Vorwort
Seit dem 1. Januar 2015 werden „Plattenepithelkarzinome oder multiple aktinische Keratosen der Haut durch natürliche UV-Strahlung“ in der Berufskrankheiten-Verordnung (BKV) als Berufskrankheit Nummer 5103 (BK 5103) geführt. In den Anhang der Verordnung zur arbeitsmedizinischen Vorsorge (ArbMedVV) ist daher ein neuer Angebotsvorsorgeanlass für Tätigkeiten mit intensiver Belastung durch natürliche UV-Strahlung von regelmäßig einer Stunde oder mehr je Tag aufgenommen worden. Damit soll der Schutz der Versicherten an den Stand der Arbeitsmedizin und an die Entwicklungen im Berufskrankheitenrecht angepasst werden. Ziel ist es, arbeitsbedingte Gesundheitsgefährdungen durch natürliche UV-Strahlung zu vermeiden oder zu minimieren und die hohe Zahl an Berufskrankheiten mit Hilfe von präventiven Maßnahmen künftig zu reduzieren. Maßgeblich für die Gefährdung ist die Belastung durch natürliche UV-Strahlung.
Der durch die BK 5103 hervorgerufene Handlungsbedarf im Bereich der Arbeitsmedizin führte zu häufigen Anfragen von Seiten der in den Betrieben tätigen Betriebsärzte und Arbeitsmediziner nach aktuellen Empfehlungen zu Inhalt und Umfang von Beratungen und Untersuchungen.
Dieser Nachfrage wird mit der vom Arbeitskreis 1.9 „Optische Strahlung“ des Ausschusses Arbeitsmedizin der Gesetzlichen Unfallversicherung erarbeiteten neuen DGUV Empfehlung „Natürliche optische Strahlung (Sonnenstrahlung)“ Rechnung getragen.
Das Hauptpräventionspotenzial dieser Empfehlung liegt in der Beratung zum UV-Schutz und der Früherkennung von Hautveränderungen durch UV-Strahlen als Folge von Exposition gegenüber Sonnenlicht. Das größte Kollektiv, das von dieser Empfehlung erfasst wird, bilden Versicherte, die im Freien arbeiten.
Die ebenfalls beschriebenen Untersuchungen der Augen zur Früherkennung von Schäden am Sehorgan beschränken sich hauptsächlich auf Visusbestimmungen. Sollten Arbeitsmediziner Zweifel an der Gesundheit der Augen einer versicherten Person haben, bietet sich eine Überweisung zum Facharzt an.
Die vorliegende Empfehlung bietet nun die nötigen Hinweise für Arbeitsmediziner auf Untersuchungen und Beratungen, um frühzeitig präventiv tätig werden zu können.
Die neue Empfehlung wird hiermit der arbeitsmedizinischen Fachwelt zur Diskussion vorgestellt, verbunden mit der Bitte um Hinweise und Kommentare innerhalb von 6 Wochen.
Arbeitskreis 1.9 „Optische Strahlung“ des Ausschusses Arbeitsmedizin der Gesetzlichen Unfallversicherung:
Fassung September 2019
Kontakt
Dr. rer. nat. Wolfgang Marschner
Obmann des Arbeitskreises 1.9
Berufsgenossenschaft Holz und Metall
Kreuzstr. 45
40210 Düsseldorf
w.marschner@bghm.de
DGUV Empfehlung „Natürliche optische Strahlung (Sonnenstrahlung)“
1 Rechtsgrundlagen
Die Vorsorgeanlässe bei Exposition gegenüber natürlicher optischer Strahlung werden durch die Verordnung zur arbeitsmedizinischen Vorsorge (ArbMedVV) vorgegeben.
Arbeitsmedizinische Vorsorge umfasst nicht den Nachweis der gesundheitlichen Eignung für berufliche Anforderungen nach sonstigen Rechtsvorschriften oder individual- bzw. kollektivrechtlichen Vereinbarungen. Bestehen solche Rechtsvorschriften oder Vereinbarungen, so sind gegebenenfalls durchzuführende Untersuchungen als solche auszuweisen und getrennt von der arbeitsmedizinischen Vorsorge zu handhaben.
