Reinigung im Krankenhaus an der Schnittstelle zwischen Arbeitssicherheit und HygieneBefunde zu Handhygiene und Hautschutz
Ziel: Reinigung wird häufig nur als Hilfsdienst für das Kerngeschäft angesehen, weshalb Reinigungskräfte oft nur geringes gesellschaftliches Ansehen genießen. Ihren Arbeitsbedingungen wird meist wenig Aufmerksamkeit geschenkt. Die Arbeit birgt jedoch – vor allem im Krankenhaus – hohe Gefährdungen. Die vorliegende Befragung untersucht Gefährdungen an der Schnittstelle zur Hygiene bei Reinigungskräften im Krankenhaus. Dies erfolgt in Bezug auf das Wissen um richtige Verfahrensweisen in der Reinigung und den dabei erforderlichen Selbstschutz.
Kollektiv und Methode: Mit Hilfe eines Online-Fragebogens wurden 212 Reinigungskräfte in 25 Krankenhäusern nach ihren Arbeitsbedingungen befragt. Der Fragebogen wurde in acht Sprachen vorgelegt. Mit einer Begehung in neun Fällen sollten die Angaben der Befragten validiert werden.
Ergebnisse: Reinigungskräfte wissen nur teilweise über richtige Vorgehensweisen und die Gefährdungen im Krankenhaus Bescheid. Wenig Wissen besteht über die Wirkung von Reinigung und Desinfektion, über Gefahrensymbole und Schutzhandschuhe. Die wenigen Beobachtungen unterstützen die Daten der Befragung.
Schlussfolgerungen: Die Befragung kann nur eingeschränkt Auskunft über die Arbeit der Reinigungskräfte geben, weitere Erhebungsmethoden – idealerweise Beobachtungen – müssen die Daten ergänzen. Deutlich wird allerdings, dass Reinigungskräfte im Krankenhaus mehr Ausbildung benötigen, um ihre Arbeit gut und sicher ausüben zu können.
Schlüsselwörter: Reinigung – Krankenhaus – Arbeitsschutz – Hygiene
Hospital cleaning at the interface of occupational safety and hygiene Findings on hand hygiene and skin protection
Aim: Cleaning is often considered merely as an auxiliary service supporting the core business: for this reason, cleaning staff are often held in low social regard. Little attention is paid to their working conditions. Their work – particularly in hospitals – is highly hazardous. This survey investigates the hazards at the interface of hygiene and occupational safety amongst hospital cleaning staff. This is done in relation to the knowledge of correct practices when cleaning and the necessary self-protection.
Collective and method: Using an online questionnaire, 212 cleaning staff in 25 hospitals were questioned on matters concerning their working conditions. The questionnaire was presented in eight languages. In nine cases, on-site observations were carried out to validate the participants’ statements.
Results: Cleaning staff are only partially aware of correct practices and hazards in hospitals. There is also a low level of knowledge concerning the impact of cleaning and disinfection, hazard symbols and the use of protective gloves. The limited number of observations supported the data presented by the questionnaire.
Conclusions: The survey can only deliver limited insights into the work of cleaning staff. Other survey methodology – ideally observation – must be deployed to supply more valid data. One point is, however, clear: cleaning staff in hospitals require more training to carry out their work well and safely.
Keywords: cleaning – hospital – occupational safety – hygiene
ASU Arbeitsmed Sozialmed Umweltmed 2018; 53: 256–263
doi: 10.17147/ASU.2018-04-05-03
Einleitung
Reinigung und Desinfektion als zentrale Dienstleistung
Reinigung wird oft nur als ein Hilfsdienst für das Kerngeschäft angesehen, weshalb Reinigungskräfte selten ein hohes gesellschaftliches Ansehen genießen (EU-OSHA 2009; EFCI 2012). Eine Reihe von Studien hat allerdings die Bedeutung klinischer Reinigung und Desinfektion für die Prävention von nosokomialen Infektionen deutlich gemacht: Belegen Patienten Stationszimmer, die vorher von ihren (entlassenen oder verlegten) Zimmervorgängern mit Erregern (z. B. Vancomycin-resistenten Enterokokken, den Bakterien Clostridium difficile, Acinetobacter baumannii, MRSA) verunreinigt waren, stieg das Risiko für Neuankömmlinge um 73 %, sich mit diesen Keimen zu infizieren (Carling et al. 2010). Litwin et al. (2016) berichten, dass in US-amerikanischen Krankenhäusern einer von 25 Patienten eine nosokomiale Infektion erleidet und errechnen, dass in Krankenhäuser mit externen Reinigungsunternehmen höhere Infektionsraten mit Clostridium difficile als in Krankenhäusern mit Inhouse-Reinigung vorkommen. Sie führen dies darauf zurück, dass Outsourcing mit geringerer Qualifizierung der Reinigungskräfte und geringerer Einbindung der Dienstleistung in das Krankenhaus einhergeht.
Bei Reinigungskräften im Krankenhaus sind Selbstschutz (Arbeitssicherheit) und Fremdschutz (Patientensicherheit) eng verbunden. In der vorliegenden Arbeit werden daher die Kompetenzen der Reinigungskräfte in Bezug auf Arbeitssicherheit und Hygiene gemeinsam betrachtet. Dabei stehen Wissen um Übertragung von Krankheitserregern, Desinfektion und Hautschutz im Vordergrund. Zudem werden typische Verhaltensweisen erhoben.
