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Statistik “Arbeitsmedizinische Fachkunde“, Stand 31.12.2013 der Bundesärztekammer

Überalterung, aber der arbeitsmedizinische Nachwuchs stellt sich ein

Statistik „Arbeitsmedizinische Fachkunde“

Die seit dem Jahr 1988 veröffentlichte Statistik „Arbeitsmedizinische Fachkunde“ zeigt die Gesamtzahl der Betriebsärzte, die betriebsärztlich gemäß §§ 3, 6 UVV „Betriebsärzte und Fachkräfte für Arbeitssicherheit“ (DGUVV2) im Betrieb tätig werden dürfen. Sie schlüsselt diese Ärzte nach dem Ort der Tätigkeit (Bereich der Landesärztekammern) sowie nach Altersgruppen auf und gibt außerdem seit dem Jahr 2012 den Anteil an Ärztinnen an.

Diese Statistik erfährt eine hohe Aufmerksamkeit bei den am Arbeitsschutz be-teiligten Institutionen und Organisationen und war auch Grundlage einer Studie der Bundesanstalt für Arbeitsschutz und Arbeitsmedizin, die vom Bundesministerium für Arbeit und Soziales (BMAS) in Auftrag gegeben wurde. Erste Ergebnisse wurden auf der „Konferenz zur Sicherung des arbeitsmedizinischen Nachwuchses – Vorbeugen, Aufklären, Helfen – warum Betriebsärzte unverzichtbar sind“ des BMAS am 14. Januar 2013 bekannt gegeben. Dabei wurde deutlich, dass arbeitsmedizinischer Nachwuchs notwendig ist, um den Bedarf in den Unternehmen zu decken. Hier nun die neueste statistische Erhebung.

Statistik nach Landesärztekammern

Aktuell haben 12 430 Ärztinnen und Ärzte eine arbeitsmedizinische Fachkunde. Damit ist die Anzahl dieser Ärztinnen und Ärzte gegenüber dem Vorjahr um 1,7 % angestiegen.  Tabelle 1 und  Abb. 1 führen Ärztinnen und Ärzte mit arbeitsmedizinischer Fachkunde nach Landesärztekammern auf. Der Anteil der 5122 Ärztinnen mit arbeits-medizinischer Fachkunde gegenüber der Gesamtzahl an Ärztinnen und Ärzten liegt bei 41,2 % und bleibt damit gegenüber dem Vorjahr konstant. Die Anzahl der Ärztinnen ist gegenüber dem Vorjahr um 1,8 % angestiegen.

Statistik nach Altersgruppen

Die Analyse nach Altersgruppen im Jahr 2013 zeigt ( Tabelle 2,  Abb. 2), dass 7180 Ärztinnen und Ärzte mit arbeitsmedizinischer Fachkunde bereits 60 Jahre alt und älter sind (57,8 %). Diese Zahl ist nahezu konstant gegenüber dem Vorjahr geblieben. Von diesen sind viele zwar noch betriebsärztlich tätig, jedoch ist abzusehen, dass sie mittelfristig dem Arbeitsmarkt nicht mehr zur Verfügung stehen werden. Die Zahl der 50- bis 54-Jährigen liegt bei 1572 und ist damit gegenüber dem Vorjahr um 1,5 % an-gestiegen. Die Zahl der unter 35- bis 39-Jährigen beträgt 279 und hat sich um 19 % gegenüber dem Vorjahr gesteigert.

Statistik im Zeitverlauf

Abbildung 3 stellt die zeitliche Entwicklung der im Mittel ansteigenden Anzahl an Ärztinnen und Ärzte mit arbeitsmedizini-scher Fachkunde gemäß §§ 3, 6 UVV „Betriebsärzte und Fachkräfte für Arbeitssicherheit“ (DGUVV2) im Zeitverlauf von 1988 bis 2013 dar. Der Rückgang der Ärztinnen/Ärzte mit arbeitsmedizinischer Fachkunde gemäß §§ 3, 6 DGUVV2 in den Jahren 2000 bis 2002 um 10,5 % ist vor allem durch die umfassende EDV-Umstellung und Neuausrichtung der Erhebungsgrundlagen in den Landesärztekammern zu erklären. Es erfolgten insbesondere Bereinigungen von Doppel- und Mehrfachnennungen unterschiedlicher Stufen der arbeitsmedizini-schen Fachkunde gemäß §§ 3, 6 DGUVV2 und damit einhergehend die Erfassung von nur der jeweils höchsten betriebsärztlichen Qualifikation eines Arztes/einer Ärztin im Bereich sämtlicher Ärztekammern. Eine wei-tere EDV-Umstellung einiger Landesärztekammern im Jahr 2011 bewirkte, dass viele Ärztinnen/Ärzte von der Statistik „Arbeitsmedizinische Fachkunde“ mit Stand vom 31.12.2011 (nach §§ 3, 6 Unfallverhütungsvorschrift „Betriebsärzte und Fachkräfte für Arbeitssicherheit“ (DGUVV2) in der Fassung vom 01.01.2011) nicht erfasst wurden. Diese wurden aber im Erfassungsjahr 2012 wieder aufgeführt, was auch die Steigerung der Gesamtanzahl um 7,6 % gegenüber dem Vorjahr erklärt. Werden nun die Zahlen vom Stichtag 31.12.2010 herangezogen, so ist die Gesamtanzahl der Ärztinnen und Ärzte mit der arbeitsmedizinischen Fachkunde keinesfalls weniger geworden, sondern konstant geblieben.