Bei Exposition gegenüber natürlicher optischer Strahlung liegen solche Anforderungen nicht vor.
2 Anwendungsbereich
Diese arbeitsmedizinische Empfehlung gibt Anhaltspunkte für die Durchführung der arbeitsmedizinischen Vorsorge, um Erkrankungen, die durch natürliche optische Strahlung entstehen können, zu verhindern oder frühzeitig zu erkennen.
Der Anlass der Vorstellung muss zu diesem Zeitpunkt geklärt sein. Hinweise hierzu finden sich in Kapitel 1 „Erläuterungen zur Durchführung arbeitsmedizinischer Beratungen und Untersuchungen“.
Grundlage der arbeitsmedizinischen Vorsorge ist das Vorliegen einer aktuellen Gefährdungsbeurteilung. Vor Durchführung der Vorsorge müssen darüber hinaus Kenntnisse zu den Arbeitsplatzverhältnissen und der individuellen Beanspruchung vorliegen, um Inhalte und Umfang der Beratung und gegebenenfalls Untersuchung festzulegen.
Arbeitsmedizinische Vorsorge ist angezeigt bei Tätigkeiten im Freien mit intensiver Sonnenbestrahlung.
Weitere Angaben siehe Abschnitt 6.1.
Arbeitsmedizinische Vorsorge gemäß ArbMedVV:
Gesundheitsschaden zu rechnen.
3 Pflichten und Anforderungen
Voraussetzung für die Durchführung der arbeitsmedizinischen Vorsorge gemäß § 7 ArbMedVV ist eine ärztliche Qualifikation, die durch die Gebietsbezeichnung „Arbeitsmedizin“ oder die Zusatzbezeichnung „Betriebsmedizin“ nachgewiesen wird.
Verfügt der Arzt für bestimmte Untersuchungsmethoden nicht über die erforderlichen Fachkenntnisse oder die speziellen Anerkennungen oder Ausrüstungen, so hat er ärztliches Fachpersonal hinzuzuziehen, die diese Anforderungen erfüllen (§ 7 ArbMedVV).
Wer die arbeitsmedizinische Vorsorge durchführt, muss sich zuvor Kenntnisse über die Arbeitsplätze sowie die entsprechende Gefährdungsbeurteilung verschaffen (§ 6 ArbMedVV). Demjenigen, der die arbeitsmedizinische Vorsorge durchführt, muss ermöglicht werden, sich diese Kenntnisse auch tatsächlich zu verschaffen (§ 3 ArbMedVV).
Der Arzt hat die Erkenntnisse aus der arbeitsmedizinischen Vorsorge auszuwerten. Ergeben sich Anhaltspunkte, dass die Maßnahmen des Arbeitsschutzes für den Versicherten nicht ausreichen, so ist dies dem Unternehmer mitzuteilen und Schutzmaßnahmen vorzuschlagen (§ 6 (4) ArbMedVV. Die Erkenntnisse sind für die Gefährdungsbeurteilung und sonstige Maßnahmen des Arbeitsschutzes zu nutzen (§ 2 ArbMedVV).
4 Ablaufdiagramm
Die einzelnen Schritte beim Ablauf der arbeitsmedizinischen Vorsorge nach ArbMedVV sind im Ablaufdiagramm (Entscheidungsbaum) dargestellt (siehe ➥ Abb. 2 auf der folgenden Seite).
5 Bescheinigung
Nach erfolgter arbeitsmedizinischer Vorsorge erhalten der Versicherte und der Unternehmer eine Vorsorgebescheinigung gemäß AMR 6.3.
6 Spezifische Hinweise
Das Ausmaß einer Schädigung von Haut und Augen durch natürliche optische Strahlung (➥ Abb. 1) ist abhängig von Wellenlänge, Intensität und Expositionsdauer.
