Am 05. 06. 2019 verstarb unser hochverehrter Vorgänger Herr Prof. Dr. med. Günter Fruhmann im Alter von 91 Jahren.
Herr Professor Dr. Günter Fruhmann wurde am 12. 12. 1927 in München geboren – am Ort seines späteren Wirkens, im Innenstadtklinikum der LMU München. Nach den Kriegswirren holte er sein humanistisches Abitur im niederbayerischen Landshut nach. Nach seinem Medizinstudium und Medizinischen Staatsexamen im Jahre 1952 und der im selben Jahr erfolgten Promotion zum Doktor der Medizin an der Ludwig Maximilians-Universität München zum Thema „Die Wirkung der Biomotor-Atmung auf den Kreislauf“ begab er sich auf klinische Wanderschaft. Die erste Station lässt bereits die sein weiteres ärztliches Leben begleitende Vorliebe, den Hang zur Pneumologie, erkennen: Er arbeitete für ein Jahr in der Lungenheilstätte Altein in Arosa, Schweiz, um dann an die Medizinische Universitätsklinik Köln zu wechseln: Unter Hugo Wilhelm Knipping – einem der Väter der Lungenfunktionsdiagnostik – arbeitete Fruhmann und ging dann in die Vereinigten Staaten, um in Newark zu sehen, was damals in der Inneren Medizin „state of the art“ war. Zwei Jahre später zog es ihn wieder in seine Bayerische Heimat, und nach einer dreijährigen Tätigkeit in Landshut konnte Herr Prof. Dr. med. Fruhmann von 1957 bis 1975 an der II. Medizinischen Universitätsklinik München wirken, unter der Leitung des von ihm sehr verehrten Prof. Dr. med. Gustav Bodechtel. Zunehmend widmete er sich wissenschaftlichen Fragestellungen. Schon 1953 entstanden seine ersten Veröffentlichungen, und zwar über die manuelle künstliche Beatmung, den Atemantrieb und den Gasaustausch in der menschlichen Lunge sowie über die Pionierarbeiten der Respirator-Behandlung, an denen er einen wesentlichen Anteil hatte. Günter Fruhmann baute Schritt für Schritt das Lungenfunktionslabor auf und setzte mit seinen Forschungsergebnissen wichtige Akzente in der Entwicklung der Klinik. In der genannten Klinik erwarb er die Facharztbezeichnung Innere Medizin, hier habilitierte er sich 1963 für Innere Medizin, und hier wurde er 1969 zum Außerplanmäßigen Professor ernannt. 1972 wurde er dann beamteter außerplanmäßiger Professor für Pneumologie und Arbeitsmedizin.
Am 20. 12. 1972 erhielt Günter Fruhmann einen Ruf auf den ordentlichen Lehrstuhl für Arbeitsmedizin an der Technischen Universität München und am 11. 09. 1974 einen zweiten Ruf auf den ordentlichen Lehrstuhl für Arbeitsmedizin an der LMU München. Am 23. 12. 1975 wurde er vom Bayerischen Staatsministerium für Unterricht und Kultus unter Ernennung zum Ordentlichen Professor mit der Errichtung von Institut und Poliklinik für Arbeitsmedizin der Ludwig Maximilians-Universität München beauftragt. Gleichzeitig und in Personalunion erfolgte die Bestellung zum Leiter der Pneumologischen Abteilung in der Medizinischen Klinik I des Klinikums Großhadern, LMU München. Hiermit verbunden war die Verpflichtung, das Fach Arbeitsmedizin an der Technischen Universität München zu vertreten.
Die Errichtung der Pneumologie in Großhadern, gewissermaßen auf der „grünen Wiese“, führte innerhalb kürzester Zeit zu einem florierenden klinischen Betrieb, der von Anfang an von erfolgreichen und international anerkannten wissenschaftlichen Arbeitsgruppen flankiert war.
Günter Fruhmann hat die Jahre seines Wirkens in der Arbeitsmedizin von 1975 bis 1998 genutzt, auch dieses Institut aus dem Nichts heraus aufzubauen und ihm an beiden Münchner Universitäten und in der Arbeitsmedizin generell Geltung und hohes Ansehen zu verschaffen.
Herrn Professor Fruhmanns wissenschaftliche Interessen lagen auf dem gesamten Gebiet der Arbeitsmedizin und auf dem gesamten Gebiet der Pneumologie – logischerweise auch und besonders auf den Schnittmengen. Er verstand es von Anfang an, arbeitsmedizinische und pneumologische Forschung und Krankenversorgung multidisziplinär zu betreiben und Ingenieure, Chemiker, Meteorologen, Biologen und andere Grundlagenwissenschaftler einzubinden. Das Teilgebiet der pneumologisch-allergologischen Arbeitsmedizin hat Günter Fruhmann in Deutschland neu geschaffen und mit nach wie vor viel zitierten Arbeiten zu allgemeiner Anerkennung verholfen. Immer wieder stößt man auf Fruhmanns Arbeiten und denkt: „Nanu, das hat er ja schon vor 30, 40 Jahren geschrieben“.
Initial beschäftigte er sich vorrangig mit atemphysiologischen Fragestellungen, später auch mit pulmonaler Hypertonie, mit der Byssinose, mit Erkrankungen durch Isocyanate, organische und anorganische Stäube, Inhalationsallergene. Bedeutsam ist auch die seit 1963 ausgeübte Beratertätigkeit und die 1992 übernommene Funktion des Stellvertretenden Vorsitzenden der Sektion Berufskrankheiten im Sachverständigenbeirat des Bundesminsteriums für Arbeit und Sozialordnung. In zahlreichen weiteren Einrichtungen und Gremien hat er sich engagiert, vor allem auch im Kuratorium der Bayerischen Akademie für Arbeits- und Sozialmedizin, später auch Umweltmedizin. Er war von 1983 bis 1993 Governor, dann Regent des American College of Chest Physicians und war seit 1983 internationaler Editor der Zeitschrift „Chest“.
Herr Professor Fruhmann ist Autor von reichlich 170 Pubmed-gelisteten Publikationen und insgesamt über 450 Arbeiten – eine sehr bemerkenswerte Lebensleistung.
Immer hat er die Internationalität der Fächer Pneumologie und Arbeitsmedizin betont, immer war er auf den internationalen Kongressen der Fächer präsent. „Not published – not done“, war eines seiner Mottos.
Herr Professor Fruhmann war außerordentlich kenntnisreich, stimulierend, motivierend, er gab Freiraum und Struktur zugleich. Alle Mitarbeiter bezeichneten ihn als guten Chef. Treue Patienten fragen noch heute nach ihm.
In der Arbeitsmedizin war Herr Professor Fruhmann immer ein unabhängiger Kopf, keiner „Schule“ verpflichtet, nur der reinen internationalen Wissenschaft und dem Wohl der Patienten. Da ist er uns ein wirklich bleibendes Vorbild. Das macht es auch so schön, Nachfolger zu sein.
Herr Professor Fruhmann war ein wunderbarer Vorgänger – sowohl für Dennis Nowak in der Arbeitsmedizin als auch für Jürgen Behr in der Pneumologie. Er war auch voller Humor und Selbstironie, beispielsweise mit der Äußerung „Die Pneumologen haben mich immer für einen guten Arbeitsmediziner gehalten und die Arbeitsmediziner für einen guten Pneumologen“. Er war beides, und seine Nachfolger schulden ihm großen Respekt und Dank.
Prof. Dr. med. Dennis Nowak
Prof. Dr. med. Jürgen Behr