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Psychosoziale Arbeitsbedingungen, Beanspruchungen und das Gesundheitsverhalten von Betriebsärztinnen und Betriebsärzten

Psychosoziale Arbeitsbedingungen, Beanspruchungen und das Gesundheitsverhalten von Betriebsärztinnen und Betriebsärzten

Einleitung: Die Anforderungen an Betriebsärztinnen und -ärzte bei der Arbeit ha-ben sich durch komplexe Konstellationen wie Mobbing, Demografiesicherheit und psychische Gesunderhaltung verändert. Der Verband Deutscher Betriebs- und Werksärzte (VDBW) hat Interesse an der Kenntnis der Arbeitssituation von Betriebsärzten. Er hat die Forderung nach einem gesundheitsgerechten Berufsalltag aufgestellt und will ggf. selbst unterstützend tätig werden.

Methode: Im Jahr 2012 hat der VDBW in Kooperation mit der Freiburger Forschungsstelle Arbeits- und Sozialmedizin (FFAS) die Durchführung einer empirischen Studie zur Situation seiner rund 2300 online erreichbaren Mitglieder durchgeführt. Als Zuwendungsprojekt F2315 wurde die Studie von der Bundesanstalt für Arbeitsschutz und Arbeitsmedizin (BAuA) gefördert. Die Basis der online durchgeführten Mitgliederbefragung bildete das Copenhagen Psychosocial Questionnaire (COPSOQ) in der deutschen Standardversion.

Ergebnisse: An der Befragung haben 777 Betriebsärztinnen und -ärzte teil-genommen, was rund 34 % der erreichten Mitglieder entspricht. Die Unter-suchung zeichnet tendenziell günstige Arbeitsbedingungen, gemessen an den beiden Vergleichsgruppen aus der COPSOQ-Referenzdatenbank der FFAS (Ärzte in Krankenhäusern und der Durchschnitt der Berufe in Deutschland). Das gilt z. B. mit Blick auf Spielräume bei Urlaub und Pausen, bei fachlichen Entfaltungspotenzialen und der Arbeitsplatzsicherheit. Ungünstig werden das verbreitete „Einzelkämpfer-Dasein“, geringe gesellschaftliche Ankerkennung des Berufs und praxisferne Vorgaben erlebt. Das Gesundheitsverhalten der Befragten ist insgesamt überdurchschnittlich gut. Die Studie kann in statisti-schen Modellen (lineare Regressionen) zeigen, dass positive Belastungsfaktoren negativen Einflüssen kompensatorisch entgegenwirken können. Rund die Hälfte der Befragten kann sich vorstellen, dass der VDBW seine Verbands-mitglieder bei der persönlichen Gesundheitsfürsorge und insbesondere Thema „Stressabbau“ selbst Angebote organisiert.

Schlussfolgerungen: Die Studie knüpft an die Ergebnisse vorangehender Untersuchungen an. Sie zeigt wichtige Ansatzpunkte für Aktivitäten des Berufsverbands auf. Die befragten Betriebsärzte können insgesamt durch Eigenprävention bei Beschäftigten als glaubwürdige Botschafter des Präventionsgedankens auftreten. Auf der Grundlage der Studie kann der VDBW sie gleichfalls bei der gezielten Weiterentwicklung ihrer Kompetenzen unterstützen.

Schlüsselwörter: psychische Belastungen – Gesundheit – Prävention – Befragung – COPSOQ

Psychosocial strain at work, work-related state of health and the health behaviour of company physicians

Introduction: Dealing with complex situations such as bullying, demographic security and maintaining mental health has brought about a change in the requirements for occupational health physicians. The Professional Association of German Occupational Physicians (VDBW) is concerned about the workplace situation of its members and occupational physicians in general. The VDBW has raised the demand for a health-oriented professional life for its members and is willing to provide support if necessary.

Methods: In 2012, the VDBW, in cooperation with the Freiburg Research Centre for Occupational and Social Medicine (FFAS), carried out an empirical study on the situation of approximately 2,300 of its members who are accessible online. As a grant project, F2315, the study was promoted by the Federal Institute for Occupational Safety and Health (BAuA). The basis for the online survey was the Copenhagen Psychosocial Questionnaire (COPSOQ) in the German standard version.

Results: 777 occupational health physicians participated in the survey, representing approximately 34 % of the VDBW members who were contacted. Favourable working conditions were found in the study in relation to the two reference groups from the COPSOQ reference database of FFAS (doctors in hospitals and the average of all professions in Germany). This applies, for example, to the degree of freedom to take vacations and breaks, the potential for professional development and job security. Unfavourable factors included the common notion of working as a “lone warrior”, poor social recognition of the profession and impracticable rules required by law. The health behaviour of the respondents as a whole is above average. Using statistical models (linear regressions), the study is able to show that positive factors can compensate negative work-related influences on health. About half of the respondents can imagine that the VDBW supports its members in their personal health behaviour and also organises measures for “stress reduction” in particular.

Conclusions: The results of the study can be linked to the results of former studies. They show important points of action for the professional association of occupational physicians. In summary, by promoting their own health, the company physicians surveyed can be credible messengers of the idea of prevention for the other employees. At the same time, the study can help the VDBW to support its members in developing their professional skills.

