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Zur Frage der Strahlenbelastung der Augenlinse bei unfallchirurgischen Operationen

H.-C. Apelmann1

B. Kowald2

K. Seide1,2

N. Weinrich2

H. Martens3

Ch. Jürgens1

(eingegangen am 30.07.2019, angenommen am 10.09.2019)

The question of radiation exposure of the eye lens ­during trauma surgery

Introduction: Radiobiological and epidemiological findings indicated that the risk of cataract after exposure to ionizing radiation had been underestimated, whereupon a law was passed at the end of 2018 to drastically reduce the dose limit for the eye lens from 150 mSv per year to 20 mSv per year. As a result, a prospective investigation into the actual radiation exposure of the eye lens by radiological imaging procedures at the surgical site during trauma surgery in the daily work process was carried out at the BG Klinikum Hamburg. This was also needed because, as experience shows, changes in surgical techniques also bring changes in the use of radiological procedures, and an up-to-date inventory can thus provide valuable information for the assessment of occupationally induced radiation exposure of surgical personnel under current conditions.

Methods: The radiation exposure of the eye lens was measured over three months for 5 trauma surgeons, 4 hand surgeons and 4 surgical assistants with personalized LPS-TLD-TD 07 partial body dosimeters Hp (0.07). A reference dosimeter was deposited at the repository. The dosimeters were handed over to the LPS measuring institute (National Institute for Personal Dosimetry and Radiation Protection Training, Berlin) for evaluation. The duration of surgery, occupation (assistant, surgeon, etc.), type of surgery (procedure, diagnosis), designation of the X-ray unit, total fluoroscopy time per operation and dose area product per operation were documented.

Results: Neither the evaluation of the dosimeters of the trauma surgeons nor the evaluation of the dosimeters of the hand surgeons and the surgical assistants revealed any significant radiation exposure of the eye lens. Despite the drastic reduction in the limit for the eye lens dose from 150 mSv per year to 20 mSv per year, the limit for orthopaedic, trauma and hand surgery operations is well below in the present setting.

Conclusions: Due to the stochastic risk of cataract formation, the wearing of X-ray goggles should nevertheless be considered as worthwhile.

Keywords: eye lens dose – eye dosimetry – fracture – C-arm x-ray – trauma surgeon – hand surgeon

Zur Frage der Strahlenbelastung der Augenlinse bei ­unfallchirurgischen Operationen

Einleitung: Strahlenbiologische und -epidemiologische Erkenntnisse wiesen darauf hin, dass das Kataraktrisiko nach Einwirkung ionisierender Strahlung bisher unterschätzt wurde, woraufhin Ende 2018 eine drastische Reduzierung des Grenzwerts für die Augenlinsendosis von 150 mSv pro Jahr auf 20 mSv pro Jahr per Gesetz erfolgte. Aufgrunddessen fand am BG Klinikum Hamburg eine prospektive Untersuchung der tatsächlichen Strahlenbelastung der Augenlinse durch radiologische Bildgebungsverfahren am OP-Arbeitsplatz bei unfallchirurgischen Eingriffen im täglichen Arbeitsprozess statt. Dies war auch deshalb geboten, da sich erfahrungsgemäß mit Änderungen der operativen Techniken auch Änderungen in der Nutzung radiologischer Verfahren ergeben und somit eine aktuelle Bestandaufnahme wertvolle Hinweise für die Bewertung der beruflich bedingten Strahlenexposition von OP-Personal unter den jetzigen Rahmenbedingungen geben kann.

Methode: Gemessen wurde die Strahlenbelastung der Augenlinse über jeweils 3 Monate bei 5 Unfallchirurgen, 4 Handchirurgen und 4 operationstechnischen Assistenten mit personalisierten Teilkörperdosimetern Hp(0,07) der Marke LPS-TLD-TD 07. Ein Referenzdosimeter wurde am Aufbewahrungsort deponiert. Die Dosimeter wurden zur Auswertung der Messstelle LPS (Landesanstalt für Personendosimetrie und Strahlenschutzausbildung, Berlin) übergeben. Zur Erfassung kamen OP-Dauer, Tätigkeit (Assistenz, Operateur usw.), OP-Art (Prozedur, Diagnose), Bezeichnung der Röntgenanlage, Gesamtdurchleuchtungsdauer pro OP sowie Dosisflächenprodukt pro OP.

