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Nachhaltige Reiseberatung in der Arbeitsmedizin

Das PDF dient ausschließlich dem persönlichen Gebrauch! - Weitergehende Rechte bitte anfragen unter: nutzungsrechte@asu-arbeitsmedizin.com.

Kerstin La Roche et al.

doi:10.17147/asu-1-391892

Sustainable Travel Advice in Occupational Medicine

Sustainable occupational health advice in travel medicine provides recommendations for maintaining health and avoiding illness. This avoids medical consultations in the host country, which also relieves the burden on the local healthcare system. The aspects of recyclability, resource conservation and waste avoidance are also taken into account.

Kernaussagen

  • Nachhaltigkeit in der arbeitsmedizinischen Reiseberatung sollte bei allen Arbeitgebern und arbeitsmedizinischen Reiseberatungen einen festen Stellenwert einnehmen.
  • Die Klimagruppe der DTG hat hierzu als Unterstützung eine Empfehlung für Reisende und Beratende auf der Internetseite der DTG frei zugänglich veröffentlicht.
  • Nachhaltig kann sowohl die Reiseplanung, das Reisen, die Reiseberatung wie auch das ­Impfen gestaltet werden.
  • Nachhaltige Reiseberatung in der Arbeitsmedizin

    Eine nachhaltige arbeitsmedizinische Beratung in der Reisemedizin gibt Handlungsempfehlungen zum Erhalt der Gesundheit sowie der Vermeidung von Krankheit. Hierdurch werden ärztliche Vorstellungen im Gastland vermieden, was auch das örtliche Gesundheitssystem entlastet. Des Weiteren finden die Aspekte der Wiederverwertbarkeit, Ressourcenschonung und Abfallvermeidung Berücksichtigung.

    Einleitung

    Die reisemedizinische Beratung, insbesondere im Kontext von beruflichen Auslandsaufenthalten, stellt eine komplexe Aufgabe dar, da in kurzer Zeit eine Vielzahl relevanter Themen abgedeckt werden muss. Neben der Prävention von Infektionskrankheiten wie Malaria, Dengue und anderen Tropenerkrankungen spielt die korrekte Anwendung von Repellentien (z. B. gegen Mücken und Zecken) eine wichtige Rolle. Des Weiteren werden individuell angepasste Impfempfehlungen und länderspezifische Hygienemaßnahmen besprochen. Obwohl die Reiseapotheke ein Bestandteil der Reisevorbereitung ist, wird diese oft, insbesondere im arbeitsmedizinischen Kontext, nicht ausreichend thematisiert und die Nachhaltigkeit der verwendeten Produkte selten berücksichtigt. Um die Themen Reisemedizin und Nachhaltigkeit sinnvoll zu vereinen, wurde die „Nachhaltige Reiseapotheke“ entwickelt. Initiatoren sind vor allem die Klimagruppe der Deutschen Gesellschaft für Tropenmedizin, Reisemedizin und Globale Gesundheit e. V. (DTG) und die Gesellschaft für Tropenpä­diatrie und internationale Kindergesundheit e. V. (GTP) mit Unterstützung vieler weiterer erfahrener Kolleginnen und Kollegen. Ziel ist, die Reiseapotheke möglichst universell auf die verschiedenen Bedürfnisse von Reisen und Reisenden auszurichten. Es liegt der Fokus insbesondere auf Reisen in die Tropen beziehungsweise Subtropen. Dabei werden auch Randthemen mit Nachhaltigkeitsbezug berücksichtigt, wie beispielsweise die Vermeidung von Müll und die Reduzierung der Belastung des Gesundheitssystems am Reiseziel.

    In Ergänzung zur „Nachhaltigen Reise­apotheke“ wurde die zweite Version der Stellungnahme „Nachhaltig Impfen“ erarbeitet. Diese Publikation befasst sich mit dem Thema Impfungen in der Reisemedizin und wird von zahlreichen Fachgesellschaften unterstützt, darunter auch der VDBW und die DGAUM. Sowohl die „Nachhaltige Reiseapotheke“ als auch die Stellungnahme „Nachhaltig Impfen“ verfolgen zwei zentrale Ziele. Zum einen soll durch individuelle Reisemedizinberatung und die Bereitstellung einer passenden Reiseapotheke die Gesundheit jedes Reisenden – auch im beruflichen Kontext – bestmöglich geschützt werden. Zum anderen soll der ökologische Fußabdruck minimiert werden. Im Vordergrund steht dabei nicht nur die individuelle Gesundheit, sondern auch die Reduzierung der Umweltbelastung durch Reisen. Dies wird durch die Verwendung nachhaltiger Produkte und die Berücksichtigung von Aspekten wie Müllvermeidung und Ressourcenschonung erreicht.

