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Tätigkeiten mit krebserzeugenden aromatischen Aminen bei nasschemischen Analysemethoden in medizinischen Laboren – Modellierung der Exposition

L. Anhäuser

G. Halsen

J. Gerding

doi:10.17147/asu-1-417853

(eingegangen am 18.09.2024, angenommen am 06.01.2024)

Activities with carcinogenic aromatic amines in ­wet-chemical analysis methods in medical laboratories – ­exposure modelling

Objective: In medical laboratories, exposure to the carcinogenic aromatic amine benzidine or the benzidine-releasing azo dye Congo red was previously and still is occasionally possible when carrying out certain laboratory analyses. These amines can be the cause of urinary bladder carcinoma. To determine the inhalation and dermal exposure in wet-chemical analysis methods, activities are described and the customary exposure is modelled.

Methods: Five exemplary wet-chemical analytical methods that have contained or still contain benzidine as an analytical reagent were identified. These include the benzidine test for the detection of blood in stool or urine, the determination of peroxidase-positive leukocytes and, in pathology, Congo red staining for the detection of amyloid. Inhalation exposure was determined using a physico-chemical deterministic two-zone model under steady-state conditions and dermal exposure using a model based on a permeation equation.

Results: Based on the modelling performed, the maximum amount of benzidine inhaled over a working life of 40 years is 2.77 ng for leukocyte detection (daily exposure of 1 h), otherwise the amount is in the picogram or femtogram range. The amount of benzidine ingested dermally for the benzidine test (daily exposure of 1 h) is a maximum of 8.97 mg for 10 working years and 71.72 mg for leukocyte detection (daily exposure of 1 h) and 84.76 µg for Congo red staining (annual exposure of six samples) for 40 working years in each case.

Conclusions: The description and the exposure calculations for the wet-chemical analysis methods with possible exposure to the aromatic amine benzidine directly or through the azo dye Congo red in medical laboratories or in pathology can be used for the retrospective determination of exposure in the context of BK 1301.

Keywords: aromatic amines – benzidine – Congo red – exposure – modelling

ASU Arbeitsmed Sozialmed Umweltmed 2024; 60: 108–116

Tätigkeiten mit krebserzeugenden aromatischen Aminen bei nasschemischen Analysemethoden in medizinischen Laboren – Modellierung der Exposition

Zielstellung: Im medizinischen Labor waren früher und sind heute noch vereinzelt Expositionen gegenüber dem krebserzeugenden aromatischen Amin Benzidin oder dem Benzidin-abspaltenden Azofarbstoff Kongorot bei der Durchführung bestimmter Laboranalysen möglich. Diese Amine können Ursache eines Harnblasenkarzinoms sein. Zur Ermittlung der inhalativen und dermalen Exposition bei nasschemischen Analysemethoden werden Tätigkeiten beschrieben und die branchenbezogene Exposition modelliert.

Methoden: Fünf beispielhafte nasschemische Analysemethoden wurden identifiziert, die Benzidin als Reagenz zur Analyse in der Vergangenheit enthalten haben beziehungsweise noch enthalten. Dazu gehören die Benzidin-Probe für den Blutnachweis in Stuhl oder Urin, die Bestimmung Peroxidase-positiver Leukozyten sowie in der Pathologie die Kongorot-Färbung zum Nachweis von Amyloid. Die inhalative Exposition wurde mittels eines physikalisch-chemischen deterministischen Zwei-Zonen-Modells unter stationären Bedingungen und die dermale Exposition mittels eines Modells auf Basis einer Permeationsgleichung bestimmt.

Ergebnisse: Anhand der durchgeführten Modellierungen liegt die maximal inhalativ aufgenommene Benzidin-Menge über eine Lebensarbeitszeit von 40 Jahren bei 2,77 ng für den Leukozytennachweis (tägliche Exposi­tion von 1 h), ansonsten liegt die Menge im Pikogramm- beziehungsweise Femtogrammbereich. Die dermal aufgenommene Benzidin-Menge liegt für die Benzidin-Probe (tägliche Exposition von 1 h) bei maximal 8,97 mg für 10 Arbeitsjahre und beim Leukozytennachweis bei 71,72 mg und bei der Kongorot-Färbung (jährliche Exposition von sechs Proben) bei 84,76 µg für jeweils 40 Arbeitsjahre.

Schlussfolgerungen: Die Tätigkeitsbeschreibung und die Expositionsberechnungen zu den nasschemischen Analysemethoden mit möglicher Exposition gegenüber dem aromatischen Amin Benzidin direkt oder durch den Azofarbstoff Kongorot in medizinischen Laboratorien oder in der Pathologie können für die retrospektive Expositionsermittlung im Rahmen der BK 1301 herangezogen werden.