Bewertung der Statistik: Aufwärtstrend

Erfreulicherweise zeigt die Statistik erstmals einen Aufwärtstrend im Hinblick auf die An-zahl der jungen Ärztinnen und Ärzten mit arbeitsmedizinischer Fachkunde. Zwar wer-den in den nächsten Jahren mehr Betriebsärztinnen und -ärzte aus der betriebsärztlichen Tätigkeit ausscheiden als nachfolgend weitergebildet werden, aber dennoch wird kein deutlicher Mangel an Betriebsärztinnen und -ärzten zu erwarten sein. Es zeigt sich zum einen, dass viele Betriebsärztinnen und Betriebsärzte auch über das 65. Lebensjahr hinaus betriebsärztlich tätig sind und damit nicht der betriebsärztlichen Betreuung verloren gehen, zum anderen steigt die Zahl der jungen Ärztinnen und Ärzte unter 35- bis 39-Jährigen mit arbeitsmedizinischer Fachkunde im Jahr 2013 deutlich an – und zwar um 19 %. Viele Anzeichen sprechen dafür, dass sich dieser Aufwärtstrend fortsetzt, zumal die Weiterbildungsakkademien wieder gut ausgelastet sind.

Initiativen zur Sicherung des arbeitsmedizinischen Nachwuchses

Das präventivmedizinisch ausgerichtete Fach Arbeitsmedizin und die Zusatzqualifikation Betriebsmedizin – als die Kompetenz in der Primär-, Sekundär- und Terziärprävention – nimmt einen wichtigen Platz beim Arbeitsschutz und im Gesundheitssystem ein. Dies wird auch in Zukunft so bleiben. Aufgrund des demografischen Wandels heißt es aber nun, weiter entschieden zu handeln, um den Nachwuchs zu gewinnen. Diese Aussagen werden schon seit einem Jahrzehnt im Rahmen der Bewertung der Statistik getroffen. Zwischenzeitlich ist bereits auch einiges getan worden, um den Nachwuchs in der Arbeits- und Betriebsmedizin zu fördern. Dies zeigt nun Wirkung.

Konferenz des BMAS

Ein Schritt in die richtige Richtung: Der Aus-schuss „Arbeitsmedizin“ des Bundesministeriums für Arbeit und Soziales führte hierzu eine „Konferenz zur Sicherung des arbeitsmedizinischen Nachwuchses – Vorbeugen, Aufklären, Helfen – warum Betriebsärzte unverzichtbar sind“ am 14.01.2013 durch. In diesem Ausschuss sind Vertreter der Arbeitgeber, der Gewerkschaften, der Länderbehörden, der Gesetzlichen Unfallversicherung und der arbeitsmedizinischen Wissenschaft und die Bundesärztekammer vertreten. Im Ausschuss für Arbeitsmedizin ist somit brei-ter arbeitsschutz- und arbeitsmedizinischer Sachverstand vereint. Von dieser Konferenz gingen wesentliche Impulse zur Nachwuchs-gewinnung aus. Eine entsprechende Resolu-tion wurde dort verabschiedet und von der Bundesärztekammer und vom Deutschen Ärztetag im Mai 2013 ausdrücklich begrüßt.

Aktionsbündnis zur Sicherung des arbeitsmedizinischen Nachwuchses

Am 02.04.2014 wurde ein „Aktionsbünd-nis zur Sicherung des arbeitsmedizinischen Nachwuchses“ in der Rechtsform eines ge-meinnützigen Vereins von der Deutschen Gesellschaft für Arbeits- und Umweltmedizin (DGAUM) mit allen am Arbeitsschutz beteiligten Akteuren gegründet. Die Bundes-ärztekammer ist nach § 7 Abs. 6 der Satzung des gemeinnützigen Vereins kooperatives Mitglied. Das Aktionsbündnis veranstal-tet u. a. Fortbildungen, finanziert Weiterbildungen und unterstützt Nachwuchswissen-schaftler.