    „Nachhaltige Reiseapotheke“ als modulares Konzept mit ver­schiedenen Boxen

    Neben allgemeinen Hinweisen, Empfehlungen zu Präventionsmaßnahmen, akuten Erkrankungen und Dauermedikation bietet die „Nachhaltige Reiseapotheke” konkrete Ratschläge zum Inhalt einer Reiseapotheke. Diese ist modular aufgebaut und in übersichtlichen Boxen zusammengestellt. So lässt sie sich individuell an die Reisebedingungen und Bedürfnisse anpassen. Bei Bedarf, beispielsweise bei Reisen unter speziellen Bedingungen, kann die Reiseapotheke einfach um weitere Komponenten erweitert werden. Die Grundkonfiguration ist für Reisen in subtropische und tropische Regionen mit grundlegender Gesundheitsinfrastruktur konzipiert. Dies gilt auch für Geschäftsreisen zu Kongressen und Produktionsstätten im Ausland. Das Boxensystem unterteilt sich in eine Basisbox, eine Erwachsenenbox, eine Kinderbox sowie eine Traumabox. Diese Boxen bauen aufeinander auf und sind nicht separat voneinander zu sehen. Im Rahmen der Gefährdungsbeurteilung für das Zielland (ggf. auf Basis der Provinz/Stadt) sollten die Arbeitsmedizinerinnen und -mediziner unter anderem das Augenmerk auf die Jahreszeit, die Dauer des Aufenthalts, die Aufgaben des Einsatzes und die Unterbringung richten. Wichtig ist, dass bei der Gefährdungsbeurteilung neben dem beruflichen Risiko immer auch das Freizeitverhalten mit Berücksichtigung finden sollte. Das Freizeitverhalten kann im Ausland im Vergleich zu Deutschland ein völlig anderes sein. Berufliche Verpflichtungen und Freizeitaktivitäten können schnell ineinanderfließen, beispielsweise wenn der Gastgeber geschäftlicher Treffen gleichzeitig ein geselliges Beisammensein zum gegenseitigen Kennenlernen und zum Austausch über Land und Leute anbietet. Dies ist auch in den Impferwägungen mit zu berücksichtigen (z. B. Tollwutimpfung). Meist resultiert aus der Gefährdungsbeurteilung, dass die Hinweise in allen drei Boxen (Basisbox, Erwachsenenbox und Traumabox) berücksichtigt werden sollten. Expats mit Kindern benötigen zusätzlich zur Kinderbox auch Informationen aus der Basisbox und der Erwachsenenbox. Im gesamten Dokument sind zudem gesondert gekennzeichnete Tipps zu speziellen Problemen und Fragestellungen zu finden. Die „Nachhaltige Reiseapotheke” ist keine vollständige Aufzählung und muss daher an die individuelle Situation und Planung angepasst werden. Jegliche Haftung wird ausgeschlossen, für ergänzende/korrigierende Hinweise sind die Autorinnen und Autoren jedoch dankbar. Insbesondere bei Vorerkrankungen ist immer eine ärztliche Beratung indiziert beziehungsweise die/der behandelnde (Haus-)Ärztin/-Arzt mit einzubeziehen.

    Allgemeine Hinweise

    Vor der Reise bedarf es der Überprüfung und gegebenenfalls Vervollständigung des Impfstatus, der Aufklärung über regionalspezifische Risiken sowie der Berücksichtigung wichtiger allgemeiner Gesundheitsthemen wie Sonnenschutz, lokalen hygienischen Bedingungen sowie Mitführen von Medikamenten und Befunden bei Vorerkrankungen. Hinweise zu all diesen Aspekten sind in den einzelnen Rubriken ausführlich erläutert. Es gilt unter anderem, Lagerungsnotwendigkeiten und Einfuhrbestimmungen von Medikamenten und Medizinprodukten zu beachten. Hierzu gehört auch der Hinweis auf den Versicherungsschutz, nicht zuletzt wegen erhöhter Unfallrisiken bei zum Teil schlechter (verkehrstechnischer) Infra­struktur. Im Rahmen des Versicherungsschutzes ist es auch wichtig zu wissen beziehungsweise zu erwägen, ob es sich um eine reine Kostenübernahme durch die Versicherung handelt oder ob im Versicherungsfall auch Hilfestellungen im Sinne von Assistance-Leistungen erbracht werden. Diese Assistance-Leistungen können in fremden Ländern mit eingeschränkter gesundheit­licher Infrastruktur genauso wichtig wie die Kostenübernahme sein.

