Strain factors, overcommitment und burnout risk among bank employees in relation to age
Objective: Trends in the working world, financial crises and growing competitive pressure are influencing factors leading to an increase in psychological strain among bank employees. The aim of the study was to analyse the correlations between job-related strain factors and perception of the latter as well as the risk of burnout among bank employees, with overcommitment (OC) as a control variable.
Method: In this study, 90 employees (mean age 43.2 ± 9.4 years) working in a regional bank completed questionnaires assessing strain factors, individual stress perception, OC and burnout risk.
Results: The main job-related strain factors identified among bank employees were ‘increased data maintenance’, ‘increased PC knowledge requirements’, ‘poor communication structures’, ‘hierarchical pressure to perform’ and ‘pressure to fulfil targets’. One fifth of the overall collective showed an effort-reward imbalance. The subjective perception of older bank employees indicated more pressure to perform concurrent with a lower level of appreciation. Approximately one tenth of the subjects had a critical tendency towards OC, with age not really a significant factor here. The burnout risk among both age groups was comparatively small (2%). There was evidence of weak correlations between some stress factors and burnout risk. The correlations had some influence on OC, whereas age did not.
Conclusions: A framework of stress-reducing and coping strategies must be established in order to safeguard the long-term mental health of bank employees. The early detection and prevention of burnout risk, the promotion of an effort-reward balance and the setting of achievable goals are only some of the key factors. It is also advisable to optimise collaboration between occupational health physicians, management and bank employees in order to deal with the problem and improve mental health.
Keywords: bank-specific strain factors – effort-reward-imbalance – overcommitment – burnout risk
Belastungsfaktoren, Overcommitment und Burnout-Risiko bei Bankangestellten unterschiedlichen Alters
Zielstellung: Der Trend in der Arbeitswelt, die Finanzkrisen und der steigende Wettbewerbsdruck sind einige Einflussfaktoren, die zu einer Zunahme psychischer Belastung von Bankangestellten (BA) geführt haben. Ziel war es, berufsbedingte Belastungsfaktoren sowie deren Belastungsempfinden zu detektieren, um anschließend Korrelationsanalysen zwischen diesen und dem Burnout-Risiko unter Kontrolle von Overcommitment (OC) für BA durchzuführen.
Methodik: An der Studie nahmen 90 BA (43,2 ± 9,4 Jahre alt) eines regionalen Kreditinstituts teil. Belastungsfaktoren und deren Empfinden, OC und Burnout-Risiko wurden mittels arbeitspsychologischer Fragebögen erhoben.
Ergebnisse: Als Hauptbelastungsfaktoren der Tätigkeit der BA wurden „erhöhte Datenpflege“, „steigende Anforderungen an PC-Kenntnisse“, „schlechte Kommunikationsstrukturen“, „Druck von oben“ sowie „Zielvorgaben“ detektiert. Ein Fünftel des Gesamtkollektivs wies ein unausgewogenes Verausgabungs-Belohnungs-Verhältnis auf. Von den älteren BA wurde subjektiv eine höhere Verausgabung bei gleichzeitig geringer erhaltener Anerkennung gefordert. Etwa ein Zehntel der BA verfügten über eine kritische OC-Ausprägung ohne wesentlichen Alterseinfluss. Das Burnout-Risiko war in beiden Altersgruppen vergleichbar niedrig (2 %). Es wurden schwache Korrelationen zwischen einigen Belastungsfaktoren und Burnout-Risiko nachgewiesen. Diese beeinflusste OC teilweise, das Alter jedoch nicht.
Schlussfolgerungen: Um die psychische Gesundheit der BA langfristig zu sichern, müssen Rahmenbedingen geschaffen werden, um Belastungen am Arbeitsplatz besser bewältigen zu können. Frühzeitiges Erkennen und Vermeiden von Burnout-Gefährdung, Förderung eines ausgewogenen Verausgabungs-Belohnungs-Verhältnisses und Aufstellen erreichbarer Zielvorgaben sind dabei nur einige wesentliche Punkte. Zudem ist zur Bewältigung des Problems und Stärkung psychischer Gesundheit eine Optimierung der Zusammenarbeit von Arbeits-/Betriebsmedizinerinnen und -medizinern, Führungskräften sowie BA empfehlenswert.
Schlüsselwörter: bankspezifische Belastungsfaktoren – Verausgabungs-Belohnungs-Verhältnis – Overcommitment – Burnout-Risiko
Einleitung
Vor dem Hintergrund der Finanzkrisen der vergangenen Jahre und der Globalisierung kam es nicht nur zur Zunahme des nationalen und internationalen Wettbewerbsdrucks der Kreditinstitute, sondern vor allem auch zu einer Steigerung des (Erfolgs-)Drucks der einzelnen Beschäftigten.
Aus dem Fehlzeitenreport 2017 geht hervor, dass insbesondere im Banken- und Versicherungsgewerbe Arbeitsunfähigkeit (AU) – bedingt durch psychische Erkrankungen – einen immer größer werdenden Stellenwert einnimmt (2006: 7 von 100 vs. 2016: 10,5 AU-Fälle je 100 AOK-Mitgliedern psychisch bedingt). Darüber hinaus zeigt der Branchenvergleich, dass bei Banken und Versicherungen mit 15 Prozent der höchste Anteil an AU-Fällen auf psychische und Verhaltensstörungen zurückzuführen ist. Dabei ist in den letzten Jahren insbesondere eine Zunahme der mit der Zusatzdiagnose Z73 „Probleme mit Bezug auf Schwierigkeiten bei der Lebensbewältigung“ assoziierten Fehlzeiten zu beobachten. Hierunter subsummiert sich auch das Burnout-Syndrom, allgemein definiert als Zustand physischer und psychischer Erschöpfung (Meyer et al. 2017). In der Literatur gibt es keine klaren Hinweise auf eine Zunahme der Morbidität. Die veränderten Zahlen können beispielsweise Ausdruck eines veränderten ärztlichen Kodierverhaltens, einer Sensibilisierung für diese Problematik oder einer früheren ärztlichen Konsultation sein.
