Sie stecken in Sonnencreme, Zahnpasta und Wandfarbe, in Autoreifen, Computerchips und Solarzellen und in ungezählten weiteren Produkten: Die Rede ist von vielseitigen Nanomaterialien. So werden teilchenförmige chemische Stoffe bezeichnet, die zwischen einem und 100 Nanometer groß sind, wobei ein Nanometer einem Millionstel Millimeter entspricht. Wie herkömmliche Chemikalien müssen auch diese Substanzen vor ihrer Vermarktung auf Gesundheitsrisiken geprüft werden. Das ist wegen ihrer Vielfalt an Materialien, Größe, Form und Beschichtung jedoch eine große Herausforderung. Die Tests sind teuer und kosten viel Zeit.
Hier setzt das vom Bundesinstitut für Risikobewertung (BfR) koordinierte Verbundprojekt „NanoToxClass“ an. In ihm entwickelten Fachleute aus Wissenschaft, Industrie und Behörden gemeinsam effizientere Verfahren für die Risikobewertung von Nanomaterialien. Erste Ergebnisse wurden nun im Fachjournal „Particle and Fibre Toxicology“ veröffentlicht (s. Link unten). Wichtigstes Resultat: Den Forscherinnen und Forschern gelang es, mit hochempfindlichen Methoden in Zellkulturen Nanomaterialien (NM) entsprechend ihrem Gefährdungspotenzial in Gruppen zusammenzufassen.
Das Forscherteam untersuchte zwölf NM, die sich in chemischer Zusammensetzung, Größe oder Oberflächenbeschaffenheit unterschieden, an Rattenzellen aus Lungenbläschen (Alveolen). Zellen der Atemwege wurden ausgewählt, weil die Aufnahme von NM über den Atemtrakt als besonders bedenklich angesehen wird. Die Forscherinnen und Forscher analysierten mit neuartigen Multiomics-Methoden, wie die Zellen auf den Kontakt mit den NM ansprachen. Sie untersuchten damit Veränderungen in mehreren tausend Zellproteinen, in zahlreichen Stoffwechselprodukten (Metaboliten) sowie in wichtigen Signalwegen der Zelle. Auf diese Weise konnte für jedes NM ein umfassendes biologisches „Wirkprofil“ skizziert werden, das dann genutzt wurde, um die NM in Gruppen zusammenzufassen.
Je nach Materialbeschaffenheit zeichneten sich verschiedene Reaktionsmuster der Zellen ab. „Giftigere“ NM erzeugten zum Beispiel „oxidativen Stress“ – in den Zellen gerät die Bildung von aggressiven Sauerstoffverbindungen und deren Entgiftung aus dem Gleichgewicht. Daran beteiligt sind verschiedene Schlüsselmoleküle. Dem Forscherteam gelang es, Biomoleküle herauszufiltern, die als charakteristische biologische Merkmale (Biomarker) Analysen zielgerichteter gestalten können. Die Untersuchungen werden künftige Risikobewertungen von NM maßgeblich mitbestimmen und sollen dazu beitragen, NM gesundheitlich verträglicher zu machen.
Quelle: Bundesinstitut für Risikobewertung (BfR)
➔ https://particleandfibretoxicology.biomedcentral.com/articles/10.1186/s…