Die E-Zigarette – Bundesweite Daten zu Bekanntheit, Nutzung und Risikowahrnehmung
Ziel: Die elektrische Zigarette (E-Zigarette) ist ein vergleichsweise neues Produkt, das auch in Deutschland zunehmend aggressiv vermarktet wird. Der vorliegende Beitrag berichtet repräsentative Daten zu Bekanntheit und Nutzung der E-Zigarette sowie zur damit verbundenen Risikowahrnehmung in der bundesdeutschen Bevölkerung.
Kollektiv und Methode: Die Datenerhebung für die hier präsentierte „PrevEND study I“ (PREVenting the use of Electronic Nicotine Delivery Systems – Studie, Teil 1) erfolgte zwischen Juli und Oktober 2014 durch das inter-national tätige Feldforschungsinstitut IFF International GmbH, Biberach. Mittels einer bundesweiten Telefonstichprobe wurden insgesamt 1015 Personen im Alter von 16 bis 75 Jahren von geschulten Interviewern befragt.
Ergebnisse: Die weitaus meisten Befragten kannten die E-Zigarette (79,6 %). Insgesamt hatten 8,2 % aller Befragten schon mindestens einmal eine E-Zigarette benutzt. Die jüngeren Kohorten kannten und nutzten diese Produkt-innovation eher als ältere. Unter Personen mit geringem Einkommen war die E-Zigarette einerseits weniger bekannt, wurde aber andererseits häufiger benutzt als von Personen mit höherem Einkommen. Die Mehrheit der Befrag-ten (67,6 %) ging davon aus, dass die E-Zigarette gesundheitliche Risiken birgt. Am häufigsten wurde das Risiko für Atemwegsreizungen (71,8 %) und ein Suchtpotenzial (69,6 %) genannt.
Schlussfolgerungen: Die hier präsentierten epidemiologischen Daten legen nahe, dass die weitaus meisten Deutschen die E-Zigarette kennen. Ihre millionenfache Verbreitung und erste Befunde zu gesundheitlichen Risiken unterstreichen die zunehmende Bedeutung dieses neuen Massenproduktes für die Arbeits-, Sozial- und Umweltmedizin.
Schlüsselwörter: elektrische Zigarette – E-Zigarette – „electronic nicotine delivery system“ – Prävalenz – Risiko
The e-cigarette – nationwide data on recognition, use and risk awareness
Aim: The electronic cigarette (e-cigarette) is a relatively new product which has recently been the subject of aggressive advertising campaigns in Germany. This paper presents representative data on the recognition and use of e-cigarettes and the associated perception of risk among the German population.
Sample group and methods: Data collection for the „PrevEND Study I“ (PREVenting the Use of Electronic Nicotine Delivery Systems – Study, Part 1) presented here was carried out between July and October 2014 by the international field research institute IFF International GmbH, Biberach. A total of 1,015 people aged between 16 and 75 were questioned by trained inter-viewers in a nationwide telephone survey.
Results: The vast majority of participants knew what an e-cigarette was (79.6 %). 8.2 % of participants had used an e-cigarette at least once in their lives. The younger participants were more likely to have heard of e-cigarettes and to have tried them than their older compatriots. The e-cigarette was less well-known among participants with lower incomes than among those with higher incomes. The majority of participants (67.6 %) believed that the e-cigarette posed health risks. The most commonly mentioned health issues associated with the use of e-cigarettes were the risks of respiratory tract irritation (71.8 %) and addiction (69.6 %).
Conclusions: The epidemiological data presented here suggest that the majority of Germans know what e-cigarettes are. The increasing prevalence of e-cigarettes and initial findings about the health risks posed by their use highlight the increasing importance of this consumer product for the fields of occupational, social and environmental medicine.
