Eingeladen hatten die drei Landesverbände des VDBW in Rheinland-Pfalz, Hessen und Baden. Es gehe in diesem einzigartigen Pilotprojekt darum, mit einem Modellvorhaben die neuen rechtlichen Möglichkeiten zu interpretieren sagte die Vorsitzende des Landesverbands Rheinland-Pfalz, Dr. med. Elisabeth Arnold. Hierbei vorne zu sein und gemeinsam mit den Kollegen im Rhein-Main-Neckar Gebiet neue Wege zu beschreiten, bedeute ihr sehr viel.
Dr. med. Martin Kern, VDBW-Landesvorsitzender aus Hessen hob hervor, dass derartige Projekte natürlich nur im Zusammenwirken mit Partnern stattfinden können, man aber größtmögliche Transparenz schaffen müsse, damit derartige Projekte „kein Geschmäckle“ bekämen. Und daher wurde die Frage möglicher Interessenkonflikte bei der Auftaktveranstaltung von den rund 50 Teilnehmern auch ausgiebig diskutiert.
Partner aus der Pharmaindustrie ist die in Wiesbaden und Ludwigshafen ansässige Firma AbbVie, mit der der VDBW seit langem zusammenarbeitet. AbbVie ist tätig im Gebiet chronischer Erkrankungen, insbesondere Rheuma und chronisch-entzündliche Darmerkrankungen.
Muskuloskelettale Erkrankungen sind weltweit die führende Ursache von chronischen Schmerzen sowie körperlichen Funktionseinschränkungen und stellen laut AOK Fehlzeitenreport mit über 20% den höchsten Anteil an AU-Tagen in Deutschland. Aber auch wenn diese Langzeiterkrankungen weit mehr als ein Drittel aller AU-Tage verursachen, sind es doch nur 4% aller Arbeitsunfähigkeitsfälle, die dahinter stehen. Der volkswirtschaftliche Schaden, der dadurch entsteht wird auf weit mehr als 13 Mrd. Euro in Deutschland geschätzt.
Umso wichtiger ist es, eine Chronifizierung von beispielsweise Rückenschmerzen zu vermeiden, da durch chronische Verläufe sowohl Krankenkassen als auch Unternehmen die größten Kosten entstehen. Hierzu sei eine Optimierung der frühen Diagnostik und Therapie notwendig, forderte Dr. med Uta Arndt, niedergelassene Fachärztin an der RheumaPraxis Hochheim in ihrem Vortrag. Auch wenn im Laufe ihres Lebens 80 % aller Menschen mindestens einmal an Rückenschmerzen leiden, so sind es besonders die etwa 5 % der Patienten mit entzündlichen Kreuzschmerzen, die oft erst mit großer zeitlicher Verzögerung einer spezifischen fachärztlichen Betreuung zugeführt werden.
Der in Wiesbaden niedergelassene Gastroenterologe Priv.-Doz. Dr. med. Sebastian Haag erläuterte in seinem Vortrag zu Erkrankungen des Verdauungstrakts, dass es insbesondere die Jugendlichen und jungen Erwachsenen seien, bei denen sich chronisch-entzündliche Darmerkrankungen manifestierten. Aber nur 25 % der betroffenen Patienten gingen auch zum Haus- oder Facharzt. Und da könne die Arbeitsmedizin eine große Rolle spielen, denn durch eine Sensibilisierung für die kritischen Symptome und gezielten Fragen könne mit Hilfe der Betriebsärzte der Kreis der potenziell betroffenen Patienten eingegrenzt werden.
Und genau darum geht es im Pilotprojekt „Vom Setting Betrieb zum Netzwerk Versorgung“. Mag der Name auch etwas sperrig klingen, sagt er doch deutlich, worauf es ankommt: auf eine Sensibilisierung der Arbeitsmediziner im Hinblick auf die Differenzialdiagnose und um eine Vernetzung der niedergelassenen Fachärzte mit den Kollegen aus den Unternehmen.
Dazu wird es im Zeitraum Juli bis September jeweils drei Refresherkurse geben, die niedergelassene Fachärzte für ihre Kollegen aus der Arbeitsmedizin halten. Ergänzt werden die Fortbildungen durch schriftliche CMEs zu chronisch-entzündlichen Darmerkrankungen und chronischen Rückenschmerzen, die im September-Heft der ASU beiliegen werden.