Ergebnisse: Weder die Auswertung der Dosimeter bei den Unfallchirurgen noch die Auswertung der Dosimeter bei den Handchirurgen und der Operationstechnischen Assistenten ergaben nennenswerte Strahlenbelastungen der Augenlinse. Trotz der drastischen Reduzierung des Grenzwertes für die Augenlinsendosis von 150 mSv pro Jahr auf 20 mSv pro Jahr wird der Grenzwert bei orthopädischen, unfall- und handchirurgischen Operationen im vorliegenden Setting deutlich unterschritten.

Schlussfolgerungen: Durch das stochastische Risiko einer Kataraktbildung sollte dennoch das Tragen von Röntgenschutzbrillen als anstrebenswert erachtet werden.

Schlüsselwörter: Augenlinsendosis – Augenlinsendosimeter – Fraktur – C-Bogen – Unfallchirurg –Handchirurg

Einleitung

Die im Jahre 2014 veröffentlichte Richtlinie 2013/59/EURATOM des Rates der europäischen Union sieht eine deutliche Reduzierung des Grenzwertes der Organdosis für die Augenlinse bei beruflicher Strahlenexposition von bisher 150 mSv/Jahr auf 20 mSv/Jahr vor. Die Richtlinie wurde in Form der Strahlenschutzverordnung (StrlSchV) im November 2018 in nationales Recht umgesetzt. Während zuvor gemäß Röntgenverordnung (RöV) noch 150 mSv pro Jahr als oberster Dosisgrenzwert für die Augenlinse beruflich strahlenexponierter Personen zulässig waren, gelten ab 31.12.2018 Dosisgrenzwerte von 20 mSv pro Jahr bzw. von 100 mSv in fünf Jahren, wobei im letzteren Fall allerdings 50 mSv pro Jahr nicht überschritten werden dürfen. Hiermit werden Empfehlungen der Internationalen Strahlenschutzkommission (ICRP) von 2012 umgesetzt. Hintergrund waren neue strahlenbiologische und -epidemiologische Erkenntnisse, die darauf hinwiesen, dass das Kataraktrisiko nach Einwirkung ionisierter Strahlung bisher unterschätzt wurde.

Bis zu diesem Zeitpunkt ging man davon aus, dass die Katarakt eindeutig ein deterministischer Effekt ist mit Schwellendosen von 0,5–2 Gy nach akuter Exposition und 5–6 Gy nach Langzeitexposition (ICRP 2007; SSK 2009). An diesen Grenzwerten orientierte sich auch der bisherige Grenzwert von 150 mSv/Jahr. Aktuellere Studien haben jedoch gezeigt, dass es keine sichere Schwellendosis gibt (SSK 2009) und unterhalb von 100 mGy konkrete Verdachtsfälle existieren (Little 2018; Riemer 2019).

In den letzten Jahren wurde eine Vielzahl von Studien zur Strahlenbelastung durch radiologische Bildgebungsverfahren von operativ tätigem medizinischem Personal veröffentlicht. Der größte Anteil bezog sich auf die interventionelle Kardiologie und Gastroenterologie, während für orthopädische und unfallchirurgische Eingriffe deutlich weniger Studien zu notieren sind (Kim 2012). Wird nun die Datenlage auf die Betrachtung der Strahlenbelastung der Augenlinsendosis bei unfallchirurgischen/orthopädischen Eingriffen eingeschränkt, so zeigt sich – vor allem vor dem Hintergrund des reduzierten Grenzwertes auf 20 mSv/Jahr – eine defizitäre Datenlage (König 2010).

In einem Review von Kesavachandran et al. (2012) werden auf Grundlage von 42 Artikeln, die im Zeitraum von 1980 bis 2011 identifiziert wurden, bisher veröffentliche Messdaten zur jährlichen und OP-spezifischen Strahlenbelastung der Augenlinse für orthopädisches/unfallchirurgisches OP-Personal systematisch dargestellt und diskutiert. Die Autoren stellen fest, dass ein erheblicher Unterschied der mittleren kumulativen Strahlendosis zwischen offenen und minimal-invasiv durchgeführten Eingriffen festzustellen ist, insgesamt allerdings eine hohe Variation in den gemessenen und veröffentlichten Strahlendosen beobachtet werden kann. Persönliche Schutzausrüstung spielt eine wichtige Rolle, um die Strahlenbelastung der Augenlinse zu reduzieren. Die Autoren schließen, dass tiefer gehende Studien im Hinblick auf die beobachteten Variationen notwendig sind (Kesavachandran et al. 2012).