Schlüsselwörter: aromatische Amine – Benzidin – Kongorot – Exposition – Modellierung

Einleitung

In medizinischen Laboren wurden früher verschiedenste nasschemische Verfahren zum Nachweis von Blut in Urin, Stuhl oder Liquor verwendet. Als Reagenzien können hierunter auch einzelne BK-relevante aromatische Amine und Azofarbstoffe gewesen sein. Benzidin gehört zu den potentesten Auslösern von Harnblasenkrebs und wurde zum Nachweis von Blut in Urin, Stuhl oder Liquor verwendet. Eine Nachweismethode ist die sogenannte Benzidin-Probe, deren Entwicklung von O. und R. Adler erfolgte und die 1904 publiziert wurde (Adler et al. 1904). Zur Identifikation von Blut wird eine Blau-/Grünfärbung genutzt, die entsteht, wenn Benzidin mit Wasserstoffperoxid bei Anwesenheit von Peroxidasen (hier: Pseudoperoxidase-Reaktivität des Hämoglobins) reagiert (Ullmann’s 2011; e.Medpedia 2018). Benzidin (CAS-Nr. 92-87-5) zählt zu den aromatischen Aminen und ist als krebserzeugend Kategorie 1A (Gefahrenhinweis H350) und als hautresorptiv eingestuft (CLP Anhang VI; DGUV 2019). Im Jahr 1971 wurde die Herstellung von Benzidin in der Bundesrepublik eingestellt, in der ehemaligen DDR wurde die Benzidin-Herstellung 1969 beendet (DGUV 2019). Herstellungs- und Verwendungsbeschränkungen für aromatische Amine und Azofarbstoffe, die diese abspalten, bestanden nach der Gefahrstoffverordnung seit 1986 und in der ehemaligen DDR seit 1989. Von diesen Beschränkungen sind aber Verwendungen für Forschungs-, Analyse- und Entwicklungszwecke ausgenommen (GefStoffV 2010; DGUV 2019).

Bis in die 1970er Jahre war die Benzidin-Probe eine Standardprobe. Für die Durchführung der Benzidin-Probe existierten unterschiedliche Analysevorschriften; der Nachweis konnte im Reagenzglas oder auf dem Objektträger erfolgen. Dabei wurde Benzidin in Pulver- oder Tablettenform verwendet (Ogilvie 1927; Lichtwitz 1930; Hallmann 1960; Henning 1966). Eine Benzidin-Tablette wurde für eine Analyse verwendet, die enthaltene Benzidin-Menge war nicht mehr ermittelbar (Henning 1966). Die Benzidin-Probe wurde dann durch das nicht krebserzeugende 3,3‘,5,5‘-Tetramethylbenzidin (CAS-Nr. 54827-17-7) ersetzt. Heutzutage erfolgt der Nachweis mit modernen Methoden wie beispielsweise dem immunchemischen Test iFOBT (e.Medpedia 2018).

Für die Bestimmung Peroxidase-positiver Leukozyten konnten auch später noch Färbelösungen mit Benzidin oder Färbekits eingesetzt werden, zum Beispiel bei der Spermadiagnostik (Steinfeldt 2002; Vidal 2002; Morphisto 2024). Die Kongorot-Färbung zum Nachweis von Amyloid ist bis heute eine Färbemethode für Gewebe­proben in der Pathologie (Highman 1946; Röcken et al. 2003). Aus dem Azofarbstoff Kongorot (CAS-Nr. 573-58-0) kann im Körper des Menschen durch reduktive Azospaltung Benzidin freigesetzt werden, da es sich um einen löslichen Azofarbstoff handelt. Für den Ansatz der Färbelösung wurde früher pulverförmiges Kongorot verwendet, später fertig bezogene Stammlösungen, die verdünnt wurden. Heute sind gebrauchsfertige Färbekits verbreitet (BGW 2005; DGUV 2019).

Die beschriebenen Analysemethoden mit Benzidin und andere Analysemethoden wurden und werden in der Regel von Medizinischen Technologinnen und Technologen für Laboratoriumsanalytik (früher: Medizinisch-technische Assistentinnen und Assistenten für Laboratoriumsanalytik) durchgeführt. Im medizinischen Labor werden Pipettierhilfen und Spatel verwendet und dadurch der Hautkontakt minimiert beziehungsweise vermieden. Chemikalien­schutzhandschuhe wurden schätzungsweise bis etwa Ende der 1980er Jahre nicht grundsätzlich getragen. Schon aus hygienischen Gründen wird sich bei der Arbeit mit Gewebe-, Urin-, Stuhl- oder Blutproben die dermale Exposition auf gelegentliche Spritzer durch Benzidin- oder Kongorot-Lösung oder auf gelegentliche Oberflächenkontamination durch Spritzer, durch Benzidin- beziehungsweise Kongorot-Partikel auf Arbeitsflächen oder durch reagenzverunreinigte Glasgefäße beschränkt haben. Eine relevante Staubentwicklung durch Benzidin beim Abwiegen und Ansetzen von Lösungen war nicht gegeben (DGUV 2020), eine geringfügige Freisetzung einzelner Benzidin-Partikel in die Luft kann möglich gewesen sein. Ein Verdampfen von Benzidin aus der Lösung während der Analysen wird aufgrund der geringen Flüchtigkeit von Benzidin eingeschränkt möglich gewesen sein. Seit Ende der 1980er Jahre erfolgte das Ansetzen von Lösungen mit krebserzeugenden Stoffen oder auch Kongorot in Laboratorien in der Regel unter dem Laborabzug. Eine inhalative und dermale Benzidin-Exposition der Medizinischen Technologinnen und Technologen ist beim Tragen von geeigneten Chemikalienschutzhandschuhen und Arbeiten unter dem Abzug auszuschließen (TRGS 526 2008).