Die natürliche optische Strahlung umfasst den ultravioletten (UV), den sichtbaren (VIS) und den infraroten (IR) Wellenlängenbereich von etwa 100 nm bis 1000 µm.
6.1 Vorkommen, Gefahrenquellen
Insbesondere bei den folgenden Arbeitsverfahren oder Tätigkeiten ist mit einer Exposition zu rechnen:
6.1.1 Arbeitsverfahren/Tätigkeiten mit höherer Exposition
Gemäß Arbeitsmedizinischer Regel AMR 13.3:
Tätigkeiten im Freien
6.1.2 Arbeitsverfahren/Tätigkeiten mit nicht geringer Exposition
Gemäß Arbeitsmedizinischer Regel AMR 13.3:
Tätigkeiten im Schatten (zum Beispiel durch Einhausung oder andere Verschattungsmaßnahmen), die dort dauerhaft und ununterbrochen ausgeübt werden.
Aufgrund der geringeren Intensität der UV-Strahlung ist hier eine Angebotsvorsorge erst ab einer Dauer von insgesamt mindestens zwei Stunden anzubieten.
6.1.3 Arbeitsverfahren/Tätigkeiten mit geringer oder ohne Exposition
Tätigkeiten, die nicht im Freien stattfinden.
6.2 Aufnahme
Entfällt.
6.3 Wirkungen, Krankheitsbild
6.3.1 Wirkungsweise – allgemein
Gesundheitliche Schädigungen durch künstliche optische Strahlung reichen von reversiblen Haut- oder Augenreizungen bis hin zu schweren Netzhautverbrennungen mit unwiederbringlicher Zerstörung von Augenstrukturen und Sinneszellen. Viele dieser Gesundheitsschäden werden ebenfalls von natürlicher optischer Strahlung hervorgerufen.
Wirkungen auf die Haut
Künstliche optische Strahlung dringt je nach Wellenlänge unterschiedlich tief in die Haut ein. Während die Wirkungen im UV- und fernen Infrarotbereich auf die obersten beiden Hautschichten (Oberhaut und Lederhaut) begrenzt bleiben, können sie im sichtbaren und nahen Infrarotbereich Bereich bis in die Unterhaut reichen (➥ Abb. 3).
6.3.2 Akute/subakute Wirkungen
6.3.2.1 Haut
Thermische Hautschäden. In Folge des Eindringens von Licht beziehungsweise Infrarotstrahlung kommt es zum Anstieg der lokalen Temperatur in den bestrahlten Bereichen. Längere Expositionszeiten führen zu einer Erhöhung der Körpertemperatur, auf die der Körper mit einer Zunahme der peripheren Durchblutung und vermehrte Schweißbildung reagiert. Bei hohen Strahlungsintensitäten drohen akute Verbrennungen.
Akute Lichtschädigung: Erythembildung (so genannter Sonnenbrand) und dessen Folgen. Exzessive Exposition gegenüber UV-Strahlung führt zu Rötungen und Schwellungen oder gar zur Blasenbildung der Haut, die 8–24 Stunden nach Exposition ihr Maximum erreichen, sich über mehrere Tage erstrecken und dann wieder abklingen. Die Haut wird trocken und schält sich. Später kann es dann zur Verstärkung der Hautpigmentierung (Bräunung) kommen. Im UVA-Bereich können auch unmittelbar nach der Bestrahlung kurzzeitig aschgraue bis bräunliche Pigmentierungen auftreten (IPD = Immediate Pigment Darkening).
Gesteigerte Photosensitivität. Neben genetisch oder metabolisch bedingter Überempfindlichkeit (z.B. bei Stoffwechselerkrankungen wie den Porphyrien) können die Einnahme von Medikamenten oder der Kontakt mit bestimmten Chemikalien (➥ Tabelle 1) bei gleichzeitiger Exposition gegenüber UV-Strahlung zu starken Entzündungsreaktionen der Haut führen. Sie verlaufen ohne immunologische Grundlage (phototoxisch) oder setzen eine Sensibilisierung voraus (photoallergisch).