Formale Qualifikationsanforderungen an Reinigungskräfte sind gering
Reinigungskräfte arbeiten sehr häufig als angelernte Mitarbeitende, ohne eine formale Ausbildung in der Gebäudereinigung abgeschlossen zu haben. Etwa 40 % des eingestellten Personals haben eine Berufsausbildung, aber nur wenige haben die Ausbildung als Gebäudereiniger absolviert (Gather et al. 2005). Fertigkeiten in der Reinigung basieren auf manuell-technischen Abläufen und können daher vorwiegend visuell erlernt und verinnerlicht werden (Goggins 2007). Die Branche bietet für Ungelernte eine vergleichsweise hohe tarifliche Entlohnung und ist daher sowohl für Quereinsteiger als auch für Personen mit Migrationshintergrund anziehend (Eigenstetter et al. 2016). In der Reinigung wird europaweit der Anteil der Beschäftigten mit Migrationshintergrund auf mindestens 30 % geschätzt (EU-OSHA 2009; EFCI 2012).
Hohe Anforderungen an die Qualifikation der Reinigungskräfte in der Krankenhausreinigung
Die Anforderungen an Wissen und Können der Reinigungskräfte in Krankenhäusern sind hoch. Für Sicherheit und Hygiene relevante Instruktionen bzw. Informationen müssen beachtet werden: z. B. die Vorgaben zur Händedesinfektion in Gesundheitseinrichtungen (KRINKO 2016), Infektionsrisiken in speziellen Räumen oder Änderungen zu bestehenden Hygieneplänen oder -maßnahmen. Basis sind neben dem Arbeitsschutzgesetz die Biostoffverordnung (BioStoffV), die technischen Regeln TRBA 250, TRBA 400 und TRBA 500 sowie das Infektionsschutzgesetz (IfSG), die Empfehlungen des Robert Koch-Instituts (RKI) und der Deutschen Gesellschaft für Krankenhaushygiene (DGKH) sowie weitere bereichsrelevante Verordnungen.
Für Arbeiten auf einer Normalstation sind für den Eigenschutz bei biologischen Stoffen im Normalfall Schutzmaßnahmen der Stufe 1 und bei Isolierzimmern auch der Stufe 2 zu beachten (TRBA 250). Um sich gegen Gefährdungen durch Reinigungs- und Desinfektionsmittel zu schützen, sollten Reinigungskräfte Gefahrstoffsymbole kennen und wissen, dass nur angemessene, gegenüber den Reinigungs- und Desinfektionsmitteln flüssigkeitsdichte, mechanisch stabile Schutzhandschuhe mit längerem Schaft zum Stulpen den nötigen Schutz bieten, wenn längere Zeit mit Reinigungs- und Desinfektionsmittel gearbeitet wird (AWMF 2011; Weber 2017). Im Rahmen einer umfangreichen Studie zur Compliance in der Reinigung und Desinfektion, die auf Beobachtungsdaten in ca. 80 deutschen Krankenhäusern beruht, wurde festgestellt, dass beim Reinigen des Sanitärbereichs die Handschuhdesinfektion bzw. der Handschuhwechsel praktisch nie korrekt durchgeführt wurde (Kröcker 2015). Insgesamt ist die Datenlage zu den Arbeitsbedingungen der Reinigungskräfte mit den möglichen Auswirkungen auf Selbstschutz und Patientensicherheit schlecht.
Fragestellung
Da auf den Krankenstationen ein Zimmer nach dem anderen gereinigt und desinfiziert wird, besteht nicht nur die Gefahr, sich selbst zu kontaminieren, sondern auch die Gefahr einer möglichen Übertragung von Krankheitserregern in andere Räume. Neben der gewissenhaften Einhaltung von Hygieneplänen dürfte ein grundlegendes Verständnis über Wesen von Krankheitserregern und wie deren Übertragung durch Reinigung und Desinfektion verhindert werden kann eine Voraussetzung für den Selbstschutz der Reinigungskräfte, aber auch der Patientensicherheit sein. In dieser Arbeit wird daher folgenden Fragen nachgegangen:
- Inwieweit kennen Reinigungskräfte auftretende krankenhaustypische Gefährdungen für sich und andere und setzen hygienische Vorschriften in ihrer täglichen Arbeit korrekt um?
- Bestehen Unterschiede im Wissen und selbstberichteten Verhalten in Bezug auf unterschiedliche Altersklassen, Beschäftigungsdauern beim derzeitigen Arbeitgeber oder anderen demografischen Variablen der Reinigungskräfte?
- Welche Maßnahmen zum Hautschutz werden umgesetzt? In welchem Zusammenhang stehen sie mit Hautbeschwerden?
- Gibt es Unterschiede zwischen internen Servicegesellschaften und externen Reinigungsunternehmen?
- Gibt es einen Zusammenhang zwischen Arbeitsbelastung und Hygiene?
Methodik
Die Befragten
In Nordrhein-Westfalen wurden 141 Krankenhäuser angeschrieben, wovon neun Krankenhäuser zusagten, an einer Befragung von Reinigungskräften teilzunehmen. Davon waren drei Unikliniken. Weitere Krankenhäuser konnten über ein großes Serviceunternehmen im Healthcare Management akquiriert werden, so dass insgesamt 25 Krankenhäuser befragt werden konnten. Drei Krankenhäuser hatten eine Bettenzahl von weniger als 250 Betten, 18 mehr als 250 und weniger als 500 Betten. Insgesamt arbeiteten in all den Krankenhäusern insgesamt 1447 Reinigungskräfte. Davon haben 214 Reinigungskräfte die Befragung begonnen.
Auswertbare Datensätze, d.h. Fragebögen, die bis zum Ende beantwortet wurden, liegen von 212 Reinigungskräften vor. Dreizehn Krankenhäuser arbeiteten mit eigenen Servicegesellschaften (79,7 % der befragten Reinigungskräfte), vier Krankenhäuser mit externen Reinigungsunternehmen (17,9 %) und ein kleineres Krankenhaus hatte seine Reinigungskräfte als eigene Mitarbeitende angestellt (2,4 %).