Die Beurteilung der Exposition gegenüber aromatischen Aminen ist insbesondere im Rahmen der retrospektiven Betrachtung in Zusammenhang mit der Berufskrankheiten-Nummer 1301 „Schleimhautveränderungen, Krebs oder andere Neubildungen der Harnwege durch aromatische Amine“ relevant. Zum Beleg einer arbeitsbedingt verursachten Erkrankung ist zunächst eine Exposition gegenüber krebserzeugenden aromatischen Aminen im Arbeitsleben nachzuweisen. Im Weiteren sind Art, Dauer und Intensität (Häufigkeit, Expositionshöhe) der Exposition zu ermitteln (DGUV 2019). Dies spielt für den weiteren Verlauf des BK-Verfahrens zunehmend eine wichtige Rolle, da die BK 1301 unter die sogenannten „Krebs-BKen ohne beschriebene Einwirkungsdosis“ fällt (Holtstraeter 2024). Im medizinischen Labor können Tätigkeiten mit Benzidin zeitlich lange zurückliegen, wodurch die Expositionsermittlung erschwert wird. Zudem stehen derzeit keine Expositionsdaten zur Verfügung. Da im medizinischen Labor nur Tätigkeiten mit sehr geringen Mengen der Stoffe und kurzzeitiger Exposition durchgeführt werden, waren sie bisher nicht Gegenstand einer systematischen Expositionsbetrachtung.

Zielstellung

Nachfolgend soll eine Hilfestellung gegeben werden, bei welchen Tätigkeiten Benzidin-Expositionen im medizinischen Labor möglich waren beziehungsweise heute noch sein können. Anhand verschiedener vergangener und aktueller Analysemethoden mittels Modellierung werden die branchenübliche inhalative und dermale Benzidin-Exposition betrachtet.

Methoden

Nasschemische Analysemethoden mit Benzidin

Allgemein wird angenommen, dass die nasschemischen Analysemethoden im medizinischen Labor nicht im Abzug, mit schlechten Lüftungsbedingungen und ohne Chemikalienschutzhandschuhe erfolgten. Dies entspricht den Arbeitsbedingungen vor Ende der 1980er Jahre. Pipettierhilfen und Spatel wurden eingesetzt, Reagenzgläser oder andere kleine Glasgefäße wurden zum Ansetzen der Lösungen verwendet, die offen gehandhabt wurden. Allgemein wurde analytisch sauber gearbeitet, um Analyseproben vor Verunreinigung zu schützen sowie Kontakt zu Humanproben und zu Gefahrstoffen zu vermeiden.

Anhand einer Literaturrecherche wurden fünf historische und aktuelle Analysemethoden mit Benzidin im medizinischen Labor ermittelt, die Auswahl ist beispielhaft und nicht abschließend. Die vorliegenden Benzidin-Konzentrationen in der Lösung der jeweiligen nasschemischen Analysenmethoden sind in ➥ Tabelle 1 gezeigt.

Nr. 1 – „Benzidin-Probe“ Chemische Methode zum Blutnachweis im Stuhl nach Henning (1966):

• 0,1 g Benzidin werden in 10 ml 50%iger Essigsäure gelöst, davon werden 2 ml mit der gleichen Menge (2 ml) 3%igem Wasserstoffperoxid gemischt.

• Eine kleine Stuhlprobe wird mit Wasser verrührt.

• Stuhlaufschwemmung wird mit der Benzidin-Lösung gemischt.

Nr. 2 – „Benzidin-Probe (Modifikation nach Schlesinger)“ Chemische Methode zum Blutnachweis im Stuhl nach Hallmann (1960):

• Stuhlprobe mit vierfacher Menge Wasser kurz aufkochen.

• Einige Körnchen (Abschätzung ca. 1 mg) Benzidin in 2 ml Eisessig und 2 ml 3%igem Wasserstoffperoxid auflösen.

• Stuhlaufschwemmung tropfenweise zur Benzidin-Lösung hinzufügen.

Nr. 3 – „Benzidin-Probe“ Chemische Methode zum Blutnachweis im Urin von Hallmann (1960):

• Eine Messerspitze Benzidin (Abschätzung ca. 1 mg) in 2 ml Eisessig schütteln und 3 ml Wasserstoffperoxid hinzufügen.

• Harnprobe mit etwas Eisessig versetzen und tropfenweise zur Benzidin-Lösung hinzufügen.

Nr. 4 – „Färbelösung für Leukozyten“ (Morphisto 2024):

• Färbelösung mit <1% Benzidin in ethanolhaltiger Lösung.

Nr. 5 – „Kongorot-Färbung für den Nachweis von Amyloid nach Highman“ (Highman 1946, Morphisto 2022):

• Färbelösung mit 0,5% Kongorot:

(i) Herstellung aus Pulver: 0,5 g Kongorot-Pulver (Annahme 1:1-Freisetzung entspricht 0,132 g Benzidin) in 100 ml 50%igem Ethanol lösen.

(ii) Färbekit: Gebrauchsfertige Färbelösung (0,5% Kongorot in 50% Ethanol) ist in Kit vorhanden.

• Für eine Färbung ca. 1 ml der Färbelösung auf die Gewebeprobe auf den Objektträger träufeln. Bei mehreren parallelen Färbungen ca. 22 ml Färbelösung in eine Reaktionskammer geben und die Objektträger (bis 5 Stück) mit den Gewebeproben für die Färbung hineinstellen.

• Nach dem Färben werden die Objektträger nach Protokoll weiter für die mikroskopische Auswertung vorbereitet.