In der Person der Bankkauffrau oder des Bankkaufmanns (Bankangestellte = BA) treffen in der Regel zwei unterschiedliche Interessen aufeinander. Die Kundschaft erwartet die bestmögliche Dienstleistung, für das Kreditinstitut hat jedoch die Gewinnmaximierung meist oberste Priorität. Durch die Niedrigzinsphase der vergangenen Jahre bedingt, verzeichnen die Banken rückläufige Betriebsergebnisse hinsichtlich des zinstragenden Geschäfts. Folglich entsteht Druck, mehr Erträge in anderen Bereichen zu erzielen, der letztlich in einem erhöhten Verkaufsdruck der Angestellten mündet (Kern 2017). Für Beschäftigte in der Kundenberatung bedeutet das zum einen, dass eigene Ansprüche an ihre Arbeit teilweise in den Hintergrund gestellt werden müssen (Brunner 1993; Brunner u. Carl 2005; Mauer 2010) und zum anderen, dass der entstandene Interessenkonflikt nicht zuletzt in einen Rollenkonflikt münden kann. Dieser Rollenkonflikt steht wiederum in einem positiven Zusammenhang mit Unzufriedenheit, Frustration und Kündigungsabsicht. Darüber hinaus konnte bereits belegt werden, dass Rollenunklarheiten in diesem Kontext ein Burnout triggern können (Enzmann u. Kleiber 1989). Ein weiteres Problem stellt der durch die Wirtschaftslage eingeschränkte Handlungsspielraum der BA dar. Gleichzeitig erfordern aber der erhöhte Leistungsdruck bei zunehmendem Preiswettbewerb sowie der höhere Anspruch der besser informierten und wechselfreudigen Kundschaft einen erhöhten Arbeitsaufwand (Engstler u. Vocke 2008). Gemäß dem Job-Demand-Control-Modell nach Karasek (1979) führen hohe Arbeitsanforderungen kombiniert mit geringem Handlungsspielraum zu Stress und zu einer erhöhten Wahrscheinlichkeit für das Auftreten von Krankheiten. Außerdem steigert auch die zunehmende Regulierung der Finanzmärkte durch Behörden, wie die Europäische Bankenaufsicht sowie die Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin), den Arbeitsaufwand und die Anforderungen für die BA (u. a. Basel III, Wertpapierhandelsgesetz; Kern 2017).
Zudem wurde das Tagesgeschäft in kaum einer Branche durch Digitalisierung und Automatisierung dermaßen verändert wie in den Banken. Neben ständigen Neuerungen resultieren hieraus wiederum Ängste um den Arbeitsplatzverlust, da für das Tagesgeschäft am Bankschalter zunehmend weniger Beschäftigte gebraucht werden (Kanning 2015). Gleichzeitig müssen viele BA um den Erhalt ihres Arbeitsplatzes bangen, unter anderem infolge der zunehmenden Digitalisierung und des Online-Bankings. Beispielhaft kann hier die Entlassungswelle der Deutschen Bank genannt werden (Dörner u. Volkery 2019). Diese Arbeitsplatzunsicherheit kann als ein spezielles Problem von Bankangestellten angesehen werden, da typische Tätigkeiten am Schalter entfallen und immer mehr Online-Banking durchgeführt wird.
Des Weiteren ist eine Folge des wachsenden Wettbewerbsdrucks letztlich auch ein steigender Rationalisierungsdruck. Die damit verbundenen Restrukturierungsmaßnahmen gehen häufig mit Personalabbau, Firmenzusammenschlüssen, Zentralisierung und Auslagern bestimmter Bereiche einher. Konsequenzen sind eine Intensivierung der Arbeit, eine Zunahme der Arbeitsplatzunsicherheit, gegebenenfalls Stagnation der Gehälter sowie begrenzte Aufstiegschancen (Siegrist 2013). Gesteigerter „Aufwand“ („Effort“) verbunden mit geringer „Belohnung“ („Reward“) – „Anerkennung“, „Jobsicherheit“ und „Gehalt“ – stellen dabei alle Voraussetzungen für eine Gratifikationskrise nach (Siegrist 1996b) dar. Im Rahmen der Restrukturierung und Zentralisierung leiden zudem nicht nur die Kommunikation zwischen den Beschäftigten, sondern auch die sozialen Kontakte.
Zielstellung
Im Rahmen der Gesamtstudie sollte die Grundlage eines Modells zur Ermittlung psychischer Gefährdung am Arbeitsplatz bei BA geschaffen werden. Die hier dargestellten Ergebnisse sind nur ein Teil der Gesamtstudie. Es sollten zunächst die konkreten Belastungsfaktoren ermittelt und anschließend ihre Belastungsstärke evaluiert werden. Danach sollten Korrelationsanalysen zwischen Belastungsfaktoren und Burnout-Risiko unter Kontrolle von Alter und Overcommitment für BA untersucht werden. Die Ergebnisse wurden alle auf die Abhängigkeit vom Lebensalter und von leitender Position beziehungsweise nicht leitender Position geprüft.
Anschließend wurden mögliche Ansätze zur Intervention sowie Gruppen- und Individualprävention von stress- und erschöpfungsbedingten Erkrankungen für die BA erarbeitet.
