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Ist dies auch in Deutschland möglich?

Mindesthonorar-Empfehlung für externe Arbeitsmediziner durch die Österreichische Ärztekammer

Was ist in Österreich anders?

Die Österreichische Ärztekammer gibt seit vielen Jahren Empfehlungen heraus, wie hoch ein Mindesthonorar für externe bzw. frei arbeitende Arbeitsmediziner sein soll, um auch qualitativ hochwertige Arbeitsmedizin gewährleisten zu können. Diese Möglichkeit der Qualitätssicherung wäre für Deutschland ebenfalls hoch interessant. Denn in unserem Land unterbieten sich v. a. überbetriebliche Dienste gegenseitig, so dass sog. „Dumpingpreise“ für betriebsärztliche Leistungen angeboten werden, die es zumindest fraglich machen, ob eine qualitativ hochwertige betriebsärztliche Betreuung überhaupt gewährleistet werden kann. Dies steht im krassen Gegensatz zu den zu bewältigen Aufgaben im Betrieb, wie die Begegnung des demografischen Wandels mit einer Vielzahl von älteren, chronisch Kranken oder der hohen Zahl von Menschen mit psychischer Erkrankung u. v. m. Betriebsärzte sind durch ihren Beitrag den Unternehmen eine große Unterstützung.

Die Mindesthonorar-Tabelle der ÖÄK

Die österreichische Ärztekammer hat die Mindesthonorar-Empfehlung in Form einer jährlich aktualisierten Tabelle veröffentlicht (mittels eines Schreibens, das auch im Internet verfügbar ist; s. auch   Abb. 1 ).

Hintergründe zum Vorgehen

Die Anpassung der Honorarempfehlung erfolgt jährlich und orientiert sich unter anderem an der von der Österreichischen Nationalbank publizierten Prognose der EU-Kommission für den Harmonisierten Verbraucherpreisindex (HVPI).

Es handelt sich hier also nicht um verbindliche Regelungen, sondern um unverbindliche Empfehlungen, so dass es erfahrungsgemäß in der Praxis zu Abweichung kommen kann.

Laut der Österreichischen Ärztekammer, besteht die rechtliche Grundlage für die Mindesthonorar-Empfehlung für externe Arbeitsmediziner der Österreichischen Ärztekammer durch § 117b Abs. 2 Z 10 Ärztegesetz (siehe Auszug aus dem österreichischen Ärztegesetz, S. 453). Im eigenen Wirkungsbereich obliegt der Österreichischen Ärztekammer demnach, als gesetzliche Interessenvertretung der österreichischen Ärzte, die Erlassung von Empfehlungen über die Honorierung privatärztlicher Leistungen.

Gesetzesgrundlage für Mindesthonorar-Empfehlungen

Das österreichische Ärztegesetz stellt die rechtliche Grundlage der Empfehlung dar:

Auszug aus dem öster- reichischen Ärztegesetz:

§ 117b

(1) ...

(2) Im eigenen Wirkungsbereich obliegt der Österreichischen Ärztekammer die Erlassung insbesondere nachfolgender Verordnungen und sonstiger genereller Beschlüsse:

 1. Satzung,

 2. Geschäftsordnung,

 3. Umlagen- und Beitragsordnung,

 4. Verordnung über den Solidarfonds (§ 118),

 5. Verordnung über die Eignungsprüfung gemäß § 5a,

 6. Verordnung über die Prüfung zum Arzt für Allgemeinmedizin (§ 7 Abs. 5) und die Facharztprüfung (§ 8 Abs. 3),

 7. Verordnung über die Einhebung einer Bearbeitungsgebühr (§ 13b) für die Angelegenheiten gemäß §§ 12, 12a, 15 Abs. 2, 3 und 4, § 30 Abs. 2, § 39 Abs. 2 und § 40 Abs. 7 sowie für die Angelegenheiten gemäß §§ 14, 27 Abs. 11 und § 30 Abs. 2, jeweils jedoch nicht hinsichtlich Personen mit Bewilligungen gemäß §§ 32, 33 oder 35,

 8. Ärzteliste-Verordnung (§ 29 Abs. 3), jedoch nicht hinsichtlich Personen mit Bewilligungen gemäß §§ 32, 33 oder 35 und Dienstleistungserbringer gemäß § 37,

 9. Verordnung über die Ausgestaltung der ärztlichen Berufsausübung, insbesondere hinsichtlich der

 a) ärztlichen Fortbildung (§ 49) und Weiterbildung,

 b) Art und Form zulässiger ärztlicher Informationen in der Öffentlichkeit (§ 53 Abs. 4),

 c) hygienischen Anforderungen von Ordinationsstätten und Gruppenpraxen (§ 56 Abs. 1 Z 1), sofern nicht bundesrechtliche Vorschriften bestehen,

 d) Führung von ärztlichen Schildern (§ 56 Abs. 4),

 e) Lehr(gruppen)praxenführung und

 f) Zusammenarbeit mit der Pharma- und Medizinprodukteindustrie,

 10. Empfehlung über die angemessene Honorierung privatärztlicher Leistungen,

 11. Verordnung über Schlichtungen,

 12. Diäten-, Reisegebühren- und Aufwandsentschädigungsordnung,

 13. Jahresvoranschlag sowie

 14. Rechnungsabschluss.

Wie kam es zu dieser Recherche?

