ASU: Vielen Dank, dass Sie sich Zeit genommen haben, um mit uns über dieses Thema zu sprechen. Wie häufig sind denn überhaupt beruflich bedingte Hauterkrankungen an den Füßen?
RB: Im Gegensatz zu den Hauterkrankungen an den Händen sind Zusammenhänge zwischen beruflichen Einwirkungen und Hautkrankheiten an den Füßen noch nicht gut untersucht. Rund 30 Prozent der Patientinnen und Patienten, die von uns aufgrund eines Anhalts für eine berufsbedingte Hauterkrankung behandelt oder beraten werden, haben Hautveränderungen an den Füßen. Diese treten in der Mehrzahl der Fälle in Kombination mit Hautveränderungen an den Händen und nur selten isoliert auf.
ASU: Welche beruflichen Einwirkungen spielen dabei aus Ihrer Sicht eine Rolle?
RB: Auch die Füße können beruflichen Hautbelastungen ausgesetzt sein. In vielen Berufen ist die Verwendung eines besonderen Schuhwerks vorgegeben, das meist ununterbrochen über viele Stunden getragen wird. Hierzu zählen unter anderem Sicherheitsschuhe oder Gummistiefel. Okklusives Schuhwerk kann zu einer erheblichen Feuchtbelastung und Wärmestau an den Füßen führen. Dies ist besonders problematisch für Personen, die eine erhöhte Schwitzneigung aufweisen. Am Ende des Arbeitstages sind die Socken dann stark durchfeuchtet. Andere klagen über das Eindringen von Feuchtigkeit in die Schuhe, zum Beispiel bei Tätigkeiten im Außenbereich oder bei Reinigungsarbeiten, oder beschreiben eine direkte Exposition gegenüber Nässe oder Kälte. Seltener gelangen irritative oder allergene Berufsstoffe in den Schuhinnenraum. Zu enges Schuhwerk oder eine fehlerhafte Passform können zudem zu Druckstellen und anderen mechanisch induzierten Hautveränderungen wie Schwielen oder Friktionsblasen führen.
ASU: Welche Hauterkrankungen können dadurch an den Füßen entstehen?
RB: Die häufigste berufsbedingte Hauterkrankung an den Füßen ist ähnlich wie bei den Händen das irritative Kontaktekzem, das überwiegend durch Feuchtbelastung entsteht. Allergische Kontaktekzeme auf Inhaltsstoffe von Schuhmaterialien wie beispielsweise Ledergerbstoffe, Gummibestandteile oder Klebstoffe sind hingegen nur selten festzustellen. Hautirritationen können auch eine bestehende Neurodermitis oder Schuppenflechte an den Füßen verschlimmern. Oftmals steht hier jedoch die anlagebedingte Erkrankung im Vordergrund, so dass den beruflichen Einwirkungen nur eine untergeordnete Bedeutung zukommt. Auch eine meist außerberuflich erworbene Fußpilzerkrankung sollte immer ausgeschlossen werden.
ASU: Wie machen sich die Hauterkrankungen bemerkbar?
RB: Die Hauterkrankungen an den Füßen gehen häufig mit Rötungen, Schuppungen, Bläschen, verstärkter Hornhautbildung oder Hautrissen einher. Besonders belastend sind für viele Patientinnen und Patienten der einhergehende Juckreiz oder Schmerzen beim Laufen. Nicht selten führt die Hauterkrankung an den Füßen aufgrund dieser Beschwerden auch zu erheblichen Arbeitsunfähigkeitszeiten.
ASU: Wie gelingt es, berufliche und außerberufliche Einwirkungen voneinander abzugrenzen?
RB: Die Abgrenzung von beruflichen und außerberuflichen Einflussfaktoren ist nicht immer einfach, da auch im privaten Bereich Schuhe getragen werden, die sich ungünstig auf die Haut der Füße auswirken können und oftmals außerberufliche Hauterkrankungen an den Füßen zumindest anteilig vorliegen. In unserer Abteilung in Osnabrück bieten wir seit mehreren Jahren mit Unterstützung der Unfallversicherungsträger eine individuelle Fußschutz- und Fußhygieneberatung für Patientinnen und Patienten mit Anhalt für beruflich bedingte Hautveränderungen an den Füßen an. Hierbei handelt es sich um eine interdisziplinäre Maßnahme, die sich aus einem dermatologischen und gesundheitspädagogischen Anteil zusammensetzt. Mittels einer gezielten Anamneseerhebung werden dabei mögliche berufliche und außerberufliche Einflussfaktoren ermittelt. Darüber hinaus wird der Hautbefund erhoben und diagnostische Maßnahmen (z. B. allergologische Diagnostik, mykologische Untersuchungen) werden veranlasst. Ziel ist es, die individuellen Einflussfaktoren zu erkennen und basierend hierauf Aussagen zur Ursache der Erkrankung und möglichen therapeutischen sowie präventiven Abhilfemaßnahmen zu machen.