Strohmaier et al. zeigten 2017, dass zwischen der gemessenen Augenlinsendosis und dem jeweils applizierten Dosisflächenprodukt keine Korrelation festgestellt werden kann. Hier sind viele weitere Einflussfaktoren (Position des Personals während des Eingriffs, Körpergröße, Erfahrung, der Patient als Streukörper usw.) so miteinander verzahnt, dass die Abschätzung der Augenlinsendosis über eine einfache Korrelation nicht möglich ist. Die Studie zeigte zudem, dass die ausliegenden Strahlenschutzbrillen aufgrund des Gewichtes und der impraktikablen Handhabung von den Probanden – bis auf wenige Ausnahmen – nicht genutzt wurden. Es wird daher für den medizinischen Bereich eine Sensibilisierung des medizinischen Personals bezüglich der Strahlenexposition empfohlen. Selbstkritisch beschreiben die Autoren, dass in der Orthopädie und Unfallchirurgie ein wesentlicher Teil des medizinischen Personals, das perioperative Bildgebungsverfahren nutzt, nicht berücksichtigt wurde (Strohmaier et al. 2017).

Vor diesem Hintergrund stellt sich die Frage, inwieweit der zukünftige Dosisgrenzwert bei unfallchirurgischen Eingriffen im Berufsalltag des OP-Personals eingehalten wird oder ob eine stärkere Betonung präventiver Maßnahmen erforderlich sein wird.

Material und Methoden

Zwischen Februar und Oktober 2018 wurden 5 Unfallchirurgen, 5 Handchirurgen und 5 operationstechnische Assistenten des BG Klinikums Hamburg in die prospektive Studie eingeschlossen. Die Messung der Strahlenbelastung der Augenlinse erfolgte mit personalisierten Teilkörperdosimetern Hp(0,07) der Marke LPS-TLD-TD 07 (Hersteller: Thermo Fisher Scientific). Das Dosimeter wurde mittels Stirnband fixiert und oberhalb der Augen (➥ Abb. 1) über einen Zeitraum von 3 Monaten getragen. Die Probanden trugen das Dosimeter durchgehend während des Aufenthalts im Operationsbereich. Ein Referenzdosimeter wurde am Aufbewahrungsort deponiert. Die Dosimeter wurden zur Auswertung an die Messstelle LPS (Landesanstalt für Personendosimetrie und Strahlenschutzausbildung, Berlin) geschickt.

Aus dem Krankenhausinformationssystem wurden OP-Dauer, Tätigkeit (Assistenz, Operateur, operationstechnische Assistenz), OP-Art (Prozedur, Diagnose), Bezeichnung der Röntgenanlage, Gesamtdurchleuchtungsdauer pro OP sowie Dosisflächenprodukt pro OP erfasst.

Ergebnisse

Im Untersuchungszeitraum wurden insgesamt 1.100 Operationen von den beteiligten Probanden durchgeführt, davon 655 Operationen mit radiologischen Bildgebungsverfahren.

Sowohl die Auswertung der Dosimeter bei den Unfallchirurgen als auch die Auswertung der Dosimeter bei den Handchirurgen und den operationstechnischen Assistenten ergaben keine nennenswerten Strahlenbelastungen der Augenlinse im Vergleich zum Referenzdosimeter (➥ Abb. 2).