Keywords: Psychosocial strain – health – prevention – survey – COPSOQ

M. Nübling1

H.-J. Lincke1

A. Wahl-Wachendorf2

R. Jurkschat2

W. Panter2

(eingegangen am 12. 12. 2013, angenommen am 09. 05. 2014)

Das Hauptziel der vorliegenden Studie ist die differenzierte Erfassung der Belastungen und Beanspruchungen von Betriebsärzten bei der Arbeit, ihres Gesundheitsverhaltens und der Unterstützungswünsche zur Gesundheitsprävention an den Verband Deutscher Betriebs- und Werksärzte (VDBW).

Die globalisierte Wirtschaft hat die Arbeitswelt in den letzten Jahren rasant verändert. Von den Beschäftigten werden zunehmend zeitliche und örtliche Flexibilität, hohe Belastbarkeit sowie soziale Kompetenzen als Schlüsselqualifikationen eingefordert (Badura et al. 2012). Man schätzt, dass die finanziellen Kosten der damit verbunde-nen psychischen Beschwerden in derselben Größenordnung liegen wie die Kosten mehrerer Diagnosegruppen körperlicher Beschwer-den zusammengenommen. Lohnfortzahlungen, Krankengeldzahlun-gen, Behandlungskosten, Rehabilitationskosten und Berentungen summieren sich zusammen mit den volks- und betriebswirtschaft-lichen Einbußen zu Beträgen in Milliardenhöhe. Schließlich gehen psychische Erkrankungen mit langen Ausfallzeiten einher: Bei Atem-wegserkrankungen fehlen Beschäftigte im Durchschnitt etwa 6 Tage, bei psychischen Diagnosen sind es durchschnittlich etwa 20 Tage (Meyer et al. 2012). Der Schutz vor arbeitsbedingten psychischen Beschwerden ist daher eines der zentralen Ziele der Gemeinsamen Deutschen Arbeitsschutzstrategie (GDA) von Bund, Ländern und Unfallversicherungsträgern 2013–2018 (http://www.gda-portal.de). Auch die gesetzlichen Krankenkassen haben die Reduktion psychischer Störungen längst als Präventionsziel definiert (Bödeker 2008).

In der betrieblichen Praxis sind Betriebsärzte diejenigen, die vom Gesetzgeber, den Unternehmen und den Arbeitnehmern für die Kontrolle arbeitsbedingter Belastungsfaktoren und Beanspruchun-gen in den Betrieben verantwortlich gesehen werden. Ihr Anforde-rungsspektrum hat sich mit der Arbeitswelt verändert. Vereinfacht gesagt, hat sich ihr Tätigkeitsfeld vom Schutz vor körperlichen Belastungsfolgen und Unfällen verstärkt zur Bearbeitung komplexer Konstellationen wie Mobbing, Demografiesicherheit und psychi-schen Belastungen entwickelt. Betriebsärzte haben sich dabei an gesetzliche Regelungen wie das Arbeitsschutzgesetz und Arbeitssicherheitsgesetz zu halten und stehen zugleich von mehreren Seiten unter Druck. Erstens müssen sie gegenüber den verschiedenen Interessensgruppen im Betrieb die Grenzen ihrer Zuständigkeit behaupten; zweitens ist es üblich geworden, dass sie „unter Zeitnot, also der Unmöglichkeit [handeln], mit den Gestaltern und Ausführern der Arbeit in der Dichte zu kommunizieren, die Verhalten über den Einzelfall hinaus nachhaltig prägen könnte“ (Gensch 2011).

Es gibt aber gleichwohl Hinweise, dass sich Betriebsärzte nicht nur passiv äußeren Anforderungen ausgesetzt sehen, sondern selbst aktiv an einem neuen Rollenverständnis arbeiten. Sie sehen sich z. B. als Protagonisten eines Berufsbilds, das über den Arbeitsplatz hinausreicht: „Viele denken bei Arbeitsmedizin noch immer an die Bergarbeiterlunge. Doch heute geht es um mehr als um Gefährdungs- und Unfallvermeidung im Unternehmen. Heute sorgt sich der Betriebsarzt gleichermaßen um den Erhalt der Beschäftigungsfähigkeit der Mitarbeiter und überlegt prospektiv, was im Sinne der Gesundheit für die Beschäftigten und das Unternehmen getan werden kann. Der Betriebsarzt erreicht zudem Bevölkerungsgruppen, in denen das präventive Bewusstsein nicht besonders ausgeprägt ist“ (Panter 2010b). Die Möglichkeit, Betriebe zu einem umfassenden Gesundheitsmanagement zu motivieren, bleibt jedoch meist auf die „Ermutigung“ beschränkt (Bödeker 2008). Einerlei, ob Betriebsärzte als selbständige Unternehmer tätig oder abhängig beschäftigt sind, arbeiten sie damit in einem spannungsreichen Feld und sind durch die eingangs beschriebenen allgemeinen Veränderungen der Arbeitswelt selbst gesundheitlichen Belastungen ausgesetzt. Leistungsdruck, lange Arbeitszeiten und Arbeitsverdichtung betreffen das Gesundheitswesen im Allgemeinen und die Betriebsärzte im Besonderen. Die Zunahme fachfremder (Verwaltungs-)Tätigkeiten, externe Vorgaben und Kontrollen oder eine unzureichende organisatorische Einbindung werden immer wieder beklagt. Folgen können u. a. Stress, Angst, Erschöpfung, Selbstzweifel und Frustrationen sein und damit verbundene negative gesundheitliche Beanspruchungen bis hin zu manifesten Krankheitsbildern wie der Depression (Hasselhorn et al. 2007; Nübling et al. 2007). Vor diesem spannungsreichen Hintergrund stellt sich die Frage, wie es Betriebsärzten denn eigentlich geht?

