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Institut für Strahlenschutz und ­Regionale Strahlenschutzzentren der Berufsgenossenschaften

Einleitung

Das Institut für Strahlenschutz ist eine gemeinsame Einrichtung der Berufsgenossenschaft Energie Textil Elektro Medienerzeugnisse (BG ETEM) und der Berufsgenossenschaft Rohstoffe und Chemische Industrie (BG RCI). Gegründet wurde es zu Beginn des Jahres 1982 von den damaligen Berufsgenossenschaften Feinmechanik und Elektrotechnik (BG FE) und Chemie (BG Chemie), die, nach mehreren Fusionen, zu den oben genannten BG ETEM und BG RCI geworden sind. Die vorrangige Aufgabe des Instituts ist die Organisation der medizinischen Versorgung von Strahlenunfallpatienten. Das ist auch das Alleinstellungsmerkmal im Vergleich zu anderen Organisationen und Einrichtungen gleichen oder ähnlichen Namens.

Medizinische Versorgung in den 70er Jahren

Es gab mehrere Gründe für die Berufsgenossenschaften, ein solches Institut aus der Taufe zu heben. In den 70er Jahren stieg die Zahl der beruflich strahlenexponierten Personen, die mit einem amtlichen Dosimeter überwacht werden mussten, auf über 200 000 Personen bis 1981. BG FE und BG Chemie stellten damals fest, dass ein Teil dieser Personen zu ihren Versicherten zählte. Sie waren z.B. in den Bereichen Kerntechnik, zerstörungsfreie Materialprüfung und Herstellung von Strahlungsquellen oder auch in Radionuklid-Laboratorien tätig.

Zum anderen war die medizinische Versorgung nach Arbeitsunfällen in Strahlenschutz -überwachten Bereichen nicht immer optimal. Neben geringer medizinischer Erfahrung im Umgang mit Strahlenunfallpatienten, waren sich sowohl Ärzte als auch medizinisches Assistenzpersonal der angefragten Klinik unsicher hinsichtlich des eigenen Risikos. Dies führte in Einzelfällen sogar zur Ablehnung der Patientenversorgung.

Auch die nach Strahlenschutzrecht ermächtigten Ärzte, die über eine zusätzliche Fachkunde im Strahlenschutz verfügen, sind meist nicht erfahren bei der klinischen Versorgung von Unfallopfern. Der Schwerpunkt ihrer Arbeit liegt in der Begutachtung des betrieblichen Strahlenschutzes und der Arbeitsplätze sowie in der Feststellung der Eignung der einzelnen Beschäftigten. Hinzu kommt, dass das Strahlenrisiko auch von den ermächtigten Ärzten falsch eingeschätzt wurde.

Berufsgenossenschaftliches Institut für Strahlenschutz

Vor diesem Hintergrund beschlossen die BG FE und die BG Chemie, eine Organisation zur medizinischen Versorgung zu schaffen. Das neu gegründete berufsgenossenschaftliche Institut für Strahlenschutz soll die best- und schnellstmögliche medizinische Versorgung von Strahlenunfallpatienten sicherstellen. Es wird dabei von einem wissenschaftlichen Beirat unterstützt. Dem gehören Vertreter verschiedener medizinischer Fachrichtungen, wie Arbeitsmedizin, Nuklearmedizin, Strahlentherapie, Hämatologie und Notfallmedizin, sowie Vertreter aus den Bereichen Strahlenbiologie und betrieblicher Strahlenschutz an. An den Sitzungen des Beirats nehmen darüber hinaus Strahlenschutzexperten der BG FE und der BG Chemie teil.

