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Beleuchtung und Sehen – Voraussetzung für gute Arbeit

Gutes Sehen ist für gute Arbeit notwendig. Etwa 30 – 40 % der Beschäftigten verfügen über ein nicht ausreichendes oder nicht ausreichend korrigiertes Sehvermögen (BAuA 2015). Bildschirmarbeitsplätze befinden sich tatsächlich überwiegend im Bürobereich, jedoch ist gutes Sehen auch an Produktionsarbeitsplätzen, z. B. in der Feinmechanik und in der Qualitätskontrolle, notwendig. Inzwischen ist fast jede Maschine mit einem Bildschirm zur Informationsein- und -ausgabe ausgestattet. Selbst im Heim- und Privatbereich gibt es kaum noch neue Maschinen, ob Stereoanlage, Kaffeevollautomat, Waschmaschine oder Backofen, die ohne Menüsteuerung mittels eines Displays auskommen. Gutes Sehen ist also wichtig, und mit der arbeitsmedizinischen Vorsorgeuntersuchung nach dem DGUV-Grundsatz G 37 können viele Probleme frühzeitig erkannt und beseitigt werden.

Neben der Kurz- und Weitsichtigkeit muss zukünftig auch verstärkt die Alterssichtigkeit in den Blick genommen werden. Die Akkommodationsfähigkeit des Auges nimmt im Laufe des Lebens kontinuierlich ab. Die Linse ist dann nicht mehr elastisch und folglich können Objekte nur noch in einem größeren Abstand scharf gesehen werden. Dieser Abstand liegt jedoch oft über dem Betrachtungsabstand von Displays und Bildschirmen, weshalb ein sicheres Ablesen und eine qualitativ hochwertige Arbeit nicht mehr gegeben sind. Damit an vielen Arbeitsplätzen Arbeit erst möglich wird, muss eine geeignete Beleuchtung installiert sein, die gutes Sehen ermöglicht.

Beleuchtung

Die Beleuchtung von Arbeitsplätzen und Arbeitsstätten hat sicherheitstechnische und ergonomische Aspekte. Neben der notwendigen Beleuchtung für qualitativ hochwertiges Arbeiten, der Orientierung in dunklen Gängen usw. spielen zunehmend die Aspekte zur Schaffung einer Lichtatmosphäre für Wohlbefinden und Leistungsförderung eine Rolle.

Zur Gestaltung von Licht und Beleuchtung werden in der Arbeitsumwelt lichttechnische Grundgrößen herangezogen ( Abb. 1).

Die Mindestbeleuchtungsstärke (Mindestwert der Beleuchtungsstärke) m ist nach der ASR A3.4 „Beleuchtung“ der Wert, unter den die mittlere Beleuchtungsstärke auf einer bestimmten Fläche nicht sinken darf. Der Rückgang der Beleuchtungsstärke durch Alterung und Verschmutzung von Lampen, Leuchten sowie der Wände und Decken im Raum wird mit dem Wartungsfaktor berücksichtigt. Die in DIN-EN-Normen angegebenen Werte der Beleuchtungsstärke sind Wartungswerte (alt: Neuwert = Nennbeleuchtungsstärke × 1,25) was mit dem in der ASR A3.4 eingeführten Mindestwert der Beleuchtungsstärke identisch ist. Mit dem Mindestwert der Beleuchtungsstärke werden grundsätzliche Anforderungen an Arbeitsstätten festgelegt.

Die Leuchtdichteverteilung beschreibt das Verhältnis unterschiedlicher Helligkeiten in verschiedenen Bereichen am Arbeitsplatz. Hierbei gilt es, zu hohe Leuchtdichteunterschiede zu vermeiden, da sonst Adaptationsprozesse zur Ermüdung der Augen führen können. Zu geringe Unterschiede hingegen erzeugen Langeweile, da zu wenige Anregungen die menschliche Wahrnehmung „unterfordern“.

