Legionella in drinking water installations – the method makes the difference
Introduction: Legionella infections can cause Legionnaires’ disease, a severe form of pneumonia, as well as Pontiac fever. It is transmitted by inhaling aerosols. Water from drinking water installations where the water is heated in a centralised container must therefore be checked regularly for the hygienic and microbiological parameters Legionella spp. under certain circumstances (DVGW W 551). In Germany there is a recommendation from the German Environment Agency (German: Umweltbundesamt – UBA) for the analysis of Legionella in drinking water installations, which evaluates the laboratory results in the sense of a worst-case scenario. Different measures may be necessary when these findings are compared with the results from an internationally standardised statistical approach (DIN EN ISO 8199; DIN EN ISO 11731), leading in turn to differing requirements in terms of reporting and action.
Method: In our study the drinking water installations of eight buildings, with known microbial Legionella contamination, were closely examined in terms of time and space for the presence of Legionella spp.
Results: Differing assignments for the two compared analysis algorithms in regard to the DVGW evaluation categories were determined for 24 % of the 58 sampling days.
Conclusions: The evaluation according to the UBA (Umweltbundesamt) recommendation focuses on the prevention of high contamination in regard to human health. However, microbiological results generated in this way can be associated with considerable statistical uncertainty and even randomness.
Keywords: drinking water installations – legionella – national guidelines
ASU Arbeitsmed Sozialmed Umweltmed 2019; 55: 434-440
Legionellen in der Trinkwasser-Installation –
Die Methode macht den Unterschied
Einleitung: Infektionen mit Legionellen können die Legionärskrankheit, eine schwere Pneumonie (Lungenentzündung) sowie das Pontiac-Fieber auslösen. Die Übertragung erfolgt über die Inhalation von Aerosolen. Deshalb muss das Wasser aus Trinkwasser-Installationen mit zentraler Trinkwassererwärmung unter gewissen Umständen regelmäßig auf den hygienisch-mikrobiologischen Parameter Legionella spp. untersucht werden (DVGW W 551). In Deutschland gibt es für die Untersuchung von Legionellen in Trinkwasser-Installationen eine Empfehlung des Umweltbundesamtes, die die Laborresultate im Sinne einer Worst-Case-Betrachtung auswertet. Wenn diese Befunde mit den Ergebnissen aus einer international vereinheitlichten statistischen Vorgehensweise verglichen werden (DIN EN ISO 8199; DIN EN ISO 11731) ergeben sich zum Teil andere Maßnahmensituationen, die zu abweichenden Melde- und Handlungspflichten führen.
Methode: In unserer Studie wurden Trinkwasser-Installationen von acht Gebäuden mit bekannter mikrobieller Legionellen-Kontamination zeitlich und räumlich engmaschig auf das Vorkommen von Legionella spp. untersucht und mit dem nationalen und internationalen Auswertealgorithmus ausgewertet.
Ergebnisse: Für 24 % der insgesamt 58 Beprobungstage ergab sich für die beiden verglichenen Auswertealgorithmen abweichende Zuordnungen hinsichtlich der DVGW-Bewertungskategorien.
Schlussfolgerung: Die Auswertung gemäß Empfehlung des Umweltbundesamts (UBA) stellt die Prävention einer erhöhten Kontamination im Sinne der menschlichen Gesundheit in den Vordergrund, die so generierten mikrobiologischen Befunde können jedoch mit erheblicher statistischer Unsicherheit und sogar Zufälligkeit behaftet sein.
