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Sind Kraftfahrzeuge mit Dieselmotoren noch tolerabel?1

H. Greim

(eingegangen am 15.10.2019, angenommen am 21.11.2019)

Are vehicles with diesel engines still acceptable?

Emissions from diesel engines are made up of hundreds of components, some in the form of particles and some gaseous. In 2002, the IARC classed diesel engine exhaust as carcinogenic to humans. Research in the workplace and studies on test persons showed inflammatory responses in the lungs, asthmatic responses and cardiovascular effects. The health implications of emissions have been in the public spotlight since the diesel scandal of 2015 and have called into question the acceptance of diesel engine technology. The optimisation of combustion processes in engines and exhaust gas treatment systems have nevertheless made it possible to reduce substantially the substances in exhaust over the last 20 years. In addition, the new test cycles are a practical way of monitoring emissions. The EURO 6 standard means that there is now virtually no difference between the emissions from diesel and petrol engines in newly registered vehicles, although diesel engines consume 15-20% less fuel than petrol engines.

Schlüsselwörter: diesel engines – emissions – carcinogenicity – diesel scandal

Sind Kraftfahrzeuge mit Dieselmotoren noch tolerabel?

Emissionen aus Dieselmotoren bestehen aus hunderten von Komponenten, die teils in Form von Partikeln, teils gasförmig vorliegen. Im Jahr 2002 stufte die IARC Dieselmotorabgase als krebserzeugend für den Menschen ein. Erfahrungen am Arbeitsplatz und Studien an Testpersonen ergaben entzündliche Reaktionen der Lunge, asthmatische Reaktionen und kardiovaskuläre Effekte. Die gesundheitlichen Konsequenzen der Emissionen sind seit dem Dieselskandal im Jahr 2015 ins öffentliche Interesse gerückt und haben die Akzeptanz der Dieselmotortechnologie in Frage gestellt. Durch Optimierung der Verbrennungsvorgänge in den Motoren und der Abgasreinigungsverfahren konnten im Laufe der letzten 20 Jahre Inhaltsstoffe der Abgase jedoch stark vermindert werden. Dazu kommt, dass die neuen Testzyklen die Emissionen praxisnah überprüfen. Mit EURO 6 wurde erreicht, dass sich die Emissionen von Diesel- und Benzinmotoren in neu zugelassenen Kraftfahrzeugen praktisch nicht mehr unterscheiden, Dieselmotoren aber 15–20% weniger Kraftstoff verbrauchen als Benzinmotoren.

Schlüsselwörter: Dieselmotoren – Emissionen – Kanzerogenität – Dieselskandal

Einleitung

Die Zusammensetzung der Emissionen von Dieselmotoren in Kraftfahrzeugen hat sich im Laufe der letzten 25 Jahre erheblich verändert. Die Konzentrationen der Inhaltsstoffe sind deutlich minimiert worden, so dass für eine gesundheitliche Bewertung zwischen traditioneller und neuer Dieselmotortechnologie unterschieden werden kann. Dabei entspricht die alte Technologie dem EURO 2 Emissionsstandard, die neue ab 2000 dem EURO 3. Die gesundheitlichen Wirkungen der Emissionen alter Technologie bestehen vor allem in entzündlichen Reaktionen in der Lunge, die auf Reizgase und Kohlenstoffpartikel mit daran adsorbierten polyzyklischen aromatischen Kohlenwasserstoffen (PAH) zurückgeführt werden. Bei der neuen Dieseltechnologie sind es vor allem die gasförmigen Reizstoffe, insbesondere Stickoxide, die zu entzündlichen Reaktionen der Lunge führen. Kohlenstoffpartikel sind praktisch nicht mehr enthalten. Zusammensetzung und Toxikologie alter und neuer Dieselmotortechnologien sind mit allen Einzelheiten wiederholt zusammengestellt worden (siehe z.B. Greim 2008; IARC 2014; NEG/DECOS 2016). Der vorliegende Artikel stützt sich auf die Übersichtsarbeit von Greim (2019) und stellt die regulatorischen und technischen Maßnahmen zur Emissionsminderung sowie eine Bewertung der gesundheitlichen Relevanz der Emissionen und der abgeleiteten Grenzwerte dar.