Angaben zu Dauer und Häufigkeit der durchgeführten Methoden mit Benzidin lassen sich aus einzelnen Ermittlungen der Berufsgenossenschaft für Gesundheitsdienst und Wohlfahrtspflege (BGW) zu Berufserkrankungen ableiten. Im medizinischen Labor wurden in den 1960er und 1970er Jahren pro Person 2–10 (Mittelwert 6) Benzidin-Proben (Methoden Nr. 1 bis Nr. 3) pro Tag durchgeführt. Das Ansetzen und der Umgang mit der Benzidin-Lösung im weiteren Analysenverlauf haben ca. 10 min pro Probe in Anspruch genommen.

Der Messtechnische Dienst der BGW wertet seit 20 Jahren Expositionsdaten zu Tätigkeiten in der Pathologie aus. Im Rahmen von Besichtigungen wurde ermittelt, dass an ca. 5–6 Tagen pro Jahr Kongorot-Färbungen (Methoden Nr. 5) durchgeführt werden. Es handelt sich um eine Sonderfärbung, die daher in der jeweiligen Pathologie nur von einer bestimmten Person und in der Regel manuell durchgeführt wird. Das Ansetzen der Kongorot-Färbelösung und das weitere Verwenden der Färbelösung beträgt insgesamt ca. 10 min pro Probe beziehungsweise Probenreihe.

Modellierung der Exposition

Für die Modellierung der inhalativen und dermalen Benzidin-Exposition im medizinischen Labor bei unterschiedlichen Analysemethoden werden die nachfolgend beschriebenen Modelle als mögliche Beispiele gewählt. Im Rahmen der Modelle werden für die Arbeitsbedingungen die zuvor genannten Angaben aus den recherchierten Analysemethoden herangezogen sowie, wenn notwendig, realistische Abschätzungen getroffen.

Die detaillierte Beschreibung der Modellierung inklusive Formeln und gewählten Parametern findet sich im Anhang „Methodenbeschreibung: Modellierung der inhalativen und dermalen Exposition gegenüber Benzidin im medizinischen Labor“.

Inhalative Exposition

Die Berechnung erfolgt auf der Basis eines physikalisch-chemischen deterministischen Zwei-Zonen-Modells unter stationären Bedingungen, bei der die Person im Nahbereich einer Stoffquelle (near field, NF) arbeitet und dort einer gegenüber dem gesamten Labor (far field, FF) erhöhten Exposition ausgesetzt ist (Eickmann 2008).

Dermale Exposition

Gelangt eine Substanz auf die Haut, kann sie grundsätzlich auch in den Körper penetrieren. Kommt beispielsweise ein Spritzer einer Lösung mit gelöstem Benzidin auf die Haut – und wird dieser nicht direkt abgewaschen – kann die Diffusion der Substanz durch die Haut beginnen. Die Berechnung der dermalen Exposition erfolgt auf der Basis der Permeationsgleichung (Eickmann 2008).

Tabelle 2:  Berechnete stationäre Luftkonzentration von Benzidin im Near Field (NF) während verschiedener AnalysemethodenTable 2: Calculated stationary air concentration of benzidine in the near field (NF) during various analytical methods

Tabelle 2: Berechnete stationäre Luftkonzentration von Benzidin im Near Field (NF) während verschiedener Analysemethoden
Table 2: Calculated stationary air concentration of benzidine in the near field (NF) during various analytical methods

Ergebnis

Anhand von Literaturrecherchen wurden fünf verschiedene Analysemethoden im medizinischen Labor und in der Pathologie recherchiert. Damit liegen konkrete Hinweise vor, bei welchen Tätigkeiten früher oder auch noch heute inhalativer oder dermaler Kontakt mit dem aromatischen Amin Benzidin oder dem Benzidin-Abspalter Kongorot möglich war beziehungsweise ist. Dies ermöglicht folglich die Beurteilung der Exposition mittels Modellierung. ➥ Tabelle 2 und ➥ Ta­belle 3 zeigen die Ergebnisse der Modellierung der inhalativen sowie der dermalen Exposition für die verschiedenen Analysemethoden. Die Dauer für die Durchführung einer Analysemethode beträgt
10 min.

Die stationäre Luftkonzentration von Benzidin XBenzidin,NF stellt sich unter den oben genannten Rahmenbedingungen ein, wenn ständig (8-Stunden-Exposition) die Benzidin-Quelle im Raum vorhanden war. Die Höhe der Benzidin-Konzentration korreliert bei dem Vergleich der Analysemethoden mit der Ausgangskonzentration an Benzidin in Lösung, wenn alle anderen Parameter gleichbleiben. Zeitlich kürzere Expositionen (z. B. 2 h, 1 h oder 10 min) lassen sich durch entsprechende Zeitgewichtung abschätzen.

Tabelle 3:  Berechnete dermal aufgenommene Substanzmenge an Benzidin während verschiedener AnalysemethodenTable 3: Calculated amount of benzidine absorbed dermally during different analytical methods.

Tabelle 3: Berechnete dermal aufgenommene Substanzmenge an Benzidin während verschiedener Analysemethoden
Table 3: Calculated amount of benzidine absorbed dermally during different analytical methods.

