Das „Cannabisgesetz“ führte zu einer Teillegalisierung in Bezug auf Cannabis und lässt auch entsprechende Auswirkungen auf das Arbeits- und Gesellschaftsleben erwarten. Insbesondere problematisch erweist sich der Umstand, dass sich verlässliche Grenzwerte für sämtliche Tätigkeiten nicht benennen lassen. Für das Führen von Kraftfahrzeugen im öffentlichen Straßenverkehr hat der Gesetzgeber nun einen Grenzwert normiert. Patrick Aligbe
Am Beispiel der Berufskrankheit Nr. 1301 bestätigt das Bundessozialgericht (BSG) wichtige Regeln der Feststellunglast bei offenen BK-Tatbeständen ohne wissenschaftlich gesicherte Mindestdosis. Es klärt die Rahmenbedingungen, unter denen bei fehlenden Alternativursachen ein Rückschluss auf das Bestehen der arbeitstechnischen Voraussetzungen zulässig ist und stellt klar, dass die Möglichkeit anlagebedingter (Mit)Verursachung nicht ausreicht, um die arbeitsmedizinischen Bedingungen einer Anerkennung zu verneinen. Reinhard Holtstraeter
Das Mutterschutzrecht beinhaltet im Wesenskern zwar Schutzvorschriften für schwangere Frauen, gilt aber in zeitlich abgrenzbaren Zeiträumen in rechtlicher Hinsicht auch für die Zeit nach der Entbindung, das heißt, es existieren Schutzfristen nach der Entbindung. Aber auch das Stillen ist gesondert geschützt. Je nach Art des Schutzgedankens muss hier in rechtlicher Hinsicht allerdings zwischen einem betrieblichen Beschäftigungsverbot und einem Freistellungsanspruch unterschieden werden. Patrick Aligbe
Mit dem Durchschreiten der Tür zu Kantine, Pausen- oder Sozialraum findet regelmäßig der Übergang zu nicht unfallversicherter privatwirtschaftlicher Tätigkeit statt. Mit bemerkenswerter Argumentation macht das hessische Landessozialgericht (LSG) hiervon eine Ausnahme, soweit die Wegstrecke innerhalb dieses Raumes noch Bestandteil des Weges zur Besorgung von Nahrungsmitteln zum alsbaldigen Verzehr ist. Reinhard Holtstraeter
Infektionsschutz Im Rahmen der Maßnahmen des betrieblichen Infektionsschutzes wurde immer wieder diskutiert, in welchem Umfang der Arbeitgeber auch entsprechende personenbezogene Daten in Bezug auf den Impf-, Sero- und Teststatus der betroffenen Personen erheben darf. Nachfolgender Beitrag geht dieser Fragestellung auf den Grund und legt dar, welche Daten der Arbeitgeber für welche Zwecke auch verarbeiten darf. Patrick Aligbe
Schutzimpfungen Gesundheitsschutz ist Privatsache. Für etwaige Impfschäden bestehen Entschädigungsansprüche gemäß § 60 des Gesetzes zur Verhütung und Bekämpfung von Infektionskrankheiten beim Menschen (Infektionsschutzgesetz, IfSG). Ist die Impfmaßnahme der betrieblichen Haftungssphäre zuzuordnen, können Versicherte gemäß § 63 Abs. 3 IfSG in Verbindung mit § 4 Abs. 1 Nr. 2 Sozialgesetzbuch, Siebtes Buch (SGB VII) weitergehende beziehungsweise höhere Leistungen aus dem SGB VII beanspruchen. Das Urteil zeigt auf, unter welchen haftungsbegründen Bedingungen durch freiwillige Schutzimpfung verursachte Gesundheitsschäden als Arbeitsunfall entschädigt werden können. Diese Abgrenzungskriterien gelten gleichermaßen bei Corona-Schutzimpfungen.