Methoden
Stichprobe
An der Studie nahmen insgesamt 90 BA eines regionalen Kreditinstituts in Sachsen-Anhalt freiwillig teil [Durchschnittsalter 43,2 ± 9,4 Jahre, 69 Frauen (76,7 %; Durchschnittsalter 43,2 ± 9,5 Jahre); 21 Männer (23,3 %; Durchschnittsalter 43,3 ± 9,4 Jahre)]. Die teilnehmenden BA waren im Mittel 24,8 ± 10,5 Jahre berufstätig. Die Teilnehmer arbeiteten in unterschiedlichen Abteilungen (u. a. Kundenbetreuung von Privat-, Gewerbe- oder Firmenkunden, Sachbearbeiterinnen und -bearbeiter in verschiedenen Bereichen) und waren in unterschiedlichen Hierarchieebenen tätig (17 leitende, 73 nicht leitende BA). Es können keine genauen Angaben zur Grundpopulation beziehungsweise zu den Nonrespondern gemacht werden. Der geplante Stichprobenumfang lag bei 100 BA. Weiterhin bittet die Bank um Anonymität. Weitere Angaben können Rückschlüsse auf die Bank geben. Die Studie wurde auf einer Personalversammlung vorgesellt und Flyer mit Kontaktdaten verteilt. Zudem erfolgte eine Information zur Studie im Newsletter der Bank. Die ersten 100 Angestellten wurden berücksichtigt.
Zur Analyse von Alterseinflüssen wurden die Probanden in zwei Altersgruppen unterteilt: Altersgruppe I (AG I) < 45 Jahre (n = 48; 53 %; Durchschnittsalter 36,2 ± 6,1 Jahre; 33 Frauen, 15 Männer) und Altersgruppe II (AG II) > 44 Jahre (n = 42; 47 %; Durchschnittsalter 51,1 ± 5,1 Jahre; 36 Frauen, 6 Männer). Diese Einteilung wurde gewählt, da in der Arbeitsmedizin nach allgemeinem Dafürhalten Personen über 45 Jahre als ältere Beschäftigte gelten (Triebig 2008). Des Weiteren wurde geschaut, ob eine leitende (LP, 17 % der Beschäftigten) oder nichtleitende Position (nLP, 73 % der Beschäftigten) Einfluss auf die Ergebnisse hat.
Fragebogen zu arbeitsbedingten Belastungen bei Bankangestellten
Der Fragebogen zu arbeitsbedingten Belastungen bei Bankangestellten (FABB) (Böckelmann u. Thielmann 2013) dient der Erkennung und Einschätzung arbeitstypischer Belastungen bei Bankangestellten und deren Empfindung. Es handelt sich um ein Selbsteinschätzungsverfahren, das für diese Studie von der Arbeitsgruppe konzipiert wurde. Der FABB umfasst insgesamt 50 Belastungsfaktoren aus sieben Teilbereichen („Großraumarbeitsplatz“, „Allgemeiner Büroarbeitsplatz“, „Allgemeine Arbeitsbedingungen“, „Kollegium“, „Kundenkontakt“, „Spezifische Anforderungen an den Beruf“, „Zufriedenheit bzgl. allgemeiner Gegebenheiten“). Zu bewerten ist, ob die jeweilige Situation zutrifft und wie belastet man sich dadurch fühlt (Skalen: von „belastet mich nicht“ bis „stark“).
Effort-Reward-Imbalance-Questionnaire
Der Effort-Reward-Imbalance-Questionnaire (ERI-Q, Fragebogen zur Erfassung beruflicher Gratifikationskrisen) erfasst das Verhältnis zwischen „Verausgabung“ („Effort“) und der dafür erhaltenen „Belohnung“ („Reward“) (Siegrist 1996a). Die in dieser Studie verwendete Kurzversion des ERI umfasst 16 Items (Siegrist et al. 2009). Der ERI-Q setzt sich aus den Skalen „Verausgabung“ (drei Items) und „Belohnung“ (sieben Items), die in drei weitere Subskalen („Status“, „Anerkennung“ sowie „Jobsicherheit“) unterteilt wird, zusammen.
Die Ermittlung des Verausgabungs-Belohnungs-Verhältnisses, auch als „ERI-Ratio“ bezeichnet, erfolgt über die Bestimmung des Quotienten der beiden genannten Skalen unter Berücksichtigung eines Korrekturfaktors. Ein hoher Quotient bedeutet, dass ein Ungleichgewicht, bestehend aus hoher Verausgabung und niedriger Belohnung, wahrgenommen wird. Aus diesem Grund stellt nach Siegrist (1996a) ein ERI-Ratio >1 ein gesundheitliches Risiko dar, wohingegen ein ERI-Ratio ≤1 kein gesundheitliches Risiko zur Folge hat.
Ergänzend dazu wird mit der dritten ERI-Skala die „intrinsische Verausgabungsneigung“ beziehungsweise das „Overcommitment“ (OC) ermittelt, d. h. personenbezogene Faktoren, die zur Verausgabung führen können. Sie besteht aus sechs Items. Ein Summenwert >18 Punkte spricht für eine kritische Overcommitment-Ausprägung, also für eine hohe Verausgabungsneigung der Testperson.
Maslach Burnout Inventory
Die Erfassung der Ausprägung der Burnout-Dimensionen [„Emotionale Erschöpfung“ (EE), „Zynismus“ (ZY) und „Leistungsfähigkeit“ (LF)] anhand der 16 Items erfolgte mit der deutschen Fassung des Maslach Burnout Inventory-General Survey (MBI-GS) (Maslach u. Jackson 1986; Schaufeli et al. 1996). Zur Bestimmung der Burnout-Ausprägung nach Maslach u. Jackson (1986) wird jede Dimension in gering, mittel und hoch eingeteilt. Außerdem erfolgte im Rahmen der Auswertung die Ermittlung des Burnout-Risikos und eine Klassifizierung der Ausprägung des Gesamtscores nach Kalimo et al. (2003).
Anhand der Punktzahl des Gesamtscores kann man das Burnout-Risiko in drei Kategorien einteilen: „kein Burnout“ (0–1,49 Punkte), „einige Burnout-Symptome“ (1,50–3,49 Punkte), „Burnout-Risiko“ (3,5–6 Punkte).