Regionale Strahlenschutzzentren

Zur Patientenversorgung waren außerdem medizinische Einrichtungen im Sinne regio­naler Strahlenschutzzentren notwendig, die sich u.a. auf die Versorgung von Strahlenunfallpatienten spezialisierten. Diese wurden aufgrund persönlicher Kontakte zu Abteilungsleitern medizinischer Einrichtungen gefunden, die national und international im medizinischen Strahlenschutz engagiert waren. Es handelt sich dabei um nuklearmedizinische oder strahlentherapeutische Abteilungen großer Kliniken oder medizinische Abteilungen von Forschungseinrichtungen.

Das Institut für Strahlenschutz hat mit diesen Einrichtungen Verträge geschlossen, deren Inhalt die Aufgabenwahrnehmung im Sinne eines Regionalen Strahlenschutzzentrums ist (s. unten). Die Namen und aktuellen Telefonnummern dieser Zentren werden im Internet gepflegt. Auf der Homepage der BG ETEM (s. „Weitere Infos“) ist im Suchfeld der Webcode 12178646 einzugeben, um direkt zur Liste der RSZ zu gelangen. Es existieren derzeit neun Zentren. In das System eingebunden ist auch die berufsgenossenschaftliche Klinik in Ludwigshafen-Oggersheim. Hier wurde in den 90er Jahren eine Anlaufstelle für Strahlenunfallpatienten mit einem Dekontaminationsbereich, einem zugeordneten OP sowie einer speziellen Station eingerichtet. Sie steht im Falle eines Strahlenunfalls in Kombination mit einem schweren konventio­nellen Unfall jederzeit zur Verfügung.

Allgemein gilt, dass kein RSZ einem bestimmten Bundesland zugeordnet ist. Die Betriebe sollen das jeweils nächstgelegene RSZ ansprechen.

Es muss an dieser Stelle betont werden, dass das System der Regionalen Strahlenschutzzentren ganz konkret für den so genannten „kleinen Strahlenunfall“ etabliert wurde. Unter dem „kleinen Strahlenunfall“ sind lokale, auf den Arbeitsplatz begrenzte, Strahlenunfälle (nach neuem Strahlenschutzrecht „Strahlennotfälle“) gemeint. Es handelt sich hier also nicht um Vorkommnisse, die Maßnahmen des Katastrophenschutzes notwendig machen würden. Auf der anderen Seite sind diese Zentren inzwischen auch bei den staatlichen Stellen als Kompetenzzentren für die medizinische Versorgung bei Strahlenunfällen bekannt. Daher werden u.a. auch die RSZ bei größeren Ereignissen von diesen Stellen um Unterstützung angefragt.

Aufgaben der Regionalen Strahlenschutzzentren beim Strahlennotfall

Die Regionalen Strahlenschutzzentren übernehmen die Aufgaben von Leitstellen für alle Fragen einer strahlenschutzmedizinischen Beratung, Versorgung und Überwachung, sie stehen also im Strahlennotfall „mit Rat und Tat“ zur Verfügung. Dabei sind die einzelnen Zentren Glieder eines Gesamtsystems Regionaler Strahlenschutzzentren, d. h., im Notfall steht das gesamte System mit medizinischen und naturwissenschaftlichen Disziplinen der einzelnen RSZ zur Verfügung. Insofern kann die interdisziplinäre Aufgabe erfüllt werden.

RSZ müssen als Leitstellen eine ständige Rufbereitschaft unterhalten. Sie sind im Notfall Ansprechpartner für den betroffenen Betrieb und dessen betrieblichen Strahlenschutz, für den betreuenden Betriebsarzt und auch für einen Notarzt oder das Krankenhaus, in das die betroffene Person möglicherweise schon eingeliefert wurde. Falls notwendig, kann auch eine Aufnahme auf der dem RSZ zugeordneten Station erfolgen.

Zu den Aufgaben der RSZ zählen neben der Beratung der in einen Strahlenunfall eingebundenen Personen auch die Unterstützung bei der Abschätzung der tatsächlich erhaltenen Dosis sowie die Durchführung diagnostischer und therapeutischen Maßnahmen.

