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– Folge 5 –

Klimawandel und Gesundheit

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Einleitung

Im ASU-Schwerpunktheft Klimawandel und Gesundheit (08/2023) wurde gezeigt, wie wichtig es ist, ein weiteres Voranschreiten des Klimawandels zu verhindern und uns an die bereits bestehenden und noch zu erwartenden Folgen des Klimawandels anzupassen. Dies gilt insbesondere auch für den Gesundheitsbereich. Da das ASU-Schwerpunktheft nicht das gesamte Spektrum der für die ­Arbeits-, Sozial- und Umweltmedizin wichtigen Gebiete im Themenbereich Klimawandel und Gesundheit abdecken konnte, werden nun in loser Folge weitere aktuelle Themen aus diesem Gebiet aufgegriffen.

In Folge 5 beschreibt die Autorin, wie der Klimawandel Einfluss auf die Allergenität von Pollen und als Folge auf allergische Erkrankungen weltweit nimmt.

Folge 5: Pollenallergien in Zeiten des Klimawandels

Climate Change and Health (Part 5): Pollen Allergies in Times of Climate Change

Einleitung

Im Herbst letzten Jahres veröffentlichte das Robert Koch-Institut (RKI) im Journal of Health Monitoring einen Artikel zum Thema „Auswirkungen des Klimawandels auf allergische Erkrankungen in Deutschland“ (Bergmann et al. 2023). Der Artikel beschreibt, welche wichtige Rolle Umweltfaktoren bei der Entstehung allergischer Erkrankungen haben und betont, dass der Klimawandel über direkte und indirekte Effekte insbesondere das Auftreten, die Häufigkeit und die Schwere allergischer Erkrankungen beeinflusst. Wichtige Themen sind die Zusammenhänge zwischen dem Klima­wandel und bekannten beziehungsweise neuen Pollenallergenen.

In den letzten Jahrzehnten hat die Zahl der allergischen Erkrankungen weltweit stark zugenommen. In Deutschland geht man von rund 20 bis 30 Millionen Menschen mit Allergien aus (Klimek et al. 2018). In der GEDA1 2019/2020-EHIS2 gaben 31 % der Befragten an, aktuell von einer Allergie betroffen zu sein. Bei 8 % der Befragten besteht ein Asthma bronchiale (einschließlich eines allergischen Asthmas). Frauen sind hiernach häufiger von allergischen Erkrankungen betroffen als Männer (Heidemann et al. 2021). Die häufigste allergische Erkrankung ist der Heuschnupfen (allergische Rhinitis), eine Allergie gegen Pflanzenpollen. In Deutschland sind zum Beispiel jeweils 19 % der erwachsenen Bevölkerung gegen Gräser- beziehungsweise Baumpollen sowie 11 % gegen Kräuterpollen sensibilisiert (Haftenberger et al. 2013). Es ist daher von erheblicher gesundheitspolitischer und klinischer Bedeutung, die Auswirkungen des Klimawandels auf Pollenallergien zu betrachten. Daher sollen hier die Inhalte des oben zitierten RKI-Artikels zu den Auswirkungen des Klimawandels auf allergische Erkrankungen in Deutschland im Hinblick auf das Thema Pollenallergie näher betrachtet, zusammengefasst und anschaulich dargestellt werden.

Zuvor sollen jedoch die im Text häufig verwendeten Begriffe Allergie, Sensibilisierung und Atopie definiert werden: Unter einer Allergie wird eine übersteigerte Antwort des Immunsystems auf einen normalerweise harmlosen Stoff aus der Umwelt (= Allergen) verstanden. Es werden vier Allergietypen unterschieden: Am bekanntesten sind die Typ-I-Allergie vom Soforttyp (Beispiel: Heuschnupfen) und die Typ-IV-Allergie (Beispiel: allergisches Kontaktekzem). Eine Sensibilisierung vom Typ I liegt vor, wenn allergenspezifische Immunglobulin-E-(IgE-)Antikörper im Blut nachgewiesen werden können und/oder der Hauttest (Prick- oder Intrakutan-Test) positiv ist. Besteht eine Sensibilisierung, führt eine erneute Allergenexposition bei Menschen, die allergisch reagieren, zur Freisetzung von Botenstoffen, die die entsprechenden allergischen Symptome auslösen. Eine Atopie bezeichnet eine familiär auftretende Neigung zur Entwicklung allergischer Erkrankungen (v.a. vom Soforttyp/Typ I) auf der Grundlage einer immunologischen Überempfindlichkeit von Haut und Schleimhäuten gegen Allergene. Hier kommt es zu einer erhöhten Produktion von IgE-Antikörpern und zur Bildung von allergenspezifischen IgE-Antikörpern.

