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Replik der DGUV auf die Leserzuschriften in “ASU – Arbeitsmedizin Sozialmedizin Umweltmedizin“, Ausgaben 3 bis 5/2015

DGUV-Grundsätze für arbeits-medizinische Untersuchungen

Wie wohl kaum ein anderes arbeitsme-dizinisches Buch in den vergangenen Jahren, hat die 6. Auflage der DGUV-Grund-sätze die Aufmerksamkeit vieler Leser, Ins-titutionen, Vereinigungen und Verbände auf sich gezogen, wie man an den vielen Artikeln in der Zeitschrift „ASU – Arbeitsmedizin Sozialmedizin Umweltmedizin“ (3–5/2015) unschwer erkennen kann.

Einer Antwort voranzustellen sind der Dank und die Anerkennung an die vielen Kolleginnen und Kollegen, die die schwere Aufgabe, die Grundsätze über die Jahre zu dem zu machen, was sie heute noch sind, mit großem persönlichen und fachlichem Engagement gemeistert haben. Darum freuen wir uns natürlich über direktes Lob zu unserer Arbeit, wie z. B. „… Die mit viel Arbeit und sehr viel Aufwand erarbeiteten berufsgenossenschaftlichen Grundsätze sind ein wertvoller Erfahrungsschatz für arbeitsmedizinische Untersuchungen … .“ (Heger u. Nauert 2015), oder „…Während dieses Prozesses können Lehrbücher, Leit-linien und auch die hier vorliegenden Grund-sätze sehr hilfreich sein …“ und „… Daher hatten damals die Grundsätze als Orientierungshilfe ohne jeden Zweifel ihre hohe Berechtigung, weil nämlich ausreichend arbeitsmedizinisches Wissen bei den beauftragten Ärzten gar nicht vorhanden sein konnte“ (Drexler 2015).

Angekündigt wurde nach der Herausgabe der Grundsätze allerdings auch, „… dass in der Zeitschrift ASU unabhängig von-einander sowohl von der DGAUM als auch vom AfAMed kritische Stellungnahmen zu der 6. Auflage der ‚Grundsätze’ publiziert werden …“ (Nesseler 2015). Es lohnt sich hier anzumerken, dass wir keine Stellungnahme des AfAMed gefunden haben, wohl aber eine des AfAMed-Vorsitzenden, der zugleich auch Vizepräsident der DGAUM ist.

Andere kritische Anmerkungen betrafen und beschrieben das, was die Grundsätze nicht sind, sein wollen oder sein können. Die Grundsätze sind Empfehlungen zu Inhalten arbeitsmedizinischer Untersuchungen, nicht mehr und nicht weniger. Ein der Veröffentlichung der Neuauflage vorangegangener Artikel in dieser Zeitschrift hat dies sehr deutlich dargestellt (Kluckert u. Hedtmann 2014). „Die Weiterentwicklung der Arbeitsmedizin zu einem integrativen ärztlichem Handeln (nicht nur untersuchen, sondern auch beraten!)“ (Letzel 2015), muss dann Aufgabe anderer Instrumente sein. Ob Kritik an Dingen, die ein Produkt gar nicht aufweist, oder an Eigenschaften, die ein Produkt gar nicht aufweisen will, zielführend ist, mag jeder Leser für sich selbst entscheiden.

Auch die im Titel des eben zitierten Artikels behauptete Verwirrung können wir nicht nachvollziehen. Wir teilen eine solche Befürchtung auch nicht, denn die Ärztinnen und Ärzte, die die DGUV-Grundsätze in ihrer täglichen Praxis nutzen, sind nach ihrer mindestens elfjährigen Aus- und Weiter-bildung (die ja schon der Präsident der DGAUM betonte), sicher ohne weiteres in der Lage, zwischen einer Empfehlung und einer gesetzlichen Grundlage zu unterscheiden. Darüber hinaus entscheiden sie auch selbst über den Wert einer Empfehlung, worauf die hohe Zahl der verkauften Exemplare der Neuauflage vielleicht auch Rückschlüsse zulässt.

Ein Kritikpunkt, der in nahezu allen zi-tierten Artikeln zu finden ist, soll hier explizit aufgenommen werden. Es gibt in den DGUV-Grundsätzen nach wie vor Beurtei-lungskriterien. Das ist richtig. Nach Auffassung der DGUV e. V. muss ein Arzt auch bei der Durchführung einer Vorsorge nach ArbMedVV zu einem Ergebnis gelangen (s. § 6 Abs. 3 ArbMedVV). Er muss dieses Er-gebnis dem Beschäftigten mitteilen und auf dessen Wunsch auch aushändigen. Die Beurteilungskriterien können den Arzt oder die Ärztin unterstützen, zu einem solchen Er-gebnis zu gelangen. Explizit ist in der Neuauflage niedergelegt, dass die Bescheinigung keinerlei Aussagen darüber enthalten darf, ob und in welcher Form gesundheitliche Be-denken bestehen (vgl. DGUV-Grundsätze für arbeitsmedizinische Untersuchungen, 6. Auflage, Kap. 1.4.1, S. 21). Viele staatliche Rechtsvorschriften verlangen aber die Feststellung, ob gesundheitliche Bedenken bestehen (vgl. DruckLuftV, GesBergV, RöV, StrahlSchuV). Auch die AMR 14.1 „Angemessene Untersuchung der Augen und des Sehvermögens“, immerhin eine staatliche Regel mit Vermutungswirkung sagt, dass zu einer angemessenen Untersuchung der Augen eine ärztliche Beurteilung gehört.

