Expositionsstudie zur arbeitsmedizinischen Bedeutung Ammoniak-assoziierter gesundheitlicher Effekte

Ziel der Studie: Das Ziel der Studie ist es, unter experimentellen Bedingungen “Konzentrations-Effekt-Beziehungen” einer inhalativen Ammoniakexposition zu untersuchen. Als Effekte interessieren vor allem Schleimhautirritationen, die aktuell empfundene Lästigkeit und Beschwerdeangaben. Kollektiv und Methoden: 43 gesunde Männer im Alter von 21 bis 47 Jahren werden an 5 Tagen in einer Expositionskammer über jeweils 4 Stunden gegenüber Ammoniakdampf in ansteigenden Luftkonzentrationen von 0 bis 50 ppm exponiert. Am vierten Tag erfolgen bei einer Expositionshöhe von 20 ppm zusätzlich zwei Expositionsspitzen von 40 ppm. 10 Teilnehmer sind beruflich in einer Produktionsanlage für Harnstoff gegenüber Ammoniak exponiert. Bei 6 Teilnehmern liegt eine unspezifische bronchiale Überempfindlichkeit vor. Die Probanden werden vor und unmittelbar nach jeder Exposition körperlich untersucht. Zur Erfassung einer konjunktivalen Reizung erfolgt eine Inspektion, Spaltlampenuntersuchung sowie quantitative Messung der Tränensekretion mit Fließpapierstreifen. Im Nasensekret werden die Konzentrationen der proinflammatorischen Interleukine IL-1β, IL-6 und Il-8 bestimmt. Die funktionsanalytischen Untersuchungen der Atemwege umfassen eine aktive anteriore Rhinomanometrie, Ganzkörperplethysmographie, Spirometrie, Flussvolumenkurve sowie eine inhalative Provokation zur Bestimmung der bronchialen Reagibilität. Die subjektiven Beschwerden werden regelmäßig mit skalierten Fragebögen erfasst. Weiterhin werden neuropsychologische Basisfunktionen (Konzentrationsleistung, Aufmerksamkeit, Reaktionszeit) bestimmt. Ergebnisse: An körperlichen Befunden fallen bei 9 % der ungewöhnten Probanden bei der höchsten Konzentration von 50 ppm eine leichtgradige Rötung der Konjunktiven auf. An den Nasen- und Rachenschleimhäuten werden keine auffälligen Änderungen festgestellt. Die Tränensekretion ist nicht gesteigert. Hinsichtlich der Zytokinkonzentrationen im Nasensekret (IL-1β, IL-6 und IL-8)
finden sich am Ende der Expositionswoche keine signifikanten Veränderungen oder gerichtete Tendenzen in den Messergebnissen. Bei den Lungenfunktionsparameter (Rtot, FEV 1, MEF 25—75), der nasalen Resistance und bronchialen Reagibilität sind weder im Tages- noch Wochenverlauf signifikante Änderungen im Sinne von gerichteten Konzentrations-Effekt-Beziehungen festzustellen. Auch bei Probanden mit hyperreagiblem Bronchialsystem nimmt die bronchiale Reagibilität nach Expositionsende nicht zu. Gesundheitliche Beschwerden werden mit ansteigender Konzentration vermehrt angegeben, bleiben jedoch im Tagesverlauf, d. h. bei konstanter Expositionshöhe weitgehend unverändert. Bei der höchsten Expositionsstufe (50 ppm) erreicht der Beschwerde-Summenscore auf einer Skala von 0 bis 5 im Durchschnitt eine Intensität von ca. 0,9 bei den Chemiearbeitern und ca. 1,2 bei Nichtgewöhnten. Expositionsabhängige Einschränkungen in den kognitiven Funktionen Konzentration, Aufmerksamkeit und Reaktionszeit sind nicht nachweisbar. Schlussfolgerungen: Ammoniakkonzentrationen bis zu 50 ppm über insgesamt vier Stunden verursachen, von wenigen Ausnahmen abgesehen, keine auffälligen oder objektivierbaren Schleimhauteffekte. Beschwerdeangaben und Lästigkeit nehmen mit steigender Ammoniakkonzentration zu. Ammoniak-gewöhnte Probanden geben weniger Beschwerden an und empfinden die Expositionen weniger lästig als Probanden ohne Gewöhnung. Die Expositionen haben keinen messbaren Einfluss auf neuropsychologische Basisfunktionen wie Konzentrationsleistung, Aufmerksamkeit und Reaktionszeit.