Der VDBW mit seinen rund 3000 Mitgliedern hat ein starkes Interesse an der Auseinandersetzung mit der beruflichen Situation von Betriebsärzten. Als Berufsverband hat er die Forderung nach einem „gesundheitsgerechteren Berufsalltag von Ärzten“ und einem Umsteuern auf allen politischen Ebenen aufgestellt. In diesem Rahmen sollen auch die Arbeitsbelastungen von Betriebsärzten ermittelt und die eigenen Mitglieder anschließend bei der Förderung und Erhaltung ihrer eigenen Gesundheit unterstützt werden. Als wichtiger Nebeneffekt eines guten persönlichen Gesundheitsverhaltens von Betriebsärzten gilt eine glaubhafte Beratung der Beschäftigten. Die Logik ist: „Nur wenn [die Betriebsärzte] selbst gesund sind, können sie Patienten qualifiziert behandeln“ (Panter 2010a).

Methode

COPSOQ-Befragung mit berufsspezifischen Ergänzungen

Im Jahr 2012 führte der VDBW in Kooperation mit der Freiburger Forschungsstelle Arbeits- und Sozialmedizin (FFAS) eine empirische Studie zur Situation seiner rund 2300 online erreichbaren Mitglieder durch. Als Zuwendungsprojekt F2315 wurde die Studie von der Bundesanstalt für Arbeitsschutz und Arbeitsmedizin (BAuA) gefördert. Sie umfasst folgende Themen:

  • berufliche Belastungsfaktoren, Ressourcen und Beanspruchen von Betriebsärzten,
  • gesundheitliche Situation, Kompetenzen und Präventionsverhalten der Mitglieder,
  • Wünsche zur Unterstützung der eigenen Gesundheitsprävention durch den VDBW.

Die Basis für die online durchgeführte Mitgliederbefragung bildete das Copenhagen Psychosocial Questionnaire (COPSOQ) in der deutschen Standardversion. Es handelt sich hierbei um ein reliables und in der Praxis bewährtes Fragebogeninstrument, das von der FFAS im Auftrag der BAuA 2003–2005 an einer großen Stichprobe (n = 2500) aus unterschiedlichen Berufsgruppen erprobt und umfassend psychometrisch validiert wurde (Nübling et al. 2005, 2010). Der Kern des Fragebogens ist das arbeitsmedizinische Modell einer Ursache-Wirkungs-Beziehung zwischen Arbeitsbedingungen und den Reaktionen der arbeitenden Menschen (Belastungs-Beanspruchungs-Modell). Die Fragen werden überwiegend auf fünfstufigen Likert-Skalen beantwortet, wobei den fünf Stufen Punktwerte zwischen 0 und 100 zugeordnet sind (Lincke et al. 2013).

Für die Studie zur Gesundheit von Betriebsärzten wurde auf einige der COPSOQ-Skalen verzichtet, um bei gleichbleibender Ausfülldauer Items zum Gesundheitsverhalten aufnehmen zu können. Die Messung des Gesundheitszustands und -verhaltens der Betriebsärzte erfolgte mit einer Auswahl von Items aus dem SF12 v.2 (Nübling et al. 2006) und dem sozioökonomischen Panel SOEP (Wagner et al. 2008). Zudem konnten gezielt Fragen zu berufsspezifischen Belastungen aufgenommen werden, die sich in einer vorangehenden Studie bei Betriebsärzten als besonders relevant erwiesen haben. Das sind z. B. die Unsicherheit, der Konkurrenzdruck und die Wertschätzung der Arbeit (Hasselhorn et al. 2007; Nübling et al. 2007). Zur späteren Differenzierung der Ergebnisse kamen Strukturvariablen zur Weiterbildung, der Art und Dauer der Beschäftigung, Größe der betreuten Betriebe und zur Standardsoziodemografie hinzu (Statistisches Bundesamt 2004).

Mit Blick auf die Agenda des VDBW als Berufsverband wurden Erwartungen der Mitglieder hinsichtlich Gesundheitsförderung und -prävention erfragt. Items aus dem Work Ability Index (WAI) geben Auskunft darüber, inwiefern die fortgesetzte Ausübung der Arbeit für möglich gehalten wird (Hasselhorn u. Freude 2007).

Nach erfolgreichem Pretest und finalen Anpassungen des Frage-bogens konnte die Online-Erhebung vom 16. 04. – 30. 05. 2012 durch-geführt werden. Die Teilnahme war freiwillig und anonym. Information und Werbung lagen beim VDBW. Als Anreiz für die Teilnahme erhielten alle Befragten u. a. ein Direktfeedback mit Gegenüberstellung ihrer persönlichen Werte und den COPSOQ-Durchschnittswerten für alle Beschäftigten aus der Referenzdatenbank der FFAS.