Von den Reinigungskräften waren 81,1 % weiblich, was für die Gruppe der Reinigungskräfte üblich ist. 63,1 % gaben an, außerhalb von Deutschland geboren zu sein. Der Altersdurchschnitt ist hoch: 9,4 % waren unter 30 Jahre alt, 21,5 % 30 bis 39 Jahre, 29,7 % 40 bis 49 Jahre, 32,1 % 50 bis 59 % Jahre und 7,1 % über 60 Jahre. 51,4 % arbeiteten länger als 6 Jahre in der Reinigung, 41,5 % länger als 6 Jahre in ihrem jeweiligen Krankenhaus ( Tabelle 1). Vollzeit arbeiteten 39,9 %, in Teilzeit 55,8 % und weniger als 5 % in einem Minijob. Muttersprache „Deutsch“ bestätigten 46,7 %.
Instrumente
Die Befragung bei den Reinigungskräften wurde mit einem Online-Fragebogen durchgeführt. Bei der Erstellung des Fragebogens wurde auf eine einfache Sprache geachtet und, wenn möglich, wurden Icons und Bilder eingesetzt, um die Verständlichkeit zu erhöhen. Zudem waren die Fragen mit Ton hinterlegt, um auch Personen mit eingeschränkten Lesevermögen eine Teilnahme an der Befragung zu ermöglichen. Neben der deutschen Version lag der Fragebogen in acht weiteren Sprachen vor: türkisch, arabisch, italienisch, polnisch, russisch, rumänisch, serbokroatisch und englisch. Die Mehrzahl der Befragten nutzte die deutsche Version (63,3 %); die am zweithäufigsten genutzte Sprache war türkisch (16,4 %). Alle anderen Sprachversionen wurden weniger als 5 % genutzt.
Die Reinigungskräfte gaben anonymisiert eine Selbstauskunft über demografische Variablen, erfahrene Wertschätzung, Ausstattung mit Arbeitsmitteln und persönlicher Schutzausrüstung, Arbeitsorganisation mit Arbeitszeiten und Arbeitsanweisungen, Wissen über Desinfektion, Gefahrstoffe, Sicherheit und Hygiene sowie Berichte zu Beschwerden und Fehlzeiten. Davon werden hier die Daten im Zusammenhang zu Desinfektion, Hautschutz und Handhygiene berichtet.
Die Reinigungskräfte bearbeiteten den Fragebogen am Vormittag während ihrer Arbeitszeit im Pausen- bzw. Aufenthaltsraum ihres Krankenhauses. Der Fragebogen wurde auf Tablets mit Touch-Display präsentiert. Es waren immer zwei unterstützende Personen vor Ort, um die Reinigungskräfte bei Verständnisfragen zu unterstützen und um sicherzustellen, dass die Technik funktionierte. Wenn Reinigungskräfte spezifische Fragen nicht beantworten wollten, konnten sie die Fragen auslassen. Damit konnte ein frühzeitiger Abbruch der Befragung verhindert werden. Die Reinigungskräfte benötigten zwischen 30 Minuten bis zu einer Stunde, um den Gesamtfragebogen zu beantworten. Nach der Befragung erhielten sie einen Kugelschreiber als Dankeschön. Wenn Reinigungskräfte bei spezifischen Fragen bzw. Items Ausfallquoten von mehr als 7 % aufwiesen, wird dies berichtet.
Es wurden zudem neun Beobachtungen durchgeführt, die der Validierung der Befragungsdaten dienen sollten. Dabei begleiteten mit den Grundlagen der Krankenhausreinigung vertraute Personen die Reinigungskräfte für etwa eine Stunde und notierten ihre Beobachtungen auf einem vorstrukturierten Beobachtungsbogen. Die Instrumente können von der Erstautorin bezogen werden.
Ergebnisse
Handdesinfektion und Hautschutz
Die Mehrzahl (73,1 %) der Befragten berichtete, sich nach jedem Zimmer die Hände zu desinfizieren. Für fast 50 % ist es die Regel, die Hände (ggf. in Handschuhen) zu desinfizieren, sowohl bevor ein Zimmer gereinigt wird als auch danach ( Abb. 1). Im Verhalten gab es keine signifikanten Unterschiede nach Alter, Geschlecht, Beschäftigungsdauer oder ob es deutsche oder nichtdeutsche Muttersprachler waren.
Gefragt, ob eine „Bereitstellung der Hautpflegemittel durch Arbeitgeber“ erfolgt, wird dies von den Reinigungskräften externer Dienstleister häufiger berichtet (2(df=2) = 6,93; p = 0,031). Je häufiger die „Bereitstellung der Hautpflegemittel durch Arbeitgeber“, desto häufiger ist auch eine aktive Nutzung durch die Mitarbeitenden (2(df=2) = 17,614, p = 0,000, vgl. Tabelle 2).
Hautbeschwerden wurden von 15 % der Reinigungskräfte berichtet. Die Hautbeschwerden stehen allerdings in keinem Zusammenhang mit Fehlzeiten. Weder Alter der Reinigungskräfte noch der wöchentliche Stundenumfang (Arbeitszeit) trugen signifikant zum Vorkommen von Hautbeschwerden bei. Es gibt auch keinen Zusammenhang von Hautbeschwerden mit Nutzung der Hautpflegemittel.
Schutzausrüstung und Arbeitsmittel
Bei der Frage, welche Handschuhe vom Arbeitgeber bereitgestellt werden, waren Bilder vorgegeben (empfohlene Schutzhandschuhe, Nitril/Latex, Polypropylen und Vinyl). Nitril und Latex sind anhand von Bildern nicht zu unterscheiden und werden daher in den Befragungsergebnissen nicht differenziert.