Schlüsselwörter: Trinkwasser-Installation – Legionellen – nationale Vorgaben
Einleitung
Zur Bedeutung von Legionellen im Trinkwasser
Infektionen mit Legionellen können die Legionärskrankheit oder das mildere, Influenza-ähnliche Pontiac-Fieber auslösen (Hornei et al. 2007). Die Übertragung erfolgt über die Inhalation von Aerosolen. Unter anderem stellen Duschen einen Hauptinfektionsweg dar (Schöffel et al. 2018). Die Gattung Legionella gehört zur Familie der Legionellaceae. Unter den bisher mehr als 60 bekannten Arten und mindestens 79 verschieden Serogruppen (RKI 2019) hat Legionella pneumophila für die Infektion des Menschen die größte Bedeutung. Weltweit werden mindestens 90 % der Legionellosen durch L. pneumophila der Serogruppe 1 verursacht (Yánez et al. 2005). Entdeckt wurden Legionellen 1976 in Folge eines Pneumonie-Ausbruchs bei einem Treffen der American Legion, der größten Veteranenorganisation der US-Streitkräfte. Ein Jahr später wurde der Erreger erstmalig beschrieben (Fraser et al. 1977). Die Autoren führten die Ursache der Infektion auf ein bis dahin unbekanntes Bakterium zurück, das über die Luft aufgenommen wird. Die Bezeichnung Legionella pneumophila wurde mit Bezug auf die American Legion und aufgrund des aerogenen Infektionsweges gewählt. Ernährungsphysiologisch gelten Legionellen als sehr anspruchsvolle Bakterien. Sie sind nicht in der Lage, die benötigten Aminosäuren selbst aus ihrem Kohlenstoff-Stoffwechsel herzustellen (George et al. 1980; Flemming et al. 2014). Aus diesem Grund vermehren sie sich in nährstoffarmem Leitungswasser nur innerhalb von Amöben, die überwiegend in Biofilmen vorhanden sind (Steinert et al. 2002). In diesen komplexen Lebensgemeinschaften bilden Amöben den Schlüsselfaktor für das Überleben von Legionellen, nicht nur durch die Bereitstellung von Aminosäuren für das intrazelluläre Wachstum, sondern auch als Schutz vor feindlichen Umweltbedingungen und Desinfektionsmitteln (Abu Kwaik et al. 1998; Scheikl et al. 2014). Somit bilden Biofilme in Rohrsystemen das Hauptreservoir für Legionellen (Lau u. Ashbolt 2009).
Heute weiß man, dass Legionellen ubiquitär in Gewässern vorkommen (Parthuisot et al. 2010) und auch in wasserführenden, technischen Systemen sehr häufig günstige Wachstumsbedingungen vorfinden, wenn diese nicht nach Vorschrift bzw. den allgemein anerkannten Regeln der Technik (a.a.R.d.T.) betrieben werden (Kirschner 2016; Völker et al. 2016; Murga et al. 2001).
Legionellose-Ausbrüche werden jedoch nicht mit natürlichen Süßwasserreservoiren in Verbindung gebracht, sondern mit warmen, technischen Wassersystemen, bei denen eine Vernebelung stattfindet, wie Kühltürmen, Duschen und anderen Entnahmestellen (Barbaree et al. 1986; Breiman et al. 1990b; Kistemann et al. 2010). Untersuchungen von großen Trinkwasser-Installationen (TWI) zeigten schon im Jahr 1992 das Auftreten systemischer und/oder lokaler Kontaminationen mit Legionellen. Die systemische Legionellen-Kontamination betrifft die zentrale Trinkwassererwärmung, also Speicher beziehungsweise Zirkulationsrücklauf, und gegebenenfalls auch periphere Bereiche der TWI, während lokale Kontaminationen dezentral nur auf einzelne periphere Leitstränge oder Duschköpfe begrenzt sind (Exner et al. 1992).
Wegen des hohen Gesundheitsrisikos, das von Legionellen in der technischen Umwelt ausgeht, wurden mit einer Novellierung der Trinkwasserverordnung (TrinkwV) im Jahre 2011 in Deutschland präventive Schutzmaßnahmen zur Vermehrung dieser Bakterien im Warmwassersystem eingeführt.
Gesetzliche Regelungen in Bezug auf Legionella spp.
Eine regelmäßige Untersuchungspflicht von TWI auf Legionellen ist seit 2011 in § 14b der TrinkwV (2019) geregelt. Dazu zählen die Überwachung der Trinkwasserversorgung von öffentlichen Gebäuden wie Krankenhäusern und Altenheimen, aber auch von Objekten, die im Rahmen einer gewerblichen oder öffentlichen Tätigkeit Trinkwasser abgeben, wie Hotelanlagen oder Mehrfamilienhäuser. Einer regelmäßigen Untersuchungspflicht der TWI auf Legionellen unterliegen so genannte Großanlagen mit zentraler Trinkwassererwärmung und Duschen, wenn entweder das zentrale Speichervolumen 400 Liter übersteigt oder wenn das Rohrleitungsvolumen vom Abgang des Trinkwassererwärmers bis zur Entnahmestelle, in nicht zirkulierenden Stichleitungen, größer ist als drei Liter (TrinkwV 2019; DVGW W 551). Bei Überschreitung des so genannten technischen Maßnahmenwerts (TMW: 100 KBE/100 ml) für Legionellen gemäß TrinkwV, müssen Maßnahmen zur Behebung durchgeführt werden. Das technische Regelwerk, explizit das Arbeitsblatt DVGW W 551 (April 2004) legt die Bewertungsgrundlagen und die geforderten Maßnahmen bei orientierenden und weitergehenden Untersuchungen fest (siehe dort Tabellen 1a und 1b). In Abweichung von der TrinkwV fordert das Arbeitsblatt DVGW W 551 bereits ab 100 KBE/100 ml, dass eine Maßnahme einzuleiten ist, während gemäß § 16 TrinkwV sowie der erläuternden UBA-Empfehlung zur Gefährdungsanalyse (2012) Maßnahmen erst bei > 100 KBE/100 ml gefordert sind.