Vergleichende Auswertung der Befragungsdaten

Durch den langjährigen Einsatz des COPSOQ liegt heute eine umfangreiche Datenbank mit Referenzwerten für unterschiedliche Berufsgruppen vor. Der Vergleich der Werte für die Betriebsärzte im VDBW mit den Werten für andere Berufsgruppen verleiht den Ergebnissen eine besondere Aussagekraft. Er ermöglicht über den stichprobeninternen Vergleich hinaus Aussagen darüber, ob Belastungs- und Beanspruchungswerte der Betriebsärzte über- oder unterdurchschnittlich günstig bzw. ungünstig zu bewerten sind. Folgende Vergleichsgruppen wurden aus der COPSOQ-Datenbank ausgewählt:

  • Ärzte in Krankenhäusern, die in verschiedenen Untersuchungen den COPSOQ-Fragebogen ausgefüllt haben (n = ca. 1500),
  • die Gesamtheit aller im Jahr 2011 in der COPSOQ-Datenbank vorhandenen Beschäftigten, gewichtet nach der Verteilung der Berufsgruppen in Deutschland (n > ca. 35.000),
  • Betriebsärzte aus einer Befragung von 2005 mit n = ca. 350 (Hasselhorn et al. 2007; Nübling et al. 2007), die nur summarisch zum Vergleich herangezogen werden,
  • eine repräsentative Bevölkerungsstichprobe des sozioökonomischen Panels (SOEP) mit rund 21 000 Befragten über 18 Jahre zur Analyse der gesundheitlichen Situation und des Gesundheitsverhaltens der Befragten.

Die statistische Analyse der erhobenen Daten erfolgte mit dem Software-Paket SPSS. Sie umfasste Häufigkeitsauszählungen und Verteilungskennwerte (Mittelwerte und Standardabweichungen), Vergleiche zwischen Subgruppen (Mittelwertvergleiche, Varianz-analysen, Korrelationskoeffizienten) und die Berechung von Zusammenhangsmodellen zu Belastungen und Beanspruchungen (lineare Regression, Variableneinschluss „forward stepwise“). Im Folgenden dargestellt wird das Modell zur statistischen Erklärung des Auftretens von Burnout-Symptomen nach dem CBI (Copenhagen Burnout Inventory). Weitere, hier nicht aufgeführte Modelle betrafen die Arbeitszufriedenheit und den Gedanken an die Berufsaufgabe. Der Anteil der durch das Modell erklärten Varianz am CBI ist 53 % (R2) relativ hoch. Im Zuge der Datenaufbereitung wurden für die weitere Analyse alle Variablen einheitlich auf die Werte 0–100 neu skaliert.

Ergebnisse

Struktur der Stichprobe

Die Gesamtpopulation der über elektronische Medien erreichbaren Mitglieder des VDBW umfasst zum Zeitpunkt der Befragung 2285 Betriebsärzte. Davon haben 777 Betriebsärzte teilgenommen. Das entspricht einer Beteiligung bzw. einem Rücklauf von 34 % der Mitglieder.

Mit 51 % sind Frauen unter den Befragten knapp in der Mehrheit. Verglichen mit der Verteilung der Geschlechter laut Mitgliederdatei des VDBW (dort sind 41 % weiblich), sind damit Betriebsärztinnen gegenüber den Betriebsärzten in der Befragung um 10 % überrepräsentiert. Rund 37 % der Befragten sind unter 50 Jahre alt, 47 % sind im Alter zwischen 50 und 59 Jahren und 16 % sind 60 Jahre und älter. Bezogen auf die Daten aus der Mitgliederstatistik des VDBW sind in der Erhebung die jüngeren Mitglieder etwas überrepräsentiert, was sicherlich mit einer altersabhängigen Affinität zu Online-Befragungen einerseits und dem Thema „Belastungen bei der Arbeit“ andererseits zu tun hat, das im Ruhestand befindliche Mitglieder nicht berührt.

Weniger als 10 % der befragten Betriebsärzte sind gänzlich oder vor allem in Betrieben mit bis zu 50 Beschäftigten tätig. Etwa gleich viele (17 bzw. 15 %) arbeiten jeweils (vor allem) in Betrieben mit bis zu 250 bzw. bis zu 1000 Beschäftigten. Mehr als ein Drittel betreut vornehmlich Großbetriebe mit über 1000 Beschäftigten. Ein Fünftel der Befragten ist für ein heterogenes Spektrum von Betriebsgrößen zuständig. Fast ein Drittel ist selbständig tätig, während 40 % beim werksärztlichen Dienst eines Betriebs angestellt sind und rund 30 % überbetrieblichen Dienstleister arbeiten.

Die häufigste formale Qualifikation ist bei fast drei Viertel der Befragten der Facharzt für Arbeitsmedizin. Rund die Hälfte der Befragten trägt die Zusatzbezeichnung Betriebsmedizin. Ein Drittel arbeitet bereits seit 5–14 Jahren, fast 40 % bis zu 24 Jahre und ein Fünftel ist bereits seit 25 Jahren und länger der Profession treu. Weniger als jeder zehnte Befragte ist noch unter fünf Jahren im Beruf tätig. Über 90 % der Teilnehmer geben an, dass sie ihre Tätigkeit derzeit hauptberuflich ausüben. Rund drei Viertel arbeiten Vollzeit mit 35 Stunden/Woche und mehr.

Belastungen und Beanspruchungen

Die Mittelwerte der COPSOQ-Skalen bei den VDBW-Mitgliedern werden neben denen der Vergleichsgruppen auf einer Skala von 0–100 abgebildet. Differenzen ab drei Punkten bilden die untere Grenze für spürbare Effekte (i. d. R. 0,2 Effektstärken), so dass dar-über hinausreichende Unterschiede von zunehmender Relevanz sind. Die COPSOQ-Ergebnisse wurden für die in  Tabelle 1 abgebildeten Subgruppen differenziert ausgewertet.