Pollen als Allergie-Trigger

Die häufigsten Auslöser allergischer Atemwegserkrankungen sind die in den Pflanzenpollen enthaltenen Allergene. Der Vorgang der Übertragung der Pollenkörner wird Bestäubung genannt, wobei zwei Arten unterschieden werden: die Selbstbestäubung (Autogamie) und die Fremdbestäubung (Allogamie). Transportmittel (Vektoren) für die Bestäubung sind Wind, Wasser und Tiere. Im Hinblick auf die Entstehung von Allergien spielen die Pflanzen eine Rolle, deren Pollen durch den Wind übertragen werden. Diese Pflanzen geben im Allgemeinen große Pollenmengen an die Luft ab. Sind Menschen dann vermehrt Pollen ausgesetzt, erhöht sich die Möglichkeit einer Sensibilisierung und der Entwicklung allergischer Symptome. In Deutschland haben inzwischen vor allem Inhalationsallergien ein epidemisches Ausmaß erreicht. Hier sind Pollen die häufigsten Auslöser. Zu den Allergie-relevantem Pollen, die über den Wind übertragen werden, gehören insbesondere Hasel, Erle, Birke, Eiche, Gräser und Beifuß. Auch der Pollen von insektenbestäubten Pflanzen kann in größeren Mengen in die Luft gelangen und auf diese Weise beim Menschen zu einer Sensibilisierung führen beziehungsweise eine Allergie auslösen (Beispiel: Pollen des Götterbaums1; Bergmann et al. 2020).

Klimatische Bedingungen in Zeiten des Klimawandels und ihr Einfluss auf das Pflanzenwachstum

Seit Beginn der Wetteraufzeichnungen ist die jährliche Niederschlagsmenge in Deutschland um 8 % angestiegen, wobei die größte Zunahme im Winter verzeichnet wurde. Auch im Frühling und Herbst nahm der Niederschlag etwas zu, während er im Sommer leicht zurückging. Bis zum Ende dieses Jahrhunderts wird eine weitere Zunahme der Niederschläge in Deutschland erwartet, insbesondere im Winter (Zunahme im Winter von 17 % im Vergleich zum Zeitraum 1971–2000). Im Sommer sollen die Niederschläge jedoch weiter abnehmen (Deutscher Wetterdienst 2022).

Da die Verdunstung bei den zu erwartenden höheren Temperaturen zunehmen wird, die Niederschläge sich jedoch in der Vegetationsperiode weniger stark verändern, hat dies bei unveränderter Landnutzung eine schnellere Austrocknung der Böden zur Folge. Da nicht nur die Temperatur und der Niederschlag für die Pflanzenentwicklung eine große Rolle spielen, sondern auch die Verdunstung und die Bodenfeuchte, ist damit zu rechnen, dass sich die zu erwartende Trockenheit und Dürre während der Vegetationsperiode erheblich auf die Wasserverfügbarkeit für Pflanzen und damit auf das Pflanzenwachstum auswirken wird. Bereits im Zeitraum 1971 bis 2000 gab es in Deutschland durchschnittlich zwei Dürremonate pro Jahr. Ihre Anzahl würde sich bei einer Erwärmung um 3 °C auf vier Dürremonate pro Jahr verdoppeln (Thober et al. 2018). Neben der Dürre ist auch mit einer Zunahme von Extremwetterereignissen zu rechnen. Extreme Niederschlagsmengen können insbesondere bei ausgetrockneten Böden zu Überschwemmungen
führen.

Abb. 2:  Übersicht über die an verschiedenen Messstationen in Deutschland pro Jahr gemessene mittlere Zahl an Birkenpollen. Die Prozentangaben zeigen die jeweilige Veränderung gegenüber dem Vorjahr an. Der Anstieg lässt sich an der Trendlinie erkennen (Quelle: Stiftung Deutscher Polleninformationsdienst 2023)

Abb. 2: Übersicht über die an verschiedenen Messstationen in Deutschland pro Jahr gemessene mittlere Zahl an Birkenpollen. Die Prozentangaben zeigen die jeweilige Veränderung gegenüber dem Vorjahr an. Der Anstieg lässt sich an der Trendlinie erkennen (Quelle: Stiftung Deutscher Polleninformationsdienst 2023)