Keywords: electronic cigarette – e-cigarette – electronic nicotine delivery system – prevalence – risk
ASU Arbeitsmed Sozialmed Umweltmed 2015; 50: 818–823
Einleitung und Ziele
Die E-Zigarette ist eine Produktinnovation, die mittlerweile weltweit aggressiv vermarktet wird (Grana et al. 2014; The Lancet 2013). Sie wird auch als elektrische, elektronische oder rauchlose Zigarette bezeichnet und enthält in der Regel eine nikotinhaltige Flüssigkeit (sog. Liquid) in einem Depot, die beim Ziehen über ein batterie-betriebenes Heizelement erwärmt, verdampft und inhaliert wird (Bam et al. 2014). Während anfangs mittelständische Betriebe erste Modelle auf den Markt brachten, hat nunmehr die Tabakindustrie das Marktpotenzial erkannt und begonnen, E-Zigaretten im großen Stil zu produzieren und zu vertreiben (Al-hamdani 2014; Grana et al. 2014; Wise 2013). Neueste Varianten der E-Zigarette sind als nicht wiederauffüllbare Einmalprodukte konzipiert und äußerlich von Tabakzigaretten kaum mehr zu unterscheiden.
Unter Wissenschaftlern ist eine kontroverse Debatte über die Folgen dieser Entwicklung entbrannt. Sozialmedizinisch ist die E-Zigarette wegen ihrer Vermarktung als Lifestyleprodukt mit noch unklaren Gesundheitsrisiken ein relevantes Thema (Bam et al. 2014; Tobacco Free Initiative 2013; World Health Organization 2008). Ar-beitsmedizinisch ist die Regulierung des Konsums von E-Zigaretten am Arbeitsplatz bedeutsam, da erste realitätsnahe Studien gesundheitsschädliche Substanzen im ausgeatmeten E-Zigaretten-Aero-sol nachweisen konnten (Grana et al. 2014; Schober et al. 2014). Umweltmedizinisch ist neben dieser Umweltbelastung durch das Aerosol auch die Entsorgung der nikotinhaltigen Kartuschen ein ungelöstes Problem (Deutsches Krebsforschungszentrum 2014).
Aufgrund der defizitären Datenlage hat dieser Beitrag zum Ziel, die Bekanntheit und die Nutzung der E-Zigarette sowie die damit verbundene Risikowahrnehmung in der bundesdeutschen Bevölkerung zu beleuchten. Damit sollen bereits sehr früh erste Daten zu dieser auch für die Arbeits-, Sozial- und Umweltmedizin relevanten Produktinnovation bereitgestellt werden.
Kollektiv und Methode
Datenerhebung und Stichprobe
Die Datenerhebung für die „PrevEND study I“ (PREVenting the use of Electronic Nicotine Delivery Systems – Studie, Teil 1) erfolgte im Auf-trag der Autoren vom 10. Juli bis zum 25. Oktober 2014 durch die IFF International – Institute for Field Research GmbH, Biberach. Dieses international tätige Feldforschungsinstitut ist Mitglied im Bundesverband Deutscher Markt- und Sozialforscher (BVM), der European Society for Opinion and Market Research (ESOMAR) und der Alliance of International Market Research Institutes (AIMRI). Es ist auf die Durchführung von komplexen Computer Assisted Telephone Interview (CATI)-Studien spezialisiert und unterhält weltweit mehrere Befragungslabore mit geschulten Interviewern. Die Autoren sind Eigentümer der Daten und haben das Veröffentlichungsrecht.
In der vorliegenden Datenerhebung wurde das Rösch-Telefonstichproben-System als Erweiterung des Gabler-Häder-Verfahrens angewendet. Der Stichprobenziehung lag zum einen eine Datenbank aller bundesweit eingetragenen Telefonnummern zugrunde. Diese wurden auf nichtprivate Anschlüsse und Mehrfacheintragungen geprüft. Der zweite Teil der Telefonstichprobe umfasste einen Pool nicht eingetragener Telefonnummern, die auf Basis des Gabler-Häder-Verfahrens generiert wurden. Auf diese Weise wurden insgesamt 1015 Personen im Alter von 16 bis 75 Jahren telefonisch befragt. Die Daten sind hinsichtlich Alter, Geschlecht und Haushaltsgröße repräsentativ. Aufgrund des Quota-Samplings entlang dieser soziodemographischen Merkmale war keine Gewichtung erforderlich. Um unvoreingenommene Antworten zu gewährleisten, waren die Fragen in eine laufende Repräsentativbefragung eingeschaltet.