Phototoxische und photoallergische Medikamente finden sich in folgenden pharmakologischen Stoffgruppen: Antibiotika/Chemotherapeutika, Antidiabetika, Antihistaminika, Antirheumatika, Bluthochdruckmittel, Diuretika, Krebsmittel, Malariamittel und Psychopharmaka. Darüber hinaus gibt eine Reihe einzelner Wirkstoffe – siehe Auflistungen der Strahlenschutzkommission (2001) und Schauder (2005).
Zusätzlich gibt es eine Reihe von Erkrankungen mit Photosensitivität (Photodermatosen), die durch UV-Strahlung verursacht, ausgelöst und verschlimmert werden können (➥ Tabelle 2).
6.3.2.2 Auge
Photokonjunktivitis, Photokeratitis. Akute hohe Expositionen gegenüber UV-Strahlung können durch Schädigung der jeweiligen Epithelzellen zu Entzündungen der Bindehaut und Hornhaut führen. Die Symptome reichen von milden Irritationen, erhöhter Lichtempfindlichkeit und vermehrtem Tränenfluss bis zu starken Schmerzen. Sie treten in Abhängigkeit von der Strahlungsintensität wenige Minuten bis einen Tag nach Exposition auf und sind reversibel. Die Erkrankungen sind im Volksmund als „Schneeblindheit“ (Bergsteiger) bzw. „Verblitzen“ (Elektroschweißer) geläufig.
6.3.3 Chronische Wirkungen
6.3.3.1 Haut
Thermische Hautschäden. Bei chronischer Einwirkung von Licht bzw. Infrarotstrahlung kann es zu irreversiblen Veränderungen in Form von Elastizitätsverlust, Pigmentanomalien (meist bräunlich-rote Pigmentierung), Teleangiektasien, Dys- und Hyperkeratosen und Atrophien kommen. Dies wird als Erythema ab igne (EIA) oder Buschke-Hitze-Melanose bezeichnet und kann den Boden für Präkanzerosen (Plattenepithelkarzinome in situ) bereiten.
Chronische Lichtschädigung (Photoaging) der Haut. Infolge chronischer Expositionen gegenüber UV-Strahlung (auch unterhalb der Erythemdosis) kann es zu epidermalen und dermalen Veränderungen der Haut kommen. Symptome sind Hauttrockenheit, Veränderungen der Pigmentierung (Hypo- und Hyperpigmentierungen) sowie das Auftreten von Altersflecken (Lentigo senilis). Veränderungen des Bindegewebes (durch UVA-Strahlung ausgelöst) manifestieren sich als Falten und Elastosis. Ebenfalls können Teleangiektasien sowie Talgdrüsenhyperplasien auftreten (➥ Tabelle 3).
Aktinische Schäden der Lippen. Im Bereich der Unterlippe manifestieren sich die Lichtschädigungen durch die atrophische Verdünnung des Lippenrots, das auch weißlich und verwaschen wirken kann. Die Lippe weist oft eine Konsistenzvermehrung auf. Zusätzlich kann es zum Auftreten von hyperkeratischen, zum Teil entzündlichen Arealen kommen, bei denen ein beginnendes Plattenepithelkarzinom (Cheilosis actinica) ausgeschlossen werden sollte.
Hautkrebs. Epidemiologische Studien weisen darauf hin, dass das Risiko für die Entstehung eines Hautkrebses in Form eines Plattenepithel- oder Basalzellkarzinoms mit der kumulativen
Dosis der UV-Strahlung assoziiert ist. Diese Beweislage ist am stärksten für Plattenepithelkarzinome. Für den überwiegenden Teil der malignen Melanome hingegen, scheint die Datenlage bezüglich der Entstehung durch eine kumulative Dosis weniger belastbar, ein entsprechender Zusammenhang kann aber nicht ausgeschlossen werden.
Darüber hinaus gibt es Anzeichen, dass die Exposition gegenüber UV-Strahlung das Immunsystem beeinflussen könnte.
Da natürliche und künstliche optische Strahlung physikalisch identisch sind, geht hiervon gleichermaßen ein Hautkrebsrisiko aus.