Der gegen Reinigungs- und Desinfektionsmittel flüssigkeitsdichte, mechanisch stabile Schutzhandschuh mit längerem Schaft wurde von den Arbeitgebern mit Abstand am häufigsten bereitgestellt (66,5 %). In 15 % der Fälle wird berichtet, diesen Handschuh sowie auch Handschuhe aus Polypropylen bereitgestellt zu bekommen. Werden flüssigkeitsdichte, mechanisch stabile Schutzhandschuhe mit längerem Schaft bereitgestellt, werden diese allerdings nicht immer angenommen. 21 % Reinigungskräfte bekannten, trotzdem einen anderen Handschuhtyp zu nutzen. Nach Gründen gefragt, warum die angebotenen Schutzhandschuhe nicht genutzt werden, wurde bestätigt: „schlecht anzuziehen bei feuchten Händen“ (8 %) sowie „Gegenstände schlecht zu greifen“ (8,5 %). Dass die flüssigkeitsdichten, mechanisch stabilen Schutzhandschuhe mit längerem Schaft gut für die Arbeit geeignet sind, bestätigten 42,8 %; bei Nitril-/Latexhandschuhen stimmten 57,1 % dieser Aussage zu. In den Begehungen allerdings wurde in keinem Fall beobachtet, dass die Reinigungskräfte flüssigkeitsdichte, mechanisch stabile Schutzhandschuhe mit längerem Schaft wählten: Stattdessen nutzten sie in allen neun Beobachtungen Untersuchungshandschuhe, die auf der Station auslagen, in sechs Fällen Nitril, in zwei Fällen Latex und einmal Polypropylen.
Die Reinigungskräfte berichteten, dass die Führungskräfte sie auf das Tragen von angemessenen Schutzhandschuhen hinweisen, wobei überwiegend sachliche Argumente zum Einsatz kommen. Jeweils mehr als 30 % stimmten folgenden von den Führungskräften genutzten Argumenten zu: „damit keine Infektionen verschleppt werden“ (31,6 %), „damit die Haut geschützt bleibt“ (34,4 %). Ein Drittel berichtete aber, keine Hinweise von Vorgesetzten zu bekommen. Eine Anhäufung dieser Hinweise war nicht an Nutzung eines bestimmten Handschuhtyps geknüpft.
Nach Arbeitsmitteln gefragt, bestätigten 88,8 %, dass ausreichend Wischbezüge für den Boden und 89,4 %, dass ausreichend Reinigungstücher vorhanden sind. Den Einsatz eines Dreifarbsystems bestätigten 78,7 %. Bei Beobachtung der Reinigungsvorgänge zeigte sich, dass Wischbezüge für den Boden in allen Fällen, Tücher im Dreifarbsystem nach dem Farbsystem in acht von neun Beobachtungen sowie einmal Einmaltücher vorhanden waren.
Arbeitsanweisungen und Wissen über Gefährdungen
Am häufigsten berichteten Reinigungskräfte, sich an Informationen von Vorgesetzten zu orientieren, ob sie die Flächen reinigen, desinfizieren oder beides ausführen sollen (38,2 %). In vergleichbarem Umfang orientierten sie sich an jeweils ausgehängten Desinfektionsplänen auf einer Station. Zudem nutzten sie „Standards zu Desinfektionsplänen“ (35,8 %), „Standards für die Schlussdesinfektion“ (31,1 %) und „Betriebsanweisungen“ (24,5 %). Die meisten nutzten mehrere Vorgaben, um sich zu orientieren.
Alter oder Länge der Betriebszugehörigkeit führten zu keinen Unterschieden in den Bewertungen. In wenigen Fällen zeigten sich Unterschiede nach Geschlecht oder Muttersprache. „Feste Vorgaben auf Station“ nannten 62 % Frauen; hingegen bezogen sich 58 % Männer darauf (2(df=1) =4,86, p = 0,027). Auch das Vorhandensein von Betriebsanweisungen wurde von Männern und Frauen unterschiedlich bewertet. Während 44,4 % der Männer darauf verwiesen, taten dies nur 21 % der Frauen (2(df=1) = 8,035, p = 0,005).
Bei „Anweisungen von Vorgesetzten bzw. Stationsleitungen und Pflegekräften“ und bei „Standards für Abschlussdesinfektionen“ zeigten sich Unterschiede zwischen deutschen Muttersprachlern und nichtdeutschen Muttersprachlern. 42 von 97 Personen, die Deutsch als Muttersprache angaben, bestätigten, dass „Standards für Abschlussdesinfektionen“ vorhanden seien. Bei Personen nichtdeutscher Muttersprache nannten 24 von 106 (22,6 %) das Vorhandensein dieser Standards (2(df=1) = 9,851, p = 0,002). Auf ausgehängte Desinfektionspläne bezogen sich 44,3 % deutsche Muttersprachler, dagegen 31,1 % der Personen mit nichtdeutscher Muttersprache (2(df=1) = 3,767, p = 0,052).
Nach der Qualität der Unterweisung befragt, erklärte die Mehrheit der Befragten (88,4 %) „gut verständlich unterwiesen“ zu sein. 7,9 % meinten, es war „nicht gut verständlich“. 3,7 % antworteten „nicht unterwiesen“ zu sein. Abhängig vom Alter wird Unterschiedliches berichtet. Während 64,7 % der Personen unter 30 Jahren berichteten, gut verständlich unterwiesen zu sein, betrug der Anteil bei allen älteren Altersklassen über 87 % (2(df=8) = 16,005, p = 0,042). 84,5 % der nichtdeutschen Muttersprachler und 93,0 % der deutschen Muttersprachler gaben an, gut verständlich unterwiesen zu sein (2(df=2) = 7,031, p = 0,030).
