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In einer Studie zu Feuchte und Schimmel in 7127 Wohnungen in 22 Zentren quer durch Europa (einschließlich Deutschland) mit Vor-Ort-Inspektionen in 3118 Wohnungen war die selbstberichtete Häufigkeit von Wasserschäden (10%), feuchten Stellen (21%) und Schimmel (16%) im Verlauf des vorangegangenen Jahres vergleichbar mit beobachteter Feuchtigkeit (19%) und beobachtetem Schimmel (14%) (Norbäck et al. 2017). Wie diese Studie zeigt, sind Schäden, verursacht durch Feuchte und Schimmelbefall, europaweit ein relevantes Thema und stellen ein potenzielles Gesundheitsrisiko dar. Darüber hinaus ist diese Problematik bei Patientinnen und Patienten oft mit starker Verunsicherung verbunden.
Da überwiegend fast nur Leitlinien zum auf Gebäude bezogenen Vorgehen bei Feuchteschäden wie der Leitfaden zur Vorbeugung, Erfassung und Sanierung von Schimmelbefall in Gebäuden des Umweltbundesamtes (Innenraumlufthygiene-Kommission 2017) und Übersichtsarbeiten zu assoziierten Krankheitsbildern existierten und existieren, jedoch kein übergreifendes auf die Patientin/den Patienten bezogenes diagnostisches Prozedere, sollte bereits die erste Fassung der Leitlinie 2016 die bestehende Lücke für eine rationale und rationelle medizinische Diagnostik bei Schimmelexposition im Innenraum schließen.
Mit dieser aktualisierten Leitlinie soll Ärztinnen und Ärzten eine Hilfe an die Hand gegeben werden, um Patientinnen und Patienten, die einer erhöhten Schimmelexposition in einem typischen Innenraumszenario – also nicht an besonders exponierten Arbeitsplätzen – unterliegen (umgangssprachlich: „Schimmelpilzbelastungen“), aus medizinischer Sicht zu beraten und zu behandeln. Auch wenn arbeitsmedizinische Fragestellungen explizit nicht im Fokus dieser Leitlinie stehen, können die wissenschaftlichen Aussagen der Leitlinie selbstverständlich auch auf arbeitsmedizinische Fragestellungen angewandt werden – insbesondere, wenn es sich um Büro- oder anderweitige Innenraumarbeitsplätze mit Schimmelpilzbefall handelt.
Für die jetzige Aktualisierung erfolgte eine Medline-Recherche über die Jahre 2014–2022 mit insgesamt 3145 Fundstellen. Die jetzt veröffentlichte Fassung beinhaltet 806 Zitate.
Von zentraler Bedeutung ist die Zusammenstellung, welche Befindlichkeitsstörungen und Krankheiten kausal mit einer Schimmelpilzexposition assoziiert sind, für welche Zusammenhänge ausreichende Evidenz besteht sowie zwei weitere Abstufungen „eingeschränkt/vermutet“ und „inadäquat/unzureichend“.
Die Kernaussagen der Leitlinie können wie folgt zusammengefasst werden:
Die Problematik von Schimmelexpositionen im Innenraum bedarf einer Versachlichung.
a) Personen unter Immunsuppression nach der Einteilung der Kommission für Krankenhaushygiene und Infektionsprävention (KRINKO) beim Robert Koch-Institut (RKI) (Kommission für Krankenhaushygiene und Infektionsprävention 2021)
b) Personen mit schwer verlaufender Influenza
c) Personen mit schwer verlaufender COVID-19-Infektion
d) Personen mit Mukoviszidose (zystischer Fibrose)
e) Personen mit Asthma bronchiale.
Literatur
Norbäck D, Zock JP, Plana E, Heinrich J, Tischer C, Jacobsen Bertelsen R, Sunyer J, Künzli N, Villani S, Olivieri M, Verlato G, Soon A, Schlünssen V, Gunnbjörnsdottir MI, Jarvis D: Building dampness and mold in European homes in relation to climate, building characteristics and socio-economic status: The European Community Respiratory Health Survey ECRHS II. Indoor Air 2017; 27(5): 921–932 (doi: 10.1111/ina.12375).
Innenraumlufthygiene-Kommission des Umweltbundesamtes. Leitfaden zur Vorbeugung, Erfassung und Sanierung von Schimmelbefall in Gebäuden. Umweltbundesamt, Berlin, Bonn 2017. https://www.umweltbundesamt.de/sites/default/files/medien/421/publikati… (abgerufen am 24.05.2023).
Kommission für Krankenhaushygiene und Infektionsprävention (KRINKO) beim Robert Koch-Institut (RKI). Anforderungen an die Infektionsprävention bei der medizinischen Versorgung von immunsupprimierten Patienten. Bundesgesundheitsbl 2021; 64: 232–264 (doi: 10.1007/s00103-020-03265-x).
Weitere Informationen zum Update und die Langfassung der Leitlinie:
https://register.awmf.org/de/leitlinien/detail/161-001
Kontakt
Prof. Dr. med. Dennis Nowak
LMU Klinikum
Institut und Poliklinik für Arbeits-, Sozial- und Umweltmedizin
Campus Innenstadt
Ziemssenstr. 1
80336 München
Dennis.Nowak@med.uni-muenchen.de