6.3.3.2 Auge
Durch seine optischen Eigenschaften ist das Auge für künstliche optische Strahlung besonders empfindlich. Während UV- und längerwellige Infrarotstrahlung (IR-B, IR-C) von Hornhaut und Linse größtenteils absorbiert werden, gelangt Strahlung im sichtbaren Bereich sowie kurzwelliges Infrarot (IR-A) durch Hornhaut, Linse und Glaskörper bis zur Retina (➥ Abb. 4). Nach Katarakt-Operationen ist zu berücksichtigen, dass die implantierte Linse gegenüber der natürlichen ein anderes Absorptionsverhalten aufweisen kann.
Thermische Netzhautschäden. Starkes Licht und kurzwellige Infrarotstrahlung induzieren auf der Netzhaut Temperaturerhöhungen, die zur Denaturation von Proteinen und irreversiblen Schäden in Form von Gesichtsfeldausfällen führen können. Die natürlichen Schutzmechanismen (Lichtaversion, Pupillenreflex) arbeiten nur im sichtbaren Bereich des Lichtes und werden durch Infrarotstrahlung nicht aktiviert.
Pterygium conjunctivae. Diese gefäßhaltige Wucherung der Bindehaut greift auf die Hornhaut über und führt zu Sehverlusten, die eine chirurgische Exzision erfordern. Die Rezidivrate ist allerdings hoch. Pterygien treten gehäuft bei Personen auf, die viel im Freien arbeiten, so dass ein ursächlicher Zusammenhang mit UV-Strahlung wahrscheinlich ist.
Trübungen von Hornhaut und Linse. Bei chronischer Einwirkung von UV- und Infrarotstrahlung kann es aufgrund von Proteinveränderungen zu Pigmentierung und Eintrübung der Linse (Katarakt) kommen. Dieser Prozess ist fortschreitend und irreversibel. Die getrübte Linse kann operativ durch ein künstliches Implantat ersetzt werden.
Photoretinitis. Diese Erkrankung ist das Ergebnis photochemisch hervorgerufener freier Radikale, die die Zellen der Retina angreifen. Der Effekt ist irreversibel und abhängig von der Wellenlänge des Lichts. Er hat sein Maximum im Bereich von 435–440 nm (daher auch „Blaulicht-Schädigung“).
6.4 Biomonitoring
Entfällt.
6.5 Berufskrankheit
Nr. 5103 der Anlage zur Berufskrankheitenverordnung (BKV) „Plattenepithelkarzinome oder multiple aktinische Keratosen der Haut durch natürliche UV-Strahlung“.
7 Arbeitsmedizinische Vorsorge
7.1 Eingangsberatung
Die arbeitsmedizinische Vorsorge beginnt mit einem Beratungsgespräch einschließlich Feststellung der Vorgeschichte (allgemeine Anamnese, Arbeitsanamnese, Beschwerden).
Erste Vorsorge
Allgemeine Anamnese:
Arbeitsanamnese:
Beschwerden:
Alle weiteren Vorsorgen
Zwischenanamnese:
Frage nach tätigkeitsspezifischen Symptomen.
Haut:
Augen:
Gegebenenfalls kann die Anamnese durch eine Untersuchung ergänzt werden. Dies gilt für die erste Vorsorge und alle weiteren Vorsorgen. Im Rahmen der arbeitsmedizinischen Vorsorge muss der Arzt Zugang zu den Erkenntnissen der Gefährdungsbeurteilung haben und diese zur Kenntnis nehmen. Er muss die Arbeitsplätze kennen, für die eine Vorsorge durchgeführt werden soll.
Gegenstand einer allgemeinen Beratung sind unter anderem:
7.2 Untersuchung
Die Erforderlichkeit und der Umfang von Untersuchungen sind nach pflichtgemäßem ärztlichem Ermessen zu prüfen und der Versicherte über Inhalte, Zweck und Risiken der Untersuchung aufzuklären. Untersuchungen dürfen nicht gegen den Willen des Versicherten durchgeführt werden.