Operationalisierung der abhängigen Variablen
- Erfassung der Bekanntheit der E-Zigarette: Um die Bekanntheit der E-Zigarette in der Bevölkerung zu erfassen, beantworteten zunächst alle Personen die Frage: „Haben Sie schon einmal von E-Zigaretten gehört?“
- Erfassung der Nutzung der E-Zigarette: Sofern den Befragten die E-Zigarette bekannt war, wurden sie gefragt, ob sie schon einmal eine E-Zigarette benutzt haben.
- Erfassung von vermuteten Risiken der E-Zigarette: Ob die E-Zigarette als risikolos eingeschätzt wurde, erfassten wir zuerst mittels der allgemeinen Frage „Bringt die Nutzung von E-Zigaretten aus Ihrer Sicht gesundheitliche Risiken mit sich?“ In der Anschlussfrage „Welche Risiken haben E-Zigaretten Ihrer Meinung nach?“ wurden potenzielle Risiken (Sucht oder Abhängigkeit, allergische Reaktionen, Atemwegreizungen, Hirnschädigungen und Schäden am Herz-Kreislauf-System) in Form eines Mehrfachantworten-Sets abgefragt. Bei der Auswahl dieser potenziellen Risiken wurden bewusst diejenigen Themen ausgewählt, die von Nutzern am häufigsten berichtet (Hua et al. 2013) bzw. in der Literatur am häufigsten diskutiert werden (zum Abhängigkeitspotenzial: Cobb u. Abrams 2011; Deutsches Krebsforschungszentrum 2014; Pepper u. Brewer 2014; Pokhrel et al. 2014; Regan et al. 2013; Taleb u. Maziak 2014; Tobacco Free Initiative 2013; zu allergischen Reaktionen: Deutsches Krebs-forschungszentrum 2014, Hua et al. 2013; zu Atemwegreizun-gen: Deutsches Krebsforschungszentrum 2014; Grana et al. 2014; Hua et al. 2013; Tobacco Free Initiative 2013; WHO Frame-work Convention on Tobacco Control 2014; Williams et al. 2013; zu neurologischen Symptomen und Hirnschädigungen: Hua et al. 2013; Kandel u. Kandel 2014; Marynak et al. 2014; sowie zu Schmerzen und Schäden am Herz-Kreislauf-System: Hua et al. 2013; Lippi et al. 2014; Pepper u. Brewer 2014; Tobacco Free Initiative 2013).
Operationalisierung der unabhängigen Variablen
Für weitergehende soziodemografische Analysen wurden Alter, Geschlecht, höchster Bildungsabschluss, Haushaltsgröße und -nettoeinkommen, die Erwerbstätigkeit sowie die Bundeslandzugehörigkeit erfasst und anschließend kategorisiert.
Statistische Analysen
Die Prozentangaben zur Bekanntheit und zur Nutzung der E-Zigarette beziehen sich auf alle Befragten (n = 1015), die Prozentangaben zu den vermuteten Risiken auf diejenigen Befragten, denen die E-Zigarette bereits vor der Studie bekannt war (n = 808). Zusätzlich zu den Punktschätzern wurden 95 %-Konfidenzintervalle berechnet. Gruppenunterschiede wurden mittels 2-Tests untersucht. Als Signi-fikanzniveau wurde a priori ein Wert von p
Ergebnisse
Acht von zehn Deutschen im Alter zwischen 16 und 75 Jahren kannten die E-Zigarette bereits (79,6 % [77,1–82,1 %]; Abb. 1). Älteren Personen war diese Produktinnova-tion eher unbekannt als jüngeren (p = 0,007). Zudem hatten Personen mit geringem Einkommen seltener von der E-Zigarette gehört als Personen mit höherem Einkommen (p = 0,021, Abb. 1). Erwerbstätige kannten dieses neue Produkt signifikant häufiger als Nichterwerbstätige (p = 0,043, Abb. 1). Dagegen zeigte die Differenzierung nach Geschlecht, Bildung, Haushaltsgröße und Wohnregion keine relevanten Unterschiede hinsichtlich der Bekanntheit.