Die Blendung beschreibt störende Effekte durch direktes oder reflektiertes Licht. Direktblendung entsteht durch nicht abgeschirmte Lampen, was zu Adaptationsstörungen führen kann. Reflexblendung entsteht durch Reflexion von Lichtquellen mit hoher Leuchtdichte auf Oberflächen, die das Licht gerichtet oder gestreut reflektieren.

Die Lichtrichtung und Schattigkeit bezeichnet die Ausgewogenheit zwischen diffuser und gerichteter Beleuchtung. Hierbei muss ein Kompromiss zwischen diffuser Beleuchtung, bei der Objekte schwerer erkennbar sind, und direkter Beleuchtung, bei der starke Schlagschatten entstehen, gefunden werden. In der  Abb. 2 werden unterschiedliche Beleuchtungskonzepte miteinander verglichen.

Die Lichtfarbe und Farbwiedergabe sind weitere Gütemerkmale der Beleuchtung. Die Lichtfarbe ist der Eindruck des von einer Lichtquelle ausgesendeten Lichts. Diese wird durch den Farbwiedergabeindex RA erfasst. Anforderungen an den Mindestwert des Farbwiedergabeindexes in Arbeitsstätten sind auch in der ASR A3.4 „Beleuchtung“ enthalten.

Eine weitere Größe, die als Gütemerkmal der Beleuchtung herangezogen werden kann, ist der Tageslichtquotient D, der das Verhältnis der Beleuchtungsstärke am Messort zur Beleuchtungsstärke im Freien wiedergibt. Über diesen kann eine Aussage zum Tageslichtanteil getroffen werden. Für Arbeitsstätten wird ausreichendes Tageslicht durch einen Tageslichtquotienten D >2% gefordert (vgl. ASR A3.4).

Um die Beleuchtung in reale, technische Lösungen zu übersetzen, müssen Leuchten und Leuchtmittel (Lampen) ausgewählt werden. Als Leuchte wird dabei der gesamte Beleuchtungskörper inklusive aller für Befestigung, Betrieb und Schutz der Lampe notwendigen Komponenten verstanden. Die Leuchte schützt die Lampe, verteilt und lenkt deren Licht und verhindert, dass es blendet. Beispiele für Leuchten sind Schreibtischleuchten für Arbeitsplätze, Wannen-, Pendel- und Reflektorleuchten für Räume oder Industrieleuchten für Fabrikhallen.

Sichtbedingungen

Ausschlaggebende Größen für die Sichtbedingungen sind:

  • Sehachse
  • Sehentfernung
  • Sehbereiche

Sehachse

Die Sehachse ist die Verbindungslinie zwischen einem fixierten Objekt und dem Mittelpunkt der Netzhautgrube; sie verläuft näherungsweise mit der Blicklinie (Verbindung fixiertes Objekt – mechanischer Augendrehpunkt). Sie ist körperhaltungsabhängig und ergibt sich aus der Auslenkung des Kopfes und der Augen gegenüber der Waagerechten.

Die in  Abb. 3 angegebenen Werte für die Normallage der Sehachse im Stehen und im Sitzen sind durch die entspannte Kopf- und Augenhaltung festgelegt:

  • Augenauslenkung in Ruhelage: ca. 10°–15° gegenüber der Waagerechten
  • Neigung des entspannten Kopfes im Stehen: 15°–20°
  • Neigung des entspannten Kopfes im Sitzen: ca. 25°

Die Blicklinie soll nach Möglichkeit senkrecht auf die Betrachtungsebene treffen, um unbequeme Ausgleichhaltungen des Nutzers zu unterbinden.