Statistische Methoden
Die Aufarbeitung der Rohdaten sowie deren anschließende analytische Auswertung wurde unter Verwendung der Software IBM SPSS Statistics, Version 24 durchgeführt. Zu Beginn wurden deskriptive Analysen ausgeführt. Um mögliche Zusammenhänge zwischen kategorialen Daten zu untersuchen, erfolgten Kontingenztafelanalysen (χ2-Test). Um Gruppenunterschiede bei den ordinalen und stetigen (jedoch nicht normalverteilten) Variablen herauszufinden, wurden Mann-Whitney-U-Tests gerechnet. Für die Zusammenhangsanalysen zwischen Burnout-Risiko und Belastungsfaktoren unter Eliminierung von Kovariaten (Alter, OC) wurden partielle Korrelationsanalysen durchgeführt. Als Signifikanzniveau bei den statistischen Tests wurde eine Irrtumswahrscheinlichkeit von α = 0,05 angenommen. Die Signifikanzdarstellung erfolgte nach dem Schema: signifikanter Unterschied (p ≤ 0,05)*, hoch signifikanter Unterschied (p ≤ 0,01)** und höchst signifikanter Unterschied (p ≤ 0,001)***.
Die Beurteilung des Korrelationskoeffizienten r (Pearson) erfolgte nach Cohen (1992) mit: r ≥ 0,10 bis < 0,30 schwacher Effekt, r ≥ 0,30 bis < 0,50 mittlerer Effekt und r ≥ 0,50 starker Effekt.
Für die Einordnung der Bedeutsamkeit signifikanter Ergebnisse der Mittelwerte wurde die Effektstärke, Cohens d, ermittelt. Es gilt nach Cohen (1988): d ≥ 0,20 schwacher Effekt, d ≥ 0,50 mittlerer Effekt und d ≥ 0,80 starker Effekt.
Zur Ermittlung der Stärke des Zusammenhangs zwischen nominalskalierten Merkmalen wurde Cramérs V berechnet. Hierbei gilt nach Cohen (1988): V < 0,3 schwacher Effekt, V ≥ 0,30 bis 0,50 mittlerer Effekt, V ≥ 0,50 bis 1,0 starker Effekt.
Ergebnisse
Bankspezifische Belastungsfaktoren
Bei der Auswertung der Ergebnisse wurde deutlich, dass der Kategorie „Allgemeine Arbeitsbedingungen“ die größte Bedeutung zukommt. Aus diesem Grund werden auch nur die Ergebnisse dieser Kategorie in ➥ Tabelle 1 (für die Gesamtstichprobe) sowie ➥ Abb. 1 (für die Altersgruppen) dargestellt.
„Erhöhte Datenpflege“ sowie „steigende Anforderungen an PC-Kenntnisse“ bewerteten 80 % der BA als bedeutenden Belastungsfaktor. Durch die „steigenden Anforderungen an PC-Kenntnisse“ fühlten sich deutlich mehr ältere als jüngere BA belastet (p = 0,011; V = 0,34). „Schlechte Kommunikation zwischen den Abteilungen“ beklagten 74 % der Gesamtstichprobe als einen belastenden Faktor, ebenfalls mit stärker empfundener Belastung für die älteren BA (p = 0,008; V = 0,36). Bedeutende Belastungsfaktoren, die ein Großteil der Gesamtstichprobe als belastend einstufte, waren zudem „schlechte Kommunikation von oben“ (66 %), „Druck von oben“ (72 %), „Zielvorgaben“ (67 %) sowie „starre Strukturen“ (58 %). Signifikant unterschieden sich die beiden Altersgruppen in Bezug auf den Belastungsfaktor „zu geringe Entscheidungskompetenz“ (p = 0,024; V = 0,32). Mit Ausnahme der drei soeben beschriebenen, ergaben sich bei den anderen Belastungsfaktoren sowohl der Kategorie „Allgemeine Arbeitsbedingungen“ als auch der anderen Kategorien keine signifikanten Altersgruppeneffekte. Bei drei Belastungsfaktoren fanden sich Unterschiede zwischen Beschäftigten mit oder ohne Führungsposition. Dabei wurden seitens der Leitungspositionen als belastend angegeben: 64,7 % BA in LP bei „Überstunden“ vs. 37 % der BA in nLP (p = 0,037), 82,4 % bei „Spannungen/Konflikte“ vs. 52,1 % (p = 0,023) und 82,4 % bei „Teammanagement“ vs. 56,2 % (p = 0,046). Bei der „Zufriedenheit bezüglich Gehalt“ fand sich ebenfalls ein Gruppenunterschied hinsichtlich einer Führungsposition. 88,2 % der Bankangestellten in LP waren mit ihrem Gehalt zufrieden, dagegen nur 54,6 % der Angestellten in nLP (p = 0,011).
Verausgabungs-Belohnungs-Verhältnis
Die Analyse des subjektiv empfundenen Verausgabungs-Belohnungs-Verhältnisses (➥ Tabelle 2) ergab in der Skala „Effort“ einen signifikanten Altersgruppenunterschied (AG I 9,9 ± 2,5 Punkte; AG II 9,2 ± 2,1 Punkte; p = 0,043; Cohens d = 0,432).
In der Skala „Reward“ lagen die Werte der beiden Altersgruppen nah beieinander. In den drei Unterkategorien des „Reward“ stellte sich heraus, dass AG I subjektiv mehr „Anerkennung“ erhält als AG II (p = 0,021; Cohens d = 0,491). Für „Status“ und „Jobsicherheit“ ergab sich kein signifikanter Unterschied. Jedoch wies die AG II in Bezug auf den „Status“ mit einem Mittelwert von 12,2 ± 2,7 Punkten im Durchschnitt höhere Werte auf als AG I (11,3 ± 3,0 Punkte).