81,5 % der Reinigungskräfte erklärten, die Vorgesetzten unterwiesen, wie das jeweils gültige Farbsystem für die Verwendung ihrer Reinigungstücher angewendet werden sollte. Kollegen (15,2 %) sind seltener die Quelle für Informationen, wie das Farbsystem angewendet werden sollte.
Mit einer Mehrfach-Wahl-Antwort nach dem Unterschied zwischen Reinigung und Desinfektion befragt, wählten 39,5 % Reinigungskräfte die richtige Antwortalternative, nämlich dass die Keime „nach einer Desinfektion nicht mehr gefährlich [sind], nach einer Reinigung aber möglicherweise schon“. Der falschen Alternative „dass durch eine Desinfektion (im Gegensatz zu Reinigung) keine lebenden Viren oder Rückstände mehr vorhanden seien“, stimmten 48,5 % Reinigungskräfte zu, und 12,2 % gingen davon aus, dass auch schon bei einer Reinigung „Keime soweit beseitigt [seien], dass keine Gefahr mehr vorhanden sei“. Betrachtete man Subgruppen nach Alter, Geschlecht und Muttersprache konnten keine signifikanten Unterschiede gefunden werden. Auffällig war allerdings, dass bei der Frage nach dem Unterschied zwischen Reinigung und Desinfektion 51 % der Reinigungskräfte nicht antworteten.
Nach der Bedeutung von Gefahrstoffsymbolen wurde mittels Mehrfach-Wahl-Antworten mit fünf Alternativen gefragt. Beim Gefahrstoffsymbol „ätzend“ nannten 36 % die richtige Lösung und 20,8 % wählten die Antwortkategorie „hautschädigend“. 60 % deutsche Muttersprachler im Gegensatz zu 33,3 % nichtdeutschen Muttersprachlern wählten die richtige Lösung (2(df=4) = 12,720, p = 0,013). Beim Gefahrstoffsymbol „umweltgefährlich“ erkannten 56,6 % die richtige Lösung aus fünf Antwortalternativen. Es zeigten sich keine bedeutsamen Unterschiede in Subgruppen nach Alter, Beschäftigungslänge im Haus, Geschlecht oder nach Muttersprache.
Reinigungsabläufe
Die Reihenfolge der Reinigung ist vorgegeben: Richtig ist, zuerst das Krankenzimmer, danach den Sanitärbereich mit Waschbecken, zuletzt die Toilette zu reinigen (Weber 2017). Mittels Mehrfach-Wahl-Antwort wurde nach der Abfolge der Reinigung gefragt: 40,1 % berichteten, die vorgegebene Reihenfolge einzuhalten. 23,6 % beantworteten das Item nicht, und alle anderen gaben andere Reihenfolgen an oder meinten, es sei „egal“. 56 % Frauen und 36,4 % Männer gaben an, die richtige Reihenfolge einzuhalten (2(df=3) = 6,877, p = 0,076). Bei Beobachtungen der Reinigungsvorgänge zeigte sich dann: In fünf von neun Fällen wurde die Reinigung der Toiletten nicht sachgerecht durchgeführt.
Bei einer vorgegebenen Entscheidungssituation („Was ist zu tun, wenn eine Fläche mit Blut/Urin verunreinigt ist?“) haben 54,3 % Reinigungskräfte die Handlungsoption gewählt, sowohl zu reinigen als auch zu desinfizieren. 29,1 % würden nochmals reinigen. 17,9 % würden den Pflegekräften Bescheid geben, was in vielen Fällen die richtige Antwort ist, wenn diese Reinigungsleistung als zusätzliche Reinigungsleistung nicht budgetiert ist. Mitarbeitende, die angegeben haben, sich generell häufiger an „Standards für Situationen“ (z. B. Schlussdesinfektion) zu orientieren, haben deutlich häufiger die Handlungsoption „Reinigen und Desinfizieren“ gewählt (2(df=1) = 4,654, p = 0,031), obwohl die beiden Items im Fragebogen unabhängig voneinander formuliert sind bzw. keinen erkennbar inhaltlichen Zusammenhang aufweisen. Wissen über Keime und Gefahrstoffe (Score-Wert) zeigt einen „leichten“ (Nagelkerke’s R2 = 0,047), aber signifikanten („positiven“) Zusammenhang sich für Handlungsoption „Reinigen und Desinfizieren“ zu entscheiden (2(df=1) = 5,123, p = 0,024).
Um die Rate des Patientenwechsels, d. h. stationäre Neuaufnahmen und Entlassungen bzw. Verlegungen, annähernd zu schätzen, wurde eine so genannte Umschlagsrate (jährliche stationäre Fallzahl/Bettenanzahl) bestimmt. Es ist davon auszugehen, dass mit einer ansteigenden Umschlagsrate die Arbeitsintensität für den hauswirtschaftlichen Bereich einschließlich der Reinigungskräfte der Klinik tendenziell zunimmt, denn pro Zeiteinheit werden bei einer sinkenden Verweildauer mehr Patienten aufgenommen und wieder entlassen. Mit einer größeren Umschlagsrate wird also von uns eine höhere Arbeitsintensität für den Reinigungsdienst assoziiert. Die Umschlagsrate hatte eine leichte negative Korrelation (logistische Regression, Nagelkerke’s R2 = 0,038) mit „Reinigen und Desinfizieren“ als Handlungsoption (2(df=1) = 4,117, p = 0,042). Je höher die Umschlagsrate, desto geringer war die Wahrscheinlichkeit, dass die Reinigungskräfte angaben, in oben genannten Fall zu reinigen und zu desinfizieren.
