Kompensation altersbezogener Änderungen kognitiver Fähigkeiten — psychophysiologische Untersuchungsansätze

In der modernen Arbeitswelt werden kognitive Fähigkeiten zunehmend gefordert. Insbesondere für ältere Arbeitnehmer kann das zu einer Überforderung mit Konsequenzen für Gesundheit und Wohlbefinden führen, wenn die Arbeitsanforderungen die kognitiven Fähigkeiten übersteigen. Internationale Studien zeigen, dass es keine generelle kognitive Alterung gibt, sondern dass sich unterschiedliche kognitive Funktionen mit dem Alter unterschiedlich verändern. Bei einem großen Anteil Älterer bleiben kognitive Fähigkeiten bis ins hohe Lebensalter stabil, andere Fähigkeiten (z.B. Arbeitsgedächtnis, exekutive Kontrollfunktionen) verschlechtern sich mit zunehmendem Alter. Die Plastizität des Gehirns bietet dem Menschen im höheren Erwerbsalter die Möglichkeit, kognitive Defizite oder Verluste zu kompensieren. Dadurch werden Leistungsdefizite ausgeglichen und bestehende oder einmal vorgelegene Funktionsniveaus aufrechtgehalten. Kompensationsprozesse im Gehirn von Älteren, deren Auswirkung auf die, bei der Ausführung von Arbeitstätigkeiten geforderte, kognitive Leistungsfähigkeit sowie auf die dabei entstehenden “physiologischen Kosten“ können mit Hilfe von psychophysiologischen Methoden untersucht werden. Dabei sind neben Verhaltensdaten (z. B. Reaktionszeit, Fehlerrate) vor allem psychophysiologische Parameter der bioelektrischen Hirnaktivität und vegetative Parameter zu analysieren, um die Auswirkungen auf Wohlbefinden und Gesundheit einschätzen zu können. In der vorliegenden Arbeit werden, ausgehend vom internationalen Stand der Forschung, Befunde über altersbezogene Veränderungen kognitiver Fähigkeiten zusammengetragen und darauf aufbauend Prozesse der Kompensation beschrieben, die die Kompensationshypothese empirisch untermauern. Abschließend werden psychophysiologische Forschungsansätze zur Analyse von Kompensationsvorgängen auf neuronaler und vegetativer Ebene vorgestellt, die dazu beitragen können, Risiken für altersbedingte Beeinträchtigungen kognitiver Funktionen aufzuzeigen und Präventionsstrategien zum Erhalt sowie zur Förderung kognitiver Leistungsfähigkeit und Gesundheit zu entwickeln.