Zusammensetzung der Abgase

Die Zusammensetzung der Abgase von Dieselmotoren wird wie bei Benzinmotoren von der Motortechnologie, dem verwendeten Treibstoff und der Abgasreinigungstechnologie bestimmt. Wichtige Inhaltsstoffe der Gasphase sind Stickstoff, Kohlendioxid (CO2),
Sauerstoff und Wasser. Stickoxide und Kohlenmonoxid entstehen durch unvollständige Verbrennung. Weiterhin sind im Abgas kleinere Mengen von Schwefeldioxid und organischen Verbindungen wie Alkane, Alkene, Carbonylverbindungen, Carbonsäuren, Aromaten und ihre nitrierten Derivate enthalten. Die Partikelphase besteht vornehmlich aus elementarem Kohlenstoff mit adsorbierten organischen Verbindungen wie polyzyklischen aromatischen Kohlenwasserstoffen (PAH), oxidierten PAH, Nitro-PAH, Sulfaten, Metallen und anderen Spurenelementen. Die Partikelgröße beträgt zwischen 0,03 und
2,5 µm und beinhaltet damit auch Nanopartikel mit einem Durchmesser von weniger als 0,1 µm. Seit 1992 sind die Emissionen von Kraftfahrzeugen sowohl mit Diesel- als auch mit Benzinmotoren zunehmend streng reguliert (➥ Tabelle 1) und müssen für Neufahrzeuge eingehalten werden.

Wie Tabelle 1 zeigt, betrifft die Regulierung die wichtigsten Komponenten der Abgase Kohlenmonoxid (CO), Gesamtkohlenwasserstoffe (KW), Stickoxide (NOx), die Menge an KW + NOx, Partikelmasse und Partikelzahl. Die erhebliche Reduktion der Partikelmasse mit EURO 5 wurde durch einen speziellen Diesel-Partikelfilter (DPF) erreicht, der in Kombination mit einem Diesel-Oxidations-Katalysator (DOC) die kohlenstoffhaltigen Partikel zu CO2 verbrennt. Die Oxidation des filtrierten Rußes mit NO2 verhinderte eine noch schnellere Rußbeladung des Filters, weshalb die Oxidationskatalysatoren die NOx-Emissionen zu NO2 konvertierten. Dies führte zu einem erhöhten Bedarf an NOx und zu einem hohen Anteil an NO2 durch den DOC. EURO 5 hatte dadurch nur noch geringe Partikelemissionen mit dem Nachteil hoher NOx-Emissionen, die den Standard des neuen europäischen Fahrzyklus (New European Driving Cycle: NEDC) von 180 mg/km überstiegen. Zur Lösung des Problems ergaben sich zwei Möglichkeiten. Ein legales Verfahren wäre die Reduktion der Verbrennungstemperatur gewesen, die aber zur Erhöhung der Partikelemission geführt hätte, oder zusätzliche Technologien zur Verminderung der NOx-Emissionen. Einige Fahrzeughersteller wählten einen illegalen Weg und bauten eine Software ein, die den Testzyklus erkannte und für etwa 20 Minuten zu niedrigen NOx-Emissionen führte. Im September 2015 kam es zum „Dieselskandal“, als die US Environmental Protection Agency (EPA) bei VW-Kraftfahrzeugen diese Software entdeckte und die Firma zugeben musste, dass diese Software weltweit in etwa 10 Millionen Fahrzeuge, davon 8,5 Millionen in Europa und 600 000 in den USA, verwendet worden war. In den folgenden Jahren stellte sich heraus, dass auch andere Automobilhersteller betroffen waren.