Betriebe, die aufgrund ihres Umgangs mit ionisierender Strahlung dem staatlichen Strahlenschutzrecht unterliegen, müssen in vielen Fällen auch eine Strahlenschutzanweisung erstellen. In dieser sind alle für die jeweilige Anwendung erforderlichen Schutzmaßnahmen aufzuführen, auch die Maßnahmen, die für den Fall eines unvorhergesehenen Ereignisses vorzusehen sind. Neben den Telefonnummern der betrieblichen Strahlenschutzorganisation (Strahlenschutzverantwortlicher, Strahlenschutzbeauftragte) und den bei einem Arbeitsunfall anzusprechenden Ärzten (z. B. Betriebsärzte, ermächtigte Strahlenschutzärzte, D-Ärzte ) sollte hier auch die Telefonnummer des nächstgelegenen Regionalen Strahlenschutzzentrums eingetragen sein.

Unterstützung der regionalen ­Strahlenschutzzentren durch das ­berufsgenossenschaftliche Institut für Strahlenschutz für den Notfall

Das IfS hat gemeinsam mit seinen beratenden Experten ein Handbuch für die RSZ erstellt, das den beim Strahlenunfall notwendigen Informationsaustausch zwischen RSZ und dem betroffenen Betrieb beschreibt. Damit die RSZ im Notfall tatsächlich die best- und schnellstmögliche Hilfe leisten können, sind sie auf Informationen zum konkreten Umgang mit ionisierender Strahlung angewiesen. Sie müssen bei einem solchen plötzlich auftretenden, die Routinearbeit unterbrechenden, seltenen Ereignis zielgerichtet Fragen stellen können, um zu einer realistischen Einschätzung der Situation im betroffenen Betrieb zu kommen. Dabei hilft ihnen das Handbuch mit seinen vier übersichtlich gegliederten, farblich gekennzeichneten Kapiteln zu folgenden Themenbereichen:

1. Institutionen/Fachberatung
Hier stehen Telefonnummern und Adres­sen von Fachleuten, die im Einzelfall weitere Informationen liefern können.

2. Unfallmeldung/Sofortmaßnahmen
In diesem Kapitel sind die bei einer Unfallmeldung zu stellenden Fragen in sinnvoller Reihenfolge aufgeführt und mit dem notwendigen Freiraum für die Antworten versehen. Dort, wo weitere Informationen erforderlich sind, wird auf Kapitel 3 verwiesen.

3. Kurzinformation
Das Kapitel enthält u. a. nuklidspezifische Angaben für die in Industrie und Medizin am häufigsten verwendeten Radionuklide. Darüber hinaus werden Hinweise für eine erste Dosisabschätzung (Faustformeln) im Falle externer Exposition, Kontamination und Inkorporation sowie Informationen zur Durchführung einer Chromosomen­aberrations-Analyse gegeben.

4. Weiterführende Informationen
Dieser Teil des Handbuchs ist für ein vertiefendes Studium der Themen gedacht, die im Seminar für die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Regionalen Strahlenschutzzentren vermittelt werden.

Fortbildungsseminare für ­Fachpersonal

Das Institut für Strahlenschutz organisiert jedes Jahr für medizinisches, naturwissenschaftliches und Assistenzpersonal ein Fortbildungsseminar. Das Seminar ist zweizügig und besteht aus einem Grund- und einem Fortgeschrittenenkurs. Der Grundkurs ist für diejenigen gedacht, die neu zur Mannschaft eines Zentrums hinzugekommen sind. Ihnen werden u. a. Grundlagen der Strahlenbiologie, der Strahlenphysik, der Dosimetrie, der notwendigen Maßnahmen nach externer Exposition, nach Kontamination, nach Inkorporation oder einer Kombination dieser möglichen Expositionsarten sowie rechtliche Grundlagen vermittelt.