Methoden
Untersuchung und Bewertung von Legionellen in der Trinkwasser-Installation gemäß Empfehlung des Umweltbundesamts (UBA, Stand 2012) und gemäß DIN EN ISO 8199:2008
Die Vorgehensweise in Deutschland zur Untersuchung und Bewertung von Legionella spp. in TWI stützte sich im Untersuchungszeitraum auf eine Empfehlung des UBA vom 23. August 2012 (UBA 2012: „Systemische Untersuchungen von Trinkwasser-Installationen auf Legionellen nach Trinkwasserverordnung“), die die Angaben der DIN EN ISO 11731:2008 („Wasserbeschaffenheit – Zählung von Legionellen“) für die Anwendung in Deutschland konkretisierte. Neben Aspekten wie der Auswahl der Probenahmestellen und Durchführung der Probenahmen wird dort auch festgelegt, wie die im Labor, aufgrund vorgegebener Analysemethoden, erhobenen Einzelergebnisse zu bewerten sind. Seit September 2018 gibt es eine überarbeitete Version dieser Empfehlung, die das Bewertungsschema der mikrobiologischen Einzelergebnisse beibehält (UBA 2018). Eine Novellierung in Bezug auf den Untersuchungsgang von Legionellen in TWI seit der Erhebung der in diesem Artikel verwendeten Daten fand jedoch in der DIN EN ISO 11731:2019-03 und der UBA-Empfehlung vom 18. 12. 2018 statt. Bei dieser Novellierung wurden die zu verwendenden Nährmedien und Untersuchungsvolumina geändert (➥ Tabelle 1). Zum Zeitpunkt der Datenerhebung war das zu untersuchende Referenzvolumen 100 ml (DIN EN ISO 11731:2008; UBA, 2012). Die Proben unserer Studie wurden außerdem mittels Direktausstrich auf GVPC Agar untersucht (DIN EN ISO 11731:2008; UBA 2012). Seit März 2019 muss der Direktausstrich auf BCYE+AB Agar erfolgen (DIN EN ISO 11731:2019; UBA 2018).
Die beim Ausplattieren gewonnenen Ergebnisse werden vormals wie auch aktuell auf 100 ml hochgerechnet. Laut UBA-Empfehlung ist aus Gründen des vorbeugenden Gesundheitsschutzes das bezogen auf 100 ml höhere Ergebnis, also entweder aus den Direktansätzen oder aus der Membranfiltration, anzugeben. Dabei sollen nach der UBA-Empfehlung (2012 und 2018) auch Direktansatz-Resultate < 3 KBE hochgerechnet werden, was der DIN EN ISO 8199 widerspricht.
DIN EN ISO 8199 (in der entsprechend gültigen Fassung, da sich die hier dargestellte Betrachtung in der Novellierung nicht geändert hat) „Wasserbeschaffenheit – Allgemeine Anforderungen und Anleitung für mikrobiologische Untersuchungen mittels Kulturverfahren“ ist allgemein bei der Auswertung mikrobiologischer Untersuchungen von Wasser anzuwenden. Sie legt den Fokus bei der Angabe der Ergebnisse auf bestmögliche statistische Sicherheit der angegebenen Konzentration, und nicht wie die UBA-Empfehlung auf den maximalen Schutz der menschlichen Gesundheit.