Beitrag der Bundesärztekammer

Ein Beitrag der Bundesärztekammer zur Nachwuchsförderung ist z. B., dass im Rahmen der Novellierung der (Muster-)Weiterbildung (MWBO) die Weiterbildung für den Nachwuchs weiterentwickelt und der Zugang zur Weiterbildung erleichtert wird. Es soll für die klinische Weiterbildungszeit nicht nur – wie bisher – die Innere Medizin vorgesehen werden, sondern sie soll zukünftig für alle klinischen Fächer eröffnet werden.

Nach der Devise „Delegation: ja – Substitution: nein“ wird derzeit ein Muster-Fortbildungscurriculum der Bundesärztekammer für Medizinische Fachangestellte (MFA) „Arbeits- Betriebsmedizin“ erarbeitet. Die MFA wird mit dieser Fortbildung befähigt, den Arbeitsmediziner und den Betriebsarzt verstärkt und umfassend zu unterstützen und zu entlasten. Unter der Verantwortung des Betriebsarztes wird die Kompetenz der MFA deutlich vergrößert im Bereich der Untersuchungen, Beratungen und der Koordination des Arbeitsschutzmanagements, Betrieblichen Gesundheits-managements und des Betrieblichen Eingliederungsmanagements. Damit einhergehend vergrößert sich ebenso der Aktionsradius des Betriebsarztes. Das Curriculum wird in der ersten Hälfte des Jahres 2015 den Fortbildungsakademien zur Verfügung stehen.

Arbeitsbedingungen

Seit Jahren wird gefordert, dass die Arbeitsmedizin für den Nachwuchs attraktiver ge-macht werden muss, indem die Arbeitsbedingungen verbessert werden. Zwischenzeitlich sind Modelle von wertschätzender Unternehmenskultur zu beobachten, die hoffnungsvoll stimmen. Überbetriebliche Dienste haben sich darauf eingestellt, dem Nachwuchs Weiterbildungsstellen anzubieten, die attraktiv sind und auf einem wertschätzenden Verhaltenskodex aufbauen. Es werden vom Unternehmen beispielsweise die Weiterbildungskurse bezahlt, Fortbildun-gen zur Kompetenzförderung angeboten, für den Mitarbeiter Berufsunfähigkeitsversicherungen abgeschlossen und es leistet einen Beitrag zum Work-Life-Balance, in-dem flexible Arbeitszeiten und Teilzeittätigkeit, auch während der Elternzeit möglich sind. Solche Unternehmenskultur ist sicher-lich geeignet, den Nachwuchs an das Unter-nehmen zu binden.

So verwundert es nicht, dass eine Trend-wende sichtbar wird: Betriebsärztliche Nach-wuchs stellt sich verstärkt ein. 

    Info

    Hinweise zur Interpretation der Statistik

    Gegliedert nach Ärztekammer-Bereichen sowie zusammengefasst auf Bundesebene erfolgt die Angabe der Zahl der Ärzte mit den nach §§ 3 und 6 DGUVV2 Unfallver-hütungsvorschrift „Betriebsärzte und Fach-kräfte für Arbeitssicherheit“ in der Fassung vom 01.01.2011 möglichen betriebsärzt-lichen Qualifikationen. Ausgewiesen wird somit nicht nur die Zahl der Ärzte, welche die Gebietsbezeichnung „Arbeitsmedizin“ oder die Zusatzbezeichnung „Betriebs-medizin“ zu führen berechtigt sind (§ 3 Nr. 1 und DGUVV2), sondern auch die Anzahl derjenigen Ärzte, die nach Erfüllung der Voraussetzungen die Übergangsregelungen des § 6 Abs. 1 Nr. 1 und 2a sowie Nr. 1 und 2b DGUVV2 weiterhin über die arbeits-medizinische Fachkunde verfügen. Die An-zahl dieser Ärzte nimmt entsprechend der Konstruktion dieser Vorschriften als Übergangsregelungen seit 1988 ständig ab.

    Autorin

    Dr. med. A. E. Schoeller

    Bereichsleiterin im Dezernat 5 – Versorgung und Kooperation mit Gesundheitsfachberufen

    Bundesärztekammer, Berlin

    Herbert-Lewin-Platz 1

    10623 Berlin

    annegret.schoeller@baek.de

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