Das ERI-Ratio lag im Mittel in beiden Altersgruppen unterhalb des gesundheitsgefährdenden Bereichs (AG I 0,87 ± 0,31 Punkte; AG II 0,84 ± 0,35 Punkte). Jedoch wurde bei insgesamt 21 % der befragten BA eine Imbalance zwischen Verausgabung und Belohnung festgestellt. Dabei war der Anteil in der AG I, in der 23 % der Befragten eine Imbalance zwischen Verausgabung und Belohnung aufwiesen, noch größer als in der AG II, in der es 19 % waren.
In der Skala „Overcommitment“ (OC) lagen die Mittelwerte sowohl in der Gesamtstichprobe als auch innerhalb der beiden Altersgruppen unterhalb des Cut-off-Wertes (>18 Punkte). Die Ergebnisse innerhalb der Gruppen waren recht heterogen, so dass in AG I 8,3 % und in AG II 11,9 % der Testpersonen den Cut-off-Wert überschritten und eine kritische OC-Ausprägung aufwiesen, jedoch ohne signifikanten Altersgruppenunterschied.
Es fanden sich keine Gruppenunterschiede bezüglich einer leitenden beziehunsgweise nichtleitenden Position der BA in den einzelnen ERI-Skalen und in Bezug auf OC.
Burnout-Risiko
Im Maslach Burnout Inventory ergab die Betrachtung der Dimensionen für „Zynismus“ einen signifikanten Altersgruppenunterschied (AG I 0,8 ± 0,8 Punkte; AG II 1,1 ± 1,0 Punkte; p = 0,031; Cohens d = 0,464) (➥ Tabelle 3). In den anderen beiden Burnout-Dimensionen, „Emotionale Erschöpfung“ und „Leistungsfähigkeit“, wurden keine signifikanten Altersgruppeneffekte ermittelt. Unter Berücksichtigung der Position im Unternehmen fanden sich für „Zynismus“ (LP 0,5 ± 0,5 Punkte vs. nLP 1,0 ± 1,0 Punkte, p = 0,035) und „Leistungsfähigkeit“ (LP 5,6 ± 0,9 Punkte vs. nLP 5,0 ± 0,4 Punkte,
p = 0,001) Gruppenunterschiede.
➥ Abbildung 2 veranschaulicht für jede Dimension die Ausprägungsgrade (niedrig, mittel, hoch) und wie häufig die Altersgruppen im jeweiligen Ausprägungsgrad vertreten waren. 21 % der AG II, aber nur 13 % der AG I wiesen eine hohe „Emotionale Erschöpfung“ auf. Fast die Hälfte der AG II zeigte eine mittlere (21 %) bis hohe (21 %) „Emotionale Erschöpfung“. In AG II waren mehr Teilnehmer mit einer hohen Zynismusausprägung im Vergleich zur AG I vertreten (AG I 6 %, AG II 14 %). Für die „Leistungsfähigkeit“ ergab sich ein tendenzieller Altersgruppenunterschied (p = 0,093), wobei in AG I 8 % eine mittlere sowie 77 % eine hohe Leistungsfähigkeit und in AG II 24 % eine mittlere und 69 % eine hohe Leistungsfähigkeit angaben. Signifikante Altersgruppenunterschiede konnten nicht ermittelt werden.
Der Gesamtscore des MBI nach Kalimo et al. (2003) lag im Durchschnitt sowohl in der Gesamtstichprobe (1,3) als auch in beiden Altersgruppen (AG I 1,2; AG II 1,4) unter 1,5 und fällt damit in die Klassifikation „kein Burnout“.
67 % der AG I und 57 % der BA der AG II zeigten keine Burnout-Symptome (➥ Abb. 3). In AG II war der Anteil der Probanden, die einige Burnout-Symptome zeigten mit 40 % deutlich größer als der in AG I (31 %). In beiden Altersgruppen wurde bei 2 % ein Burnout-Risiko festgestellt.
Es fanden sich keine Gruppenunterschiede bezüglich einer leitenden beziehungsweise nichtleitenden Position der BA in der MBI-Bewertung nach Kalimo.
Korrelationen zwischen bankspezifischen Belastungsfaktoren und MBI
➥ Tabelle 4 zeigt die Ergebnisse der Korrelationsanalysen zwischen Burnout-Risiko und den bedeutendsten Belastungsfaktoren der Kategorie „Allgemeine Arbeitsbedingungen“.
Wie die Tabelle veranschaulicht, wurden schwache signifikante Korrelationen zwischen Burnout-Risiko und „steigende Anforderungen an PC-Kenntnisse“, „schlechte Kommunikation innerhalb der Abteilung“ sowie „von oben“, „Druck von oben“, „Zielvorgaben“ und „starre Strukturen“ ermittelt (r = 0,240 bis 0,367). OC nahm dabei Einfluss auf „schlechte Kommunikation innerhalb der Abteilung“ sowie „schlechte Kommunikation von oben“, „Druck von oben“ sowie „starre Strukturen“. Das Alter beeinflusste die bivariaten Korrelationen von Burnout-Risiko und den hier dargestellten sowie den übrigen abgefragten Belastungsfaktoren jedoch eher nicht. Auch zwischen dem Burnout-Risiko und einigen Belastungsfaktoren der anderen Kategorien (u. a. „fehlende Privatsphäre“ („Großraumbüroarbeitsplatz“), „Schnelligkeit der PC-Programme“ („Allgemeiner Büroarbeitsplatz“), „emotionale Belastung“ („Kundenkontakt“), „Spannungen/Konflikte“ („Kollegium“), „Verhältnis zu Kollegen“ („Zufriedenheit bzgl. allgemeiner Gegebenheiten“) bestanden schwache Korrelationen. Außerdem wurden schwache signifikante Korrelationen zwischen Burnout-Risiko und OC (r = 0,369**) sowie zwischen Burnout-Risiko und ERI-Ratio (r = 0,382**) ermittelt.