Die erhöhten NOX-Emissionen können durch den SCR (Selective Catalytic Reduction)-Katalysator reduziert werden. Dabei wird NOx durch Ammoniak (NH3) bei Temperaturen oberhalb von etwa 200 °C reduziert. Da Ammoniak nicht in den Abgasen enthalten ist, wird eine Harnstofflösung (AddBlue®) zugesetzt. Aus dem Harnstoff entsteht im Katalysator Ammoniak, der mit NOx zu Stickstoff und Wasser reagiert. Da je nach Motorkalibration etwa 0,1–0,3 Liter und mehr der Lösung pro 100 km verbraucht werden, sind zur Vermeidung häufiger Nachfüllungen, d. h. Werkstattbesuchen, große Tanks für die Harnstofflösung erforderlich. Die illegal eingebaute Software reduzierte den Harnstoffverbrauch, da sich der SCR-Katalysator nur bei bestimmten Fahrzyklen einschließlich der Testphase einschaltete. Der SCR kann mit einem Oxidationskatalysator kombiniert werden, um auch Kohlenmonoxid zu CO2 zu oxidieren sowie überschüssigen Ammoniak zu Stickstoff. Damit werden auch die strengen Abgasnormen des EURO 6 eingehalten.

Zur praxisnahen Kontrolle der Emissionen wurde am 1. September 2017 die „World Wide Harmonised Light Vehicle Test Procedure“ (WLTP) eingeführt, die die Emissionen bei den unterschiedlichen Fahrsituationen erfasst. Seit September 2018 müssen alle neuen Fahrzeuge die WLTP-CO2-Werte einhalten. Weiterhin wurde 2015 der Flottendurchschnitt der CO2-Emissionen auf 130 g/km begrenzt, 2020 müssen 95 % aller Fahrzeuge 95 g/km einhalten und ab 2021 100 %, was zu einem Kraftstoffverbrauch von 4,1 Liter Benzin und 3,6 Liter Diesel führt (siehe EU Richtlinie 2019/631).

Toxikologie der Dieselmotoremissionen

Epidemiologische Studien insbesondere an hoch belasteten Arbeitern weisen auf eine Assoziation zwischen (alten) Dieselmotoremissionen und Lungenkrebs hin. Die Studien von Silverman et al. (2012) bei Bergarbeitern ergaben ein Odds Ratio von 2,8 (1,3–6,3) für die hoch exponierte Gruppe (≥ 563 µg elementarer Kohlenstoff/m3 x Jahr), im Vergleich mit < 3 µg elementarem Kohlenstoff/m3 x Jahr im niedrigsten Quartil. Die Studie wurde in mehreren Publikationen kritisiert, woraufhin Silverman und Attfield (2012) dazu Stellung nahmen. Schließlich wurde das Ergebnis der über mehrere Jahre laufenden Auseinandersetzung von Möhner und Wendt (2017) wie folgt zusammengefasst:

“Our review shows that most studies cannot add evidence for a causal link between DE (Diesel Exhaust) exposure and lung cancer risk. Therefore, a reliable derivation of a quantitative exposure-response relationship is not possible at present. In view of the results from animal studies and the fact that a threshold model cannot be ruled out, a conservative lower bound for a possible threshold value should be determined. Such a value could be derived by the German cohort study among potash miners. An upper bound for a cumulative exposure of 2.5 mg/m3-years REC seems to be sufficient to prevent a detectable increase of lung cancer risk. This value corresponds to an average annual value of 50 μg/m3 REC (Respirable Elemental Carbon) assuming a working life of 45 years. Unless a re-analysis of the DEMS (Diesel Exhaust in Miners Study) yields considerably higher values, this value could be recommended as threshold value for occupa­tional safety.”

