Das Thema Strahlenschutz eignet sich für publikumswirksame Meldungen in zahlreichen Gazetten, sogar bei Änderungen des Strahlenschutzrechts: Das Entfernen von Tätowierungen mit Hochleistungslasern darf zukünftig nur noch von approbierten Ärzten mit entsprechender Fachkunde erbracht werden. Grundlage ist die neue „Verordnung zur weiteren Modernisierung des Strahlenschutzrechts“ von 2018 mit erstmaligen gesetzlichen Festlegungen zum Schutz des Menschen vor den Wirkungen nichtionisierender Strahlung, wenn diese zu kosmetischen oder sonstigen nichtmedizinischen Zwecken angewendet wird. Bei nicht sachgerechter Anwendung bestehe die Gefahr schwerer Verbrennungen der Haut sowie die Gefahr irreversibler Augenschäden, so die Begründung
Eher von der Öffentlichkeit unbemerkt wird das Strahlenschutzrecht seit dem 31. 12. 2018 durch ein neues Gesetz (StrlSchG) und eine neue Verordnung (StrlSchV) mit deutlich abgesenkten Grenzwerten geregelt. Grundlage sind die Euratom-Richtlinie 2013/59 und die ICRP-Empfehlungen 103 aus dem Jahr 2007. Der Strahlenschutz wird damit aus dem Atomgesetz herausgelöst. Alle bisherigen Richtlinien, Anzeigen und Genehmigungen bleiben zunächst weiterhin gültig, auch wenn die Rechtsbezüge nun nicht immer ganz richtig sind. Werner Reiche, Idar-Oberstein, gibt einen umfassenden Überblick über die aktuelle Gesetzgebung.
Ulrich Sunderdiek und Inka Krahn, Nils-Stensen Klinik Osnabrück, stellen die Erfordernisse des Strahlenschutzes in der Röntgen-unterstützten interventionellen Therapie dar und beschreiben beispielhaft die Grundprinzipien und verschiedene Möglichkeiten des Strahlenschutzes. Die katheterbasierten Verfahren haben inzwischen einen Anteil von 17 % der gesamten Strahlendosis aller radiologischen Untersuchungen erreicht (Arbeitsgemeinschaft Interventionelle Radiologie 2003). Bedeutsam ist auch die Absenkung der zulässigen Grenzwerte.
Jens Dischinger, Norddeutsches Seminar für Strahlenschutz an der Universität Kiel, stellt die „drei großen A“ (Abstand, Abschirmung, Aufenthaltsdauer) zur Minimierung der Strahlendosis anschaulich dar und gibt wertvolle praktische Hinweise zur Personendosimetrie oder zum Überprüfen von Röntgenschürzen.
Wer hilft beim Strahlenunfall im Betrieb? Franz Fehringer, Leiter des berufsgenossenschaftlichen Instituts für Strahlenschutz, Köln, beschreibt Geschichte, Organisation und Aufgaben des Instituts und die Koordination der Regionalen Strahlenschutzzentren. Es sind diese regionalen Zentren, die den Betrieben bei kleinen Strahlenunfällen mit Rat und Tat zur Seite zur Seite stehen und die bei der betrieblichen Risikobeurteilung, Dekontamination sowie Diagnostik und Behandlung des Unfallopfers wertvolle Hilfe leisten können.
Da Strahlenunfälle selten auftreten, besteht keine Routine und gelegentlich auch große Unsicherheit bei medizinischem Personal. Der Autor beschreibt in einem zweiten Beitrag die Grundlagen zum Umgang mit Strahlenunfallpatienten.
Das Geburtenregister Mainzer Modell (MaMo) untersucht in einer aktuellen Beobachtungsstudie mögliche Zusammenhänge zwischen ionisierenden Strahlen und dem Auftreten von Fehlbildungen bei den Kindern von Frauen, die in einem Beruf mit medizinischer Strahlenbelastung arbeiten. Zusätzlich werden Risikofaktoren (Medikamenteneinnahme, genetische Hintergründe, Infektionen) für Fehlbildungen analysiert und bewertet. Awi Wiesel und Annette Queisser-Wahrendorf aus der Universitätsklinik Mainz geben einen Überblick über den aktuellen Wissensstand.
Jeder kennt den Satz: „Niemals ungeschützt in die Sonne sehen!“. Gibt es einen Bereich des optischen Spektrums, der besonders beachtet werden muss? Gerold Soestmeyer von der BG RCI geht der Frage nach, ob eine „Blaulichtgefährdung“ durch LED-Lampen besteht. LEDs arbeiten ausgesprochen effizient. Besonders LEDs mit hohen Farbtemperaturen weisen eine gute Energiebilanz auf. Jedoch befürchten Experten bei direktem Einfall ins Auge gerade dieser Strahlung eine irreversible Schädigung der Netzhaut.
Im Wissenschaftsteil gehen Hans-Christian Apelmann et al. aus dem BG-Klinikum Hamburg mit einer prospektiven Studie der Frage nach, wie hoch die tatsächliche Strahlenbelastung der Augenlinse durch radiologische Bildgebungsverfahren am OP-Arbeitsplatz bei unfallchirurgischen Eingriffen ist. Bisherige Studien bezogen sich überwiegend auf Untersuchungen in der Kardiologie und Gastroenterologie; die Datenlage aus der Unfallchirurgie war bislang defizitär.
In einem zweiten Beitrag untersuchen Christiane Beer-Meenen, UK Bremen, und Mitarbeiter, wie der für die Augenlinse abgesenkte Grenzwert von 20 mSv/Jahr erreicht werden kann. Wirkungsvoll wird die jährliche Organäquivalentdosis durch einen deckenmontierten Bleiacrylschirm reduziert.
Die Beiträge dieser vorliegenden Ausgabe zeigen deutlich, dass die Verwendung von Röntgenstrahlen in der Medizin weiterhin ein aktuelles Thema für den Arbeits- und Gesundheitsschutz ist. Den Autoren und Autorinnen sei an dieser Stelle für ihre interessanten Artikel gedankt sowie Herrn Prof. Dr. Albert Nienhaus für seine fachliche Unterstützung vor allem bei der Auswahl der Beiträge im Wissenschaftsteil.