DIN EN ISO 8199 schreibt im Detail vor, wie mikrobiologische Ergebnisse innerhalb einer Methodik ausgewertet werden müssen. Die Proben werden in mindestens drei Verdünnungsstufen beziehungsweise Aufkonzentrationen im Verhältnis 1:10 auf Platten aufgebracht, damit mindestens zwei Stufen auswertbar sind. Für das Trinkwasser und die Untersuchung auf Legionella spp. ergeben sich daraus im Standardfall die Untersuchungsvolumina 100 ml, 10 ml und 1 ml (2*0,5 ml). Demzufolge wird international, im Gegensatz zur nationalen UBA-Empfehlung, zusätzlich 10 ml Probenvolumen untersucht (s. Tabelle 1). Ein Befund wird als gewichtetes Mittel aus den Einzelwerten (innerhalb einer Methode) berechnet.
Berechnung der Anzahl N der im Testgut vorhandenen Mikroorganismen als gewichteten Mittelwert zweier aufeinander
folgender Verdünnungen.
∑c = Summe der auf den beiden für zwei aufeinanderfolgende Verdünnungen ausgewerteten Platten gezählten Kolonien, wobei mindestens eine der Platten mindestens 10 Kolonien enthält;
V = das Volumen des in jede Schale gegebenen Inokulums [ml];
d = die der ersten ausgewerteten Verdünnung entsprechende Verdünnung [d = 1, wenn die unverdünnte flüssige Teilprobe
ausgewertet wird]
Vs = das gewählte Bezugsvolumen für die Angabe der Konzentration der Mikroorganismen in der Probe.
DIN EN ISO 8199 legt außerdem fest, dass Werte ≥ 10 KBE zur Berechnung herangezogen werden sollen. Wenn dies nicht möglich ist, dürfen, mit einer größeren Unsicherheit, auch Werte zwischen 3 und 9 KBE verwendet werden. Werte < 3 KBE dürfen nicht für die Berechnung verwendet werden, weil diese mikrobiologisch als Zufallsbefunde zu bewerten sind und das Ergebnis mit einer zu hohen Unsicherheit behaftet wäre.
Ergebnisse
Im Rahmen des Verbundprojektes „Biofilm-Management“ (2010-2014, Förderung: BMBF, FKZ: 02WT1153), wurden vom Institut für Hygiene und Öffentliche Gesundheit des Universitätsklinikum Bonn (IHPH) die Trinkwasser-Installationen von acht Gebäuden mit bekannter Legionellen-Kontamination zeitlich und räumlich engmaschig auf das Vorkommen von Legionella spp. untersucht. Insgesamt wurden 807 Trinkwarmwasser-Proben mit klassischen kulturellen Verfahren untersucht. Aufgrund von Kontaminationen der Platten durch Begleitparameter, oder weil eine der beiden Auswertemethoden zu einem nicht eindeutigen, zahlenmäßig exakt erfassbaren, Ergebnis geführt hat und daher nicht unmittelbar vergleichbar sind, konnten 29 Proben nicht in die vergleichende Analyse miteinbezogen werden. Die Ergebnisse der 778 berücksichtigten Proben wurden parallel nach den Anweisungen der damals gültigen UBA-Empfehlung (2012) und nach der DIN EN ISO 8199: 2008 analysiert. Die Resultate wurden anschließend verglichen. Die Bewertung basiert auf der Überschreitung des technischen Maßnahmenwertes (> 100 KBE/100 ml) gemäß TrinkwV.
Bei der Bewertung gem. UBA-Empfehlung (2012) fallen 37 Proben (15,8 %) zusätzlich in den Bereich über dem TMW, verglichen mit der statistischen Bewertung gem. DIN EN ISO 8199:2008 (234 Werte) (➥ Tabelle 2).
In ➥ Abb. 1 sind, je untersuchtem Gebäude, die Befunde dargestellt, die über den TMW liegen und somit eine weitere Untersuchung und ggf. Sanierungsmaßnahme erforderlich machen könnten. Von den 778 Proben liegen bei Anwendung von DIN EN ISO 11731:2008 und DIN EN ISO 8199 30 % (n = 234) über dem TMW, bei Anwendung von DIN EN ISO 11731:2008 und UBA-Empfehlung (2012) 35 % (n = 271).
Bei Gebäude H ist eine Besonderheit aufgetreten: Bei Auswertung gemäß UBA-Empfehlung (2012) fallen zwei Befunde nicht in den TMW-Überschreitungsbereich. Dies ist darin begründet, dass auf den Platten mit einem Volumen von 100 ml keine Legionellen gewachsen sind und bei Probenansatz und Auswertung nach der UBA-Empfehlung (2012) keine Platten mit einem Volumen von 10 ml zur Betrachtung herangezogen werden. Bei der Berechnung der Endkonzentration nach DIN EN ISO 8199 werden hingegen auch die bewachsenen Platten mit einem analysierten Probevolumen von 10 ml berücksichtigt (s. Tabelle 1).
