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Malaria, Typhus und die Hepatitiden

Neues von alten Bekannten

Malaria

Quellen der Information sind vor allem der Weltmalariabericht (WHO 2018), Projekte zur Beschreibung der Epidemiologie der Malaria wie das Malaria Atlas Project in Oxford (s. „Weitere Infos“) und natürlich die nationalen Statistiken (RKI 2019 und andere). Insgesamt ist das Malariageschehen in der Welt in den letzten Jahren geringer geworden, doch haben gerade einige der Hauptverbreitungsländer (Nigeria, Demokratische Republik Kongo, Mozambique) Schwierigkeiten, die Erfolge zu halten. Ohnehin gibt es Rückschläge in Krisenstaaten wie Venezuela, dem Jemen oder in Burkina Faso, aber auch im Norden Namibias und im Nordosten Südafrikas. Die WHO geht von weltweit etwa 219 Mio. (2 Mio. mehr gegenüber dem Vorjahr) klinischen Episoden aus, die Todesfallzahlen sind auf 435 000 (–16 000) zurückgegangen.

Bei diesen Zahlen schwingt die Annahme mit, das Malariarisiko des Reisenden folge mehr oder weniger dem der Bevölkerung. Ideal wären aufsummierte Besucher- und Fallzahlen einer Region, wobei ein Backpacker- und ein Messeaufenthalt in Indien auch nicht gleichgesetzt werden können. So fasst jährlich ein Ausschuss unter Federführung der Deutschen Gesellschaft für Tropenmedizin und Internationale Gesundheit (DTG) die Fakten und Empfehlungen zu einer Leitlinie zusammen (Rothe et al. 2019).

Die wesentlichen Neuerungen der diesjährigen Überarbeitung sollen im Folgenden kurz angesprochen werden. Zusätzlich zur Auflistung der Länder mit textlicher Beschreibung der betroffenen Gebiete ist jetzt neben der Weltkarte eine Reihe von Regionalkarten (Lateinamerika, südliches Afrika, Südasien, SO-Asien) gestellt worden, um der kleinteiligen Epidemiologie dieser Regionen gerecht zu werden. Neu ausgewiesene Regionen mit Prophylaxeempfehlung sind etwa Anteile von Honduras, Nicaragua, SO-Kolumbien, NO-Peru, NW-Brasilien, NO-Namibia, N-Botswana, NO-Südafrika, NO-Indien, Pakistan, NO-Kambodscha und Palawan (Philippinen). Verbesserungen sind in SO-Panama, großen Anteilen Indiens, Thailands und Indonesiens oder auch in China zu sehen, das möglicherweise bald für malariafrei erklärt wird.

Wenn auch im Schutzkonzept die drei Methoden Expositionsprophylaxe, Notfallselbstbehandlung (NSB, der Begriff „Standby“ soll vermieden werden) und Prophylaxeeinnahme beibehalten worden sind, so ergeben sich in der relativen Rolle doch Neuerungen. Insgesamt wird häufiger eine Chemoprophylaxe gegeben werden müssen, seltener als bisher eine NSB. Nachuntersuchungen haben nämlich gezeigt, dass die NSB-Medikation oft ungezielt und ohne den realistischen Versuch einer diagnostischen Klärung eingenommen wurde. Daher wird ihre Rolle relativiert.

Basis des Malariaschutzes ist in allen Verbreitungsgebieten der Schutz vor Mückenstichen durch Aufenthalt in Mosquito-sicheren Räumen von Sonnenunter- bis -aufgang. Wer dennoch draußen unterwegs sein muss, sollte lange, körperbedeckende Kleidung tragen und die für Mücken frei zugänglichen Hautpartien mit einem Repellens (DEET ab 30 % oder Icaridin ab 20 %) einreiben. Am besten ist es, unter einem intakten Mosquito­netz zu schlafen.