Die Höhe der dermal aufgenommen Substanzmenge an Benzidin pro Stunde m. Benzidin,derm ist nach der Permeationsgleichung abhängig von der Ausgangskonzentration an Benzidin in Lösung und der Größe der benetzten Hautfläche. Größere Hautflächen als 1 cm2 werden nicht betrachtet, da diese bei standardmäßiger Arbeitshygiene während Laborarbeiten mit Humanproben nicht realistisch erscheinen. Die aufgenommenen Benzidin-Mengen lassen sich in Abhängigkeit von der Anzahl durchgeführter Analyseproben pro Tag (z. B. 2 Proben, 6 Proben oder 48 Proben pro Tag) wieder durch entsprechende Zeitgewichtung abschätzen.

In ➥ Tabelle 4 wird die aufgenommene Substanzmenge an Benzidin während der verschiedenen Analysemethoden zu einer unterschiedlichen Anzahl an Arbeitsjahren betrachtet. Ein Arbeitsjahr hat 220 Arbeitstage, die Lebensarbeitszeit umfasst 40 Arbeitsjahre. Die Berechnung der dermal aufgenommenen Benzidin-Menge erfolgt durch einfache Hochrechnung der täglichen Exposition aus Tabelle 3. Für die Berechnung der inhalativ aufgenommenen Benzidin-Menge sind die Luftkonzentrationswerte aus Tabelle 2 anhand des eingeatmeten Luftvolumens eines Menschen umzurechnen (d. h. 12–20 Atemzüge/min mit einem Mittelwert von 16 Atemzügen/min mit 0,0005 m3 eingeatmete Luft/Atemzug) (Larsen 2016). Während der Durchführung einer Analysenmethode (10 min) werden 0,08 m3 Luft und folglich für eine Dauer von 1 h 0,48 m3 Luft eingeatmet. Die Berechnung erfolgt mit der Worst-Case-Annahme, dass Benzidin zu 100 % inhalativ aufgenommen wird.

Nur für die Methoden Nr. 4 und Nr. 5 wird die Lebensarbeitszeit von 40 Jahren mit der maximal aufgenommenen Benzidin-Menge betrachtet, da diese bis heute Anwendung finden können. Die Benzidin-Probe (Methoden Nr. 1–3) wurde nur bis in die 1970er Jahre durchgeführt, hier erscheint die Betrachtung der Arbeitszeit von maximal 10 Jahren sinnvoll. Die maximal inhalativ aufgenommene Benzidin-Menge über die Lebensarbeitszeit von 40 Jahren beträgt 2,77 ng für Methode Nr. 4, alle anderen Substanzmengen liegen niedriger im Pikogramm- beziehungsweise Femtogrammbereich. Die dermal aufgenommene Benzidin-Menge für eine benetzte Hautfläche von 1 cm2 beträgt während der Benzidin-Probe (Methoden Nr. 1–3) maximal 8,97 mg für 10 Arbeitsjahre, während dem Leukozytennachweis (Methode Nr. 4) maximal 71,72 mg und während der Kongorot-Färbung (Methode Nr.  5) maximal 84,76 µg für die Lebensarbeitszeit.

Tabelle 4:  Durch inhalative und dermale Exposition aufgenommene Substanzmenge an Benzidin während verschiedener Analysemethoden in Bezug auf ArbeitsjahreTable 4: Amount of benzidine absorbed by inhalation and dermal exposure during different analytical  methods in relation to working years

Tabelle 4: Durch inhalative und dermale Exposition aufgenommene Substanzmenge an Benzidin während verschiedener Analysemethoden in Bezug auf Arbeitsjahre
Table 4: Amount of benzidine absorbed by inhalation and dermal exposure during different analytical
methods in relation to working years

Diskussion

Bis in die 1970er Jahre war die Benzidin-Probe eine gängige nasschemische Analysemethode zum Nachweis von Blut in Urin und Stuhl, aber auch heutzutage kann Benzidin noch in Analysemethoden beispielsweise beim Leukozytennachweis im medizinischen Labor oder während der Kongorot-Färbung in der Pathologie vorkommen. Tätigkeitsbeschreibungen und Expositionsdaten zum inhalativen oder dermalen Kontakt mit Benzidin im medizinischen Labor, die im Rahmen eines Berufskrankheitenverfahrens zur BK-Nr. 1301 als Hilfestellung herangezogen werden können, liegen bisher nicht vor.

Die Beschreibungen zu den fünf Analysemethoden stellen eine beispielhafte Auswahl dar, mit der eine tätigkeitsbezogene inhalative und dermale Exposition beschrieben werden kann. Der Umfang der einzelnen Analysemethode wird in den verschiedensten medizinischen Laboren und Pathologien unterschiedlich gewesen bzw. wird es heute noch sein. Teilweise können Medizinische Technologinnen und Technologen für Laboratoriumsanalytik in den Laboren auf einzelne Analysen spezialisiert gewesen sein, wodurch längere Expositionsdauern pro Schicht möglich waren. Ebenfalls ist die Häufigkeit der Durchführung der Analysemethoden von den eingehenden Kundenaufträgen an das jeweilige Labor und an die jeweilige Pathologie abhängig. Zudem kann sich auch die Durchführung der Analyse­methoden und die Höhe der vorliegenden Benzidin-Konzentrationen in den Anwendungslösungen von Labor zu Labor unterschieden haben. Auch werden sich im Laufe der Jahre die Methoden nach dem Stand der Technik geändert haben.