Da die Legionellen-Konzentrationen in Trinkwasserproben auch abhängig vom Zeitpunkt der Probenahme sind (Völker et al. 2016) und damit auch eventuell notwendige Maßnahmen eine Abhängigkeit vom Probenahmezeitpunkt aufweisen, wurden die Proben nach den durchgeführten Probenahmetagen differenziert. Die Ergebnisse wurden gebäudeweise zusammengefasst und die Befunde der Auswertung nach DIN EN ISO 8199 und UBA-Empfehlung (2012) miteinander verglichen und in die im DVGW Arbeitsblatt W 551 festgelegten Bewertungskategorien mit entsprechenden Maßnahmen eingeordnet (➥ Abb. 2). Für 14 (24,1 %) der insgesamt 58 Probenahmetage ergaben sich Abweichungen bezüglich der Einordnung in die Bewertungskategorien. An vier Tagen ist bei Auswertung nach DIN EN ISO 8199, keine Überschreitung des TMW aufgetreten und es würden dementsprechend keine Maßnahmen oder Nachbeprobungen erfolgen. An sieben Tagen sind bei Auswertung nach DIN EN ISO 8199 weniger umfangreichere Maßnahmen erforderlich, als bei Auswertung nach UBA-Empfehlung (2012); an drei Tagen ist es genau umgekehrt.
Diskussion
Eine Überschreitung des TMW hat zur Folge, dass eine Wiederholung der Probenahmen, je nach Höhe des Befundes unverzüglich beziehungsweise innerhalb von 4 Wochen, erfolgen muss. Wurde eine orientierende Untersuchung durchgeführt, muss nun der Probennahme-Umfang auf eine weitergehende Untersuchung ausgedehnt werden.
Wenn bei der weiterführenden Untersuchung erneut Konzentrationen oberhalb des TMW festgestellt werden, stehen Sanierungen oder sogar unverzügliche Maßnahmen der direkten Gefahrenabwehr an. Zudem sind weitere Kontrolluntersuchungen, je nach Konzentration der ermittelten Kontaminationen, verpflichtend (siehe DVGW W551, Tabelle 1a und 1b, d). Dieser konservative Ansatz folgt dem Primat höherer Sicherheit für den Verbraucher, bedingt aber auch einen höheren Aufwand für den Betreiber einer TWI.
Legionellen als Wasser-assoziierte Pathogene, die sich in der TWI vermehren können, sind aus diesen nicht vollständig zu eliminieren. Trinkwasser ist nicht steril. Für den Schutz des Verbrauchers sind in Deutschland daher strenge technische und betriebliche Regelungen festgelegt. Dies gilt auch für den technischen Maßnahmenwert für Legionellen in TWI. Die Forderungen folgen dem so genannten ALARA-Prinzip, das ursprünglich aus dem Strahlenschutz kommt: „As Low As Reasonably Achievable“. Diesem Prinzip folgend soll die Trinkwasserqualität an der Entnahmestelle für den Verbraucher so hochwertig sein, wie dies mit vertretbarem Aufwand erreicht werden kann. Dadurch bleibt die Infektionsgefahr für den Nutzer durch Krankheitserreger, darunter auch Legionellen, möglichst gering. Verantwortlich sind der Wasserversorger, der Betreiber für die zentralen Bereiche der TWI und der Nutzer für die peripheren Bereiche der von ihm genutzten Räumlichkeiten. Die Kosten-Nutzen-Analyse dessen, was ein vertretbarer Aufwand ist, kann Objekt-bedingt durchaus unterschiedlich ausfallen. Für ein großes Mietgebäude mit komplexer TWI ist schon – allein aufgrund der größeren Anzahl an potentiell gefährdeten Nutzern – ein höherer technischer Aufwand als vertretbar anzusehen, als beispielsweise in einem Zwei-Parteien-Haus. Für besonders kritische Bereiche wie Krankenhäuser ist – aufgrund der größeren Vulnerabilität der Patienten – ein schärferes Risikomanagement angezeigt als im häuslichen Bereich, was sich beispielsweise in den unterschiedlichen vorgeschriebenen Beprobungsintervallen für das Monitoring widerspiegelt. Das Infektionsrisiko durch Legionellenbefall einer TWI ist jedoch nicht nur von der nachgewiesenen Anzahl der Legionellen abhängig, sondern wird auch durch andere Faktoren beeinflusst: Dazu gehören aus mikrobiologischer bzw. ökologischer Perspektive die Pathogenität der vorhandenen Legionellen-Stämme oder das Vorhandensein von geeigneten Amöben als Wirt, aus medizinischer Perspektive die Empfindlichkeit (i. S. von Anfälligkeit gegenüber Krankheiten) der betroffenen Personen. Da diese Faktoren kaum steuerbar und kontrollierbar sind, werden generell möglichst niedrige Belastungen der TWI angestrebt.