Insgesamt hatten 8,2 % [6,5–9,9 %] aller Befragten schon mindestens einmal eine E-Zigarette benutzt. Unter 30- bis 39-Jährigen ist die E-Zigarette am beliebtesten: In die-ser Altersgruppe lag die Nutzungsprävalenz bei 13,3 %. Ebenfalls überdurchschnittliche Werte für die Jemalsnutzung erreichten die Jugendlichen und jungen Erwachsenen, also die 16- bis 29-Jährigen ( Abb. 2). Be-züglich anderer soziodemografischer Kate-gorien fanden sich keine weiteren signifikanten Unterschiede in der Nutzung ( Abb. 3). Die empirischen Daten deuten aber zumin-dest an, dass erwerbstätige Personen mit niedrigem Einkommen eher E-Zigaretten be-nutzen als Personen mit vergleichsweise höherem Einkommen.
Zwei Drittel der Befragten (67,6 % [64,4bis 70,8 %]) gingen davon aus, dass die E-Zigarette gesundheitliche Risiken birgt. Am häufigsten wurde das Risiko für Atemwegsreizungen (71,8 % [67,7–74,9 %]) und ein Suchtpotenzial (69,6 % [66,4–72,8 %]) genannt. Risiken für das Herz-Kreislauf-System, für allergische Reaktionen und für das Gehirn vermuteten 65,7 % [62,4–69,0 %], 51,9 % [48,5–55,3 %] respektive 38,2 % [34,8–41,6 %] der Befragten. Befragte aus den neuen Bundesländern vermuteten sel-tener Risiken als Befragte aus den alten Bundesländern (59,7 % vs. 69,1 %; p = 0,036). Sämtliche Risikoitems wurden von Frauen häufiger bejaht als von Männern (nicht dar-gestellt) und von Nichtnutzern von E-Zigaretten häufiger als von Nutzern von E-Zigaretten ( Abb. 4), wenngleich die Unter-schiede in der Risikowahrnehmung meist unterhalb der Signifikanzschranke lagen.
Diskussion
Einordnung der Ergebnisse in die nationale und internationale Datenlage
Fast jeder Deutsche kennt die E-Zigarette und fast jeder zehnte Deutsche hat sie schon (mindestens) einmal benutzt. Am bekanntesten ist die E-Zigarette jungen Erwachsenen. Sie wird von ihnen auch häufiger verwendet. Unsere Daten zum ökonomischen Status lassen sich wie folgt interpretieren: Personen mit niedrigem Einkommen kennen die E-Zigarette zwar seltener. Wenn sie aber von ihnen erfahren, probieren sie sie tendenziell eher aus als Personen mit höhe-rem Einkommen.
Die PrevEND study I stellt erstmals bundesweit repräsentative epidemiologische Daten zu Bekanntheit, Nutzung und Risiko-einschätzung elektrischer Zigaretten in ei-nem wissenschaftlichen Journal vor. Einzig das Deutsche Krebsforschungszentrum (dkfz) hat mit einem vergleichbaren methodischen Ansatz von der Gesellschaft für Konsum-forschung GfK in Nürnberg im Februar 2014, also 6 Monate vor unserer Befragung, Fragen zu E-Zigaretten in eine Mehrthemenumfrage (so genannte Omnibus-Befragung) einschalten lassen. Allerdings wird auf der Website des dkfz die Bekanntheit der E-Zigarette ausschließlich für Raucher und nicht für die Gesamtbevölkerung berichtet. Demnach war die E-Zigarette 95 % aller Rau-cher bekannt. Die Prävalenz für die Jemalsnutzung wurde dagegen für die Gesamtbevölkerung ermittelt und ist im Text mit 9 % erwähnt (Deutsches Krebsforschungszentrum 2014). Aus anderen bundesdeutschen Datenquellen sind lediglich Daten für Jugendliche und junge Erwachsene verfügbar: So berichtet die Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung, dass im Jahr 2012 78,4 % der 12- bis 17-jährigen Jugendlichen und 91,9 % der 18- bis 25-jährigen Erwachsenen die E-Zigarette kannten. Die Lebenszeitprävalenzen wurden für diese beiden selektiven Altersgruppen mit 9,1 % und 18,4 % angegeben (Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung 2013).