In Tierversuchen konnte die krebserzeugende Wirkung von (alten) Dieselmotoremissionen eindeutig nachgewiesen werden (Einzelheiten siehe z. B. Greim 2008; IARC 2014; NEG/DECOS 2016). Emissionen neuer Dieselmotoren enthalten dagegen weit geringere Partikelkonzentrationen und daran gebundene mutagene Substanzen. Dementsprechend ergaben eine 1-Jahres-Studie in den USA mit Emissionen eines Fahrzeugs, das in etwa dem EURO 5 entspricht – also praktisch partikelfrei ist – an Mäusen, sowie eine umfangreiche 2-Jahres-Studie an F344-Ratten keinen Hinweis auf Genotoxizität oder Kanzerogenität (Hallberg et al. 2014; McDonald et al. 2015). Bei der höchsten NO2-Konzentration von 4,2 ppm traten Reizerscheinungen in der Lunge auf, die NOAEC betrug 0,8 ppm (~1600 µg/m3). Dies weist darauf hin, dass NO2 bei neuen Dieselaggregaten die wichtigste Komponente für die entzündlichen Reaktionen in der Lunge darstellt.

Partikel

In Tierversuchen führen hohe Konzentrationen von Dieselmotorabgasen mit hohem Partikelgehalt eindeutig zu kanzerogenen Wirkungen in der Lunge. Da jedoch der Anteil der an die Partikel adsorbierten kanzerogenen Substanzen relativ niedrig ist, geht z. B. der Ausschuss für Gefahrstoffe (AGS) davon aus, dass die Kanzerogenität auf den Partikeleffekten und den dadurch ausgelösten entzündlichen Reaktionen beruht, für die unwirksame Konzentrationen definiert werden können. Daher wurde ein Arbeitsplatzgrenzwert von 50 µg
Kohlenstoffpartikel/m3 festgelegt (BAuA 2017). Für Emissionen neuer Dieselmotoren sind die Grenzwerte der übrigen relevanten Inhaltsstoffe wie NO2, NO, SO2 oder Formaldehyd einzuhalten.

Stickstoffdioxid (NO2)

Dieselmotorabgase enthalten NOx, d. h. vornehmlich NO und NO2. Da NO in der Luft rasch zu NO2 oxidiert wird, werden die NOx-Emissionen anhand der NO2-Konzentrationen bewertet. Für Arbeitsplätze gilt in Deutschland und Europa aufgrund epidemiologischer Studien sowie Untersuchungen an Testpersonen ein Grenzwert von 0,5 ppm (950 µg/m3). Als Umweltstandard übernahm die Europäische Kommission den von der WHO (2018) vorgeschlagenen tolerablen Jahresmittelwert von 40 µg/m3 und den 1-Stunden-Richtwert von 200 µg/m3. Diese Werte wurden vor allem von Studien an asthmatischen Kindern abgeleitet. Sie sind jedoch umstritten, zumal die US-amerikanische EPA am 6. April 2018 das Ergebnis einer erneuten Bewertung der vorhandenen Datenlage veröffentlichte (US EPA 2018). In der Veröffentlichung wird betont, dass die eingehende Überprüfung der Datenlage ergeben hat, dass kein Anlass besteht, den gegenwärtig geltenden Jahresdurchschnittswert für NO2 von 53 ppb (100 µg/m3) und den 1-Stunden-Wert von 100 ppb (188 µg/m3) zu ändern.

Die gesundheitliche Bedeutung der an den vorhandenen Messstationen ermittelten Werte

Die in Europa und damit auch in Deutschland geltenden Immissions­grenzwerte für NO2 müssen zum Schutz der Bevölkerung eingehalten werden. Da die Werte an mehreren Messstellen vor allem in Städten mit dichtem Verkehr überschritten werden, wurden mehrere Kommunen aufgrund gerichtlicher Entscheidungen veranlasst, Maßnahmen zur Reduzierung der Konzentrationen einzuleiten. Allerdings stammen die Werte zumeist von Messstellen, die unmittelbar an dicht befahrenen Straßen positioniert sind (z. B. Neckartor in Stuttgart). Die direkte Nutzung der an solchen Messstellen erhobenen Werte für die Beurteilung ihrer gesundheitlichen Relevanz entspricht jedoch nicht der Europäischen Direktive 2008/50/EC Annex III. Diese besagt, dass die erhobenen Messwerte für die Beurteilung einer Langzeitbelastung der Bevölkerung geeignet sein müssen, was für die an hoch exponierten Stellen aufgestellten Messstellen nicht zutrifft. Diese Werte eignen sich nur zur Beurteilung der langfristigen Trends der Konzentrationen. Vielmehr sollten nach der Direktive die Messstellen so positioniert werden, dass sie Informationen über die tatsächliche Belastung der Bevölkerung liefern. Dies ist insofern sinnvoll, da in der Nähe dieser Messstellen Personen nur kurzfristig, wenn überhaupt, exponiert sind, und die Konzentrationen der Schadstoffe innerhalb weniger Meter und mit zunehmender Entfernung kontinuierlich absinken.