Abb. 2:  Vergleich der Augenlinsendosis der verschiedenen Abteilungen jeweils als Bruttowert (gemessene Augenlinsendosis vor Abzug des Nulleffekts) und Nettowert (gemessene Augenlinsendosis nach Abzug Nulleffekt), dargestellt als Boxplot. Median (mittlere Linie der Box) und Quartile (Box), Mittelwert (Raute), Minimum (untere Begrenzung), Maximum (obere Begrenzung). Erstellt mit Software SAS®Fig. 2: Comparison of the eye lens dose of the various departments, each as a gross value (measured dose of the eye lens before deduction of the zero effect) and net value (measured dose of the eye lens after deduction of the zero effect), shown as a box plot. Median (middle line of the box) and quartile (box), mean (rhomb), minimum (lower limit), maximum (upper limit). Created with software SAS®®
Abb. 2: Vergleich der Augenlinsendosis der verschiedenen Abteilungen jeweils als Bruttowert (gemessene Augenlinsendosis vor Abzug des Nulleffekts) und Nettowert (gemessene Augenlinsendosis nach Abzug Nulleffekt), dargestellt als Boxplot. Median (mittlere Linie der Box) und Quartile (Box), Mittelwert (Raute),
Minimum (untere Begrenzung), Maximum (obere Begrenzung). Erstellt mit Software SAS®
Fig. 2: Comparison of the eye lens dose of the various departments, each as a gross value (measured dose of the eye lens before deduction of the zero effect) and net value (measured dose of the eye lens after deduction of the zero effect), shown as a box plot. Median (middle line of the box) and quartile (box), mean (rhomb), minimum (lower limit), maximum (upper limit). Created with software SAS®®

Diskussion

Bei 655 Operationen der Studie kam es zur Verwendung von intraoperativer Röntgendiagnostik. Die Durchleuchtungsdauer variierte im Mittel zwischen 19 und 49 Sekunden (➥ Tabelle 1). Zudem zeigten sich maximale Dosisflächenprodukte bei Brustwirbelfrakturen von 4,6 Gy*cm², gefolgt von Lendenwirbelfrakturen mit 3 Gy*cm² und Femurfrakturen von 1,8 Gy*cm² (➥ Abb. 3). Trotz der Durchleuchtungszeit und der teilweise hohen applizierten Strahlendosis konnte im Vergleich zum Referenzdosimeter keine erhöhte Strahlendosis für die Augenlinse detektiert werden. Dies lässt vermuten, dass die individuellen Verhaltensweisen der Operateure und operationstechnischen Assistenten am BG Klinikum Hamburg in Bezug auf die Einhaltung der Strahlenschutzmaßnahmen effizient sind.

Tabelle 1:  Statistische Kennwerte von Durchleuchtungsdauer, Dosisflächenprodukt und OperationsdauerTable 1: Statistical characteristics of fluoroscopy time, dose area product and duration of surgery
Tabelle 1: Statistische Kennwerte von Durchleuchtungsdauer, Dosisflächenprodukt und Operationsdauer
Table 1: Statistical characteristics of fluoroscopy time, dose area product and duration of surgery
Abb. 3: Maximales Dosisflächenprodukt nach jeweils häufigster Frakturart bei operationstechnischen Assistenten, Handchirurgen und Unfallchirurgen
Fig. 3: Maximum dose area product according to the most common fracture type among surgical assistants, hand surgeons and trauma surgeons

Entsprechend Angaben in der Literatur unterliegt medizinisches Personal, explizit operativ tätiges Personal, das perioperativ einer Strahlenbelastung durch Röntgenstrahlen ausgesetzt ist, einem deutlich erhöhten Risiko, einen strahleninduzierten Katarakt zu erleiden. Aus diesem Grund wurde der Grenzwert für die Augenlinse im Jahr 2018 von 150 mSv/Jahr drastisch auf 20 mSv/Jahr gesenkt.