Die Mitgabe einer Notfallselbstbehandlung ist dann gerechtfertigt, wenn die Malaria realistisch droht und eine Abklärung der Fieberursache entlang des Reiseweges aus Gründen der Infrastruktur für 48 h (früher: 24 h) nicht möglich ist. Eine eher geringe Malariagefahr rechtfertigt nur die Expositionsprophylaxe. Wer länger als 7 Tage bei schlechter medizinischer Versorgung im Malariagebiet unterwegs ist oder nach Aufenthalt (jeder Dauer) im Malariagebiet in schlecht versorgtem Gebiet reist, sollte eine NSB zur Verfügung haben. Dies sollte jedoch den Sinn einer ärztlichen Abklärung und Behandlung der Fieberursache nicht in den Hintergrund drängen, da es ja auch andere Erklärungen für das Fieber gibt. Die medikamentösen Optionen für die NSB sind gegenwärtig das häufig verordnete Atovaquon/Proguanil (Malarone® und Generika) sowie das Artemether/Lumefantrin (Riamet®, international Coartem®), das wegen aufkommender Resistenzen nicht mehr zur NSB in SO-Asien verwandt werden darf. Das Dihydroartemisinin/Piperaquin (Eurartesim®) war bislang mit der Zulassungsauflage belegt, dass es wegen möglicher ernster Arrhythmien zur NSB nicht geeignet sei. Eine große Metastudie (Chan et al. 2018) konnte nun in fast 200 000 Probanden, die das Mittel zur Therapie oder im Rahmen einer Massenbehandlung bekamen, nur einen möglichen Rhythmustodesfall finden – eine 16-jährige Mozambiquanerin. Ob die behandelten Populationen mit der reisemedizinischen
Klientel hierzulande vergleichbar sind, muss kritisch gesehen werden.

Bei der Chemoprophylaxe ergibt sich bislang wenig Neues. Im Vordergrund steht die Anwendung von Atovaqone/Proguanil (Malarone® und Generika, diese auch in größeren Packungen) und Doxycyclin, was weiterhin ein Off-label Use ist. Aufgrund von Vorteilen bei Kindern und dem Vorliegen von Erfahrungen bei Schwangeren ist auch Mefloquin weiter in der Leitlinie aufgeführt, in SO-Asien lässt die Wirkung aber zu stark nach. Neu wird die in den USA schon zugelassene Substanz Tafenoquin (Arakoda®) sein, die allerdings noch nicht auf dem euro­päischen Markt angeboten wird und vor Verabreichung die Überprüfung der Glucose-6-Phosphat-Dehydrogenase-Aktivität verlangt.

In der Therapie der Malaria gibt es aktuell keine Neuigkeiten. Die Diagnostik beruht immer öfter auf den Schnelltests, die entweder Malaria allgemein und/oder Malaria tropica nachweisen können. Die Interpretation des Ergebnisses muss dem verwendeten Antigen entsprechen. Es werden aber immer öfter Malariastämme nachgewiesen, denen die Antigene fehlen, nach denen der Test sucht.

Hepatitis A

Die Impfung gegen Hepatitis A ist inzwischen „die“ klassische Reiseimpfung geworden. Auch die anderen Risikofaktoren (Pflege, Abwasserkontakt, Sexualkontakte unter Männern) sind bekannt. Dennoch sind 1043 Fälle und sechs Todesfälle in Deutschland sind dann jedoch viel (RKI 2019). Nur sechs von diesen Fällen waren korrekt geimpft, so dass ein Impfdurchbruch möglich ist. Die Todesfälle betrafen, wie zu erwarten, Personen über 50 Jahren, da in dieser Altersgruppe die Hepatitis A gefährlicher wird, während sie im Vorschulalter oft inapparent verläuft. Bei 61 % der Fälle wurde Deutschland als Infektionsland angegeben. Manchmal reist eben auch der Keim zum Opfer: Zwei größere Ausbrüche waren durch importierte Erdbeeren bzw. Datteln bedingt.