Dem hat allerdings der Court of Justice der Europäischen Kommission in seiner Entscheidung vom 26. Juni 2019 (C-723/17) widersprochen. Das Urteil besagt, dass Konzentrationen, die an Messstellen an dicht befahrenen Straßen bestimmt werden und die EU-Grenzwerte übersteigen, die EU-Regelungen verletzen, denn sie seien gesundheitsschädlich. Durchschnittwerte einer Messstelle seien für eine Bewertung der gesundheitlichen Relevanz der Werte ungeeignet. Diese Entscheidung widerspricht nicht nur der EU-Direktive, sondern ignoriert auch die Definition der Grenzwerte für Luftverunreinigungen, die als Dauerbelastung der Bevölkerung mit zulässigen Spitzenwerten (200 µg/m3 1-Stunden-Richtwert) definiert sind.

Bei der Diskussion über notwendige Maßnahmen zur Reduzierung der Emissionen aus dem Automobilverkehr ist schließlich zu berücksichtigen, dass in Deutschland die Konzentrationen an verkehrsnahen Messstellen z. B. von NO2 und PM10 im Lauf der Jahre abgenommen haben. So sind zwischen 1995 und 2016 die durchschnittlichen NO2-Konzentrationen von über 50 µg/m3 auf unter 40 µg/m3 und die NO2-Gesamtimmissionen um nahezu 60 % gesunken (UBA 2018). Die PM10-Immissionen im verkehrsnahen Bereich stammen vor allem aus Emissionen von Dieselmotoren, Reifenabrieb und durch den Verkehr aufgewirbeltem Staub. Diese PM10-Konzen­trationen verminderten sich zwischen 1995 und 2016 von etwa 50 µg/m3 auf 15–30 µg/m3, die PM10-Gesamtimmissionen in Deutschland in dieser Zeit um 38% (UBA 2018).

Kraftstoffverbrauch von Diesel- und Benzinmotoren

Die vom Kraftfahrzeugbundesamt für neu zugelassene Kraftfahrzeuge verschiedener Hersteller Ende 2018 veröffentlichten Emis­sionswerte für CO2 und Kohlenstoff sind noch etwa doppelt so hoch wie die für 2021 angestrebten Werte (Greim 2019). Sie zeigen jedoch, dass Dieselmotoren um 15–20 % weniger CO2 und Kohlenstoff pro km emittieren.

Zusammenfassung und Schlussfolgerungen

Dieselmotorabgase enthalten mehrere hundert chemische Verbindungen, die teils gasförmig, teils als Partikel vorliegen. Durch ständige Verbesserung der Verbrennungstechnologie der Motoren und der Abgasreinigungsverfahren veränderten sich Zusammensetzung und Konzentrationen der Inhaltsstoffe im Vergleich zu den vor etwa 20 Jahren verwendeten Technologien. Während die Emissionen früherer Motoren zumindest anhand der Tierversuche im Verdacht stehen, auch beim Menschen krebserzeugend zu sein, ergeben Langzeit-Inhalationsversuche an Ratten mit den Emissionen neue­rer Dieselmotoren mit verbesserter Abgasreinigungstechnologie keine Hinweise auf eine krebserzeugende Wirkung. Die bei hoher Exposition aufgetretenen Veränderungen bestehen in entzündlichen Reaktionen in der Lunge, die vor allem auf NO2 bei Konzentrationen von 4,2 ppm (~8400 µg/m3) zurückgeführt werden.