Die Untersuchungen zu Beginn der Nutzung von intraoperativer Röntgendiagnostik (von Nichtradiologen durchgeführte Bildgebungsverfahren) haben gezeigt, dass hohe Strahlendosen an den Patienten und das medizinische Personal abgegeben werden, so dass sofortige oder langfristig radiogene Effekte verursacht werden können (Wahl u. Ewen 1977; Miller 1983). Seit der Einführung des ersten C-Bogens 1955 hat sich nicht nur die Technologie rapide weiterentwickelt. Durch automatische Dosisleistungsregelung, Begrenzung der Dosisleistung, gepulste Durchleuchtung, verbesserte Detektionstechnik mit Nutzstrahlbegrenzung auf Bildverstärkerdurchmesser und digitale Bildverarbeitung konnte in den letzten Jahren die applizierte Dosis bei gleichzeitig verbesserter Bildqualität deutlich reduziert werden. Gleichzeitig wurde auf das Thema Strahlenschutz, vor allem bei operativ tätigem Personal, schon zu Beginn der Ausbildung deutlich mehr Augenmerk gelegt (Fachkunde Strahlenschutz). Beim Strahlenschutz können bauliche von apparativen und personell-operationellen Maßnahmen unterschieden werden. Bei Anwendung klassischer C-Bögen im OP finden sich im Vergleich zu den fixen Durchleuchtungsanlagen radiologischer Einheiten hinsichtlich des Strahlenschutzes schwierigere Bedingungen: Wenig geräteeigene Abschirmungen, kein räumlich begrenzter Kontrollbereich, keine baulichen Schutzmaßnahmen für das OP-Personal, geringer Abstand zwischen Untersucher und Patient, oft Obertischanordnung der Strahlenquelle und lange Durchleuchtungszeiten. Daher wurden hier im Besonderen die personell-operationellen Schutzmaßnahmen als Schwerpunkt zur Prophylaxe von Strahlenschäden optimiert. In Bezug auf die Durchleuchtungsdauer kann durch die Nutzung einer Intervall-Impuls-Durchleuchtung sowie der Last-image-Hold-Technologie diese perioperativ deutlich reduziert werden. Zudem werden durch die Laser-Zielvorrichtung bei modernen C-Bögen Orientierungsdurchleuchtungen stark reduziert.

In diversen Studien konnte gezeigt werden, dass neben einer Minimierung der Durchleuchtungszeit vor allem ein großer Abstand zur Strahlenquelle den effektivsten Schutz darstellt, da ein weiterer entscheidender Punkt des Strahlenschutzes die Einhaltung des quadratischen Abstandsgesetzes ist: Die Dosis reduziert sich quadratisch mit dem Abstand von der Strahlenquelle.

Lange Zeit wurde die Übertischposition der Strahlenquelle im OP als die bessere angesehen, zumal dadurch auch die Arbeitshöhe der Operateure gewährleistet blieb. Moderne neue Flachdetektorbildwandler können deutlich Platz sparender sein und somit das Problem der Arbeitshöhe bei Untertischposition lösen. Doch nicht nur die a.p.-Orientierung des C-Bogens spielt eine entscheidende Rolle, sondern auch die Positionierung im lateralen Strahlengang. Rampersaud et al. (2000) evaluierten, dass die Dosis am Torso des Chirurgen bei Wirbelsäulenoperationen bei seitlicher Einstellung des C-Bogens, insbesondere auf der Seite der Röntgenquelle, sehr hoch sein kann. Auf der Seite des Detektors, also in Strahlungsrichtung, ist die Dosis hingegen um ein Vielfaches geringer (53,3 vs. 0,022 mSv/min).

Die operativen Eingriffe an der Wirbelsäule mit einem mittleren Dosisflächenprodukt von 1,95 Gy*cm² pro Eingriff stellen auch in unserem Haus, wie bereits in vorangegangen Studien beschrieben (Wahl u. Ewen 1977; Fuchs et al. 1998, 1999; König 2010; Mariscalco 2011), die mit Abstand höchste Strahlenbelastung dar. Limitierend muss konstatiert werden, dass trotz der hohen Zahl der ausgewerteten Operationen, bei denen intraoperativ nativradiologische Bildgebungsverfahren verwendet wurden, die Wirbelsäuleneingriffe mit 3% nur einen relativ geringen Prozentsatz darstellen. Dies ist sicher dem operativen Portfolio unseres Hauses als maximalversorgendes, überregionales Traumazentrum geschuldet. Für kleinere Kliniken, bei denen der Prozentsatz von alterstraumatologischen oder elektiven minimal-invasiven Wirbelsäuleneingriffen deutlich höher ist, wird somit auch die Strahlenbelastung der Operateure und operationstechnischen Assistenten deutlich erhöht sein. Umso wichtiger sollte somit für diesen Fachbereich die strenge Einhaltung der Strahlenschutzmaßnahmen sein.

Hier wäre es sicherlich sinnvoll, in einer weiteren Untersuchung dezidiert die Strahlenbelastung der Augenlinse bei Wirbelsäuleneingriffen zu untersuchen.