Bei den quantitativen und emotionalen Arbeitsanforderungen liegt der Mittelwert der Betriebsärzte über dem Niveau aller Berufsgruppen, aber deutlich günstiger als die Werte von Ärzten in Krankenhäusern (jeweils aus der COPSOQ-Datenbank). Das Verbergen von Gefühlen wird bei den Betriebsärzten sogar im Vergleich zu beiden Referenzgruppen als weniger belastend eingestuft. Bei der Vereinbarkeit von Arbeit und Privatleben weichen sie kaum vom Durchschnitt aller Beschäftigten ab, liegen damit aber auf einem sehr viel günstigeren Niveau als ihre ärztlichen Kollegen, die in Krankenhäusern arbeiten.

Insbesondere die quantitativen Anforderungen variieren innerhalb der Gruppe der befragten Betriebsärzte beträchtlich. Sie fallen bei den angestellten Betriebsärzten um rund 10 Punkte höher aus als bei den selbständigen (61 zu 53 Punkte). Sie sind außerdem bei hauptberuflich Tätigen höher als bei nebenberuflichen (60 zu 43 Punkte), bei Vollzeit arbeitenden höher als bei den Gruppen der in Teilzeit arbeitenden (61 zu 54 bzw. 35 Punkte) und bei Befragten, die eine Facharztausbildung absolviert haben, liegen sie höher als bei anderen Befragten (60 zu 55 Punkte).

Betrachtet man das Lebensalter der Befragten, so beträgt der Mittelwert für die quantitativen Anforderungen bei den unter 40-Jährigen 56 Punkte, bei den 40- bis 59-Jährigen um 60 Punkte und tendiert bei den über 60-Jährigen zu 50 Punkten. Selbständige Betriebsärzte sind zu einem großen Teil (30 %) in der Gruppe der über 60-Jährigen zu finden, und der Anteil der Ärzte mit Facharzttitel nimmt mit der Dauer der Berufstätigkeit zu (ab fünf Jahren Berufs-tätigkeit fast 80 %). Die Mittelwertunterschiede zu Vereinbarkeits-konflikten (Work-Privacy) sind in der Gruppe der 40- bis 60-Jährigen höher als bei den jüngeren und älteren Befragten (um 46 Punkte gegenüber 40 Punkten) und bei vollzeitbeschäftigten Betriebsärzten mit 47 Punkten höher als bei den Teilzeitgruppen (47 zu 38 bzw. 20 Punkte). Unterschiede bei den emotionalen Anforderungen hängen stark mit der Größe der betreuten Betriebe zusammen. Sie betragen 51 Punkte, wenn es sich überwiegend um Betriebe bis 50 Beschäftigte handelt und 61 Punkte bei Betrieben mit über 1000 Beschäftigten. Für alle übrigen Größen liegt der mittlere Wert um 55 Punkte ( Abb. 1).

Der Entscheidungsspielraum hinsichtlich Pausen und Urlaub ist bei Betriebsärzten insgesamt gesehen sehr hoch, und auch bei den Entwicklungsmöglichkeiten weisen sie höhere Mittelwerte als die Vergleichsgruppen auf. Anders als die Krankenhausärzte, messen sie ihrer Arbeit allerdings keine überdurchschnittlich hohe Bedeutung zu.

Innerhalb der Gruppe der Betriebsärzte wächst der Entscheidungsspielraum mit der Dauer der Berufsausübung. Bei unter 5 Jahren werden 56 Punkte erreicht, während die Befragten, die bereits 25 und mehr Jahre tätig sind, einen Wert von 72 Punkten aufweisen. Dazwischen ist ein kontinuier-licher Anstieg des Mittelwerts zu beobachten. Dementsprechend geben Ärzte in Ausbildung an, über weniger Entscheidungsspielräume zu verfügen als die anderen (56 zu 68 Punkte).

Die Sorge um den Verlust des Arbeitsplatzes treibt die befragten Betriebsärzte nur in geringem Maß um – sowohl auf die Ärzte im Krankenhaus bezogen als auch auf den Querschnitt aller Berufe in Deutschland ( Abb. 2).

Mit Ausnahme der Quantität sozialer Beziehungen werden Aspekte der Führung und der Zusammenarbeit entweder nahe-zu gleich bewertet (Rollenklarheit, Rollenkonflikte, Führungsqualität, soziale Unterstützung) oder sogar günstiger (Mobbing-Item) als es für den Querschnitt aller Berufe und Ärzten im Krankenhaus der Fall ist. Der geringe Umfang an sozialen Beziehungen während der Arbeit spiegelt die besondere Position der Betriebsärzte in den Unternehmen wider, die oftmals damit verbunden ist, auf sich allein gestellt zu arbeiten.

Auf der Skala zur Quantität der sozialen Beziehungen haben selbständige sowie bei Dienstleistern angestellte Betriebsärzte einen deutlich ungünstigeren Mittelwert als diejenigen, die direkt bei einem Betrieb ange-stellt sind (39 gegenüber 49 Punkte). Analog dazu verhalten sich die Bewertungen nach Betriebsgröße: Bei der Betreuung von Betrieben mit über 1000 Beschäftigten sind die Kontaktmöglichkeiten zu anderen Betriebsärzten mit 47 Punkten im Durchschnitt besser als in den übrigen Fällen (zwischen 30 und 37 Punkte).