Die o. g. Empfehlung zur Festsetzung des „Mindesthonorars – Empfehlung für externe Arbeitsmediziner“ wurde der Bundesärztekammer vorgelegt, mit der Frage, ob die Bundesärztekammer nicht auch solche Empfehlungen aussprechen könne.

E-Mail-Anfrage eines Betriebsarztes:

„Ich möchte Ihnen gerne eine Frage bezüglich der arbeitsmedizinischen Vergütung in Deutschland stellen. Wie mir bei meiner Internetrecherche aufgefallen ist, gibt es in Österreich eine Empfehlung der Ärztekammer zu Mindeststundenlöhnen für die freie betriebsärztliche Betreuung von Betrieben (...).

Könnten Sie mir freundlicherweise sagen, warum dies in Deutschland so einfach nicht möglich ist? Mir fällt auf, dass viele arbeitsmedizinische Kollegen hierzulande Stundenlöhne von 60 bis 85 Euro berechnen. Das ist ja schon ein wesentlicher Unterschied zu Österreich. Hier scheint es also einen „freien Markt“ für Betriebsärzte zu geben, welcher auch zu einem Preisverfall führt, wohingegen die Österreichische Ärztekammer sich für einen einheitlichen Stundensatz für Betriebsärzte einsetzt, welcher genau dies verhindert.

Es wäre doch meines Erachtens für eine wirtschaftliche Sicherheit und adäquate Honorierung deutscher Betriebsärzte ähnlich sinnvoll und sollte doch eigentlich von einer Standesvertretung unterstützt werden. – Was meinen Sie?“

Situation in Deutschland

In Deutschland hat die Bundesärztekammer nicht die gesetzliche Legitimation über die Bundesärzteordnung erhalten, die Höhe eines Honorars im Sinne der Österreichischen Ärztekammer für privatärztlich tätige Betriebsärzte zu empfehlen.

Die Bundesärztekammer weist darüber hinaus jedoch darauf hin, dass Betriebsärztinnen bzw. Betriebsärzte neben Vergütungspauschalen auch die Gebührenordnung für Ärzte (GOÄ) unter Einhaltung der Schweigepflicht anwenden können. Die GOÄ kann problemlos bei großen Beschäftigtenzahlen angewendet werden, weil das „Aggregieren“ (Anonymisierung) von Daten hier gelingt. Bei kleinen Fallzahlen der Beschäftigten ist die Anwendung der GOÄ dem Betriebsarzt nicht möglich, da das Aggregieren nicht erfolgen kann und der Arbeitgeber anhand der Rechnung vulnerable Daten seinen Mitarbeitern zuordnen kann. Die Betriebsärztin bzw. der Betriebsarzt würde so die Schweigepflicht verletzen. Für diesen Fall wird weiterhin die Anwendung der Vergütungspauschale empfohlen.

Schlussbemerkung

Die derzeitige Rechtslage bietet also der Bundesärztekammer nicht die Möglichkeit, die Höhe eines Mindesthonorars zu empfehlen. Sie kann somit eine Empfehlung wie die österreichische Ärztekammer nicht aussprechen.

Solch eine Empfehlung wäre aber sinnvoll. Aber auch analog der Gebührenordnung für Ärzte, die vom Bundesministerium für Gesundheit erlassen wird, ist es denkbar, dass das Bundesministerium für Arbeit und Soziales im Rahmen seiner Regelungskompetenz diese Honorarempfehlungen treffen bzw. eine Gebührenordnung für betriebsärztliche Leistungen erlassen können, an die auch überbetriebliche Dienste gebunden sein sollten.

    Kommentar

    „Die ÖÄK Tarife sind für unser Arbeitsmedizinisches Zentrum sehr hilfreich, wir können sie auch oft umsetzen. Die Begründung der Stundensätze in der hohen Qualität unserer arbeitsmedizinischen Tätigkeit wird von den Unternehmen meist verstanden.“

    (Dr. med. Christine Klien, Fachärztin für Arbeitsmedizin, Bereichsleitung Arbeitsmedizin, ameco HEALTH PROFESSIONALS GMBH, Bregenz)

    Autorin

    Dr. med. A. E. Schoeller

    Fachärztin für Arbeits-/Umweltmedizin, Bereichsleiterin im Dezernat 5 – Versorgung und Kooperation mit Gesundheitsfachberufen

    Bundesärztekammer, Berlin

    annegret.schoeller@baek.de