Einfluss des Klimawandels auf alte und neue Pollenallergene

Aufgrund der klimawandelbedingten Änderungen bei Temperatur und Niederschlag hat sich der Beginn der jeweiligen Entwicklungsstadien bei den Pflanzen (von der Blüte bis zum Blattfall) seit den 1990er Jahren deutlich verschoben (Deutscher Wetterdienst 2022). Dies hat auch eine Verschiebung der Pollensaison zur Folge. So blüht die Hasel im Vergleich zu 1951 etwa einen Monat früher, während der Beginn der Blattverfärbung bei der Stieleiche im Spätherbst (= Indikator für das Ende der Vegetationsperiode) nur geringfügig später eintritt, da dieser durch die Tageslänge und nicht durch die Temperatur gesteuert wird (➥ Abb. 1). Die Vegetationsperiode hat sich somit verlängert (Deutscher Wetterdienst 2022).

Auch bei der in Deutschland weit verbreiteten Schwarzerle hat sich der Blühbeginn entsprechend verschoben. In sehr milden Wintern und an begünstigten Standorten können die Hasel und die nicht einheimische Purpurerle sogar schon im November zu blühen beginnen (Gehrig et al. 2015; Werchan et al. 2018) und damit die Pollensaison starten. In solchen Jahren können die letzten Gräser- und Brennnesselpollen auch noch im November über den Wind verbreitet werden (Werchan et al. 2018), so dass sich die Pollen- und die Gräsersaison hier überlappen. Auch können die Pollen aus klimatisch begünstigten Gebieten unter günstigen Bedingungen zum Teil über weite Distanzen in Gebiete transportiert werden (Ferntransport), in denen die Blüte noch nicht eingesetzt hat, so dass dort die Pollensaison trotz fehlender Blüte bereits beginnt. Es wird davon ausgegangen, dass der fortschreitende Klimawandel zu einer weiteren Vorverlegung der Pollensaison führt, auch wenn einige Pflanzen in den mittleren Breiten eine gewisse Kälteexposition für die Blüh­induktion benötigen.

Neben dem zeitlichen Auftreten von Pollen sind infolge des Klimawandels auch Veränderungen der Pollenkonzentration und Veränderungen im Spektrum der aller­genen Pollen zu erwarten. So führt die steigende CO2-Konzentration zu einer Zunahme der Pollenmenge, zum Beispiel bei Ambrosia (Wayne et al. 2002; Ziska u. Caulfield 2000) und dem Wiesen-Lieschgras (Albertine et al. 2014). Hinzu kommt, dass die Häufigkeit der Mastjahre in den letzten Jahren deutlich zugenommen hat (Hacket-Pain u. Bogdziewicz 2021; Nussbaumer 2020). In den Mastjahren kommt es bei bestimmten Baumarten zu einer gesteigerten Samenproduktion und damit zu hohen Pollenkonzentrationen. Normalerweise treten solche Mastjahre etwa bei der Buche alle drei bis sechs Jahre und bei der Eiche alle sechs bis zwölf Jahre auf (Wohlgemuth et al. 2016). Obwohl die Pollen von Buche und Eiche nur ein geringeres Allergiepotenzial besitzen, können sie die Allergenbelastung durch Kreuzreaktivitäten auf Pollen botanisch verwandter Arten wie Birke, Erle und Hasel erhöhen.

Häufiger vorkommende Mastjahre können jedoch wiederum dazu führen, dass die Bäume aufgrund des höheren Energiebedarfs anfälliger für Schädlinge und Trockenheit werden. Ein andauernder Wassermangel wirkt sich auf Bäume in den gemäßigten Breiten negativ auf deren Entwicklung aus und kann unter anderem zu einem Rückgang der Pollenproduktion führen (Haase u. Hellwig 2022: Meier et al. 2021; Obladen et al. 2021). Als Folge des Klimawandels wird es zukünftig auch in Deutschland häufiger zu Phasen der Trockenheit beziehungsweise zu lang andauernden Dürreperioden kommen (Thober et al. 2018). Hinzu kommt ein Wechsel der Wetterextreme (Dürren im Wechsel mit Überschwemmungen durch Starkregenereignisse), was bei den Bäumen zu Trockenstress und Staunässe führen kann. Die Folge ist eine schleichende Verschlechterung des Allgemeinzustands der Bäume (Landgraf et al. 2016).

