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Personalia

Nachruf Professor Theodor M. Fliedner

Am 09. November 2015 ist Herr Prof. Dr. med. Dr. h.c. mult. Theodor M. Fliedner im Alter von 86 Jahren verstorben. Damit verliert die deutsche und internationale Arbeitsmedizin einen angesehenen Arbeits- und Sozialmediziner.

Prof. Dr. Fliedner war Ordinarius für klinische Physiologie, Arbeits- und Sozialmedizin der Universität Ulm und hat das gleichnamige Institut von 1967 bis zum Jahr 1997 geleitet. Theodor M. Fliedner studierte Medizin in Heidelberg und Göttingen. Seine mit „summa cum laude“ ausgezeichnete Dissertation hat sich mit einem hämatologisch-strahlenmedizinischen Thema beschäftigt, das ihn die nächsten Jahre weiter begleitet hat. Er arbeitete zunächst als Assistent am Czerny-Krankenhaus für Strahlen-behandlung der Universität Heidelberg und hat dort die DFG-Einheit „Radiation Hematology“ etabliert. Die mehrjährigen Forschungsaufenthalte in den USA ab 1957, ins-besondere am Brookhaven National Labora-tory, haben seine weitere berufliche Kariere stark beeinflusst. Dort entwickelte er quantitative Methoden zur Charakterisierung der Dynamik der Blutzellbildung und hat damit den Grundstein dafür gelegt, dass er später das Konzept der Blutstammzelltransplantation nach Deutschland gebracht hat. Im Jahr 1964 wurde ihm die Leitung eines strahlenhämatologischen Labors an der Universität Freiburg übertragen, 1967 wurde er an die Universität Ulm berufen.

Fliedner gelang es, durch die radioaktive Markierung von Stammzellen im Tierexperiment ihre Bedeutung für die Blutbildung und die Immunkompetenz sichtbar zu machen. Seine gnotobiotischen Forschungsarbeiten haben eine wesentliche Grundlage zur erfolgreichen Behandlung der „Ulmer Zwillinge“ gelegt, die eine schwere Immundefizienz unter keimarmen Bedingungen in einem Isolierzeit überlebt haben. Das daraus entstandene „Ulmer Zelt“ diente dazu, im Jahr 1967 einen der ersten Erwachsenen mit akuter Leukämie erfolgreich zu transplantieren. Auf der Basis von Fliedners Arbeiten zur Mobilisierung von Stammzellen aus dem peripheren Blut konnte 1985 an der Universität Heidelberg eine weltweit erste klinische Transplantation mit Blutstammzellen durchgeführt werden, die aus dem zirkulierenden Blut gewonnen worden waren. Prof. Fliedner forschte weiterhin an den Wirkungen der ionisierenden Strahlung auf das Knochenmark, wobei er sich vor allem für die Opfer von Strahlenunfällen inter-essiert hat. In den Jahren 1993 bis 1998 hatte er den Vorsitz des globalen Kooperationszentrums für Strahlenmanagement der Welt-gesundheitsorganisation als Folge des Strah-lenunfalls in Tschernobyl inne.

In der Arbeitsmedizin ist Prof. Fliedner vor allem durch seine Arbeiten zum Uranbergbau bekannt, wo er mit seiner Arbeitsgruppe wichtige Beiträge zur Gestaltung des medizinischen Betreuungsprogramms für die ehemaligen Uranbergbauarbeiter der „Wismut AG“ leistete. Weiterhin wurden bio-logische Indikatoren zur Analyse der Einwirkung von verschiedenen exogenen Noxen auf zellulärer und molekularer Ebene in seinem Institut erforscht. Erwähnenswert ist auch die Studie zu den „Älteren Mitarbeitern in der Bauwirtschaft“, die in seinem Institut durchgeführt wurde, aus der viele international beachtete Originalpublikationen hervorgegangen sind.

Herr Prof. Fliedner war von 1983 bis 1991 Rektor der Universität Ulm und hat deren Aufbau und deren Weiterentwicklung maß-geblich beeinflusst. Als neuberufener Hoch-schullehrer gehörte er 1967 zu den Gründungsprofessoren der Universität und führte als Gründungsdekan die damalige Fakultät für theoretische Medizin. Er hat 1984 den entscheidenden Anstoß zum Erfolgsmodell der „Wissenschaftsstadt Ulm“ gegeben und maßgeblich das Zusammenwirken von Forschung und Industrie praktiziert.

Der international renommierte und hoch angesehene Wissenschaftler Theodor M. Fliedner hat für seine Arbeiten viele Ehrungen erfahren. Er war Mitglied der Heidelberger Akademie der Wissenschaften und Ehrenmitglied zahlreicher Fachgesellschaften. Auf-grund seiner Exzellenz wurden ihm mehrere Ehrendoktorwürden verliehen. Im Jahr 1984 erhielt er das Bundesverdienstkreuz am Bande, 1996 honorierte die Stadt Ulm die wissenschaftlichen Meriten des Mediziners mit dem Wissenschaftspreis. Ein weiterer wichtiger Meilenstein ist sein Engagement für den Erhalt und den Ausbau des Wissenschaftszentrums Schloss Reissensburg, das er als langjähriger Direktor zu einem gefragten Tagungszentrum ausgebaut hat.

Mit Prof. Fliedner verlieren wir nicht nur einen renommierten Wissenschaftler, sondern auch einen Kollegen, der im Umgang stets angenehm und liebenswürdig war. Er hat seine Mitarbeiter stets gefordert, aber auch nach Kräften gefördert. Der Wahlspruch von Goethe „Es ist nicht genug zu wollen, man muss auch tun“ war das Lebensmotto von Fliedner.

Wir werden Herrn Kollegen Theodor M. Fliedner in ehrender Erinnerung behalten, unser Mitgefühl gilt seiner Familie.

Dr. med. Dipl.-Chem. Gerd J. Enderle

Prof. Dr. med. Dipl.-Chem. Gerhard Triebig

Für den Vorstand der DGAUM

Prof. Dr. med. Hans Drexler, Präsident der Fachgesellschaft

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