Im Fortgeschrittenenkurs werden auch Themen angesprochen, die über das zur Erfüllung der Aufgaben eines RSZ notwendigen Wissen hinausgehen, wie z. B. die neuesten Erkenntnisse zum Strahlenrisiko oder neue Entwicklungen im Strahlenschutz aus internationalen Gremien.

Mit allen Teilnehmerinnen und Teilnehmern wird in den letzten Jahren vermehrt das Thema „Psychologische Effekte im Strahlenschutz“ diskutiert. Natürlich können bei einem solchen Seminar auch Übungen nicht fehlen. Neben Rechenübungen werden Fallszenen vorbereitet und in kleinen Gruppen durchgespielt. Jede Gruppe muss nach einer initialen Unfallmeldung, die möglichst realistisch gespielt wird, durch Erfragen und unter Zuhilfenahme des Handbuchs entscheiden, welche Maßnahmen eingeleitet bzw. durchgeführt werden müssen. Mit einer solchen Übung soll möglichst realistisch eine telefonische Unfallmeldung im Zentrum simuliert werden. Auf diese Weise soll der Umgang mit dem Handbuch zur Routine werden.

Weitere Aufgaben des Instituts für Strahlenschutz in Praxis und ­Forschung

Neben der Organisation des Systems der Regionalen Strahlenschutzzentren unterstützt das IfS

  • die nach Strahlenschutzrecht ermächtigten Ärzte, wozu auch die Weitergabe von aktuellen Informationen zählt,
  • andere Unfallversicherungsträger bei der Bearbeitung von Fällen der Berufskrankheit Nr. 2402 (Einwirkung ionisierender Strahlung),
  • Forschungsvorhaben, deren Ziel die Ermittlung des Strahlenrisikos im niedrigen Dosisbereich ist.
  • Darüber hinaus etabliert das Institut derzeit einen Messplatz zur Bestimmung von Chromosomenaberrationen nach Strahlenunfällen im Sinne einer biologischen Dosimetrie. Dazu wurde ein virtuelles Netzwerk aufgebaut, in dem Experten aus den Bereichen Strahlenschutz und Zytogenetik zusammenarbeiten.

    Die Regionalen Strahlenschutzzentren haben in den letzten Jahren in der Bevölkerung einen gewissen Bekanntheitsgrad erreicht. Aus diesem Grund werden sie auch zur Beantwortung allgemeiner Fragen zum Strahlenschutz und Strahlenrisiko kontaktiert. Dies hat sich z.B. nach den Ereignissen in Japan im März 2011 gezeigt.

    Zusammenfassung

    Die Meldung eines tatsächlichen Strahlenunfalls ist sehr selten. Umso wichtiger ist es, dass alle, die in die Bearbeitung eines solchen Falls involviert sind, eine gewisse Erfahrung und Routine damit besitzen. Zu diesem Personenkreis zählen auch die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Regionalen Strahlenschutzzentren. Um ihnen ihre Aufgabe als Leitstelle für die medizinische Versorgung bei einem so genannten „kleinen Strahlenunfall“ zu erleichtern, werden sie vom Institut für Strahlenschutz unterstützt. Dieses stellt ihnen ein Handbuch zur strukturierten Abarbeitung eines Strahlenunfalls zur Verfügung und bietet Fortbildungsseminare zur Vertiefung an. Wichtiger Bestandteil dieser Fortbildungsseminare sind möglichst realitätsnahe Übungen.

    Interessenkonflikt: Der Autor gibt an, dass kein Interessenkonflikt vorliegt.

    Weitere Infos

    Berufsgenossenschaft Energie Textil Elektro Medienerzeugnisse (BG ETEM): Liste der Regionalen Strahlenschutzzentren
    www.bgetem.de (Webcode 12178646)

    Autor

    Franz Fehringer
    Berufsgenossenschaft Energie Textil Elektro ­MedienerzeugnisseInstitut für Strahlenschutz
    Gustav-Heinemann-Ufer 130
    50968 Köln
    privat

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