Recht Die einzelnen Listennummern der Berufskrankheitenverordnung sind normalerweise eigenständig und streng getrennt voneinander zu bewerten. Eine Ausnahme machen hier Krankheitsbilder wie die bandscheibenbedingten Erkrankungen der Wirbelsäule, die durch verschiedene berufliche Einwirkungen verursacht werden können. Sind danach die Voraussetzungen mehrerer Berufskrankheitentatbestände – wie hier der BK 2108 und 2110 – erfüllt, sind sie nebeneinander unter besonderer Berücksichtigung der Mehrfachbelastung anzuerkennen. Das Urteil beschreibt detailliert, welche Voraussetzungen hierfür im Einzelnen gegeben sein müssen. Reinhard Holtstraeter
Recht Seit dem 01.01.2009 soll in Deutschland der Schutz im Krankheitsfall für die gesamte Bevölkerung gewährleistet sein. Auch Personen ohne anderweitigen Versicherungsschutz, die zuvor nicht oder nicht mehr krankenversichert waren, können ohne eigene Willensbekundung pflichtversichert sein. Einzige Voraussetzung für diesen Auffangversicherungsschutz ist, dass die Person den Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthalt in Deutschland innehat. Wird der Aufenthalt allerdings gezielt in Deutschland gewählt, um Leistungen der gesetzlichen Krankenkasse in Anspruch zu nehmen, schützt § 52a SGB V die Solidargemeinschaft vor rechtsmissbräuchlicher Inanspruchnahme. Reinhard Holtstraeter
Recht Die Anerkennung eines Arbeitsunfalls wird häufig verneint, weil die Belastung berufstypisch sei und es an dem von außen auf den Körper einwirkenden Ereignis fehle. Zu beachten ist, dass dieses Merkmal des Unfallbegriffs nur dazu dient, Gesundheitsbe-einträchtigungen aus innerer Ursache bzw. infolge Selbstschädigung abzugrenzen. Für die Wesentlichkeit des Traumas ist nicht auf die Reaktion „normaler“ Versicherter abzustellen, sondern auf die konkrete psychische Belastung des Betroffenen infolge der Eigenart seiner Persönlichkeit. Reinhard Holtstraeter
Recht Mit dem Gesetz zur Stärkung der Heil- und Hilfsmittelversorgung wurde § 33 Abs. 1 Satz 5 SGB V dahin gefasst, dass der Anspruch auf ein Hilfsmittel „auch zusätzlich zur Bereitstellung des Hilfsmittels zu erbringende, notwendige Leistungen“ umfasse. Am Beispiel der Entsorgungskosten von Inkontinenzmaterial hatte das Bundessozialgericht daher grundsätzlich zu entscheiden, ob die Entsorgung von nicht mehr gebrauchsfähigen Hilfsmitteln in der Eigenverantwortung der Versicherten verbleibe oder ob für deren Kosten nunmehr die Krankenkassen aufzukommen haben. Reinhard Holtstraeter
Recht In der ASU-Ausgabe 4/2016 (S. 259–262) hatten wir unter Bezug auf das Urteil des Landessozialgerichts Mecklenburg-Vorpommern vom 17.09.2014 – L 5 U 1/11 – den Diskussionsstand zur Einschätzung der Minderung der Erwerbsfähigkeit (MdE) nach Einsatz moderner Prothetik berichtet. Der damit einhergehende erhebliche Funktionsgewinn hatte in der gesetzlichen Unfallversicherung eine Diskussion zur Neubewertung der MdE-Erfahrungswerte nach Verlust von Gliedmaßen ausgelöst. In seiner Revisionsentscheidung hat das Bundessozialgericht diese Diskussion beendet, die medizinische Wissenschaft und den Gesetzgeber aber zur Überprüfung bzw. Neubewertung der Maßstäbe aufgefordert. Reinhard Holtstraeter
Recht Handlungen, die der eigentlichen versicherten Tätigkeit vorausgehen, stehen nur in Ausnahmefällen, bei denen sie in natürlicher Betrachtungsweise eine Einheit mit der geschützten Tätigkeit bilden, unter dem Schutz der gesetzlichen Unfallversicherung. Auch Vorbereitungshandlungen, die für die Durchführung der versicherten Tätigkeit unverzichtbar erscheinen, sollen nur geschützt sein, sofern die Maßnahmen der Beseitigung eines unerwarteten, nicht anderweitig überwindbaren Hindernisses dienen. Reinhard Holtstraeter