Dennoch ist zu bedenken, dass eine Untersuchung auf Legionella spp. nach TrinkwV eine rein punktuelle Betrachtung der hygienisch-mikrobiologischen Situation in einer TWI darstellt. Die Befunde sind von einer Vielzahl nicht kontrollierbarer Faktoren abhängig. Ein nicht zu vernachlässigender Punkt ist zum Beispiel das Entnahmeverhalten der Nutzer im Vorfeld der entsprechenden Probenahme (Nachtstagnation, individueller Tagesablauf, Wochenend-Pendler, Urlaubszeiten etc.). Unsere Studien im Rahmen des BMBF-Projekts „Biofilm-Management“ haben eine starke Variabilität der Befunde von Legionella spp. im Tagesverlauf belegt (Völker et al. 2016). Diese Variabilität hängt wahrscheinlich auch mit mikrobiologisch-ökologischen Faktoren zusammen, wie zum Beispiel der Fähigkeit der Legionellen, in VBNC („viable but non-culturable“)-Stadien zu wechseln und auch wieder kultivierbar zu werden (bzw. das Vorliegen der entsprechenden Bedingungen hierfür), oder der Ablösung von Biofilm in unterschiedliche Menge (abhängig von der Durchströmung der TWI). Folglich beeinflusst neben dem Zeitpunkt auch die Auswahl der geeigneten Probenahmestellen die Bewertung einer TWI (Völker et al. 2017).
Eine TWI muss als ein hoch dynamisches und sensitives System betrachtet werden (Marrie et al. 1992). Die oben dargestellten Daten zeigen aber auch, dass die statistische Unsicherheit eines Befunds, der nach UBA-Empfehlung (2012) ausgewertet wurde, die Variabilität der Detektion von Legionella spp. in einer TWI erhöht. Aufgrund der zeitlichen Variabilität lässt sich nur selten eine direkte Beziehung zwischen Infektion und Legionellen-Konzentration im Trinkwasser zum Untersuchungszeitpunkt herstellen. Der TMW ist insofern ein empirisch abgeleiteter Wert, der auf Erfahrung und Expertenkonsensus basiert und einen Sicherheitspuffer umfasst. Er ist kein medizinisch-naturwissenschaftlich begründeter Grenzwert.
Aus diesem Grund können die notwendigen Maßnahmen bei einer Überschreitung des TMW nicht von einem Einzelbefund abhängig sein, der von vielen nicht kontrollierbaren Faktoren abhängig ist, sondern müssen auf einer Betrachtung des ganzen Systems basieren. Daher werden weitergehende Beprobungen bzw. Nachbeprobungen durchgeführt und unterschiedliche Faktoren betrachtet, ggf. im Rahmen einer Gefährdungsanalyse. Die Vorgaben des DVGW Arbeitsblatts W 551 zielen auf die Vermeidung einer systemischen Kontamination der TWI ab. Damit ist Gesundheitsschutz der Gesamtheit der Verbraucher eines Gebäudes Ziel und Begründung der Maßnahmen. Es darf jedoch nicht übersehen werden, dass die mikrobiologischen Befunde mit erheblicher statistischer Unsicherheit und sogar Zufälligkeit behaftet sein können.