Auch wenn beide Institutionen keine Konfidenzintervalle berichten und eine weitere Differenzierung nach Subgruppen nicht erfolgte, so kommen die dort berichteten Werte den unseren sehr nahe. Darüber hinaus existiert für Deutschland lediglich ein weite-rer Vergleichswert, nämlich eine Prävalenzschätzung für die Jemalsnutzung von tabakfreien Nikotinprodukten aus dem Jahr 2009: Damals wurde im Eurobarometer nach „products containing nicotine but not tobacco (such as electronic cigarettes or nicotine drinks)“ (Directorate General Health and Consumers 2010) gefragt. Hier lag Deutschland mit einer Prävalenz für die Gesamtbevölkerung i. H. v. 5 % im europäischen Mittelfeld.
Internationale Reviews sowie einzelne Querschnittsstudien aus anderen Industrienationen zeigen steigende Werte für die Bekanntheit und die Nutzung von E-Zigaretten. In der Synopse liegen die aus anderen Nationen vorliegenden Angaben geringfügig unter den hier berichteten, was die weltweit dynamische Ausbreitung dieses neuen Produkts widerspiegeln dürfte (Carroll Chapman u. Wu 2014; Gallus et al. 2014; Grana et al. 2014; Pepper u. Brewer 2014; Regan et al. 2013; Tan u. Bigman 2014).
Stärken und Schwächen der Studie
Wenn stimmt, was das Branchenblatt der Industrie jüngst mit der Schlagzeile „Siegeszug hat begonnen“ (Die Tabak Zeitung 2014) konstatiert hat, werden bald Millionen Deutsche die E-Zigarette regelmäßig konsumieren. Unsere Zahlen stützen diese Einschätzung: Demnach haben bereits über 5 Mio. Deutsche die E-Zigarette zumindest probiert. Deswegen haben wir jüngst an anderer Stelle ein rechtzeitiges nationales Monitoring vorgeschlagen und diesbezüglich Mindestanforderungen formuliert (Schneider u. Diehl 2014). Die PrevEND study I aber auch die Daten des dkfz (Deutsches Krebsforschungszentrum 2014) stellen hierzu einen ersten Schritt dar.
Neben der sehr frühen Präsentation erster zentraler epidemiologischer Indikatoren ist u. E. als eine weitere Stärke zu betonen, dass die PrevEND study I industrieunabhängig und frei von jeglichen Interessenskonflikten durchgeführt wurde, was durchaus nicht selbstverständlich ist, wie Grana und Kollegen zeigen (Grana et al. 2014).
Ein weiteres Alleinstellungsmerkmal ist die sehr differenzierte Abfrage einzelner Risiken. In bisherigen Studien wurde das Risikopotenzial der E-Zigarette lediglich allgemein erhoben (Ambrose et al. 2014; Brown et al. 2014; Choi u. Forster 2013; Pepper u. Brewer 2014). Außerdem wurden die Fragen dort ausschließlich als Vergleich zur Tabakzigarette formuliert („E-cigarettes are less harmful than cigarettes“, Ambrose et al. 2014; analog Brown et al. 2014; Choi u. Forster 2013; Pepper u. Brewer 2014). Erstens erscheint uns dies methodisch problematisch, weil damit innerhalb einer Frage jeweils eine Risikoabschätzung für zwei Produkte als auch ein abschließender Vergleich beider Schätzungen gefordert wird, was viele Befragte überfordern dürfte. Zweitens ist unseres Erachtens ein solches Vorgehen auch forschungsethisch problematisch, weil der Vergleich der (wahrscheinlich) weniger gesundheitsschädlichen E-Zigarette mit der Tabakzigarette immer zugunsten der ersteren ausgehen wird. Damit wäre eine solche komparative Fragestellung geeignet, nichtsdestotrotz bestehende Risiken der E-Zigarette unabsichtlich oder absichtlich zu kaschieren.