Auch in den USA ist die Hepatitis A unter den Risikogruppen der Drogenkonsumenten, Obdachlosen, Gefangenen und unter anderweitig Leberkranken in den letzten Jahren wieder ein größeres Problem geworden (CDC 2019, s. „Weitere Infos“).

Bei der Impfung muss auf die Dosis geachtet werden. Hepatitis-A-Monoimpfstoffe und die Kombination mit Typhus benötigen nur zwei Impfstoffgaben für einen rund 25 Jahre währenden Hepatitis-A-Schutz, während die niedriger dosierte Kombination mit Hepatitis B drei oder vier Termine benötigt.

Typhus

Die internationale Epidemiologie bei Typhus (engl.: „typhoid fever“, ein häufiger Übersetzungsfehler) hat sich geändert (Stanaway 2019): Während die Krankheitslast in Südamerika, insbesondere in den Andenstaaten zurückgegangen ist, hat sie in Süd- und Südostasien eher zugenommen. Verstädterung und die immer schlechter planbaren, oft als Regensturm niedergehenden Monsunregen führen zu erheblichen Überschwemmungen mit Auswaschung von Fäkalmaterial aus Latrinen und Abwassergräben. Kontaminiert ein Dauerausscheider Lebensmittel, die nahe der Körpertemperatur auf einem Buffet liegen, so kommt es in 10-mal 20 min., also
3 h 20 min, zu einer Vertausendfachung der Keimbelastung. Leider wird oft leichtfertig Rohkost im Ausland konsumiert, so dass die Zahl von nur 58 Fällen in Deutschland im Jahre 2018 zunächst verwundert (RKI 2019). In Deutschland, besonders aber im Ausland, mögen Verdachtsfälle jedoch häufiger „blind“ antibiotisch behandelt worden sein, so dass die mikrobiologische Diagnose, noch dazu aus einer Blutkultur, vielfach nicht gestellt wird. 79 % der Fälle kamen aus Asien, insbesondere Indien, Pakistan und Nepal, 93 % waren ungeimpft. In Deutschland steht ein injizierbarer Polysaccharidimpfstoff zur Verfügung, allein oder in Kombination mit Hepatitis-A-Impfstoff, der tendenziell einen längeren Impfschutz vermittelt als die störanfälligere Schluckimpfung. In Indien ist inzwischen ein Konjugatimpfstoff auf dem Markt.

Hepatitis B

Die Sinnhaftigkeit einer Hepatitis-B-Impfung ist mittlerweile weitgehend unbestritten. Rund 3,5 % der Weltbevölkerung sind laut WHO chronisch mit dem Hepatitis-B-Virus infiziert, einem sehr umweltresistenten Keim, der den Körper mit jeder Flüssigkeit verlässt und nur kleine Virusmengen für die Infektion benötigt. Wegen der Latenz zum Krankheitsausbruch ist oft nur statistisch, also über Risikofaktoren und Expositionsmuster, zu klären, woher die Infektion stammt. In Deutschland werden alle Kinder und Jugendlichen gegen Hepatitis B geimpft, danach wird eine Indikation für die Impfung benötigt. Dies kann eine berufliche (Medizin, Ersthelfer, Polizei etc.) oder eine des privaten Risikos sein (Drogenkonsumenten, ungeschützter Kontakt mit wechselnden Sexualpartnern), aber auch eine reisemedizinische. Dabei ist nicht nur auf ein risikoreicheres Sexualverhalten unterwegs abzuheben, sondern auch auf medizinische und zahnmedizinische Risiken. Auch wenn Einmalspritzen inzwischen weit verbreitet in qualifizierten Einrichtungen verfügbar sind, so gilt dies noch lange nicht für die verantwortbare Wiederaufbereitung von Verbandsmaterial, OP-Wäsche, Dauerkathetern oder für den zahnmedizinischen Bereich. Eine Hepatitis-B-Impfung ist daher für Vielreisende ein Muss, für den Urlaubsreisenden eine vernünftige Ergänzung des Impfschutzes.