Diskussion
Die Trends in der modernen Arbeitswelt, die unter anderem im Zuge der Globalisierung, der Digitalisierung und der Beschleunigung der Arbeitsprozesse zu beobachten sind, sind auch im Finanzdienstleistungssektor zunehmend spürbar. In den letzten Jahren hat sich die Wettbewerbssituation in der Bankenbranche stetig verstärkt und spiegelt sich letztlich auch in einem wachsenden Druck auf ihre Beschäftigten wider. Auch die Ergebnisse der hier vorliegenden Studie bestätigen, dass der Beruf des BA mit erhöhter psychischer Belastung sowie Beanspruchung einhergeht und letztlich negative Folgen für die psychische Gesundheit haben könnte. Außerdem nahm das Ansehen der BA in der Öffentlichkeit ab. Unter diesen Voraussetzungen ist es nicht verwunderlich, dass daraus auch eine Steigerung der psychischen Belastungen für Beschäftigte des Finanzdienstleistungsgewerbes resultiert und die Entwicklung psychischer beziehungsweise psychosomatischer Erkrankungen bei BA nicht unbeachtlich sind (Brunner u. Anderson 2005; Mauer 2010).
Als Hauptbelastungsfaktor des Gesamtkollektivs ohne wesentlichen Alterseinfluss stellte sich „erhöhte Datenpflege“ heraus. Nicht zuletzt durch die Finanzkrisen und die weiter fortschreitende Digitalisierung sind die Anforderungen an die Dokumentationspflicht noch zusätzlich gestiegen (Kern 2017), was auch in anderen Berufen zu verzeichnen ist. Auch der Stressreport 2012 bestätigt, dass 20 % der in der Finanzbranche tätigen Befragten über eine quantitative Überforderung berichteten (Lohmann-Haislah 2012). Im Rahmen der Studie wurden „schlechte Kommunikationsstrukturen“ (zwischen Abteilungen sowie von der Führungsebene ausgehend), „Druck von oben“ sowie „Zielvorgaben“ weitestgehend altersunabhängig als die bedeutendsten Belastungsfaktoren in dieser Stichprobe detektiert. Auch der Stressreport 2012 belegt, dass Arbeit unter Termin- und Leistungsdruck zur zentralen Belastung in der heutigen Arbeitswelt gehört. In einer Studie des Robert Koch-Instituts bildet Zeit- und Leistungsdruck sogar die von den befragten Erwerbstätigen am häufigsten genannte Belastungsart (Kroll et al. 2011). Außerdem gaben in den Untersuchungen der Privaten Universität für Gesundheitswissenschaften, Medizinische Informatik und Technik (UMIT) in Tirol 89 % der 304 BA an, bei ihrer Arbeit leicht unter Zeitdruck zu geraten (Nolte 2009). Dabei wurden bereits mehrfach Zusammenhänge zwischen Zeit-/Leistungsdruck und Gesundheitsbeeinträchtigungen (v. a. körperliche/emotionale Erschöpfung sowie psychovegetative Beschwerden wie Niedergeschlagenheit, Reizbarkeit und Nervosität) in verschiedenen Berufsgruppen belegt (Rau et al. 2010; Lohmann-Haislah 2012). Zudem gaben zwei Drittel der Befragten „Zielvorgaben“ als zutreffend an, davon gaben etwas weniger als die Hälfte eine mittlere bis starke Belastung an.
Signifikante Altersgruppenunterschiede in Bezug auf die ermittelten Belastungsfaktoren konnten nur bei den folgenden drei der insgesamt 50 abgefragten ermittelt werden: „steigende Anforderungen an PC-Kenntnisse“, „schlechte Kommunikation zwischen den Abteilungen“ beklagten deutlich mehr der AG II. Durch „zu geringe Entscheidungskompetenz“ fühlten sich fast doppelt so viele jüngere als ältere BA beansprucht. Ein Grund hierfür könnte sein, dass für die jüngeren teilnehmenden Personen der Stichprobe, die sich häufig noch am Beginn ihrer beruflichen Karriere befinden, beruflicher Aufstieg und die damit verbundene Verantwortung und Entscheidungskompetenz noch von größerer Bedeutung sind als für die älteren Kolleginnen und Kollegen. Die Art der Position im Bankinstitut spielt bei den Belastungsfaktoren nur eine untergeordnete Rolle. Lediglich bei den Belastungsfaktoren „Überstunden“, „Spannungen/Konflikte“ und „Teammanagement“ fanden sich zugunsten der Führungsposition Unterschiede. Diese Belastungsfaktoren sind aber auch Merkmale einer Führungsposition und gegebenenfalls zu erwarten.
Die Auswertungen der „Verausgabung“ und „Belohnung“ mittels des ERI-Q ergaben, dass von AG II subjektiv eine signifikant höhere Verausgabung gefordert wird als von AG I. Die „Belohnung“ ist nicht prinzipiell geringer, jedoch resultierte in einer von drei Subskalen der „Belohnung“, nämlich in der Subskala „Anerkennung“, ein signifikant schlechteres Ergebnis der AG II gegenüber der AG I. Zwar konnte nicht gezeigt werden, dass die Älteren prinzipiell über ein schlechteres Verausgabungs-Belohnungs-Verhältnis verfügen, jedoch weist immerhin ein Fünftel der Gesamtstichprobe ein unausgewogenes Verausgabungs-Belohnungs-Verhältnis auf. Dieser Sachverhalt stellt für die Betroffenen eine Gratifikationskrise dar – im Sinne des Gratifikationskrisenmodells nach Siegrist (1996a) –, die letztlich in einem gesundheitlichen Risiko münden kann.
In weiteren Untersuchungen, die im Rahmen der Gesamtstudie erfolgten, konnte außerdem belegt werden, dass ein ERI-bezogenes Gesundheitsrisiko die Entstehung von Burnout begünstigen kann. BA mit ERI >1 wiesen gegenüber jenen mit einem gutem Verausgabungs-Belohnungs-Verhältnis ein 2,1fach erhöhtes Burnout-Risiko auf (Wernecke et al. 2015). Damit decken sich die Ergebnisse mit zahlreichen Studien an anderen Berufsgruppen wie Chirurgen, Krankenschwestern und Lehrern, in denen der positive Zusammenhang zwischen Gratifikationskrisen und der Auftretenswahrscheinlichkeit von Burnout bestätigt wurde (Bakker et al. 2000; Unterbrink et al. 2007; Klein et al. 2011; Seibt et al. 2012; Darius et al. 2016).