Sehentfernung

Akkommodation ist die Fähigkeit des Auges, sich auf unterschiedliche Sehentfernungen einzustellen. Die Akkommodationskraft lässt mit dem Alter nach. 20-Jährige verfügen etwa über eine Akkommodationskraft von 10 Dioptrien, was aussagt, dass sie bis auf eine Nähe von 0,1 m scharf sehen können (1/0,1 m = 10 Dioptrien). Im Gegensatz dazu beträgt die Akkommodationskraft für 50-Jährige lediglich noch etwa 2 Dioptrien. Der Nahpunkt liegt dementsprechend schon bei 0,5 m.

Sehbereiche

Das Gesichtsfeld ist der visuelle Wahrnehmungsbereich bei unbewegtem Kopf und unbewegten Augen.

In Abhängigkeit davon, ob Augen und/oder Kopf bewegt werden, ergeben sich verschiedene Sehbereiche für den Menschen. Es wird zwischen folgenden drei grundsätzlichen Bereichen unterschieden:

  • Gesichtsfeld
  • Blickfeld
  • Umblickfeld

Bei allen Bereichen muss zwischen monokularem und binokularem Sehen unterschieden werden. Die im Folgenden angegebenen Werte beziehen sich auf das binokulare Sehen.

Der Raum, in dem scharf gesehen werden kann, ist im Vergleich zu dem gesamten Gesichtsfeld relativ klein und bildet einen Kegel von ca. 1° Sehwinkel ( Abb. 4). Außerhalb dieses kleinen Bereichs werden nur noch starke Kontraste und Bewegungen der Sehobjekte wahrgenommen. Es ist zu beachten, dass die maximale Ausdehnung des Gesichtsfelds interindividuell verschieden ist. Im Gesichtsfeld sind Sehobjekte anzuordnen, die gleichzeitig überwacht werden müssen. Im Gegensatz zum Gesichtsfeld, das über den Wahrnehmungsbereich definiert wird, ist für das Blickfeld der Sehbereich ausschlaggebend, der vom Menschen fixiert werden kann. Im Blickfeld können bei ruhendem Kopf und bewegten Augen die Sehobjekte nacheinander fixiert werden.

Das um Kopfbewegungen erweiterte Blickfeld bezeichnet man als Umblickfeld. Das Umblickfeld ist der bei ruhendem Körperrumpf, bewegtem Kopf und bewegten Augen fixierbare Raumsektor des Sehraums. In diesem Bereich sind Objekte anzuordnen, die in häufigem Wechsel nacheinander anzublicken sind.

Fazit

Für eine gute ergonomische Arbeitsplatzgestaltung muss eine den Arbeitsaufgaben angepasste Beleuchtung sowie ein gutes bzw. optimal korrigiertes Sehvermögen vorhanden sein. Die Gestaltung des Arbeitsplatzes orientiert sich an der Sehaufgabe. Sehachse, Sehentfernung und die Sehbereiche müssen berücksichtigt werden. Arbeitshöhe und Sitzhöhe müssen entsprechend der Sehaufgabe eingestellt werden. Erst dann kann in einer ergonomisch günstigen Körperhaltung gearbeitet werden.

    Weitere Infos

    BAuA: Gutes Sehen im Büro. Brille und Bildschirm – perfekt aufeinander abgestimmt.

    www.baua.de/de/Publikationen/Broschueren/A93.html

    Technische Regel für Arbeitsstätten (ASR) A3.4

    www.baua.de/de/Themen-von-A-Z/Arbeitsstaetten/ASR/pdf/ASR-A3-4.pdf?__blob=publicationFile

    Zentralverband Elektortechnik und Elektronik e.V. (ZVEI): Schriftenreihe licht.de

    www.licht.de

    DGUV-Information 215-442: Beleuchtung im Büro

    publikationen.dguv.de/dguv/pdf/10002/bgi856.pdf

    Autor

    Prof. Dr.-Ing. M. Schmauder

    Professur Arbeitswissenschaft

    Institut für Technische Logistik und Arbeitssysteme

    Technische Universität Dresden

    Dürerstraße 26 – 01062 Dresden

    martin.schmauder@tu-dresden.de

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