Recht Versicherte, die Pflichtmitglieder einer berufsständischen Versorgungseinrichtung sind, wurden ab dem Jahr 2016 im Krankheitsfalle bei der Alterssicherung wirtschaftlich entlastet und den in der gesetzlichen Rentenversicherung Pflichtversicherten im Hinblick auf die Beitragszahlung aus dem Krankengeld gleichgestellt. Eine entsprechende Regelung für das Verletztengeld bei Arbeitsunfall oder Berufserkrankung unterblieb und wurde erst mit Wirkung zum 25.07.2017 nachgeholt. Reinhard Holtstraeter
Recht Ein Postzusteller verklagte eine Betriebsärztin, die ihn für arbeitsunfähig erklärte. Vergeblich: LG Leipzig und OLG Dresden verweisen auf die Rechtsstellung der Betriebsärzte gemäß Arbeitssicherheitsgesetz (ASiG), die Weisungsfreiheit und das Benachteiligungsverbot. Außerdem sind arbeitsmedizinische Begutachtungen „privilegierte“ Äußerungen, die nicht separat gerichtlich angegriffen werden können. Thomas Wilrich
Recht Die Krankenkassen wurden 2013 verpflichtet, über einen Leistungsantrag innerhalb von drei Wochen zu entscheiden. Nicht abschließend geklärt war bislang allerdings, ob nach Überschreitung der Frist die Sachleistung ohne weitere Prüfung von der Krankenkasse zu erbringen ist oder lediglich eine Kostenerstattung für selbstbeschaffte Leistungen geltend gemacht werden kann. R. Holtstraeter
Recht Auf den Wegen von und zur Arbeit ist grundsätzlich nur der direkte Weg versichert. Ein Abweichen von diesem Weg beendet den Unfallversicherungsschutz zumindest solange, wie der direkte Weg nicht wieder erreicht ist. Ausnahmen davon bestehen nur, sofern der Umweg unerheblich oder durch Gefahren des Weges bedingt ist. Dies gilt auch für irrtümliches Abweichen vom direkten Weg. Reinhard Holtstraeter
Recht Wer als Durchgangsarzt (D-Arzt) bei der Eingangsuntersuchung und Erstversorgung nicht ordnungsgemäß diagnostiziert oder behandelt, verstößt zweifelsohne gegen seine Sorgfaltspflichten als Arzt. Anders als bei seiner nachfolgenden Entscheidung über die Art der Heilbehandlung, mit der er als Beliehener eine dem Unfallversicherungsträger gem. § 34 SGB VII obliegende Pflicht erfüllt, war streitig, ob der D-Arzt auch bei der Erstversorgung in Ausübung eines öffentlichen Amtes i. S. v. Art. 34 Grundgesetz handelt. Die Zivilrechtsprechung ging bisher von einer „doppelten Zielrichtung“ des Arztes aus, was bei Sorgfaltsverletzungen eine Abgrenzung der ärztlichen Berufsausübung gegenüber seinen Amtshandlungen als D-Arztes forderte. Diese Rechtsprechung hat der Bundesgerichtshof nunmehr aufgegeben. Er sieht Erstuntersuchung und -versorgung ebenfalls als Teil der Amtsausübung mit der Folge, dass nicht der Arzt persönlich, sondern der Unfallversicherungsträger für etwaige Fehler in diesem Bereich einzutreten hat. Reinhard Holtstraeter
Recht Die Arbeiten an „Bildschirmgeräten“ sind in der heutigen Arbeitswelt nicht mehr wegzudenken. Es dürfte nur noch wenige Arbeitsplätze in Deutschland geben, welche nicht von der Richtlinie 90/270/WEG („Bildschirmrichtlinie“) betroffen sind. Patrick Aligbe
Recht Zur Berufsfreiheit gehört nicht nur die Freiheit der Wahl und Ausübung eines Berufs. Besonders für Angehörige der so genannten Freien Berufe, die sich der eigenverantwortlichen und fachlich unabhängigen Erbringung von Dienstleistungen höherer Art verschrieben haben, sind Gestaltungs- und Organisationsfreiheit bei zunehmender Komplexität moderner Lebens- und Wirtschaftsverhältnisse von zielführender Bedeutung. Mit der Feststellung des Verfassungsgerichts zur Teilnichtigkeit des § 59a Bundesrechtsanwaltsordnung gewinnen Ärzte und Apotheker ein Stück zusätzliche Gestaltungsfreiheit für die gemeinschaftliche Berufsausübung mit Rechtsanwälten. Reinhard Holtstraeter
