Die Möglichkeiten des mobilen Arbeitens wurden durch digitale Technologien stark erweitert. Mobiles Arbeiten selbst ist nicht neu. Schon immer gab es Dienstleistungen ohne ortsgebundene Arbeitsplätze – angefangen bei Personen in der Brief-/Paketzustellung, über häusliche Pflegedienste bis hin zu Personen in der Servicetechnik. Durch einfache Bestellmöglichkeiten für die Kundschaft verzeichnen Kurierdienste hohe Zuwachsraten und die papierlose zentrale Datenhaltung ermöglicht auch, dass klassische Bürotätigkeiten an anderen Orten erledigt werden können.
Der Slogan „Arbeite wann und wo du willst“, mit dem mobile Arbeit oft beschrieben wird, passt nicht für alle Tätigkeiten, da eben zum Beispiel in der Pflege und bei Lieferdiensten Zeit und Ort in enge Grenzen gefasst sind. Ansätze, mobile Arbeit stärker in die Regelungen des Arbeitsschutzes einzubinden als über Arbeitsschutz- und Arbeitszeitgesetz, wurden und werden diskutiert. Neben den regulatorischen Aspekten kommt insgesamt der menschengerechten Gestaltung von Arbeit eine hohe Bedeutung zu. Digitale Technologien können Arbeitstätigkeiten unterstützen und als Werkzeug genutzt werden, sie können aber auch zu unerwünschten Beanspruchungen führen.
Das Thema dieses Hefts ist in einem Austausch der Vorstände der Deutschen Gesellschaft für Arbeitsmedizin und Umweltmedizin e.V. (DGAUM) und der Gesellschaft für Arbeitswissenschaft e.V. (GfA) entstanden. Beide Gesellschaften haben eine Vertiefung der Zusammenarbeit vereinbart. Schon in der Vergangenheit gab es viele Querverbindungen wie beispielsweise gegenseitige Kongressbesuche, was zukünftig noch verstärkt werden soll.
Durch Praxisbeiträge aus der GfA soll Digitalisierung und mobiles Arbeiten für die Leserschaft der ASU beleuchtet werden. Annette Hoppe et al. befassen sich in ihrem Beitrag mit Zukunftskonzepten durch Arbeitsforschung. Es wird aufgezeigt, welche Methoden zur Verfügung stehen, um Fragen wie „Welche innerbetrieblichen Prozesse sind im Zuge der Digitalisierung relevant und müssen den neuen Anforderungen entsprechend angepasst oder neu gestaltet werden?“ und „Welchen Einfluss hat die Digitalisierung und Technisierung auf die vorhandenen Arbeitssysteme und damit auf die Leistungsfähigkeit und Gesundheit von Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern?“ zu beantworten. Technikstress soll durch eine gute Gestaltung vermieden werden.
Sebastian Terstegen und Stephan Sandrock zeigen auf, wie eine produktive Arbeitsgestaltung mittels Künstlicher Intelligenz (KI) erfolgen kann. Sie erläutern, was unter KI zu verstehen ist und welche Auswirkungen auf das private Leben und die Arbeitswelt zu erwarten sind. Es wird beschrieben, welche Bedeutung Qualifizierung, Begleitung und Gesundheit bei der Implementierung von KI-Lösungen haben.
Wenn über Digitalisierung geredet wird, wird auch oft das Thema der Informationsüberflutung aufgegriffen. Gisa Junghans et al. beschreiben in ihrem Beitrag zu „Informationsüberflutung durch digitale Medien“ zunächst das Phänomen und kommen in ihrer Auswertung der BAuA-Arbeitszeitbefragung auf Zusammenhänge zwischen Informationsüberflutung und gesundheitlichen Beschwerden. In ihrem Ausblick stellen sie Gestaltungsansätze zur Vermeidung negativer Beanspruchungsfolgen durch Informationsüberflutung vor.
Ein Grundsatz ist die Integration von arbeitswissenschaftlichen Erkenntnissen bei der Gestaltung von Arbeitssystemen bereits in der Planungsphase (was z.B. im Betriebsverfassungsgesetz und der Arbeitsstättenverordnung auch explizit gefordert wird). Oliver Sträter et al. beschreiben, wie durch eine rechtzeitige arbeitswissenschaftliche Planung von digitalisierten Arbeitssystemen in der späteren Nutzungsphase psychische Fehlbeanspruchungen vermieden werden können.
Für die konkrete Nutzung neuer Technologien ermitteln Elisa Clauß und Anika Peschl Umsetzungsmöglichkeiten von mobiler Arbeit und Homeoffice im Produktionsbereich. Die Verlagerung von konventionellen Bürotätigkeiten in das Homeoffice hat in den letzten Monaten zwangsweise einen enormen Schub erhalten. In ihrem Beitrag wird beleuchtet, dass es durchaus auch Potenzial in bislang von mobiler Arbeit ausgeklammerten Bereichen gibt.
Patricia Tegtmeier und Bettina Lafrenz gehen auf die Arbeitsplatzgestaltung ein. Eine Kombination aus Notebook und Smartphone ergibt eben noch keinen aus arbeitswissenschaftlicher Sicht ausreichenden Arbeitsplatz. Zu den Arbeitsaufgaben müssen die Technikausstattung und eben auch die Arbeitsumgebung passen. Ob neue Technologien in Form von Assistenzsystemen unterstützen oder eher „nerven“, kann bereits in einem frühen Stadium der Produktentwicklung durch Untersuchungen zur Technologieakzeptanz eingeschätzt werden. Warum manche Produkte erfolgreich sind und manche nicht, kann damit ebenfalls erklärt werden.
Zum Abschluss der Beiträge zum Schwerpunkt Digitalisierung wird hierzu von Martin Schmauder und Carsten Jahn ein Technologieakzeptanzmodell vorgestellt.
Digitalisierung und mobiles Arbeiten werden ein Thema bleiben und auch in der ASU werden dazu in Zukunft weitere Beiträge erscheinen.
Ihr Martin Schmauder
TU Dresden, Professur Arbeitswissenschaft
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