Die gleiche Tendenz zeigen die Analysen der Verausgabung bei BA von (Nolte 2009), die ebenso belegen, dass sich eine hohe Verausgabungsneigung unter anderem negativ auf die Gesundheit der BA auswirkt. In denselben Untersuchungen der UMIT in Tirol wurde bei 52,6 % der Probanden ein niedriges und bei 47,4 % ein hohes Overcommitment, das heißt eine hohe persönliche berufliche Verausgabungsbereitschaft, nachgewiesen. Mit den Ergebnissen der hier vorliegenden Studie (AG I 8,3 %; AG II 11,9 % kritische Overcommitment-Ausprägung) lassen sich die Ergebnisse von Nolte (2009) jedoch nicht vergleichen, da er den Cut-off bei 15 und nicht bei 18 Punkten setzte.
Die Analyse der Ausprägungen der drei Dimensionen des Burnout-Syndroms und des Burnout-Risikos nach Kalimo et al. (2003) mittels MBI ergab zwar insgesamt für die älteren BA kein erhöhtes Burnout-Risiko gegenüber den jüngeren, aber die älteren BA zeigten eine signifikant höhere Zynismusausprägung. Bemerkenswert ist, dass in AG I 31 % und in AG II sogar 41 % der BA einige Burnout-Symptome aufwiesen, also mehrmals pro Monat unter der Symptomatik litten. Der Anteil der BA, bei denen ein manifestes Burnout-Risiko ermittelt wurde, lag in beiden Altersgruppen bei 2 %. Damit zeigen diese Ergebnisse eine ähnliche Tendenz wie die der Studie an ukrainischen BA (Iakymenko et al. 2015) und die der Befragung von Beschäftigten der Europäischen Zentralbank (Mallien u. Münchrath 2014) sowie die der Untersuchung junger BA durch die österreichische Arbeitsgruppe um Brunner u. Anderson (2005). Keinen Einfluss auf die Ausprägung der MBI-Dimensionen oder des MBI-Risikos hatte die Führungsposition beziehungsweise nichtleitende Position.
Darüber hinaus konnten im Rahmen der vorliegenden Studie Korrelationen zwischen dem Burnout-Risiko und diversen bankspezifischen Belastungsfaktoren (wie beispielsweise „Druck von oben“ und „Zielvorgaben“) belegt werden. Dabei nahm Overcommitment Einfluss auf viele dieser Korrelationsverbindungen.
Vor dem Hintergrund, dass außerdem in früheren Studien bereits die positive Korrelation von Burnout und Arbeitsunzufriedenheit, Burnout und Fluktuation sowie Burnout und Langzeitfehlzeiten bewiesen wurde (Swider u. Zimmermann 2010; Alarcon 2011; Peterson et al. 2011), sollte der Entstehung von Burnout dringend entgegengewirkt werden. Wie ausführlich beschrieben, können diverse Einflussfaktoren eine Zunahme der psychischen Belastung und Beanspruchung von BA bewirken, was sich in einem geringen Anstieg psychischer Erkrankungen bemerkbar machen könnte. Nicht nur die Kreditinstitute selbst, sondern auch die Arbeitsmedizin als ein präventives Fach wird dabei auch in Zukunft vor neue Herausforderungen gestellt werden. Dabei geht es bei der Lösung des hier dargestellten Problemkomplexes nicht vorrangig darum, Belastungen zu vermeiden, sondern Rahmenbedingungen zu schaffen, damit Belastungen gut bewältigt werden können (Spies 2011). In der BIBB/BAuA-Erwerbstätigenbefragung 2011/2012 wird deutlich, dass beispielsweise die Intensität des Belastungsfaktors Termin- und Leistungsdruck sowohl abhängig ist vom zu bewältigendem Arbeitspensum (Quantität) als auch davon, ob Beschäftigte den Anforderungen an die fachlichen Kenntnisse gewachsen sind (Lohmann-Haislah 2012). Mögliche Ansatzpunkte zur Verringerung des Drucks sind die Verbesserung von Arbeitsabläufen, der Abbau der Bürokratie, die Einführung störungsfreier Arbeitszeiten, die Begrenzung beruflicher Erreichbarkeit sowie regelmäßige Fortbildungen, damit die Beschäftigten auch die Erwartungen an die fachliche Kenntnis erfüllen.
Aber auch Merkmale, die mit der Unternehmenskultur einhergehen, wie ein kollegialer Umgang untereinander, am Arbeitsplatz Teil einer Gemeinschaft zu sein oder Unterstützung durch Kollegen und Vorgesetzte zu erfahren, können wesentlich zur Minimierung einiger Belastungsfaktoren beitragen (Lohmann-Haislah 2012).
