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Gesetz zur Modernisierung von Versorgung und Pflege (DVPMG)

DGAUM fordert für Betriebsärztinnen und Betriebsärzte Anbindung und Finanzierung an die Telematikinfrastruktur
mit elektronischer Patientenakte

Die DGAUM nahm am 3. Dezember 2020 gegenüber dem Bundesministerium für Gesundheit zum Referentenentwurf eines Gesetzes zur Modernisierung von Versorgung und Pflege (Digitale Versorgung und Pflege-Modernisierungs-Gesetz – DVPMG) Stellung. Die Stellungnahme beruht auf einem von der DGAUM in Auftrag gegeben Rechtsgutachten.

  • Mit dem o. g. Gesetzesentwurf geht der Gesetzgeber nach dem „Digitale Versorgung-Gesetz (DVG)“ vom 09.12.2019 und dem „Gesetz zum Schutz elektronischer Patientendaten (PDSG)“ vom 14.10.2020 einen weiteren entscheidenden Schritt, um die Digitalisierung in der medizinischen Versorgung flächendeckend voranzutreiben. Dies sowie die Tatsache, dass in § 352 Nr. 1 und Nr. 18 SGB V Fachärzte für Arbeitsmedizin und Ärzte, die über die Zusatzbezeichnung „Betriebsmedizin“ verfügen (Betriebsärzte), Berücksichtigung gefunden haben, ist ausdrücklich zu begrüßen. Allerdings weisen derzeit die gesetzlichen Regelungen in Bezug auf die technische Anbindung der Betriebsärzte an die Telematik-Infrastruktur noch Lücken
    auf.
  • Zwar sind Betriebsärzte gemäß § 352 Nr. 1 SGB V, wenn sie in die Behandlung der Versicherten eingebunden sind, ebenso wie alle anderen Ärzte mit Einwilligung der Versicherten zu einem Zugriff berechtigt, der die Verarbeitung sämtlicher in § 341 Abs. 2 genannten Daten ermöglicht. Soweit Betriebsärzte außerhalb einer Tätigkeit nach § 352 Nr. 1 SGB V tätig sind, umfasst der ihnen mit Einwilligung der Versicherten ermöglichte Zugriff gemäß § 352 Nr. 18 SGB V das Auslesen, die Speicherung und die Verwendung aller Daten nach § 341 Abs. 2 SGB V sowie die Verarbeitung von Daten nach § 341 Abs. 2 Nr. 5 SGB V, also der Daten der elektronischen Impfdokumentation nach § 22 des Infektionsschutzgesetzes (IfSG).
  • Offen bleibt jedoch die Frage, wie die technische Anbindung der Betriebsärzte an die Telematikinfrastruktur praktisch erfolgen kann. Betriebsärzten, die nicht als Vertragsärzte niedergelassen sind, steht hierfür nicht die organisatorische Unterstützung zur Verfügung, wie sie die zuständige Kassenärztliche Vereinigung ihren Vertragsärzten oder die zuständige Krankenhausgesellschaft den an der Telematikinfrastruktur teilnehmenden Krankenhäusern bieten kann. Notwendig ist daher eine gesetzliche Regelung, die es auch Betriebsärzten ermöglicht, unter einfachen Voraussetzungen einen Zugang zur Telematikinfrastruktur zu erhalten.
  • Offen ist außerdem die Frage der Finanzierung: Ausweislich des Referentenentwurfs ist es dem Gesetzgeber bewusst, dass ein Anschluss an die Telematikinfrastruktur für jeden betroffenen Leistungserbringer entsprechende organisatorische und finanzielle Vorkehrungen erfordert. Dies will der Gesetzgeber in der Begründung zu dem durch das DVPMG neu einzuführenden § 360 Abs. 3 SGB V klarstellen.
  • Mit der elektronischen Patientenakte (ePA) besteht erstmals die Möglichkeit, medizinische Prävention fächer- und sektorenübergreifend zu denken und zu organisieren, um so die Schnittstelle zwischen kurativer Medizin und Arbeitsmedizin besser zu gestalten. Deshalb sind Betriebsärzte ebenso auf einen Zugang zur ePA angewiesen wie andere Leistungserbringer. Insbesondere ist auch für Betriebsärzte in derselben Weise wie für den ÖGD eine entsprechend organisierte und finanzierte Anbindung an die TI unabdingbar, wenn man das mit fast 45 Millionen Beschäftigten größte Präventionssetting in unserer Gesellschaft, die Arbeitswelt, erfolgreich nutzen will. Die vielfältigen Aufgaben der insgesamt 12 500 Betriebsärzte an der Schnittstelle zwischen „klassischem“ Arbeitsschutz sowie individuellen und betrieblichen Präventionsmaßnahmen nach dem SGB V lassen sich in einem digitalisierten Gesundheitswesen nicht mehr sinnvoll wahrnehmen, wenn keine Möglichkeit zur Einsicht in die ePA-Patientenakte besteht oder es an der notwendigen Finanzierung dafür fehlt.
  • Vor diesem Hintergrund schlägt die DGAUM vor, nach § 382 SGB V (der Regelung zur Finanzierung des TI-Anschlusses für den ÖGD) den folgenden § 382a SGB V aufzunehmen, da dieser rechtssystematisch passt:
  • (1) Zum Ausgleich der in § 376 Satz 1 genannten Ausstattungs- und Betriebskosten erhalten Fachärzte für Arbeitsmedizin und Ärzte, die über die Zusatzbezeichnung „Betriebsmedizin“ verfügen (Betriebsärzte), die in der Vereinbarung nach § 378 Abs. 2 in der jeweils geltenden Fassung für die an der vertragsärztlichen Versorgung teilnehmenden Leistungserbringer vereinbarten Erstattungen von den Krankenkassen.