Die Klarheit über die eigenen Befugnisse (Rollenklarheit) nimmt mit der Zahl der Berufsjahre zu. Diejenigen, die ihrem Beruf weniger als 5 Jahre nachgehen, markieren mit 66 Punkten das untere Ende der Spanne, während bei 25 und mehr Jahren mit 78 Punkten das obere Ende erreicht wird ( Abb. 3).

Die Auswertung der zusätzlichen, für Betriebsärzte typischen Belastungsfaktoren belegt, dass sie ihre Alleinstellung in Betrieben häufig als Einzelkämpferdasein erleben und damit negativ belastend empfinden. Die geringe gesellschaftliche Anerkennung ihres Berufs und die häufig als praxisfremd wahrgenommenen Vorgaben werden in ähnlicher Weise kritisiert. Innerbetrieblich begründete Faktoren wie die geringe Anerkennung, fachfremde Aufgaben und die Konkurrenz anderer Akteure sind dagegen weniger belastend. Die unmittelbare Konkurrenz durch andere Betriebsärzte scheint nur in geringem Umfang als Herausforderung auf. Von einer Situation der hohen wirtschaftlichen Unsicherheit mögen am Ende der Skala nur sehr wenige Befragte sprechen – das gilt dabei für die abhängig beschäftigten Betriebsärzte in höherem Maße als für die selbständigen, die mit 22 Punkten signifikant über dem Gesamtmittelwert von 18 Punkten liegen.

Unter der Einschränkung, dass die gestellten Fragen wegen Abweichungen im Text und der Zusammensetzung der Stichproben nur partiell vergleichbar sind, zeigen sich zwischen 2005 und 2012 Unterschiede in der Rangfolge. Während die Praxisferne von Vor-gaben und die geringe Wertschätzung in den Betrieben in ähnlichem Maße als belastend erlebt werden, ist die Belastung durch fachfremde Anforderungen ebenso gesunken wie der Konkurrenzdruck durch andere Betriebsärzte. Dagegen ist der Aspekt der geringen gesellschaftlichen Anerkennung an die Spitze gerückt (vgl. Hassel-horn et al. 2007; Nübling et al. 2007), womit besonders für den VDBW als Berufsverband ein wichtiges Handlungsfeld markiert ist ( Abb. 4).

Verglichen mit den Krankenhausärzten und dem Querschnitt der Beschäftigten aus der COPSOQ-Datenbank denken die befragten Betriebsärzte selten daran, ihren Beruf aufzugeben. Passend dazu ist die Zufriedenheit mit der eigenen Arbeit bei ihnen deutlich höher als bei den bei den Referenzgruppen. Die Werte für die Gefährdung durch Burnout-Symptome sind im Vergleich zu den anderen Gruppen erkennbar schwächer ausgeprägt.

Innerhalb der Gruppe der Befragten ist die Arbeitszufriedenheit insbesondere bei Selbständigkeit etwas höher als bei den im Betrieb angestellten (75 zu 71 Punkte) und deutlich höher als bei überbetrieblicher Anstellung (63 Punkte;  Abb. 5).

Neben der deskriptiven und bivariaten Datenanalyse wurden Zusammenhänge zwischen den Arbeitsbelastungen (Bedingungen) und den Beanspruchungen (Folgereaktionen der Menschen) bei den befragten Betriebsärzten anhand von Regressionsmodellen dargestellt. Hier handelt es sich um die Darstellung des Modells zur Erklärung von Burnout-Symptomen durch die erhobenen Belastungsaspekte. Die Darstellung beschränkt sich auf die ersten fünf schrittweise in die lineare Regression aufgenommenen Parameter ( Abb. 6).

Den ersten Platz unter den Prädiktoren nimmt der Präsentismus ein (hierfür liegen in der COPSOQ-Datenbank noch keine Ver-gleichswerte vor). Darunter versteht man im engeren, arbeitsmedizinischen Sinn das Phänomen der Anwesenheit am Arbeitsplatz trotz Krankheit und der damit verbundenen Selbstgefährdung (Krause et al. 2012; Schmidt u. Schröder 2010). Statistisch gesehen beeinflusst dieser Gesamtkomplex das Auftreten von Burnout-Symptomen bei den Befragten am deutlichsten ( Tabelle 2). Daran schließen sich im Modell weitere, aus Analysen mit anderen Berufsgruppen bekannte Treiber an. Das sind: Schwierigkeiten bei der Vereinbarung von Beruf und Privatleben, eine gering ausgeprägte Sinnzuschreibung zum eigenen Tun sowie hohe emotionale Anforderungen bei der Arbeit (Nübling et al. 2013).

Im Gegensatz zu anderen Folgen von Arbeitsbelastungen wie z. B. die Arbeitszufriedenheit, die in Regressionsmodellen in höherem Maß bzw. ausschließlich als Folgen günstiger/ungünstiger Arbeitsbedingungen gelten, bestätigt das Regressionsmodell zu Burnout-Symptomen die These, dass privates Gesundheitsverhalten eine intervenierende Größe darstellt: Das Gesundheitsverhalten des Einzelnen, hier als mindestens eine sportliche Aktivität pro Woche verstanden, ist im Modell mit geringen Burn-out-Symptomen assoziiert. Das macht das In-den-Blick-Nehmen der Gesamtsituation inklusive der Arbeitsbedingungen bei der Behandlung und Prävention von Burnout-Symptomen aber nicht entbehrlich (Berger et al. 2013).