Beim Reinigen von Isolierzimmern haben nicht alle 212 Reinigungskräfte geantwortet; mit Ausfallquoten bis zu 68 % ( Abb. 2). Von den antwortenden Reinigungskräften gibt es sehr hohe Zustimmungswerte für die notwendige „Handdesinfektion“, „besondere Desinfektionsmittel“ und das Tragen von „Mundschutz“ und „besonderen Schürzen“ (Mittelwert zwischen 4,6 und 4,8 auf einer Skala von 1 „Stimme gar nicht zu“ bis 5 „stimme voll und ganz zu“). Auch „am Schluss reinigen“ wird sehr stark befürwortet (Mittelwert 4,6).
Keine Unterschiede finden sich nach Alter, wohl aber für die Länge der Beschäftigung beim jeweiligen Arbeitgeber für das Item „besondere Handschuhe tragen“ (2(df=3) =12,067, p = 0,007). Beschäftige, die vier bis fünf Jahre dort arbeiteten, hatten einen Mittelwert von 3,79, Beschäftigte mit allen anderen Beschäftigungsdauern hatten Mittelwerte über 4. Ein Geschlechtsunterschied fand sich beim Item „besondere Überschuhe tragen“ (U(z=–2,942) = 695, p = 0,003). Die Frauen „stimmten teilweise zu“ (Mittelwert = 3,31), die Männer „stimmten eher zu“ (Mittelwert = 4,52). Bei den mit einem Isolierzimmer verbundenen hygienischen Vorschriften haben Reinigungskräfte externer Reinigungsunternehmen den Aspekten („Reinigen am Schluss“ sowie „Besondere Handschuhe tragen“) eine höhere Wichtigkeit beigemessen (U(z=–1,978) = 1618, p = 0,048, U(z=–2,757) = 1320, p = 0,006).
Anhand der Beobachtungen konnte eine Reinigung von Infektionszimmern in vier Fällen verfolgt werden. In einem Fall war eine angemessene Nutzung der Schutzkleidung mit richtigem Abwurf zu beobachten. In einem anderen Fall ging die Reinigungskraft wieder in das Isolierzimmer zurück, um dort die Schutzausrüstung abzuwerfen. In zwei Fällen war die Handdesinfektion nicht ordnungsgemäß.
Diskussion
Wissen über Gefährdungen, Kenntnisse und Umsetzung von Hygienevorschriften
Richtige Antworten über die Wirkung von Reinigungs- und Desinfektionsmitteln werden von weniger als der Hälfte der Befragten gegeben. Gefahrstoffsymbole werden von etwa der Hälfte der Reinigungskräfte richtig zugeordnet. Obwohl die Reinigungskräfte in großer Zahl berichten, gut verständlich von ihren Vorgesetzten unterwiesen worden zu sein, erscheinen die resultierenden Kenntnisse nicht ausreichend, um sich und andere verständig vor Gefahren schützen zu können. Dies zeigt unter anderem das Fallbeispiel, das danach fragt, wie mit Blut/Urin auf dem Boden umgegangen würde. Biologische Stoffe können infektiös sein, weshalb gereinigte Oberflächen dann zusätzlich mit Desinfektionsmittel behandelt werden sollten. Hier wirkt sich der Grad des Basiswissens über Keime und Gefahrstoffe signifikant auf die Handlungswahl aus – je besser die Kenntnisse, desto höher war die Wahrscheinlichkeit, sich für die Handlungsoption „Reinigen und Desinfizieren“ zu entscheiden. Die Gefahrenerkennung im Arbeitsprozess wird also von dem tätigkeitsbezogenen Wissensstand der Mitarbeiter durchaus beeinflusst und ist von Arbeitgebern nicht zu unterschätzen.
Alter, Geschlecht oder Länge der Beschäftigung am derzeitigen Arbeitsplatz zeigen keine systematischen Zusammenhänge mit Wissen und selbstberichtetem Verhalten. Doch scheinen die Personen, die nicht mit der Muttersprache Deutsch aufgewachsen sind, Schwierigkeiten mit dem Sprachverständnis zu haben. So wird die richtige Bezeichnung eines Gefahrstoffsymbols von nichtdeutschen Muttersprachlern im Gegensatz von Mitarbeitenden mit deutscher Muttersprache seltener richtig gewählt. Zudem berichteten sie, sich seltener an ausgehängten Standards zu orientieren sowie seltener „gut unterwiesen“ zu sein. Sprachprobleme können Qualitätsprobleme in der Reinigung bedingen, wenn Unterweisungen und Arbeitsanweisungen nicht angemessen vermittelt werden können. In den selbstberichteten Arbeitsabläufen finden sich allerdings keine signifikanten Unterschiede.
Arbeitsbelastung und Hygiene
Eine höhere Umschlagsrate der jeweiligen stationären Einrichtung hemmt zudem die Bereitschaft der Befragten, sich bei derart verunreinigten Flächen für die Handlungsoption „Reinigen und Desinfizieren“ zu entscheiden. Zeitdruck bei der Arbeit könnte eine verminderte Reinigungsqualität bedingen. Der Kostendruck in den Krankenhäusern ist sehr hoch, und geht oft zu Lasten der Reinigungsdienstleistungen (Eigenstetter et al. 2016; Lenzen-Schulte 2016). Die für eine gründliche und sachgerechte Reinigung erforderlichen finanziellen Mittel werden häufig nicht bereitgestellt (Exner u. Popp 2013). Aufgrund der besonders hohen Personalintensität in dieser Branche, deren Kosten bis zu 87 % der Gesamtkosten eines Gebäudereinigungsdienstleisters ausmachen, ist es oft Praxis, die Flächenleistungen zu erhöhen, um wettbewerbsfähig zu bleiben (Gather et al. 2005; BMAS 2011).