Falls eine Untersuchung abgelehnt wird, sollte der Versicherte im Rahmen der abschließenden Beratung zu den allgemeinen Punkten beraten werden (vgl. Abschnitt 8) Dies sollte dokumentiert werden, ist aber nicht Bestandteil der Vorsorgebescheinigung
7.2.1 Körperliche Untersuchung
Nach ärztlichem Ermessen. Anhand des Verteilungsmusters von akuten bzw. subakuten Lichtschäden ist leicht erkennbar, mit welcher Kleidung die Arbeitskraft im Freien tätig ist. Dies sollte gegebenenfalls entsprechend ärztliche Warnhinweise haben. Finden sich auffällige Hautläsionen (z. B. Muttermale), so sollte eine frühzeitige Fotodokumentation und/oder die Überweisung zum Dermatologen erfolgen. Die Möglichkeit eines teledermatologischen Konsils sollten dabei in Erwägung gezogen werden“ (siehe auch Drexler et al. 2019).
7.2.2 Klinische Untersuchungen
Erstuntersuchung
Nachuntersuchung
Wie Erstuntersuchung, mit Ausnahme der Bestimmung des Hauttyps.
Ergänzend: In Abhängigkeit von Auffälligkeiten in der vorangegangenen Untersuchung gegebenenfalls Durchführung oder Veranlassung einer konsiliarischen fachärztlichen Untersuchung des Auges (Spaltlampenuntersuchung, Funduskopie) und/oder der Haut.
7.3 Fristen
Für die arbeitsmedizinische Vorsorge nach ArbMedVV werden die zugehörigen Fristen durch die AMR 2.1 vorgegeben. Bei Wunschvorsorgen gibt es keine vorgegebenen Fristen.
7.4 Beurteilungskriterien
Eine arbeitsmedizinische Beurteilung im Rahmen der arbeitsmedizinischen Vorsorge ist nur unter Berücksichtigung der Arbeitsplatzverhältnisse auf Grundlage der Gefährdungsbeurteilung und der individuellen Beanspruchung möglich. Die Beurteilungskriterien können den Arzt unterstützen, die Ergebnisse der Untersuchung zu bewerten und im Rahmen der abschließenden Beratung dem Versicherten mitzuteilen.
Das individuelle Ausmaß nachfolgender beispielhaft aufgezählter Erkrankungen ist bei der Beurteilung zu berücksichtigen. Insbesondere ist zu prüfen, ob eine Ausübung der Tätigkeit im Einzelfall ohne eine gesundheitliche Gefährdung möglich ist.
Bei der Beurteilung zur Ausübung der Tätigkeit sind die folgenden Krankheiten von Relevanz (siehe auch Abschnitt 6.3):
7.4.1 Keine tätigkeitsrelevanten Befunde
Erstuntersuchung/Nachuntersuchung
Personen, bei denen keine der unter Punkt 7.4 genannten Erkrankungen vorliegen und keine Beschäftigungsbeschränkungen bestehen.
7.4.2 Befunde, bei denen Maßnahmen empfohlen werden
Erstuntersuchung/Nachuntersuchung
Sind die in Abschnitt 7.4 genannten Erkrankungen oder Funktionsstörungen weniger ausgeprägt, so sollte der untersuchende Arzt prüfen, ob unter bestimmten Voraussetzungen die Aufnahme beziehungsweise Fortsetzung der Tätigkeit möglich ist.
Hierbei wird an folgende Maßnahmen gedacht:
Im Falle von UV-Bestrahlung gilt dies auch für Personen mit
In diesen Fällen soll die Höhe und die Dauer der Exposition am Arbeitsplatz ermittelt und bei der Beurteilung berücksichtigt werden.