An dieser Stelle kommt auch der Personalführung eine zentrale Bedeutung zu. Die Gesundheit der einzelnen Beschäftigten im Betrieb und damit die Leistung eines Unternehmens kann nachhaltig durch einen gesunden Führungsstil beeinflusst werden (Bruch u. Kowalevski 2013). Trotz durchgeführter Führungsseminare werden in vielen Kreditinstituten teils systematisch Druckszenarien angewandt, die kurzfristig zur Leistungssteigerung der Angestellten beitragen, aber mittelfristig die Zahl psychischer und psychosomatischer Erkrankungen erhöhen. Von höheren Hierarchieebenen ausgeübter Druck wird meist von den Führungskräften reflexartig nach unten weitergereicht (Spies 2011). Beispielsweise ist der Termin- und Leistungs- beziehunsgweise Zieldruck nicht per se als negativ zu bewerten. Sind Ziele auch erreichbar, kann es durchaus einen motivations- und leistungssteigernden Effekt haben. Ein gewisses Maß an Autonomie kann auch Lern- und Entwicklungschancen gewähren und wird als positiv angesehen (nur niedrige Korrelationen zu Burnout-Risiko, Alter und Overcommitment). Des Weiteren sollten angemessene Erfahrungen von Erfolg und sozialer Anerkennung aus guter Leistung resultieren, sowohl in materieller als auch nichtmaterieller Hinsicht (Siegrist 2013). Geringe Korrelationen zum Burnout-Risiko zeigen beispielsweise einige Belastungsfaktoren der Kategorien „Großraumbüroarbeitsplatz, „Kundenkontakt“, „Spannungen/Konflikte“ sowie „Verhältnis zu Kolleginnen und Kollegen“. Großraumarbeitsplätze können dabei auch Kontakte fördern, was positiv zu sehen ist. In unserer Studie war der Großteil der BA in Führungsposition mit dem Gehalt zufrieden, immerhin knapp 55 % der BA ohne Führungsposition.
Auch die in dieser Studie erfassten beanspruchend wirkenden mangelhaften Kommunikationsstrukturen können durch Beschäftigten- und Führungskräfteseminare sowie das Umsetzen eines entsprechenden Führungsstils optimiert werden. Im Ergebnis gesunder Führung steigt das Engagement der/des Einzelnen, während destruktives Engagement, Resignation und Kündigungsabsicht sinken (Bruch u. Kowalevski 2013).
Ein weiterer wesentlicher Kernpunkt zur Bewältigung der Beanspruchung und damit Sicherung der psychischen Gesundheit stellt die Stärkung persönlicher Ressourcen dar (u. a. durch die Vermittlung von Coping-Strategien, psychotherapeutische Betreuung, aber auch Angebote zur physischen Stärkung wie Rückenschule und Ausdauersport).
Es wird deutlich, dass sowohl die Unternehmen als auch die Beschäftigten verantwortlich sind. Einerseits sollte die Verhältnisprävention durch das Unternehmen (z.B. Gefährdungsbeurteilung, Unternehmensstruktur/-organisation, angemessene Führungskultur) und andererseits eine Verhaltensprävention durch die Beschäftigten (wie Partizipation bei Präventionsmaßnahmen, Teilnahme an Kursen zur Stärkung der persönlichen Ressourcen) im Vordergrund stehen.
An dieser Stelle soll darauf hingewiesen werden, dass die Validität der im Rahmen dieser Studie ermittelten Ergebnisse aufgrund der grundsätzlichen methodischen Einschränkungen einer Querschnittstudie vorsichtig zu bewerten ist. Der Inhalt weiterer Forschung sollte es sein, nach Umsetzung entsprechender Interventions- und Präventionsmöglichkeiten, deren Wirksamkeit im Rahmen von Längsschnittstudien zu prüfen. Eine weitere Limitation der Studie bringt der Stichprobenumfang mit sich. In anderen Kreditinstituten mit divergierenden Größen, Organisationsstrukturen, Verteilung der Tätigkeitsbereiche und Geschlechterverteilungen ergäben sich möglicherweise auch abweichende Ergebnisse. Die 90 hier befragten BA setzten sich aus 76,7 % Frauen und 23,3 % Männern zusammen. Deutschlandweit beträgt der Frauenanteil in Berufen in Finanzdienstleistung, Rechnungswesen und Steuerberatung 61,7 % (Statista Research Department 2019). Die reale Geschlechterverteilung konnte damit nicht gänzlich erzielt werden, jedoch ist der Frauenanteil in der Finanzbranche insgesamt größer als der der männlichen Angestellten, was auch die hier vorliegende Studie abbildet. Darüber hinaus ist aber auch in dieser Untersuchung der „healthy worker effect“ nicht auszuschließen. Dieser beschreibt das Phänomen der statistischen Verzerrung einer epidemiologischen Studie aufgrund der fehlenden Teilnahme von bereits aus dem Arbeitsleben ausgeschiedenen beziehungsweise krankheitsbedingt derzeit fehlenden Mitarbeitern (Baillargeon 2001). Dadurch würde eine positive Selektion der „gesünderen“ BA resultieren. Umgekehrt ist es aber auch möglich, dass vor allem BA an der Studie teilnahmen, die Probleme mit ihrer psychischen Gesundheit hatten. Selektionseffekte können somit nicht ausgeschlossen werden.
Schlussfolgerungen
Vor dem Hintergrund der hier dargestellten psychischen Belastung im Finanzdienstleistungssektor unter anderem in Folge des Wandels in der Arbeitswelt müssen die Themen, psychische Fehlbelastung und Beanspruchung weiterhin im Mittelpunkt betrieblicher Gesundheitsförderung und Prävention stehen. Zum Erhalt und zur Förderung der psychischen Gesundheit der Angestellten könnte in Zukunft die Optimierung der Zusammenarbeit von Arbeits- bzw. Betriebsmedizinerinnen und -medizinern, Führungskräften, Angestellten und weiteren Akteuren im größten Präventionssetting in unserer Gesellschaft, unter anderem in der Finanzbranche, hilfreich sein.
Die hier vorgestellten Daten sind Teil der Promotionsarbeit von Frau Corinna Wernecke.
Interessenkonflikt: Die Autorinnen geben an, dass keine Interessenkonflikte vorliegen.
Ethikkommissions-Votum: Alle im vorliegenden Manuskript beschriebenen Untersuchungen wurden mit Zustimmung der zuständigen Ethikkommission durchgeführt (Register-Nr.: 63/13).
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Kontakt:
Dr. med. Beatrice Thielmann
Bereich Arbeitsmedizin,
Medizinische Fakultät,
Otto-von-Guericke-Universität Magdeburg
Leipziger Str. 44,
39120 Magdeburg
beatrice.thielmann@med.ovgu.de
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