Für die Bewertung der inhalativen und dermalen Exposition wurde die Modellierung gewählt, da die Umrechnung auf zum Beispiel andere Benzidin-Ausgangskonzentrationen oder die Anwendung für vergleichbare Tätigkeiten möglich sind. Die gewählten Modellierungsmodelle stellen ebenfalls eine beispielhafte Auswahl da. Folglich kann dies als eine einheitliche Vorlage zur individuellen Expositionsbewertung dienen. Für die Modellierung der inhalativen und dermalen Benzidin-Exposition sowie die Wahl der Expositionsparameter wurden möglichst realitätsnahe Abschätzungen getroffen. Diese Art einer allgemeinen Ableitung von Expositionswerten wird als ausreichend genau angesehen, da im Rahmen von Berufskrankheitenverfahren viele Expositionsparameter teils aufgrund lang zurückliegender Tätigkeitszeiträume nur noch grob oder gar nicht mehr durch Befragung der Versicherten oder der Arbeitgeberinnen und Arbeitgeber ermittelt werden können. Ebenfalls kann die Modellierung auch auf vergleichbare Tätigkeiten mit Benzidin in der Berufs- und Hochschulausbildung in den Ausbildungszweigen Chemie, Biologie und Pharmazie herangezogen werden. Die Exposition bei einzelnen Versuchen ist vernachlässigbar gering.

Für die Berechnung der Luftkonzentrationen wurde ein einfaches deterministisches Zwei-Zonen-Modell unter stationären Bedingungen gewählt, das auf Massenbilanzen basiert (Eickmann 2008). Der Dampfdruck von Benzidin mit 0,066 Pa ist sehr gering (GESTIS Stoffdatenbank). Die modelleigene Annahme wie die homogene Verteilung des Schadstoffes im Bilanzraum während der Tätigkeit, ist folglich kritisch zu hinterfragen, wenn als Bilanzraum das gesamte Labor betrachtet wird. Durch die Wahl des Zwei-Zonen-Modells wird jedoch auf den Einatembereich der Medizinischen Technologin beziehungsweise des Medizinischen Technologen als Bilanzraum fokussiert, der als Halbkugel auf ein Volumen von 0,26 m3 (r = 0,5 m) begrenzt wurde. Weiterhin wurde eine 100%ige inhalative Aufnahme vom eingeatmeten Benzidin in den Körper angenommen. Dies alles entspricht einer konservativen Abschätzung, in der Realität lagen somit niedrigere Werte vor. Die Worst-Case-Betrachtung mit realistischen Annahmen zeigt, dass die inhalative Exposition bei Tätigkeiten mit Benzidin- oder Kongorot-Lösung im medizinischen Labor im unteren Nanogrammbereich beziehungsweise überwiegend im Pikogrammbereich und teils im Femtogrammbereich liegt und damit vernachlässigbar gering ist. Die inhalative Aufnahme von Benzidin durch Partikel wurde bei der Modellierung nicht miterfasst, da sie keinen wesentlichen weiteren Beitrag zur inhalativen Exposition leistet. Benzidin-Partikel können beim Abwiegen des Pulvers und beim Ansetzen von Lösungen in die Luft gelangen. Bei der allgemein sauberen Arbeitsweise wird aber nur von einzelnen freigesetzten Partikeln ausgegangen. Benzidin-Tabletten wurden in der Lösung mit einem Stab zerdrückt, sodass eine Partikelfreisetzung nicht gegeben war (Henning 1966).

Benzidin ist hautresorptiv, mittels der Permeationsgleichung und dem Benzidin-spezifischen Permeationskoeffizienten wurde die Permeation von Benzidin durch die Haut abgeschätzt (Eickmann 2008; DGUV 2019). Damit wird der Hautkontakt mit Benzidin- oder Kongorot-Lösung durch Spritzer beziehungsweise Spritzer, die nicht direkt abgewaschen wurden, betrachtet. Der mögliche Hautkontakt mit reinem Benzidin oder Kongorot als Feststoff, der beim Ansetzen der jeweiligen Reagenzlösungen möglich ist, kann mittels der Permeationsgleichung nicht betrachtet werden. Die Feststoffpartikel auf der Haut müssten, um überhaupt in den Körper aufgenommen zu werden, durch eine Flüssigkeit wie Schweiß oder verwendetes Lösungsmittel zuvor gelöst werden. Dieser Vorgang
ist nicht anzunehmen. Die dermale Exposition war bei den unterschiedlichen Analysemethoden allgemein kleinflächig und kurzzeitig. Somit liegen abhängig von der Benzidin-Ausgangskonzentration, der benetzen Hautfläche mittels Spritzer und der Tätigkeitshäufigkeit die dermal aufgenommenen Benzidin-Mengen im Mikrogrammbereich bis im unteren Milligrammbereich bei Betrachtung eines 10-Jahres-Zeitraums (Methoden Nr. 1–3) beziehungsweise der Lebensarbeitszeit (Methoden Nr. 4–5). Die zusätzliche dermale Aufnahme von Benzidin durch gelegentliche Oberflächenkontaminationen war/ist möglich. Dies wurde bei der Modellierung nicht miterfasst, da von einer allgemein sauberen Arbeitsweise auszugehen ist und dies keinen wesentlichen weiteren Beitrag zur dermalen Exposition leisten wird.