Die stärksten Änderungen im zeitlichen Auftreten von Pollen sind in der Birkenpollengruppe zu beobachten (Hasel, Erle, Birke, Buche, Eiche u.  a.). In den letzten Jahrzehnten hat sich ihr Blühbeginn um etwa zwei bis drei Wochen nach vorn verschoben,
allerdings endet der Flug dieser Pollen auch früher (Werchmann et al. 2018; Pfaar et al. 2017; Estrella et al. 2006; Kolek et al. 2021; Menzel et al. 2020; Simoleit et al. 2016). Bei den Gräserpollen gab es weniger starke Veränderungen – mit einer leichten Tendenz zu einem früheren Beginn des Pollenfluges. In einigen westeuropäischen Ländern wurde jedoch eine Verlängerung der Phase des Gräserpollenflugs registriert (Fernandez Rodriguez 2012). Da die Herbstmonate auch bei uns immer wärmer werden, ist mit einem verlängerten Flug von Beifuß- und Ambrosiapollen zu rechnen (mögliches Auftreten von Juni bis Ende Oktober/Anfang November; Werchmann et al. 2018). Durch den früheren Beginn der Baumpollen- und die Verlängerung der Kräuterpollensaison bis in den Herbst hinein ergibt sich insgesamt eine Verlängerung der gesamten Pollensaison für die Menschen mit einer Pollenallergie, die sowohl auf Baum- als auch auf Gräser- und Kräuterpollen allergisch reagieren. Die Folge ist nicht nur eine Verlängerung der Beschwerdeperiode, sondern auch ein höheres Risiko für die Entwicklung stärkerer Symptome und eines Asthmas bronchiale (Siroux et al. 2018).

Dies hängt auch mit der Veränderung der Pollenkonzentrationen zusammen. So gibt es zwar bei der Birke häufig nach Jahren mit hoher Pollenfreisetzung solche mit geringerer Freisetzung. Die Tendenz zeigt hier jedoch eine Zunahme der mittleren Jahrespollensumme (➥ Abb. 2).

Messungen in Europa zeigen für 10 von 23 Pollentypen signifikante Zunahmen in den letzten Jahrzehnten bei den Jahrespollensummen, darunter für Erle, Birke, Hasel, Esche, Platane, Eiche und Zypressengewächse. Bei der Jahrespollensumme von Beifuß wurde allerdings eine signifikante Abnahme registriert (Ziello et al. 2012).

Für die Ausprägung der allergischen Symptome ist jedoch nicht nur die Pollenkonzentration, sondern auch der Allergengehalt der Pollen von Bedeutung. So steigt die Konzentration freier Allergene mit der Luftfeuchtigkeit. Aufgrund des Klimawandels wird es zu weiteren Veränderungen im Spektrum allergener Pollen kommen. Daher wird die allergologische Bedeutung von Pollen einiger freiwachsender Neophyten (= nicht heimischer Pflanzenarten) zunehmen (Beispiel: Beifuß Ambrosie). Zudem wird sich die allergologische Bedeutung von Pollen einiger einheimischer Pflanzenarten ändern (Beispiel: Birkenpllen; Rojo et al. 2021). Auch neue Pollenallergene werden hinzukommen (Beispiel: Pollen des Olivenbaumes; Höflich et al. 2016; Villalba et al. 2014). So breitet sich die Beifuß-Ambrosie in Deutschland seit einigen Jahren immer weiter aus (Buters et al. 2015; Starfinger 2007), wahrscheinlich weil die Klimaveränderungen das Pflanzenwachstum und die Pollen- beziehungsweise Allergenproduktion fördern (Höflich 2018). Aber auch Ferntransporte von erheblichen Mengen an Ambrosiapollen, wahrscheinlich aus Ungarn, wurden beispielsweise in den Jahren 2006 und 2014 nachgewiesen (➥ Abb. 3).

Da eine Kreuzreaktivität zum heimischen Beifuß besteht, können sich solche Ereignisse auf den Umfang der Sensibilisierung der Bevölkerung und die klinische Symptomatik auswirken (Scala et al. 2018). Klimamodelle gehen davon aus, dass im Zeitraum 2041–2060 in Süddeutschland bereits im Juli/August klinisch relevante Konzentrationen von Ambrosiapollen auftreten werden. Die Pollenkonzentrationen werden in der Hauptblütezeit in ganz Deutschland mindestens doppelt so hoch liegen wie im Vergleichszeitraum 1985–2005. Bis zum Zeitraum 2041–2060 wird dann auch die bevölkerungsbezogene Sensibilisierung gegen Ambrosiapollen bezogen auf den Vergleichszeitraum um bis zu 25 % zunehmen (Lake et al. 2017).

