Die seit sechs Monaten anhaltenden Abstands- und Hygieneregeln, Kontaktsperren sowie Quarantänemaßnahmen im Rahmen der COVID-19-Pandemie hätten zu einer nachhaltigen Einschränkung des sozialen Lebens mit negativen psychosozialen Folgen geführt. Ein verantwortungsvolles Krisenmanagement müsse deshalb neben Maßnahmen des Infektionsschutzes auch Maßnahmen zum Schutz der psychischen Gesundheit umfassen.
Der Einfluss der aktuellen Krise auf die Suizidraten sei bislang noch nicht sicher erfasst. Die Erfahrungen aus der Vergangenheit legten jedoch noch nahe, dass mit erhöhten Suizidraten gerechnet werden müsse, insbesondere falls sich die negativen wirtschaftlichen Folgen der Pandemie auch in Deutschland weiter verschärfen sollten. Der Einfluss von Wirtschaftskrisen auf die Suizidalität sei gut belegt und habe gezeigt, dass wirtschaftliche Not Menschen in den Suizid treiben könne.
Aus Sicht der DGPPN bedarf es daher eines umfassenden psychosozialen Krisenmanagements, das in eine übergeordnete Public-Health-Strategie eingebettet ist. Dazu gehören allgemeine Initiativen wie Informations- und Aufklärungsangebote sowie Präventions- und Interventionsansätze zur Reduktion von psychosozialen Folgen sowie die psychiatrisch-psychotherapeutische Beratung und Behandlung suizidaler und suizidgefährdeter Menschen sowie die umfassende Aufklärung der Öffentlichkeit. Zudem muss für Personen mit psychischen Vorerkrankungen und klinisch manifester Belastung auch während der Pandemie der Zugang zu einer bedarfsgerechten Versorgung flächendeckend gewährleistet werden. Hier liegen die zentralen Herausforderungen für alle an der Suizidprävention beteiligten Akteure.