Der Fokus unserer Studie liegt auf dem Vergleich einer international vereinheitlichten statistischen Auswertung (nach DIN EN ISO 11731:2008 in Kombination mit der DIN EN ISO 8199;) mit dem deutschen Ansatz (DIN EN ISO 11731:2008 und UBA-Empfehlung, 2012). Eine solche nationale Regelung macht es schwierig empirische Daten international miteinander zu vergleichen. Dies ist, wie gezeigt wurde, aber nur ein Teil des Methodendilemmas. Die bereits an anderer Stelle diskutierten Einflüsse, die sich aus der Auswahl der Probenahmestellen und des Probenahmezeitpunktes ergeben (Völker et al. 2016, 2017), sind weitere Elemente der Untersuchungskette, die zu unterschiedlichen Ergebnissen beitragen können.
Die Novellierung der DIN EN ISO 11731 in 2017 beziehungsweise im Jahr 2019 und damit verbunden auch die Überarbeitung der UBA-Empfehlung zum Nachweis von Legionellen in Trinkwasser (UBA 2018), beinhalten eine maßgebliche Veränderung des kulturellen Legionellen-Nachweises. Der demnach aktuell auch für den Direktansatz ohne Vorbehandlung zu verwendende BYCE-Agar (mit Antibiotikazusatz gegen das Wachstum der Begleitflora) ist weitaus weniger selektiv für die Art L. pneumophila als der bisher verwendete GVPC-Agar. Es ist davon auszugehen, dass für die gleiche Probe aus 1 ml Untersuchungsvolumen mehr Legionella spp. isoliert werden als mit der bis dahin geltenden Methode nach DIN EN ISO 11731:2008 und UBA-Empfehlung 2012. Dies ist zum einen bei der Betrachtung von Zeitreihen zu beachten (national), zum anderen gilt es, das Zustandekommen von Daten aus Studien im internationalen Vergleich noch kritischer methodisch zu hinterfragen als schon bisher. Insgesamt ist davon auszugehen, dass sich der Anteil positiv zu bewertender Befunde mit resultierendem Maßnahmenbedarf erhöht. Im internationalen Vergleich wurden die Unterschiede der Legionellen-Konzentration in Trinkwassersystemen in den USA, Finnland, Italien und Deutschland mit 12-30 % beziffert (Arnow et al. 1985; Borella et al. 2004; Mathys et al. 2008; Zacheus u. Martikainen 1994; Zietz et al. 2001).
Auch die Wahrscheinlichkeit von Zufallsbefunden an Legionellen mit weniger als 3 KBE/Platte steigt durch die Hochrechnungsart nach UBA-Empfehlung an; damit steigt die Notwendigkeit weiterer Untersuchungen beziehungsweise Maßnahmen. Dies dürfte insbesondere bei gering kontaminierten Objekten zum Tragen kommen und sollte als frühes Warnzeichen verstanden werden, sich eingehender mit der TWI und ihren Betriebsbedingungen zu befassen.
Bei der Membranfiltration ist in Deutschland nach DIN EN ISO 11731:2019 und der UBA-Empfehlung (2018) die Wahl zwischen BCYE+AB Agar oder GVPC Agar möglich, für die Untersuchung des größeren – und damit statistisch verlässlicheren – Volumens ergibt sich, bei der Anwendung des GVPC-Nährmediums kein Unterschied gegenüber der zuvor geltenden Richtlinien (DIN EN ISO 11731:2008; UBA 2012). Da BYCE+AB und GVPC-Agar aber nur einen kleinen Teil der Auswahlmöglichkeiten für Medien bei Membranfiltration nach Annex J der DIN EN ISO 11731:2019 darstellen, ist im internationalen Vergleich künftig mit einer größeren Datenvariabilität aufgrund gewählter Medien und damit mit einer schlechteren Vergleichbarkeit des Kontaminationsniveaus zu rechnen. Eine umfassende Bewertung dieser Unterschiede erfordert aber zunächst einen ausreichend großen Datensatz.
Schlussfolgerung
Festzuhalten bleibt, dass mit dem Ansatz gemäß der UBA-Empfehlungen (2012 und 2018) der Befundbewertung eine Berechnungsmethode zugrunde liegt, welche als konservativen Ansatz, den maximalen Schutz der menschlichen Gesundheit in den Mittelpunkt stellt, was, künftig durch die aktualisierte Wahl an Kulturmedien noch verstärkt werden dürfte.
Interessenkonflikt: Die Autorinnen und Autoren geben an, dass keine Interessenkonflikte vorliegen.
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Kontakt:
Heike Müller
Institut für Hygiene und Öffentliche Gesundheit
Universitätsklinikum Bonn
GeoHealth Centre
Venusberg-Campus 1
53127 Bonn
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