Bedauerlicherweise war es uns aus forschungsökonomischen Gründen nicht möglich, mehr soziodemografische und verhaltensspezifische Eigenschaften der Befragten (z. B. den Rauchstatus) oder weitere quantitative und qualitative Indikatoren des Konsums zu erheben.
Ausblick
Auch wenn das Risikoprofil der E-Zigarette ebenso wie das Poten-zial als Entwöhnungshilfe noch nicht abschließend geklärt sind (Batra 2014; Tobacco Free Initiative 2013), so ist zumindest bekannt, dass das in der E-Zigarette enthaltene Nikotin ein hohes Abhängigkeitspotenzial birgt (Bam et al. 2014; Taleb u. Maziak 2014; Tobacco Free Initiative 2013). Mit der E-Zigarette hält die Industrie eine Produktrevolution in den Händen, mit der Nikotin auf einfache Weise breiten Bevölkerungsschichten zugänglich gemacht werden kann. Der derzeitige Entwicklungsstand wird durch die Industrie vermutlich weiter optimiert werden. Aus rein ökonomischer Sicht hieße Optimierung in diesem Zusammenhang, den Nikotintransfer und damit das Abhängigkeitspotential durch technische Veränderungen und die chemische Zusammensetzung des Liquids und des Dampfes so zu verbessern, dass der Konsument die E-Zigarette mög-lichst oft, möglichst lange und möglichst viel nutzt (Al-hamdani 2014). Dies schließt die Zusammensetzung des Dampfes (u. a. die Manipulation des pH-Wertes, der Menge des verfügbaren Nikotins und der Partikelgröße) ebenso ein wie die Optimierung des Inhalationsvorganges (Etter 2014). Wir sind überzeugt, dass Produktoptimierungen an einem elektrischen Produkt wie der E-Zigarette deutlich einfacher gelingen dürften als an der klassischen Tabak-zigarette. Während die Tabakzigarette organische Bestandteile ent-hält, die Produktionsschwankungen unterliegen, und einen typischen beißenden Rauch entwickelt, der durch Zusatzstoffe aufwän-dig kaschiert werden muss, lassen sich Eigenschaften (Wirkung, Geschmack usw.) von E-Zigaretten nahezu beliebig designen (Al-hamdani 2014). Der Schritt von der Tabakzigarette zur E-Zigarette ist somit aus unserer Sicht eine ähnliche Revolution wie der Schritt von der Analogkamera zur Digitalkamera (Abrams 2014).
Schlussfolgerung
Unsere Daten zeigen, dass sich E-Zigaretten auch in Deutschland großer Beliebtheit erfreuen. Umso wichtiger erachten wir ein rechtzeitiges Monitoring und eine differenzierte Abfrage der aktuellen Risikowahrnehmung sehr früh im Produktzyklus. Sollten sich einzelne Risiken in künftigen Studien erhärten oder aber als unbegründet erweisen, erlaubt dies ein Monitoring von Veränderungen der Risikowahrnehmung und von Wirkungen etwaiger künftiger Präventionsstrategien. Jüngst haben wir an anderer Stelle dargestellt, wie eine mögliche Präventionsstrategie zur E-Zigarette aus-sehen könnte (Schneider u. Diehl 2014).
Danksagung: Besonderer Dank gebührt Tom Abele, Managing Direc-tor und seinem Team (IFF International Institute for Field Research, Biberach) für die sehr gute Zusammenarbeit. Zudem danken wir Lisa Glatz für die Unterstützung bei der Erstellung des Fragebogens.
Interessenskonflikt: Alle Autoren erklären, dass sie keinerlei Interessen-konflikte haben.
Literatur
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Für die Verfasser
Prof. Dr. phil. Sven Schneider, M.A.
Mannheimer Institut für Public Health, Sozial- und Präventivmedizin
Medizinische Fakultät Mannheim, Universität Heidelberg
Ludolf-Krehl-Straße 7–11 – 68167 Mannheim
Fußnoten
Mannheimer Institut für Public Health, Sozial- und Präventivmedizin, Medizinische Fakultät Mannheim, Universität Heidelberg