Die meisten Befragten haben angegeben, die Hände zu desinfizieren, und zwar bevor sie die Handschuhe im Arbeitsprozess anziehen sowie nachdem sie die Handschuhe ausziehen. Die Häufigkeit des Anwendens von Hautcremes geht mit erhöhter Frequenz von Hautdesinfektionsvorgängen einher. Auch gibt die Mehrheit der Befragten – aber nicht alle – an, regelmäßig eine Desinfektion während des Prozesses einzulegen, und zwar entweder bevor oder nachdem ein Patientenzimmer bearbeitet wird. Allerdings konnte bei den Beobachtungen nur in einem Fall eine regelgerechte Handdesinfektion beobachtet werden. So scheint hier durchaus in vielen Fällen das richtige Wissen vorzuliegen, das aber nicht umgesetzt wird. Ähnliches scheint sich im Falle des Isolierzimmers zu bestätigen. Zwar konnte nur in vier Fällen eine Reinigung beobachtet werden, doch war diese nur in einem Fall regelgerecht inklusive Abwurf der Arbeitsschutzkleidung durchgeführt worden.
Ausstattung mit Arbeitsmitteln, Nutzung von Handschuhen, Hautschutz und Beschwerden der Haut
Eine im Vergleich zu früheren Beobachtungen bessere Ausstattung mit Arbeitsmitteln ist vorhanden (Eigenstetter u. Küpper 2012; Khodaverdi u. Eigenstetter 2014), doch wird auch hier teilweise von einem Fehlen von Bodentüchern und Reinigungstüchern berichtet. Handschuhe werden von den Reinigungsunternehmen gestellt, meistens, aber nicht immer, die empfohlenen, flüssigkeitsdichten und mechanisch stabilen Schutzhandschuhe mit längerem Schaft. Von den Reinigungskräften werden sie aber abgelehnt. Die flüssigkeitsdichte, mechanisch stabilen Schutzhandschuhe mit längerem Schaft werden als unpraktisch wahrgenommen: Nur etwa 40 % bewerten diese als gut. In keinem Fall wurde beobachtet, dass die Reinigungskräfte diese wählten. Stattdessen nutzten sie in allen Fällen auf der Station ausliegende Handschuhe aus Latex, Nitril oder Polypropylen. Vergleicht man die Daten mit den Selbstberichten wäre zu erwarten gewesen, dass sie in wenigen Fällen auch die flüssigkeitsdichten, mechanisch stabilen Schutzhandschuhe mit längerem Schaft wählen. Natürlich kann dies ein Stichprobenfehler sein, ist aber aufgrund anderer Befunde nicht wahrscheinlich (s. dazu Eigenstetter u. Küpper 2012; Gissibl 2008).
Den Ergebnissen der Befragung zufolge werden zwar Reinigungskräfte seitens der Verantwortlichen darauf hingewiesen, angemessene Schutzhandschuhe aus Gründen der Arbeitssicherheit zu tragen. Das lässt zunächst vermuten, dass die Verantwortlichen während des Arbeitsprozesses im Auge behalten, inwieweit die jeweilige Schutzausrüstung sachgemäß benutzt wird. Es wurde aber nicht erhoben, wie häufig das Feedback in Bezug auf das Tragen der angemessenen Handschuhe erfolgt. Von einer Durchsetzung des Tragens angemessener Schutzhandschuhe kann man also nicht sprechen.
Bei allen Handschuhtypen kann sich ein feuchtes Milieu durch Schweiß bilden. Hautschutzmittel, die protektiv wirken, werden in etwa 60 % „manchmal“ oder „immer“ vor dem Anziehen von den Reinigungskräften genutzt. Viele aber scheinen keine rechte Vorstellung davon zu haben, da über 25 % der Reinigungskräfte keine Angaben dazu machten. Auch nach der Arbeit werden systematische Hautreinigung und Hautpflege nur in bis zu 70 % durchgeführt. Auf den Hautschutz sollte verstärkt geachtet werden, da ja auch immerhin 15 % der Reinigungskräfte Hautbeschwerden äußern.
Unterschiede zwischen internen Servicegesellschaften und externen Reinigungsunternehmen
Es ist sowohl in Deutschland als auch in anderen Ländern gängige Praxis, die Krankenhausreinigung aus Kostengründen an externe Anbieter auszulagern (Outsourcing). Die Vermutung aber, dass externe Reinigungsunternehmen weniger qualifizierte Reinigungskräfte einsetzen, bewahrheitet sich nicht. Im Gegenteil: Die Mitarbeitenden der externen Reinigungsfirmen haben z. B. der Vorbeugungsmaßnahme, ein Isolierzimmer zum Schluss zu reinigen, einen höheren Stellenwert beigemessen als die Mitarbeitenden der klinikeigenen Servicegesellschaften. Auch wird dem Hautschutz eine höhere Bedeutung beigemessen. Eine sinkende Qualität der klinischen Reinigung kann also nicht einfach auf externe Anbieter zurückgeführt werden, sondern sollte mit einer fehlenden Einbindung in das Hygienemanagement des jeweiligen Krankenhauses erklärt werden (Lenzen-Schulte 2016).