Gesundheitsverhalten und Wünsche an den VDBW

Die Einbeziehung von Items aus dem sozioökonomischen Panel (SOEP) in die Befragung lässt einen Vergleich des Gesundheitsverhaltens der Betriebsärzte im VDBW mit dem der Gesamtbevölkerung zu. Hier werden jeweils die Häufigkeiten der Befragten (in Prozent) abgebildet, die auf einen gesundheitsförderlichen bzw. -hinderlichen Lebensstil schließen lassen. Der Anteil der Menschen an der Gesamtbevölkerung, der mit einem Body-Mass-Index (Körper-gewicht in kg geteilt durch die quadrierte Körpergröße in Metern) von über 25 Punkten zum Übergewicht neigt, liegt bei etwas mehr als der Hälfte. Unter den Betriebsärzten im VDBW neigen dagegen nur 40 % der Befragten zu Übergewicht.

Die Befragen achten (laut Eigenanamnese) außerdem häufiger als der Durchschnitt auf gesunde Ernährung (64 zu 51 %). Sie treiben auch wesentlich häufiger Sport, wenn man das Minimum von einer sport-lichen Aktivität pro Woche als Bezugspunkt nimmt: Ihr Anteil liegt hier mit 77 % gegenüber 40 % nahezu doppelt so hoch. Der Anteil der Raucher unter ihnen ist mit 9 % etwa dreimal geringer als in der Gesamtbevölkerung (27 %). Lediglich beim regelmäßigen Alkoholkonsum weisen die befragten Betriebsärzte einen höheren Wert auf als die Bevölkerung im Durchschnitt (26 zu 18 %).

Eine differenzierte Betrachtung des Ge-sundheitsverhaltens spiegelt insbesondere einen verbreiteten Unterschied zwischen den Geschlechtern wider. Betriebsärztinnen achten tendenziell stärker auf ihre Gesundheit als Betriebsärzte. Sie trinken weniger Alkohol (36 zu 16 %), ernähren sich auffallend gesünder (72 zu 56 %) und treiben zu-dem auch etwas häufiger Sport (80 zu 74 %;  Abb. 7).

Ein Ziel der Befragung war es, die Mitglieder des VDBW zu befragen, wie sie ihr Berufsverband bei der Verbesserung ihrer eigenen Gesundheit unterstützen könnte. Zu allen sechs vorgeschlagenen Themenbereichen äußern sich die Befragten in der Tendenz positiv – insbesondere mit Blick auf eine vermittelnde Rolle des VDBW. Beim Thema „Stressabbau“ wünscht sich fast ein Drittel (31 %) der befragten Betriebsärzte ein aktives Engagement des Verbands beim Angebot und der Durchführung von Präventionsprogrammen für seine Mitglieder. Bei den übrigen fünf Themenbereichen zei-gen jeweils 10 % Interesse an der Organisation von Angeboten durch den VDBW. Bei allen Themen äußert etwa die Hälfte der Befragten den Wunsch, vom Berufsverband mit wichtigen Informationen versorgt zu werden und Kontakte zu Anbietern von ge-eigneten Unterstützungsangeboten zu erhalten. Dagegen betrachten es rund jeweils 40 % die Förderung der Gesundheit seiner Mitglieder nicht als primäre Aufgabe des VDBW ( Abb. 8).

Diskussion: Vorzüge des Profils und Nachweis wichtiger Handlungsfelder

Die Online-Befragung bei Betriebsärzten im VDBW zu den Arbeitsbedingungen, Gesundheitsverhalten und Unterstützungswünschen hat mit 34 % einen für Mitgliederbefragungen guten Rücklauf erzielt. Insbesondere wurden jüngere bzw. im Berufsleben stehende Mitglieder erreicht. Das kann u. a. durch die Themenstellung erklärt werden, die auch zu einer starken Vertretung hauptberuflich tätiger (91 %) und vollzeitbeschäftigter (75 %) Betriebsärztinnen und -ärzte in der Stichprobe beigetragen haben könnte.

Die Untersuchungsergebnisse zeichnen ein tendenziell günstiges Bild von den Arbeitsbedingungen der Betriebsärzte im Vergleich zu den beiden Referenzgruppen (Ärzte in Krankenhäusern und der Durchschnitt aller Berufe in Deutschland). Zu den positiven Aspekten der Arbeitssituation gehören:

  • relativ geringer Druck, Emotionen bei der Arbeit zu verbergen,
  • außerordentliche große Spielräume bei Pausen und Urlaub,
  • gute Möglichkeiten, die eigenen (fachlichen) Potenziale zu ent-falten,
  • eine auffallend geringe Arbeitsplatzunsicherheit,
  • ein schwächerer Konkurrenzdruck auf dem Arbeitsmarkt gegen-über 2005,
  • nur selten die Erfahrung systematischer Benachteiligung bei der Arbeit (Mobbing).