Im Rahmen des Berufskrankheitenverfahrens für die BK 1301 sind die Expositionsverhältnisse unter anderem durch den zuständigen Präventionsdienst zu ermitteln (DGUV 2019). Die detaillierte Beschreibung der Ermittlungsergebnisse zur arbeitstechnischen Exposition ist erforderlich, da die BK 1301 zu den sogenannten „Krebs-BKen ohne beschriebene Einwirkungsdosis“ gehört (Holtstraeter 2024). Beim Vorliegen einer arbeitstechnisch relevanten Exposition gegenüber krebserzeugenden aromatischen Aminen wird die BK-1301-Matrix für die weitere Bewertung des Ursachenzusammenhangs herangezogen (Pucknat et al. 2022; Weistenhöfer et al. 2022). Bei jedem Versichertenfall ist eine tätigkeitsbezogene Ermittlung der Exposition erforderlich, soweit diese noch möglich ist. Die vorgestellten Modellierungen können zur individuellen Abschätzung genutzt werden. Bei weit zurückliegenden Tätigkeitszeiträume, wie es beispielsweise für die Durchführung der Benzidin-Probe der Fall ist, sind teils die Expositionsverhältnisse nicht mehr ermittelbar. Hierbei kann die Aussage zu einer möglichen Exposition auf Basis von Kenntnissen über vergleichbare Tätigkeiten getroffen werden. Die zuvor dargestellten Ausführungen stellen derartige Erfahrungswerte dar. Mit dem nun vorliegenden Wissen kann der Ermittlungsaufwand im Einzelfall erheblich minimiert, die Bearbeitungsdauer verkürzt und das gesamte BK-Verfahren vereinfacht werden. Ebenso erhöht sich die Qualität der Beurteilung durch Vereinheitlichung. Werden auch aktuell noch Analysen mit Benzidin oder Kongorot durchgeführt, sind geeignete präventive Maßnahme zu ergreifen, um eine Exposition auszuschließen (TRGS 526 2008). Unabhängig von der sehr geringen inhalativen Gefährdung sind lüftungstechnische Maßnahmen wie ein Laborabzug erforderlich. Ebenso ist Hautkontakt durch das Tragen geeigneter Chemikalienschutzhandschuhe zu vermeiden. Eine Aufnahme in ein Expositionsverzeichnis wie ZED ist im Einzelfall zu prüfen (TRGS 410 2015).

Schlussfolgerung

Das in diesem Artikel gesammelte Wissen und die durchgeführten Expositionsberechnungen zu den nasschemischen Analysemethoden mit möglicher Exposition gegenüber dem aromatischen Amin Benzidin oder dem Benzidin-freisetzenden Azofarbstoff Kongorot in medizinischen Laboratorien oder Pathologien kann für die retrospektive Expositionsermittlung im Rahmen der BK 1301 herangezogen werden. Das Wissen soll zudem in die Aktualisierung des BK-Reports „Aromatische Amine – Eine Hilfestellung im Berufskrankheiten-Feststellungsverfahren“ (DGUV 2019) einfließen und könnte damit hilfreiche Informationen für die in Erstellung befindliche Begutachtungsempfehlung „Schleimhautveränderung, Krebs oder andere Neubildungen der Harnwege“ liefern.

Danksagung: Das Autorenteam dankt Dr. Andreas Kleineweischede und Gerald Wanka (beide Berufsgenossenschaft Rohstoffe und chemische Industrie) für den fachlichen Austausch zur Beschreibung der Exposition in Laboratorien.

Darlegung der Autorenschaft: LA, GH – Substanzieller Beitrag bei der Konzeption, dem Design, der Durchführung, Datenerhebung, Datenanalyse oder Interpretation. LA, GH, JG – Schriftlicher Entwurf der Publikation, die kritische Durchsicht inklusive Einbringung wichtigen intellektuellen Inhalts. LA, GH, JG – Abschließende Zustimmung zur eingereichten und veröffentlichten Version des Manuskripts.

Interessenkonflikt: Die Autorinnen und Autoren geben an, dass kein Interessenkonflikt vorliegt.

Literatur

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DGUV – Deutsche Gesetzliche Unfallversicherung e. V.: BK-Report 1/2019: Aromatische Amine – Eine Arbeitshilfe in Berufskrankheiten-Feststellungsverfahren. Berlin: DGUV, 2019.

DGUV – Deutsche Gesetzliche Unfallversicherung e. V.: IFA Report 6/2020: Arbeitsbedingte Exposition gegenüber der einatembaren und der alveolengängigen Staubfraktion. Berlin: DGUV, 2020.

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Henning N: Klinische Laboratoriumsdiagnostik. 3. Aufl. München, Berlin, Wien: Urban & Schwarzenberg, 1966, S. 528–529.

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Morphisto: Sicherheitsdatenblatt „Färbelösung für Leukozyten“ (überarbeitet am 06.03.2024). 2024. https://www.morphisto.de/shop/detail/d/F%C3%A4rbel%C3%B6sung_f%C3%BCr_L… (abgerufen am 17.04.2024).