Zusammenfassung und Ausblick

Zusammenfassend lässt sich sagen, dass der Klimawandel Einfluss auf die Pflanzenentwicklung nimmt. Dies wiederum führt zu Veränderungen hinsichtlich der Exposition der Bevölkerung gegenüber allergenen Pollen. Diese Veränderungen betreffen

  • das Pollenspektrum,
  • den Zeitpunkt des Pollenflugs,
  • die Pollenkonzentrationen und
  • die Allergenität der Pollen.
  • Polysensibilisierte Pollenallergikerinnen und -allergiker können bereits jetzt schon fast ganzjährig unter Allergiesymptomen leiden. Zudem kann die Intensität der Erkrankungen zunehmen. Da sich die Art der Allergene ändern wird, müssen in Zukunft auch Allergene, die bislang in Deutschland eine untergeordnete Rolle spielten, für eine zielführende allergologische Diagnostik zur Verfügung stehen. In den Extrakten, die im Rahmen einer Allergen-Immuntherapie injiziert werden, müssen die relevanten Allergene in adäquater Konzentration enthalten sein, das heißt, auch die Allergenextrakte müssen dem jeweiligen Sensibilisierungsprofil angepasst werden. All dies ist nur möglich, wenn die Veränderungen zuvor im Rahmen eines Pollenmonitorings sowie eines Allergie- und Sensibilisierungsmonitorings registriert werden und die Ergebnisse dieses Monitorings in die verschiedenen Ebenen von Wissenschaft, Gesundheitswesen und Politik einfließen, damit dort entsprechende Schlüsse daraus gezogen und Maßnahmen ergriffen werden können. Ein wichtiger Punkt ist hier zum Beispiel eine Städteplanung unter allergologischen Gesichtspunkten.

    Interessenkonflikt: Die Autorin gibt an, dass kein Interessenkonflikt vorliegt.

    Literatur

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    Weitere Infos

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    Deutscher Wetterdienst: ­Nationaler Klimareport; 6. überarb. Aufl., 2022
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    Deutscher Wetterdienst: ­Phänologie – Daten Deutschland, 2023
    www.dwd.de/DE/klimaumwelt/klimaueberwachung/ phaenologie/daten_deutschland/daten_deutschland_node.html

    Stiftung Deutscher Pollen­informationsdienst: Pollen- und Pilzsporenflug in Deutschland 2001–2022; 2023
    www.pollenstiftung.de/pollen-im-fokus/pollenflug-rueckblick.html

    Abb. 3:  Übersicht über die mittlere in Deutschland an verschiedenen Messstationen pro Jahr gemessene Zahl an Ambrosiapollen mit Trendlinie. ­Prozentangaben zeigen die jeweilige Veränderung gegenüber dem Vorjahr an. Der Anstieg lässt sich an der Trendlinie erkennen (Quelle: Stiftung Deutscher Polleninformationsdienst 2023)

    Abb. 3: Übersicht über die mittlere in Deutschland an verschiedenen Messstationen pro Jahr gemessene Zahl an Ambrosiapollen mit Trendlinie. ­Prozentangaben zeigen die jeweilige Veränderung gegenüber dem Vorjahr an. Der Anstieg lässt sich an der Trendlinie erkennen
    (Quelle: Stiftung Deutscher Polleninformationsdienst 2023)

    Kernaussagen

  • Die durch den Klimawandel beeinflusste Pflanzenentwicklung führt zu Änderungen des ­Spektrums allergener Pollen sowie zu Änderungen des Zeitpunkts des Pollenflugs, der ­Pollenkonzentrationen und der Allergenität der Pollen, wodurch sich die Art und Intensität der Exposition der Bevölkerung gegenüber allergenen Pflanzenpollen ändert.
  • Bei polysensibilisierten Pollenallergikerinnen und -allergikern können bereits jetzt schon ganzjährig Allergiesymptome auftreten.
  • Zu den präventiven Maßnahmen gehört zum Beispiel eine Städteplanung unter allergologischen Gesichtspunkten.
  • Sowohl die allergologische Diagnostik als auch die Allergen-Immuntherapie müssen an die sich ändernde Situation angepasst werden.
  • Dazu ist ein umfassendes Pollenmonitoring sowie ein Allergie- und Sensibilisierungsmonitoring erforderlich.
  • Lesetipp

    Schwerpunktheft ­„Klimawandel und ­Gesundheit“. Ausgabe 8/2023
    Erhältlich unter:

    www.asu-arbeitsmedizin.com/heftarchiv/ausgabe-08-2023

    Kontakt

    Dr. med. Lotte Habermann-Horstmeier MPH, MSc
    Villingen Institute of Public Health (VIPH); Klosterring 5; 78050 Villingen-Schwenningen

    Foto: privat

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