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Zukunft Arbeitsmedizin: Fragen an Elisabeth Elsler

SL: Welche Auswirkung hat aus Ihrer Sicht die Digitalisierung auf die Arbeitswelt der nächsten 15 bis 20 Jahre?

Dr. med. Ulrike Elsler: Die Digitalisierung wird die Zukunft als so genannte VUCA-World (Volatilität, Ungewissheit, Komplexität und Ambiguität) entscheidend prägen. Prozesse werden im Arbeitsablauf beschleunigt, sowohl was Kommunikationswege als auch Produktionsprozesse angeht. Dadurch kommt es zu einer Flexibilisierung von Arbeitsort und eventuell auch Arbeitszeit. Die Komplexität von Arbeitsinhalten nimmt zu und weniger komplexe Arbeitsinhalte können durch automatisierte Prozesse ersetzt werden. Die Qualifikation der Mitarbeitenden muss entsprechend hoch sein. Die Anzahl weniger hoch qualifizierter Arbeitsplätze reduziert sich. Von den Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern ist eine erhöhte Eigenverantwortung, Selbstwirksamkeit und Regenerationsfähigkeit gefordert, um einer Entgrenzung von Berufs- und Privatleben entgegenzuwirken, die hohen Konzentrationsanforderungen zu bewältigen und die volatile Arbeitswelt für persönliche Weiterentwicklung nutzen zu können.

Auch die Rolle der Führungskräfte wird sich entsprechend anpassen müssen, um adäquate Rahmenbedingungen zu schaffen und auf individuelle Ressourcen eingehen zu können. Die Anforderungen an die Führungskräfte werden steigen, um neuartige Arbeitsformen wie beispielsweise Crowdworking, mobiles Arbeiten, Telearbeit und vermehrt internationale Teams zu leiten. Die Kommunikationswege werden zunehmend virtuell geprägt sein, was für das Individuum zu einer sozialen Isolation führen kann. Persönliche reale Kontakte werden an Bedeutung gewinnen.

Eine Herausforderung wird es sein, alle Generationen eines Teams in der sehr schnellen, digitalen Entwicklung mitzunehmen und einem Generationenkonflikt vorzubeugen. Die Digitalisierung bringt in allen Qualitäten Chancen und Risiken mit sich.

Das Interview wurden von Herrn Professor Stephan Letzel anlässlich des 60jährigen Jubiläums der Deutschen Gesellschaft für Arbeitsmedizin und Umweltmedizin (DGAUM) geführt und in der ASU-Ausgabe 04/2022 erstmals veröffentlicht.