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Kontakt

Dr. rer. nat. Lea Anhäuser

Berufsgenossenschaft für Gesundheitsdienst und Wohlfahrtspflege

Abt. Arbeitsmedizin, Gefahrstoffe und Gesundheitswissenschaften (AGG)

Bereich Gefahrstoffe & Toxikologie

Bonner Straße 337, 50968 Köln

Lea.Anhaeuser@bgw-online.de

Anhang

Methodenbeschreibung: Modellierung der inhalativen und dermalen Exposition gegenüber Benzidin bei Tätigkeiten im medizinischen Labor

Für die Modellierung der inhalativen und dermalen Benzidin-Exposition im medizinischen Labor bei unterschiedlichen Analysemethoden werden die nachfolgend beschriebenen Modelle als mögliche Beispiele gewählt. Im Rahmen der Modelle werden für die Arbeitsbedingungen die zuvor genannten Angaben aus den recherchierten Analysemethoden herangezogen sowie, wenn notwendig, realistische Abschätzungen getroffen.

Inhalative Exposition

Die Berechnung erfolgt auf der Basis eines physikalisch-chemischen deterministischen Zwei-Zonen-Modells unter stationären Bedingungen, bei der die Person im Nahbereich einer Stoffquelle (near field, NF) arbeitet und dort einer gegenüber dem gesamten Labor (far field, FF) erhöhten Exposition ausgesetzt ist (Gleichung 1) (Eickmann 2008).

Die Berechnung des Massestroms (Gleichung 2) beim Umgang mit Benzidin-Lösung erfolgt nach dem Modell von Weidlich und Gmehling (Eickmann 2008) und dem Vergleich zweier Komponenten (Eickmann 2001).

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Für die Berechnung des Benzidin-Massestroms wird der Vergleich zweier Komponenten (Komponente 1 und Komponente 2) herangezogen. Die Benzidin-Lösung ist dabei Komponente 1 und Diethylether als Reinstoff Komponente 2 (bekannte Vergleichskomponente). Folgende Vereinfachung (Gleichungen 3 und 4) ergibt sich durch Streichung von Konstanten und der Näherung, dass die Diffusionskoeffizienten vernachlässigt werden können (Eickmann 2001).

Die Labortätigkeiten mit unterschiedlichsten Benzidin-Lösungen werden im Reagenzglas oder in anderen kleinen Glasgefäßen durchgeführt. Die Flüssigkeitsoberfläche, an der eine Verdunstung stattfinden kann, ist klein. Sie wird mit 10 cm2 abgeschätzt.

Der Luftvolumenstrom im NF V. NF wird mittels Gleichung 5 zu 282,74 m3/h bestimmt. Die Form des NF-Bilanzraums entspricht einer Halbkugel mit der Stoffquelle in der Mitte und dem Einatembereich des Beschäftigten in der Kugelhülle. Der Radius der Halbkugel wird mit r = 0,5 m und die Luftgeschwindigkeit mit vL= 0,1 m/s angenommen.

Der Luftvolumenstrom im FF (V. FF) wird mittels Gleichung 6 zu
50 m3/h bestimmt. Für den gesamten Arbeitsraumes in dem medizinischen Labor wird als Volumen V= 25 m3 (4 m × 2,5 m × 2,5 m) und als Luftwechselzahl λ= 0,5 /h mit einer schlechten natürlichen Lüftung (kein Arbeiten unter dem Abzug) angenommen.

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Dermale Exposition – Permeationsmodell

Gelangt eine Substanz auf die Haut, kann sie grundsätzlich auch in den Körper penetrieren. Kommt beispielsweise ein Spritzer einer Lösung mit gelöstem Benzidin auf die Haut – und wird dieser nicht direkt abgewaschen – kann die Diffusion der Substanz durch die Haut beginnen. Die Berechnung der dermalen Exposition erfolgt auf der Basis der Permeationsgleichung (Gleichung 7) (Eickmann 2008).

Die Berechnung des Hautpermeationskoeffizienten für Benzidin erfolgt nach dem durch Wilschut et al. überarbeiteten und empfohlenen Modell von Robinson (Gleichung 8) (Wilschut et al. 1995).

Die Größe der durch Spritzer benetzten Hautfläche wird für einen einzelnen Spritzer mit 0,0625 cm2 (Größe eines Spritzers (1 µL) auf der Fläche ca. 2,5 mm x 2,5 mm) und für mehrere Spritzer mit 1 cm2 abgeschätzt. Es wird angenommen, dass bei jeder zweiten Analyse ein (0,0625 cm2) oder mehrere Spritzer (1 cm2) auf die Haut gelangen. Bei der Kongorot-Probe in der Pathologie (Nr. 5) wird nur eine Färbung pro Tag durchgeführt, hierbei wird angenommen, dass pro Analyse ein oder mehrere Spritzer auf die Haut gelangen.

Literatur

Eickmann U: BIA-Report 3/2001 Berechnungsverfahren und Modellbildung in der Arbeitsbereichsanalyse. St. Augustin, Hauptverband der gewerblichen Berufsgenossenschaften, 2001, S. 71–78.

Eickmann U: Methoden der Ermittlung und Bewertung chemischer Expositionen an Arbeitsplätzen. Landsberg/Lech: Verlagsgruppe Hüthig Jehle Rehm, ecomed MEDIZIN, 2008, S. 146–150, 162–168, 228–229, 233–235.

Wilschut A, Ten Berge WF, Robinson PJ,Mckone TE: Estimating skin permeation. The validation of five mathematical skin permeation models. Chemosphere 1995; 30: 1275–1296.

Online-Quellen

GESTIS Stoffdatenbank
https://gestis.dguv.de/

U. S. EPA: Benzidine. 2000
https://19january2017snapshot.epa.gov/sites/production/files/2016-09/do…