Limitationen der Studie
Die Krankenhäuser, die zustimmten, an der Befragung teilzunehmen, äußerten im Gespräch ein hohes Interesse an den Ergebnissen der Befragung, um sich weiter verbessern zu können. Es dürfte daher ein Selbstselektionsprozess bei den Häusern vorhanden sein, so dass v.a. Häuser mit hohem Qualitätsbewusstsein und höherem Engagement an der Befragung teilnahmen. Allerdings nahmen, trotz des hohen Interesses der Krankenhäuser, insgesamt nur 14,7 % der möglichen zu befragenden Personen teil. Dies ist erstens darauf zurückzuführen, dass die Datenerhebungen wegen des hohen Ressourcen- und Personalaufwands der Forschenden in der Regel nur an einem oder zwei Tagen durchgeführt werden konnten, da lange Fahrzeiten nötig waren, um in die Kliniken zu gelangen. Zudem dürfte zweitens auch innerhalb der Krankenhäuser ein weiterer Selbstselektionsprozess stattgefunden haben. Möglicherweise haben hoher funktionaler Analphabetismus, Unwissenheit und Ängstlichkeit zu einer geringen Teilnahmequote der Reinigungskräfte geführt, denn man kann davon ausgehen, dass Reinigungskräfte wenig vertraut mit dem Medium Fragebogen sind.
Der Fragebogen überforderte teilweise, auch wenn immer Unterstützungskräfte bei den Befragungen vorhanden waren. Die Befragungssituation wurde an mancher Stelle wohl wie eine Prüfungssituation empfunden. Bei den Befragungen konnte beobachtet werden, dass bei Wissensfragen teilweise große Verunsicherung auftrat: Etliche Reinigungskräfte fragten dann bei ihren Kolleginnen und Kollegen nach, wie sie antworten sollen. Die Reinigungskräfte wurden dann von uns aufgefordert, die Fragen, die sie nicht beantworten können, auszulassen. Das erklärt die hohen Ausfallquoten bis 50 % bei einzelnen Fragen, die als „Nichtwissen“ interpretiert werden sollten.
Manchmal wurden die Reinigungskräfte unter falschen Angaben in die Befragung gelockt, „weil sie sonst nicht kämen“. Die Reinigungskräfte erhielten für ihre Teilnahme keinen besonderen Anreiz zur Belohnung – nur einen Kugelschreiber zum Abschluss der Befragung.
Die Erstellung des Fragebogens war mit hohem Aufwand verbunden. Der Fragebogen wurde von „Native Speakern“ übersetzt und von einem zweiten „Native Speaker“ korrigiert, aber nicht mehr ins Deutsche zurückübersetzt. Hier können kleine Ungenauigkeiten auftreten.
Diese Bedingungen schränken die Aussagekraft ein. Trotzdem ist es wahrscheinlich, dass die erhobenen Daten – gerade durch den Selbstselektionsprozess – eine höhere Kompetenz in Wissen und Handeln wiedergeben als dies dem Durchschnitt der Reinigungskräfte in Krankenhäusern entspricht. Verlässlichere Aussagen sind allerdings nur mittels teilnehmender Beobachtung möglich.
Schlussfolgerungen und Ausblick
Es besteht von Seiten der Reinigungsunternehmen insgesamt wohl ein hohes Interesse, gute Arbeitsbedingungen für ihre Reinigungskräfte und eine gute Reinigungsqualität für die Krankenhäuser sicherzustellen, und die Vorgesetzten scheinen sachbezogen auf Fehler in Problemsituationen zu reagieren, wenn auch nicht ausreichend, um sichere Standards zu gewährleisten. Es bestehen deutliche Verbesserungspotenziale in den Arbeitsabläufen, der Ausstattung, der Händedesinfektion und im Wissen über Gefährdungen. Hier besteht Handlungsbedarf. Die Abfolge der Reinigungstätigkeiten sollte insgesamt stärker kontrolliert und Mängel zurückgemeldet werden, sowohl an die Reinigenden selbst als auch an die Abteilungen der Arbeitssicherheit und der Hygiene. Objektive Verfahren sollten zur Kontrolle ergänzend eingesetzt werden, z. B. Abklatsch.
Eine höhere Kompetenz der Reinigungskräfte dürfte zu einer verstärkten Eigenkontrolle in den Handlungsabläufen und damit auch einem höherem Selbst- und Fremdschutz führen. Nach Empfehlung der Kommission für Krankenhaushygiene (KRINKO 2004) ist das klinische Reinigungspersonal in Grund- und Folgeschulungen regelmäßig weiterzubilden, wobei die Inhalte mit den jeweiligen Hygieneverantwortlichen abzustimmen sind. Die auffallenden Wissensdefizite der Reinigungskräfte sind aber vermutlich nur über eine professionelle Ausbildung und Qualifizierung zu beseitigen, nicht nur über regelmäßige Schulungen, wie es bislang erfolgt. Reinigungskräfte benötigen ein besseres Grundverständnis über die Risiken, sich zu infizieren, sowie über die notwendigen Reinigungs- und Desinfektionsprozesse. Daher sollte darüber nachgedacht werden, eine allseits verbindliche und standardisierte Ausbildung von Reinigungskräften in Krankenhäusern aufzubauen. Eine verbindliche Ausbildung in Inhalt und Umfang würde wahrscheinlich auch helfen, den Wettbewerbsdruck zu reduzieren, da allgemein verbindliche Standards und Qualifikationsanforderungen von allen Unternehmen gleichermaßen und damit wettbewerbsneutral erbracht werden müssen.
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Interessenkonflikt: Die Erhebung wurde von der Berufsgenossenschaft für Gesundheitsdienst und Wohlfahrtspflege finanziert. Es liegen keine Interessenskonflikte vor.
Für die Verfasser
Prof. Dr. phil. Monika Eigenstetter
Institut für Arbeitssicherheit, Umweltschutz, Gesundheitsförderung und Ethik (A.U.G.E.)
Hochschule Niederrhein
Reinarzstraße 49
47798 Krefeld
Fußnoten
Institut für Arbeitssicherheit, Umweltschutz, Gesundheitsförderung und Ethik (A.U.G.E.), Hochschule Niederrhein, Krefeld