    (2) Das Nähere zur Abrechnung der Erstattungen vereinbart der Spitzenverband Bund der Krankenkassen mit den für die Wahrnehmung der wirtschaftlichen Interessen maßgeblichen Vereinigungen zur Unterstützung von Betriebsärzten entsprechend § 132e Abs. 1 Satz 2.

    (3) § 132e Abs. 1 Satz 6 ff gelten entsprechend.

  • Der hier neu vorgeschlagene § 382a Abs. 1 SGB V sieht wie § 382 Abs. 1 SGB V für den ÖGD eine Finanzierung in der Höhe vor, wie sie nach § 378 Abs. 2 SGB V zwischen dem GKV-Spitzenverband und der Kassenärztlichen Bundesvereinigung für die Vertragsärzte zu vereinbaren ist. Soweit zur Abrechnung der Erstattungen nähere Regelungen zu treffen sind, orientiert sich der vorgeschlagene §382a Abs. 2 SGB V an den bereits vorhandenen Regelungen in den §§377 bis 382 SGB V, in denen jeweils eine Vereinbarung auf Bundesebene zwischen dem GKV-Spitzenverband und den jeweils maßgeblichen Spitzenorganisationen vorgesehen ist.
  • Da für die Betriebsärzte derzeit noch keine Spitzenorganisation existiert, schlagen wir Vereinbarungen mit den in § 132e Abs. 1 Satz 2 genannten Vereinigungen zur Unterstützung von Betriebsärzten vor. Federführend für die Verbände kann hier, entsprechend des beiliegenden Rechtsgutachtens, die DGAUM sein. Als wissenschaftlich-medizinische Fachgesellschaft vertritt sie in Forschung, Lehre und Versorgung die Fachgebiete Arbeitsmedizin und klinische Umweltmedizin in toto. Der Satzungszweck fordert die „Förderung des öffentlichen Gesundheitswesens und der öffentlichen Gesundheitspflege“ sowie die Mitwirkung „an der bestmöglichen arbeitsmedizinischen und umweltmedizinischen Betreuung der Bevölkerung“ (s. Artikel 2 Satzung DGAUM). Mit diesem Satzungsziel hebt die DGAUM sich deutlich insbesondere von berufsständischen Vereinigungen ab, die nicht dem Anspruch genügen müssen, dem gesamten Fachgebiet verpflichtet zu sein.
  • Prof. Dr. Hans Drexler

    Präsident der DGAUM

    Dr. Thomas Nesseler

    Hauptgeschäftsführer der DGAUM

    Die Stellungnahme und das zugrunde liegende Rechtsgutachten sind online einsehbar unter: www.dgaum.de/kommunikation/stellungnahmen/

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