    Die „Nachhaltige Reiseapotheke“ stellt notwendige und sinnvolle Medikamente vor und gibt praktische Tipps zur Ausstattung, angepasst an das Lebensalter der Reisenden und des geplanten Auslandsaufenthaltes. Ebenso werden die Besonderheiten von Reisen mit Kindern aufgegriffen. Diese Tipps können eine individuelle Beratung durch reisemedizinisch versierte Ärztinnen und Ärzte nicht ersetzen, sollen aber eine Ergänzung zur Orientierung und Information darstellen. Nicht zuletzt werden für den Fall von Erkrankungen während der Reise Warnzeichen von häufigen reisebedingten Erkrankungen wie Fieber und Durchfall mit Flüssigkeitsverlust vorgestellt. Sie stellen eine erste Hilfestellung zur Einschätzung und zum Verhalten vor Ort dar.

    Nachhaltiges Impfen

    Während zur Reiseapotheke lediglich beraten werden und weniger Einfluss auf die tatsächliche Gestaltung genommen werden kann, ist der Gestaltungsspielraum beim Impfen deutlich größer und gibt Möglichkeiten, das eigene Handeln und das der/des Reisenden nachhaltiger zu gestalten. Bekannt ist aus dem Positionspapier „Nachhaltig Impfen”, das im Rahmen der COVID-19-Pandemie entstand, dass beim Impfen im Regelfall auf Handschuhe und Pflaster verzichtet werden kann. Nachhaltiges Handeln beinhaltet beim Impfen auch, dass Kombinationsimpfstoffe bevorzugt genutzt werden und bei Chargenbezug und -nutzung die Mindesthaltbarkeit mit bedacht wird. Die Wahl der Hersteller von Impfstoffen und Verbrauchsmaterialien bietet die Möglichkeit CO2 im Produktionsprozess einzusparen. Ein weiterer relevanter Baustein ist die Lagerungsoptimierung von Impfstoffen unter Bevorzugung von Klinikpackungen sowie die Beachtung der Energieeffizienzklasse des Kühlgeräts und der Bezug von Strom aus regenerativen Energiequellen.

    Die oben genannten Themen sind Teilaspekte aus dem Bereich „Nachhaltige Reiseapotheke” und „Nachhaltiges Impfen“. Diese Themen sind frei verfügbar im Internet und können sowohl durch Reisende als auch Beratende genutzt werden (s. unten).

    Die kurze obige Information kann nur ein schmales Spektrum des möglichen nachhaltigen Handelns in der reisemedizinischen Praxis aufzeigen und sollte regelmäßig auf die eigenen Bedürfnisse und Möglichkeiten hin reevaluiert werden.

    Interessenkonflikt: Das Autorenteam gibt an, dass keine Interessenkonflikte vorliegen.

    Online-Quellen

    Merkblatt „Nachhaltig Impfen“
    https://dtg.org/images/Aktuelles/Mitteilungen_der-D/Nachhaltig_Impfen_V…

    Deutsche Gesellschaft für Tropenmedizin, Reisemedizin und Globale Gesundheit e.V. (DTG): Nachhaltige Reiseapotheke
    https://dtg.org/index.php/aktuelles/nachhaltige-reiseapotheke.html

    Koautorinnen und Koautoren

    Dr. med. Sophie Schneitler
    Universitätsklinik des Saarlandes, Institut für Med. Mikrobiologie und Hygiene, Mitglied der DTG

    Dr. med. Deike Rosenbusch
    Medical Intelligence, Gesundheitsdienst, Auswärtiges Amt, Mitglied der DTG

    Dr. med. Kirsten Müller
    Niedergelassene Kinder- und Jugendärztin, Berlin, Mitglied der DTG

    Dr. med. Sarah Kotsias-Konopelska
    Institut für internationale Gesundheit, Charité Center for Global Health, Charité Berlin, GTP, Mitglied der DTG

    Dr. med. Karsten Theiß
    Facharzt für Kinder und Jugendmedizin, waz-Werksarztzentrum Saar GmbH, Mitglied der DTG

    Kontakt

    Dr. med. Kerstin La Roche
    Daimler Truck AG, Mitglied der Deutschen Gesellschaft für Tropenmedizin, Reisemedizin und Globale Gesundheit e.V. (DTG); Fasanenweg 10, 70771 Leinfelden

    Foto: privat

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