Wichtig zu erwähnen ist, dass es tatsächlich an einigen wenigen Stellen fachlich begründete Kritik an den DGUV-Grundsätzen gibt. Diese Kritik haben wir gern und dankend aufgenommen. Natürlich werden entsprechende Berichtigungen in der nächsten Auflage oder im nächsten Nachdruck berücksichtigt. Denn eines war immer Anlie-gen der DGUV-Grundsätze: Sie wollten dem praktisch tätigen Betriebsarzt oder der Be-triebsärztin Handlungsempfehlungen zu arbeitsmedizinischen Untersuchungen im Sinne einer Best Practice an die Hand geben und dabei ihrem tradierten Versprechen, praxisnahe Hilfe zu sein, die über die Jahrzehnte gewachsen ist, gerecht werden. An-dererseits wird es wohl kein Fachbuch geben, zu dem es in einzelnen Punkten nicht abweichende Meinungen gibt. Man sollte daher an den wenigen diskussionswürdigen Stellen nicht die Generalkritik am Gesamtwerk festmachen.

Bei aller Kritik an den Grundsätzen soll-ten vor allen Dingen die kritisch auftreten-den Institutionen, Verbände und Personen bedenken, dass man in arbeitsmedizini-scher Praxis derzeit ohne die Grundsätze wenig hat, auf das man sich stützen kann. Auch das Nicht-Vorhandensein alternativer Werke taugt kaum zur Kritik am derzeitigen Standardwerk. Immerhin waren zahlreiche und namhafte Vertreter unseres und benach-barter Fachgebiete an seiner Erstellung engagiert beteiligt. Auf diese Expertinnen und Experten wird man auch in Zukunft kaum verzichten können.

Bereits mit der Herausgabe der sechsten Auflage haben wir unsere Bereitschaft deutlich bekundet, uns in eine gemeinsam getragene Neuauflage einzubringen. Denn eines ist sicher richtig: Wir sind ein kleines Fachgebiet, wir haben gemeinsame Ziele und wir werden es auch schaffen, zu gemeinsamen Empfehlungen zu kommen.

Literatur

Arbeitsmedizinische Regel „Angemessene Untersuchung der Augen und des Sehvermögens“ (AMR 14.1). GMBl Nr. 63 vom 17. Dezember 2013, S. 1264.

DGUV-Grundsätze für arbeitsmedizinische Unter-suchungen. 6. Aufl. Stuttgart: Gentner, 2014.

Drexler H: Stellungnahme der Deutschen Gesellschaft für Arbeitsmedizin und Umweltmedizin (DGAUM) zur Neuauflage der DGUV-Grund-sätze für arbeitsmedizinische Untersuchungen. ASU Arbeitsmed Sozialmed Umweltmed 2015; 3: 218–220.

Heger M, Nauert T: Stellungnahme der Vereini-gung Deutscher Gewerbeärzte e. V. zur Neuauflage der DGUV-Grundsätze für arbeitsmedizinische Untersuchungen. ASU Arbeitsmed Sozialmed Umweltmed 2015; 5: 371–373.

Kluckert M, Hedtmann J: Neuauflage erschienen – DGUV Grundsätze für arbeitsmedizinsiche Unter-suchungen. ASU Arbeitsmed Sozialmed Umwelt-med 2014; 12: 942–944.

Letzel S: DGUV Grundsätze für arbeitsmedizini-sche Untersuchungen – mehr Verwirrung als Nutzen; Stellungnahme des Vorsitzenden des AfAMed zur 6. vollständig neu bearbeiteten Auflage. ASU Arbeitsmed Sozialmed Umweltmed 2015; 5: 220–222.

Nesseler T: Die Neuauflage der „DGUV Grund-sätze für arbeitsmedizinische Untersuchungen in der Diskussion“. ASU Arbeitsmed Sozialmed Um-weltmed 2015; 3: 218.

    Autoren

    Dr. med. Matthias Kluckert

    Deutsche Gesetzliche Unfallversicherung (DGUV) e. V.

    Leiter des Ausschusses Arbeitsmedizin der Gesetzlichen Unfallversicherung

    c/o Berufsgenossenschaft Rohstoffe und chemische Industrie

    Kurfürstenanlage 62 – 69115 Heidelberg

    matthias.kluckert@bgrci.de

    Dr. med. Jörg Hedtmann

    Deutsche Gesetzliche Unfallversicherung (DGUV) e. V.

    Stv. Leiter des Ausschusses Arbeitsmedizin der Gesetzlichen Unfallversicherung

    c/o Berufsgenossenschaft für Transport und Verkehrswirtschaft

    Ottenser Hauptstraße 54 – 22765 Hamburg

    joerg.hedtmann@bg-verkehr.de

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