Recht Herkömmlich versteht man unter dem Honorararzt einen selbstständigen Freiberufler (freier Mitarbeiter, Freelancer) der seine ärztliche Leistung auf eigene Rechnung anderen medizinischen Leistungserbringern zur Verfügung stellt. Beginnend mit dem „Gesetz zu Korrekturen in der Sozialversicherung und zur Sicherung der Arbeitnehmerrechte” vom 17.12.1998 fand ein Umdenken der Sozialversicherungsträger statt, in dessen Folge der freiberufliche Status zunehmend in Frage gestellt ist. Nicht wenige Honorarverträge, die von den Partnern als freiberufliche Beauftragung ausgestaltet sind, werden als sozialversicherungspflichtige Angestelltentätigkeit gewertet. Die Rechtsprechung ist einzelfallgeprägt und besonders bei Ärzten im Not- und Rettungsdienst ohne klare Linie. Reinhard Holtstraeter
Recht Der Erfolg einer stufenweisen Wiedereingliederung Langzeiterkrankter wurde in der Vergangenheit häufig gefährdet, wenn nach Ausschöpfung des Krankengeldesanspruches die Unterhaltssicherung über das Arbeitslosengeld während der stufenweisen Wiedereingliederung verweigert wurde. Das Bundessozialgericht hat nunmehr klargestellt, dass bei jeder planmäßig durchgeführten stufenweisen Wiedereingliederung der Arbeitslosengeldanspruch (fort-)besteht. Reinhard Holtstraeter
Recht Die durch den Einsatz moderner Prothetik erheblich gestiegenen Gebrauchsvorteile der Betroffenen haben in der gesetzlichen Unfallversicherung eine Diskussion aufgelöst, ob die MdE-Erfahrungswerte nach Verlust von Gliedmaßen mit Blick auf den Funktionsgewinn eine Neubewertung erfahren müssen. Die noch herrschende Meinung in der Literatur lehnt eine Absenkung der MdE nach Gliedverlusten selbst bei optimaler Prothesenversorgung ab. Dieser Auffassung hat sich das Landessozialgericht Mecklenburg-Vorpommern angeschlossen. Reinhard Holtstraeter
Recht Das BAG hat die Anforderungen an eine ordnungsgemäße Durchführung des BEM und dessen Rolle im Rahmen krankheitsbedingter Kündigungen erneut konkretisiert. Auch wenn das BEM weiterhin keine formale Kündigungsvoraussetzung bildet, sind die Darlegungs- und Beweisanforderungen an den Arbeitgeber im Kündigungsschutzprozess inzwischen dergestalt, dass es ihm bei unterlassenem BEM kaum mehr gelingen wird zu obsiegen. De facto ist die krankheitsbedingte Kündigung ohne ein ordnungs-gemäßes BEM nicht mehr zu realisieren. Reinhard Holtstraeter
Recht Zielstellung jeglicher Rehabilitation von erkrankten oder behinderten Menschen ist die Über-windung oder Reduzierung von Teilhaberisiken. Rehabilitation beinhaltet stets auch einen präventiven Ansatz, die so genannte sekundäre oder tertiäre Prävention. Neben den versicherungsrechtlichen Voraus-setzungen fordert der Anspruch auf rehabilitative Sozialleistung folglich bereits konkretisierbare Teilhabe-gefährdung einerseits und eine positive Erfolgsprognose anderseits. Ziel rehabilitativen Handelns ist nicht die Gewährung von Rehabilitationsmaßnahmen. Rehabilitationsmaßnahmen bündeln die Mittel und sind lediglich Wege zum Leistungsziel Teilhabe. Reinhard Holtstraeter
Recht Seit geraumer Zeit steht das Thema Eignungsuntersuchungen im Fokus vieler Betriebe. Bei Arbeitgebern, Beschäftigten, in der Arbeitsmedizin sowie in Berufsverbänden wird diskutiert, ob und wie vor allem Eignungsuntersuchungen während des laufenden Beschäftigungsverhältnisses rechtssicher durchgeführt werden können. Der nachfolgende Beitrag zeigt auf, welche rechtlichen Vorgaben dabei zu beachten sind.1 Michael Behrens