Auch wenn diese Impfung seit Jahren zur Verfügung steht, wurden 2018 insgesamt 4507 Hepatitis-B-Virusnachweise gemeldet. Nur 32 % der Betroffenen waren in Deutschland geboren. Das belegt auch, warum das Konzept der Kindheitsimpfung nicht in der Lage ist, die Fallzahlen zu senken. Zu viele nicht geimpfte Erwachsene infizieren sich im Ausland – und die ins Land gekommenen Migranten haben das bundesdeutsche Kinderimpfprogramm nicht durchlaufen. Auch wenn daher von einer Reiseimpfung gesprochen wird, so liegt der gesundheitliche Vorteil des Impfschutzes doch in Deutschland.

Noch ungewohnt ist vielen der Umgang mit der serologischen Kontrolle der abgeschlossenen Grundimmunisierung. Da es Non-Responder gibt, soll zum besten Zeitpunkt, also 4–6 Wochen nach Grundimmunisierung, der anti-Hbs-Titer geprüft werden. Liegt er über 100 IU/l, so kann im Normalfall von einem dauernden Schutz ausgegangen werden (STIKO 2018). Zwar fällt der Titer mit der Zeit wieder ab, doch geht es ohnehin um die Induktion von Gedächtniszellen. Der Blick auf die Seronegativen muss differenziert werden: Darunter sind die, die nie Kontakt und keine Impfung hatten, die, die auf eine Impfung nie reagiert haben („echte“ Non-Responder), und solche, die eine Immunität haben, die jedoch lange nicht gefordert wurde, aber bei Bedarf parat steht. Pauschal alle als Non-Responder zu klassifizieren, wird der Sache nicht gerecht. Übrigens verstecken sich bei den Non-Respondern auch solche mit chronischer Infektion, die ja schon auf das „endogene“ Hbs-Antigen nicht reagieren und vor wie nach der Impfung kein anti-Hbs bilden.▪

Interessenkonflikt: Der Autor gibt an , dass kein Interessenkonflikt vorliegt.

Literatur

Chan XH et al.: Risk of sudden, unexplained death after use of dihydroartemisinin/piperaquin for Malaria. Lancet Inf Dis 2018; 18: 913–923.

Robert Koch-Institut (RKI): Infektionsepidemiologisches Jahrbuch meldepflichtiger Krankheiten für 2018. Berlin: RKI, 2019 (über www.rki.de).

Rothe C et al.: Empfehlungen zur Malariaprophylaxe. Flug Reisemed 2019; 26: 105–132.

Stanaway JD et al.: The global burden of typhoid and paratyphoid fevers: a systematic analysis for the Global Burden of Disease Study 2017. Lancet Inf Dis 2019; 19: 369–381

STIKO am Robert Koch-Institut: Empfehlungen der Ständigen Impfkommission (STIKO) beim Robert-Koch-Institut 2018/2019. EpiBull 34/2018 vom 23.08.2018 (über www.rki.de)

World Health Organisation (WHO): World Malaria Report 2018. Geneva: WHO, 2018.

Abb. 2:  Gemeldete Hepatitis-B-Fälle nach Fallkategorie und Jahr im Verlauf (Quelle: RKI 2019)
Abb. 2: Gemeldete Hepatitis-B-Fälle nach Fallkategorie und Jahr im Verlauf (Quelle: RKI 2019)

Weitere Infos

CDC: Widespread outbreaks of hepatitis A across the United States

https://www.cdc.gov/­hepatitis/outbreaks/2017March-­HepatitisA.htm Zugriff 22.08.2019

The Malaria Atlas Project

https://map.ox.ac.uk/

Autor
Dr. med. Burkhard Rieke DTM&H (Liv.)
Tropen- und reisemedizinische Praxis
Oststraße 115
40210 Düsseldorf
Foto: privat