Schlussfolgerung

Abschließend kann somit festgestellt werden, dass hauptsächlich die individuellen Strahlenschutzmaßnahmen der Probanden dazu geführt haben, die gemessene Augenlinsendosis auf ein absolutes Minimum zu reduzieren. Die untersuchten Probanden und Operationen stellen ein gemischtes Kollektiv dar, das sich auf andere an der Notfallversorgung teilnehmende Krankenhäuser übertragen lässt. Es zeigt sich, dass auch der neue Grenzwert von 20 mSv/Jahr deutlich unterschritten wird und sich durch den neuen Grenzwert zumindest in unserem Haus kein zusätzlicher Handlungsbedarf ergibt. Durch das stochastische Risiko einer Kataraktbildung sollte dennoch das Tragen von Röntgenschutzbrillen als anstrebenswert erachtet werden.

Eine Einschränkung könnte in besonderen Fällen jedoch gegeben sein. Hier spielen vor allem die operativen Eingriffe an der Wirbelsäule eine entscheidende Rolle.

Danksagung: Diese Arbeit wurde mit Mitteln der Berufsgenossenschaft für Gesundheitsdienst und Wohlfahrtspflege (BGW) gefördert.

Interessenkonflikt: Für alle Autoren besteht kein Interessenkonflikt.

Literatur

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Kim KP, Miller DL, Berrington de Gonzalez A, Balter S, Kleinerman RA, Ostroumova E, Simon SL, Linet MS: Occupational radiation doses to operators performing fluoroscopically-guided procedures. Health Phys 2012; 103: 80–99

König B, Freude T, Müller B, Renker F, Figel M, Stöckle U: Lokalisations-bezogene Strahlenbelastung für Unfallchirurgen im OP – prospektive Auswertung separater Einzelmessungen für Augen, Hände und Streustrahlung. Meeting Abstract. Deutscher Kongress für Orthopädie und Unfallchirurgie. Berlin, 26.–29.10.2010. Düsseldorf: German Medical Science GMS Publishing House, 2010. DocWI29-1384. https://www.egms.de/static/en/meetings/dkou2010/10dkou291.shtml (zuletzt abgerufen am: 26.07.2019).

Little MP, Kitahara CM, Cahoon EK et al.: Occupational radiation exposure and risk of cataract incidence in a cohort of US radiologic technologists. Eur J Epidemiol 2018; 33: 1179–1191.

Mariscalco MW, Yamashita T, Steinmetz MP, Krishnaney AA, Lieberman IH, Mroz TE: Radiation exposure to the surgeon during open lumbar microdiscectomy and minimally invasive microdiscectomy: a prospective, controlled trial.. Spine (Phila Pa 1976) 2011; 36: 255–260

Miller ME, Davis ML, MacClean CR, Davis JG, Smith BL, Humphries JR: Radiation exposure and associated risks to operating-room personnel during use of fluoroscopic guidance for selected orthopaedic surgical procedures. J Bone Joint Surg Am 1983; 65: 1–4.

Rampersaud YR, Foley KT, Shen AC, Williams S, Solomito M: Radiation exposure to the spine surgeon during fluoroscopically assisted pedicle screw insertion. Spine (Phila Pa 1976) 2000; 25: 2637–2645.

Riemer A: Computertomografie für MTRA/RT. 2. Aufl. Stuttgart: Thieme, 2019.

SSK (Strahlenschutzkommission): Strahleninduzierte Katarakte. Empfehlung der Strahlenschutzkommission, verabschiedet in der 234. Sitzung der SSK am 14.05.2009, BAnz Nr. 180a vom 27.11.2009.

Strohmaier J, Naber C: Untersuchungen zur Strahlenexposition der Augenlinse von beruflich strahlenexponiertem Personal. Abschlussbericht BfS-Vorhaben (FKZ): 3613S40011. Karlsruher Institut für Technologie, 2017. https://www.bmu.de/fileadmin/Daten_BMU/Pools/Forschungsdatenbank/fkz_36… (zuletzt abgerufen am: 26.07.2019).

Wahl HG, Ewen K: Strahlenbelastung bei unfallchirurgischen Operationen. Langenbecks Arch Chiv 1977; 345: 607–608.

Für die Autoren

Hans-Christian Apelmann

BG Klinikum Hamburg

Bergedorfer Straße 10

21033 Hamburg

christian.apelmann@web.de