7.4.3 Befunde, bei denen verkürzte Fristen und gegebenenfalls Maßnahmen (s. 7.4.2) empfohlen werden
Erstuntersuchung/Nachuntersuchung
Personen mit den in Abschnitt 7.4 genannten Erkrankungen, soweit eine Änderung des Schweregrades der Erkrankung zu erwarten ist. Das gilt auch für Personen mit
Ein sehr hohes Risiko, aktinische Keratosen zu entwickeln, besteht auch bei geschwächtem Immunsystem, beispielsweise nach chemotherapeutischer Krebsbehandlung, bei AIDS oder nach Organ- und Knochenmarkstransplantationen beziehungsweise bei Vorliegen von Lymphomen. Auch die Progredienz oder Umwandlung zum Plattenepithelkarzinom nimmt darunter zu. Bei Organtranplantierten besteht ein 20fach erhöhtes Risiko gegenüber einer Kontrollpopulation. Die kumulative Hauttumor-Inzidenz drei Jahre nach der Transplantation liegt bei 7,4 %.
Dabei hat der Anstieg von Hautkrebs unter Immunsuppressiva im Wesentlichen zwei Gründe: Immunsuppressiva unterdrücken die Immunabwehr und damit auch Repairmechanismen und Apoptose. Einige Immunsuppressiva haben direkte onkogene Eigenschaften. So sensibilisiert etwa Azathioprin die DNA gegenüber UVA und erhöht so das Risiko für Plattenepithelkarzinome der Haut. Auch Calcineurin-Inhibitoren (z. B. Tacrolimus) sind direkt und indirekt mit der Hauttumorgenese assoziiert. Cyclosporin verursacht eine dosisabhängige Reduktion der DNA-Reparatur und induziert eine Veränderung der Tumorzellen in Richtung invasiver Phänotypen. Noch ungeklärt ist, ob die längere Gabe von systemischen Kortikoiden die Entstehung der aktinischen Keratose oder deren Progredienz zum Plattenepithelkarzinom ebenfalls beschleunigen können.
7.4.4 Befunde, bei denen ein Tätigkeitswechsel zu erwägen ist
Erstuntersuchung Nachuntersuchung
Personen mit den in Abschnitt 7.4 genannten Erkrankungen.
Erstuntersuchung
Bei Personen mit angeborenen Erkrankungen und/oder funktionellen Beeinträchtigungen, bei denen durch Exposition gegenüber natürlicher optischer Strahlung eine klinisch relevante Verschlechterung des Gesundheitszustands zu erwarten ist, wie z. B.:
Erstuntersuchung/Nachuntersuchung
Personen mit schweren Gesundheitsstörungen ohne Aussicht auf Wiederherstellung, bei denen durch Exposition gegenüber natürlicher optischer Strahlung eine klinisch relevante Verschlechterung des Gesundheitszustands zu erwarten ist, wie z. B.:
8 Abschließende Beratung
Die abschließende Beratung soll entsprechend der Arbeitsplatzsituation und (falls vorhanden) den Untersuchungsergebnissen im Einzelfall erfolgen und beispielsweise die folgenden Punkte enthalten:
Die Versicherten sind über die Ergebnisse der arbeitsmedizinischen Untersuchungen zu informieren.
Von besonderer Bedeutung sind:
eines Unfalls kann es in Abhängigkeit von der Strahlungsintensität und Einwirkzeit zu Haut-, Augensymptomen und Beschwerden kommen. In diesem Fall soll der Versicherte darauf hingewiesen werden, unverzüglich den Betriebsarzt aufzusuchen.
8.1 Beratung des Unternehmers
Wenn sich aus Anamnese und gegebenenfalls Untersuchung Hinweise ergeben, die eine Aktualisierung der Gefährdungsbeurteilung zur Verbesserung des Arbeitsschutzes notwendig machen, so hat der untersuchende Arzt dies dem Unternehmen mitzuteilen. Dabei ist die Wahrung der schutzwürdigen Belange des Versicherten zu beachten.
In der Gefährdungsbeurteilung sind Maßnahmen zum Schutz vor UV-Strahlung oder sonnenbedingter Wärmeentwicklung zu dokumentieren.
Details zu Maßnahmen am Arbeitsplatz finden sich in der DGUV Information 203-085 „Arbeiten unter der Sonne“.