Seit Einführung der Regelung des EURO 3 verminderten sich Inhaltsstoffe und ihre Konzentrationen in den Abgasen weiter, und mit EURO 5 konnten die kohlenstoffhaltigen Partikel durch höhere Verbrennungstemperaturen nahezu vollständig eliminiert werden. Die erhöhten Temperaturen führten jedoch zu höheren NOx-Emissionen, die durch zusätzliche Maßnahmen vermindert werden müssen. Mehrere Hersteller umgingen dies, indem sie eine Software einbauten, die den Testzyklus erkannte, was während des Testzyklus zu geringeren NOx-Emissionen als in der Praxis führte. Die Aufdeckung dieses Verfahrens führte zu dem „Dieselskandal“. Mit der Einführung des EURO 6 und der Überprüfung der Emissionen durch praxisnahe Prüfzyklen wird schließlich erreicht, dass sich die Emissionen von Fahrzeugen mit Dieselmotoren nicht mehr von denen mit Benzinmotoren unterscheiden. Zu berücksichtigen ist jedoch, dass Dieselmotoren bei gleicher Fahrleistung 15–20 % weniger Treibstoff verbrauchen als Benzinmotoren.

Daraus ergeben sich folgende Schlüsse:

  • Das seit Ende 2017 geltende weltweit harmonisierte Testverfahren für Personenkraftfahrzeuge (WLTP) berücksichtigt die unterschiedlichen Fahrbedingungen und führt daher im Gegensatz zu früheren Verfahren zu einer praxisnahen Prüfung der aktuellen Emissionen.
  • Verbote für Personenwagen mit Dieselmotoren aufgrund von Messungen direkt an verkehrsreichen Straßen sind nicht gerechtfertigt, da die Messdaten für die langfristige Exposition der Bevölkerung nicht relevant sind. Dies entspricht insbesondere der Direktive 2008/50/EC der Europäischen Kommission mit der klaren Aussage, dass solche Daten für die Bewertung der gesundheitlichen Relevanz ungeeignet sind. Dagegen geht der Europäische Gerichtshofes in seiner Entscheidung 2019 davon aus, dass Überschreitungen der tolerierbaren Langzeitwerte an diesen Messstellen nicht akzeptabel sind, was nicht nur dem Konzept der Grenzwertsetzung für die Langzeitexposition der Bevölkerung widerspricht, sondern auch dem Annex III der Direktive 2008/50/EC.
  • Im Gegensatz zu Emissionen alter Dieselfahrzeuge sind die Abgase neuer Dieselmotoren aufgrund verbesserter Verbrennungstechnik und Abgasreinigungsverfahren nicht krebserzeugend. Die in Tierversuchen bei hohen Konzentrationen aufgetretenen entzündlichen Reaktionen in der Lunge lassen sich vornehmlich auf Stickoxide, d. h. NO2, zurückführen. Als Konzentration ohne Wirkung (NOAEC) wurden für NO2 0,8 ppm (~1600 µg/m3) ermittelt. Diese NOAEC wurde anhand von Studien an Freiwilligen bestätigt. Damit ist das Auftreten von Gesundheitsschäden bei kurzfristiger Exposition gegenüber Werten über 40 µg/m3 nicht plausibel. Dies entspricht auch den Aussagen der US EPA, die nach erneuter Überprüfung der Datenlage den geltenden Mittelwert für die jährliche Exposition von 100 µg/m3 und den Kurzzeitwert von 188 µg/m3 im April 2018 bestätigte.
  • Interessenkonflikt: Der Autor gibt an, dass kein Interessenkonflikt vorliegt.

    Literatur

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    Autor

    Prof. Dr. med. Helmut Greim
    Technische Universität München
    Institut für Toxikologie und Umwelthygiene
    Hohenbachernstraße 15–17
    85350 Freising-Weihenstephan