Das Präventionsgesetz verlangt Modellvorhaben mit einem messbaren Erfolg. Die Evaluation dieses Pilotprojekts erfolgt durch das Institut für Arbeits-, Sozial- und Umweltmedizin der Universitätsmedizin Mainz unter der Leitung von Herrn Prof. Dr. Stephan Letzel. Er sagte, neue Versorgungsansätze seien wichtig und müssen im Sinne einer evidenzbasierten Medizin auch evaluiert werden. Gerade die Evaluation von Fortbildungen sei in der Literatur noch nicht genügend abgedeckt. Dr. Luis Escobar Pinzon, Arbeitsgruppenleiter der Arbeitsgruppe Arbeits- und Sozialpsychologie (AG ASP), erhofft sich eine rege Teilnahme am Pilotprojekt und an der Evaluation. Besonders interessant sei die Entstehung eines Netzwerks von Arbeitsmedizinern und niedergelassenen Fachärzten.
Die Evaluation des Projekts „Vom Setting Betrieb zum Netzwerk Versorgung“ hat zum Ziel, den Wissenszuwachs sowie die Vernetzung zwischen den Arbeitsmedizinern und niedergelassenen Gastroenterologen und Rheumatologen im Großraum Rhein-Main-Neckar zu untersuchen. Hierzu wird auf eine Vorher-Nachher-Erhebung zurückgegriffen, bei der drei Gruppen miteinander verglichen werden:
- Gruppe 1 = Teilnahme an einer oder beiden Präsensveranstaltungen
- Gruppe 2 = Teilnahme an einer oder beiden Präsensveranstaltungen + einem oder beiden CME-Modulen
- Gruppe 3 = keine Teilnahme an den Fortbildungsveranstaltungen
Durch die Gruppe 3 (Kontrollgruppe) können die Effekte durch die Fortbildungsmaßnahme (z. B. Wissenszuwachs) als Effekte der Fortbildungsmaßnahmen verstanden und interpretiert werden.
Um den Erfolg der Fortbildungsmaßnahmen und deren nachhaltigen Effekt evaluieren zu können, findet die Befragungen zu mehreren Zeitpunkten statt (Vorher-Nachher-Erhebung):
- Befragung (T1) vor den Fortbildungsveranstaltungen
- Befragung (T2) nach den Fortbildungsveranstaltungen im September/Oktober 2015
- Befragung (T3) Mai/Juni 2016
Wir möchten alle herzlich einladen, an allen Befragungen zu den unterschiedlichen Zeitpunkten teilzunehmen, unabhängig von einer Teilnahme an den Fortbildungsveranstaltungen, damit das innovative Projekt erfolgreich evaluiert werden kann.
Der erste Fragebogen zum Zeitpunkt T1 liegt der Juli-Ausgabe der ASU bei und wird zusätzlich an ausgewählte Empfänger per Post versendet. Dem Fragebogen ist ein rückfrankierter Briefumschlag mit Adressaufschrift beigelegt, mit dem Sie den Fragebogen versenden können.
Ferner können Sie diesen Fragebogen zum Zeitpunkt T1 hier herunterladen und ausdrucken. Bitte senden Sie den ausgefüllten Fragebogen an:
Universitätsmedizin der Johannes Gutenberg-Universität Mainz
Institut für Arbeits-, Sozial- und Umweltmedizin
z. Hd. Frau Sandra Rieger
Obere Zahlbacher Straße 67
55131 Mainz
INFO
Dr. med. Lothar Meier
Prof. Dr. med. Rainer Wigand
- Mittwoch, 15. Juli
15:30–18:00 Uhr, Ludwigshafen - Mittwoch, 22. Juli,
15:00–17:30 Uhr, Mainz - Mittwoch, 2. September,
13:30–16:00 Uhr, Flughafen Frankfurt
Priv.-Doz. Dr. med. Sebastian Haag
Dr. med. Bernd Adami
- Mittwoch, 22. Juli,
15:00–17:30 Uhr, Mainz - Mittwoch, 9. September,
15:00–17:30 Uhr, Wiesbaden - Mittwoch, 23. September,
16:00–18:30 Uhr, Ludwigshafen
Anmeldungen formlos per E-Mail über
netzwerkversorgung@agentur-suess.de. Jede Fortbildung ist auf max. 15 Teilnehmer begrenzt. Dort erhalten Sie auch weitere Details zu obigen Fortbildungen.
Autor:
Günther Illert
Rheingauer Straße 49c
65343 Eltville
E-Mail: info@g-illert.de