Daraus resultieren z. B. eine überdurchschnittliche Arbeitszufrieden-heit, eine relativ schwache Ausprägung von Burnout-Symptomen und eine geringe Neigung, den Beruf aufzugeben. Daneben gibt es jedoch einige Aspekte, die weniger günstig ausfallen:

  • an erster Stelle steht der begrenzte Umfang sozialer Beziehungen bei der Arbeit angesichts der besonderen Stellung zu den Beschäftigten und des häufigen „Alleinarbeitens“, das auch als „Einzelkämpferdasein“ charakterisiert wird,
  • die geringe gesellschaftliche Anerkennung und eigene Sinnzuschreibung sowie die Belastung durch praxisferne Gesetze und Verordnungen,
  • im Regressionsmodell zu Burnout-Symptomen der „Präsentis-mus“ als starker Hinweis u. a. auf die Befürchtung, dass im eige-nen Krankheitsfall die Arbeit einfach unerledigt bleibt,
  • leicht erhöhte quantitative und emotionale Anforderungen gegenüber der Gesamtheit der Berufe, die deswegen relevant sind, weil sie sich z. B. nachweislich negativ auf die Arbeitszufrieden-heit auswirken.

Diese Befunde skizzieren die besonderen Potenziale, aber auch die Gefährdungen des Berufs, wobei die Detailanalysen überwiegend von der Beschäftigungsform (selbständig vs. angestellt), der Betriebs-größe sowie dem berufsbiografischen Status (Ausbildung, Beschäftigungsdauer) abhängige Differenzierungen abbilden. So steigen z. B. die quantitativen Anforderungen bis zur Altersgruppe der 60-Jährigen und sinken danach, während Vereinbarkeitskonflikte in der Lebensmitte ihren Schwerpunkt haben und bei Teilzeitkräften insgesamt geringer ausfallen als bei Vollzeitkräften.

Für den VDBW als Interessenvertretung der Betriebsärzte ergeben sich aus den Ergebnissen wichtige Hinweise. Zum einen treten Vorzüge der beruflichen Praxis zu Tage, die mittel- und langfristig zur Gewinnung des dringend benötigten Nachwuchses für die gut 12 300 Betriebsärzte und -ärztinnen in Deutschland beitragen können (Schoeller 2011). Das gilt unabhängig davon, ob man die Entscheidung für den Beruf eher in der inneren Eignung der Person oder der äußeren Attraktivität von Arbeitsbedingungen begründet sehen will (Hasselhorn et al. 2007; Nübling et al. 2007). Zum anderen können die ungünstig bewerteten Faktoren den Verband darin motivieren, sich „stärker als bisher mit anderen Ärzteorganisationen und Akteuren der Gesundheitswirtschaft und -politik auszutauschen, Lösungsansätze zur Verbesserung der Arbeitsbedingungen für das Personal aufzeigen und Maßnahmen in Angriff nehmen“ (Panter 2010b). Der Einsatz dafür kann auf drei Handlungsfeldern Wirkung entfalten: Eine verbesserte Wahrnehmung bei diesen Akteuren bietet die Chance, Leistungen des Berufs zu zeigen, Legitimation und Wertschätzung zu erhöhen, fachlich Einfluss zu nehmen und der Praxis Gehör zu verleihen sowie positiv auf die für Ärztinnen und Ärzte relativ geringe Sinnbehaftung der Arbeit zurückwirken (Hasselhorn et al. 2007; Nübling et al. 2007).

Das überdurchschnittlich gute Gesundheitsverhalten der Befragten zeugt nicht von einem flächendeckenden Phänomen der „vernachlässigten Selbstfürsorge“, wie es Ärzten immer wieder generalisierend unterstellt wird (Trappe 2010). Darüber hinaus kann die Studie den Nachweis führen, dass es als positiver Faktor den ungünstigen Einflüssen der Arbeit entgegenwirkt. In diesem Sinne spricht nichts dagegen, aber viel dafür, die Verbandsmitglieder in dieser Hinsicht weiter zu stärken und zu unterstützen.

Jeweils die Hälfte der Befragten kann sich bei allen Themen die Vermittlung und Information über Maßnahmen zur Gesundheitsförderung gut vorstellen. Besonders beim Thema „Stressabbau“ hält es zudem fast jedes dritte Verbandsmitglied für sinnvoll, dass der VDBW selbst Angebote vorhält oder organisiert. Das entspricht der Logik, dass Betriebsärzte auch hinsichtlich psychischer Beschwerden der Beschäftigten qua Eigenprävention als glaubwürdige bzw. vorbildhafte „Botschafter des Präventionsgedankens“ auftreten. Die Betriebsärzte haben auch damit deutlich gemacht, dass sie „durch Vorbild führen“, wie es von jeder Führungskraft auch gegenüber Mitarbeitern notwendig ist. Die eigenen präventiven Anstrengungen für die persönliche Gesundheit stehen somit auch für die Authentizität von Betriebsärzten (Panter 2013).

Literatur

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Danksagung: Die Verfasser möchten sich auf diesem Weg bei Frau Dr. med. Matschke und Herrn Prof. Dr. med. Hasselhorn von der Bundesanstalt für Arbeitsschutz und Arbeitsmedizin (BAuA) für die Forschungsförderung und vor allem für viele positive und wertvolle Hinweise sowohl in der Planung der Studie als auch im Abschluss bedanken.

Für die Verfasser

Dr. rer. sec. Matthias Nübling

FFAS Freiburger Forschungsstelle Arbeits- und Sozialmedizin

Bertoldstraße 27 – 79098 Freiburg

nuebling@ffas.de

Fußnoten

1 Freiburger Forschungsstelle Arbeits- und Sozialmedizin (FFAS)

2 Verband Deutscher Betriebs- und Werksärzte e.V. (VDBW)