl von Isolation, werden von Beschäftigten häufig stärker wahrgenommen als die körperlichen Auswirkungen.
Was kann der Betrieb tun, um seinen Schichtarbeitern das Leben zu erleichtern?
Die Arbeitszeitgestaltung nimmt in der Arbeitssicherheit und im Gesundheitsschutz generell eine tragende Rolle ein – bei Nacht- und Schichtarbeit umso mehr. Mithilfe der Gefährdungsbeurteilung muss das Unternehmen diesbezüglich Maßnahmen entwickeln, die Gesundheitsgefährdungen und Unfallrisiken minimieren sowie die Gesundheit der Beschäftigten fördern. Dazu zählt beispielsweise, die Anzahl der aufeinander folgenden Nachtschichten möglichst gering zu halten (maximal drei), keine Dauernachtschichten zu vergeben und „vorwärts“ zu rotieren, also von der Früh- in die Spät- in die Nachtschicht zu wechseln.
Darüber hinaus ist es ein wichtiges Präventionsziel, Schichtarbeit alternsgerecht zu gestalten. Das bedeutet, negative Langzeiteffekte über die gesamte Lebensarbeitszeit zu minimieren. Was auch oft zu kurz kommt, ist die arbeitsmedizinische Untersuchung. Laut Arbeitszeitgesetz besteht alle drei Jahre – nach dem 50. Lebensjahr in jährlichen Abständen – ein Anspruch darauf. Im Idealfall übernimmt der Betriebsarzt die Untersuchung, der die Arbeitsplätze gut kennt.
Was sollten Unternehmen beachten, wenn sie einen neuen Schichtplan erstellen?
Da durch neue Zeitmodelle jahrelange Gewohnheiten oder die Zusammenarbeit mit vertrauten Kollegen teilweise nicht aufrechterhalten werden können, dürfen die Reaktionen der Beschäftigten nicht unterschätzt werden. Die Beweggründe – nämlich bessere gesundheitliche Rahmenbedingungen zu schaffen – können sie oft nicht nachvollziehen. Schichtarbeiter merken häufig erst nach vielen Jahren, dass das Leben gegen die „innere Uhr“ gravierende gesundheitliche Auswirkungen haben kann. Die Notwendigkeit, „schon heute“ eine Veränderung vorzunehmen, wird daher nicht gesehen. Um eine hohe Akzeptanz zu erreichen, ist es wichtig, die Belegschaft rechtzeitig und ausführlich zu informieren und einzubinden. Dabei sind Erfahrungsberichte von Beschäftigten, die bereits eine Umstellung eines Arbeitszeitmodells erlebt oder in gesundheitsverträglicheren Modellen gearbeitet haben, hilfreich.
Generell sind sehr viel Feingefühl, eine umfangreiche Planung und ausreichend Zeit bei der Erstellung eines neuen Schichtplans gefragt. Strukturen, die oft in Jahrzehnten gewachsen sind, können nicht einfach in wenigen Wochen umgeworfen werden. Es kann durchaus ein bis zwei Jahre dauern, bis alles reibungslos läuft. Gerne unterstützt die BGHM ihre Mitgliedsbetriebe bei der Beurteilung von bestehenden Schichtmodellen und gibt Hinweise für die Einführung neuer Arbeitszeitmodelle. In kleinen Workshops im Unternehmen vermitteln wir entsprechende präventionsorientierte Konzepte, Instrumente und Maßnahmen.
Quelle: BGHM