Gerade in Zeiten der Coronapandemie wird uns allen bewusst, dass unsere körperliche und psychische Gesundheit keine Selbstverständlichkeit ist. Ganz aktuell werden wir mit rasant steigenden Infektionszahlen konfrontiert. Unsicherheit und Angst gehören seit dem Frühjahr vermehrt zu unserem beruflichen Alltag.
Der plötzliche Wechsel ins Homeoffice bedeutete für viele einen Wegfall gewohnter und haltgebender Arbeitsstrukturen. Viele Eltern müssen von heute auf morgen gleichzeitig den Rollen als Erwerbstätige, Erzieherin/Erzieher und Lehrerin oder Lehrer gerecht werden – ein Spagat, der insbesondere bei längerer Dauer kaum zu bewältigen ist. Kurzarbeit, Arbeitslosigkeit und finanzielle Existenzängste verschärfen die psychischen Belastungen durch die Pandemie.
In der Pandemie wird klarer denn je: Arbeit ist eine essenzielle Ressource für unsere psychische Gesundheit. Doch gesundes Arbeiten ist nur möglich, wenn übermäßige psychische Belastungen am Arbeitsplatz vermieden werden und es belasteten Beschäftigten ermöglicht wird, unmittelbare und passende Hilfe zu erhalten.
Doch wie lässt sich der Zugang zu passenden psychotherapeutischen Hilfsangeboten in der Betriebspraxis gestalten? Wir freuen uns, dass wir als Bundespsychotherapeutenkammer in Zusammenarbeit mit dem langjährigen ASU-Redaktionsmitglied Dr. med. Andreas Bahemann die vorliegende Ausgabe mitgestalten durften, um Antworten auf diese Frage zu geben.
Zunächst diskutieren Dietrich Munz, Präsident der Bundespsychotherapeutenkammer, und Beate Mühlroth, wie sich das psychotherapeutische Angebot seit Reform der Psychotherapie-Richtlinie 2017 vervielfältigt hat. Ein schnellerer und niedrigschwelligerer Zugang zur ambulanten psychotherapeutischen Versorgung ist eine der elementaren Errungenschaften der letzten Jahre.
Einen konkreten Einblick in die betriebliche gesundheitsbezogene Prävention bietet Nadine Schuster, Leiterin der prevent.on GmbH. Ihr Beitrag diskutiert aus psychotherapeutischer und betriebsmedizinischer Perspektive, wie Mitarbeiterberatungsprogramme (Employee Assistance Programs) sinnvoll in betriebliche Strukturen eingebettet werden können.
Ulrike von Lersner gibt einen kleinen Exkurs sowie praktische Handlungsanweisungen zum Umgang mit kultureller Diversität in der Psychotherapie. Denn dass die deutsche Bevölkerung kulturell immer diverser wird, spielt auch in der psychosozialen Versorgung und im Therapieprozess selbst eine bedeutende Rolle.
Abgeschlossen wird der Themenschwerpunkt mit einem Artikel über die Rolle der Arbeit in der Psychotherapie. Nora Lessing, Marieke Hansmann und Christoph Kröger aus dem Institut für Psychologie an der Universität Hildesheim erklären, wie arbeitsplatzbezogene Faktoren und Interventionen in die Psychotherapie integriert und wie Störungen behandelt werden, die mit dem Arbeitsplatz im Zusammenhang stehen.
Ich wünsche Ihnen viele Gewinn bringende Erkenntnisse beim Lesen dieser Ausgabe und hoffe, dass Sie den einen oder anderen Gedankenanstoß für Ihre Arbeit mitnehmen werden.
Dr. rer. nat. Beate Mühlroth
Wissenschaftliche Referentin, Bundespsychotherapeutenkammer