ASU: Frau Hübner, welche gesundheitspädagogischen Aspekte werden bei der Fußschutz- und Fußhygieneberatung berücksichtigt?
AH: In dem von uns konzipierten pädagogischen Teil werden basierend auf den Informationen zum jeweiligen Arbeitsplatz, den individuellen Einflussfaktoren und zum bisherigen Fußschutzverhalten optimierte Fußschutz- und Fußhygieneempfehlungen erarbeitet und ein persönlicher Fußschutzplan erstellt. Darüber hinaus werden die Betroffenen in der Durchführung von Fußschutzmaßnahmen geschult.
ASU: Was ist bei der Auswahl des beruflichen Schuhwerks zu beachten?
AH: Bei der Auswahl des Schuhwerks berücksichtigen wir die jeweiligen Erfordernisse am Arbeitsplatz und die geschilderten Beschwerden. Eine optimale Passform dient der Vermeidung von Druckstellen. Insbesondere beim Schwitzen in Schuhwerk ist es zudem wichtig, das Sockenmaterial auf das Schuhmaterial abzustimmen. Sofern es die Gefährdungsbeurteilung ermöglicht, sollte Schuhwerk mit einem Funktionsfutter aus feuchtigkeitsableitenden Mikrofasern bevorzugt werden. Bei der Verwendung von derartigem Schuhwerk sollten zur Unterstützung der Atmungsaktivität Funktionssocken aus ebenfalls feuchtigkeitsableitenden Fasern verwendet werden. Hierzu zählen z. B. Polyamid, Coolmax®, Nylon oder Viskose. Die häufig eingesetzten Baumwollsocken unterstützen diese Funktion nicht, da der Fußschweiß aufgesaugt wird und in den Socken verbleibt. Daher sollten diese zur Feuchtigkeitsaufnahme nur bei der Verwendung von nicht-atmungsaktivem oder okklusivem Schuhwerk wie reinem Lederschuhwerk (z. B. Schweißer- bzw. Gießerstiefel) oder Gummistiefeln eingesetzt werden.
ASU: Was ist noch zu beachten?
AH: Einen besonders hohen Stellenwert haben in der Beratung auch Empfehlungen zum Fußschutzverhalten und zur Fußhygiene. Zur Optimierung des Fußklimas – insbesondere bei verstärktem Schwitzen – sollten idealerweise das Schuhwerk sowie die Socken nach der Hälfte der Arbeitszeit ausgetauscht werden, bei schnellerer Durchfeuchtung auch häufiger. Am Arbeitsplatz sollten daher idealerweise zwei Paar Sicherheitsschuhe und ausreichend Wechselsocken zur Verfügung stehen. Beim Wechsel der Schuhe und der Socken sollte eine sorgfältige Trocknung der Füße, insbesondere der Zehenzwischenräume erfolgen. Berufliches sowie privates Schuhwerk sollte ausreichend trocknen und gelegentlich der Schuhinnenraum desinfiziert werden. Einlegesohlen sollten beim Schuhwechsel ebenfalls entnommen und getrocknet werden.
ASU: Wie würden Sie zusammenfassend das Ziel der Maßnahme beschreiben?
AH: Unser Anliegen ist es, im interdisziplinären Austausch die Versorgung von Patientinnen und Patienten mit Anhalt für beruflich bedingte Hautveränderungen an den Füßen zu verbessern und durch gezielte Maßnahmen einen Verbleib in der beruflichen Tätigkeit zu ermöglichen.
ASU: Sehr geehrter Herr Dr. Brans, sehr geehrte Frau Hübner, wir danken Ihnen für das Gespräch.
Interessenskonflikte: Die Interviewten geben an, dass keine Interessenkonflikte vorliegen.
doi:10.17147/asu-1-204762
Kontakt
Priv.-Doz. Dr. med. Richard Brans
Institut für interdisziplinäre Dermatologische Prävention und Rehabilitation (iDerm) an der Universität Osnabrück
Am Finkenhügel 7a
49076 Osnabrück
rbrans@uos.de
Kernaussagen
jeweiligen Arbeitsplatz, den individuellen Einflussfaktoren und zum bisherigen Fußschutzverhalten optimierte Fußschutz- und Fußhygieneempfehlungen erarbeitet.
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