Begriffe
Mutagenität ist die Fähigkeit einer Substanz (Chemikalie), Veränderungen in der DNA-Sequenz hervorzurufen. Diese Veränderung wird Mutation genannt. Mutationen können in jedem Organismus und jedem Zelltyp auftreten und werden bei der Zellteilung an die Tochterzelle weitergegeben. Die Art und Lage der Mutation bestimmt über das Schicksal der Zelle.
Genotoxizität ist die Fähigkeit einer Substanz (Chemikalie), Veränderungen im genetischen Material von Zellen auszulösen. Mit dem Begriff „genetisches Material“ sind sowohl DNA-Moleküle und Chromosomen als auch Strukturen gemeint, die für die korrekte Weitergabe der genetischen Informationen verantwortlich sind. Die Veränderungen im genetischen Material können zu Mutationen führen oder die Fehlerrate bei der Verdopplung der DNA bei jeder Zellteilung erhöhen. Die Genotoxizität ist somit nicht notwendigerweise mit einer Mutagenität verbunden. Jede mutagen wirkende Substanz wirkt genotoxisch, jedoch nicht jede genotoxisch wirkende Substanz ist mutagen.
Neben der Mutagenität wird dabei auch die klastogene und aneugene Eigenschaft untersucht.
Testsysteme
Unter Genotoxizitätstests werden sowohl Tests verstanden, die Gen-, Chromosomen- oder Genommutationen erfassen, als auch Indikatortests, die andere Effekte, wie zum Beispiel primäre DNA-Schäden, Reparatur- und Rekombinationsereignisse messen, die in einer mechanistischen Beziehung zum Prozess der Mutagenese stehen und häufig parallel zu Mutationen induziert werden. Genotoxizitätstests unterscheiden sich folglich hinsichtlich des genetischen Endpunkts (Genmutation, Chromosomenaberration, DNA-Reparatur etc.), aber auch hinsichtlich der verwendeten Zielzellen (Bakterien, kultivierte Säugerzellen, Knochenmarkszellen etc.) und der Berücksichtigung des Metabolismus (Einsatz von S9-Mix, Hepatozyten, Labortieren etc.). Zudem ist die Unterscheidung zwischen In-vitro-Tests (Bakterien, Säugerzellkulturen etc.) und In-vivo-Tests (Tierversuche) von praktischer Bedeutung. Von In-vivo-Tests an somatischen Zellen (Knochenmark, Blut, Leber etc.) sind Keimzelltests (z.B. Tests an Zellen der Keimbahn oder an Nachkommen exponierter Versuchstiere) abzugrenzen.
In vielen Fällen existieren Prüfrichtlinien nach OECD (Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung) für die Testdurchführung, um eine Vereinheitlichung, Vergleichbarkeit, Reproduzierbarkeit und bessere Bewertbarkeit der Tests zu gewährleisten (OECD 2019; ➥ Tabelle 1).
In-vitro-Genotoxizitätstests
Mutagenität
Mit Mutagenitätstests werden im Unterschied zu den übrigen Genotoxiziätstests in vitro DNA-Sequenzveränderungen erfasst.
Salmonella-Mutagenitätstest: Die bakteriellen Mutagenitätstests beruhen auf dem Prinzip der Rückmutation, also der Wiederherstellung einer verloren gegangenen, überlebensnotwendigen Funktion (Histidinsynthese). Positive Ergebnisse geben einen Hinweis auf ein mutagenes Potenzial (Induktion von Genmutationen) der Testsubstanz, das in weiteren Tests mit Säugerzellen abzuklären ist. Es stehen verschiedene Salmonella-Stämme zur Verfügung, die spezifisch auf Basenpaarsubstitutionen (TA100, TA1535) oder Leserastermutationen (TA97, TA98, TA 1537, TA1538) ansprechen. Die Stämme TA102 und TA104 sprechen auf beide Arten von Mutationen an und sind besonders empfindlich gegenüber oxidativ wirkenden Mutagenen.
Bei den Säugerzellen-Mutagenitätstests kommt es durch eine mutagen wirkende Substanz zu Vorwärtsmutationen, das heißt zum Verlust einer lebenswichtigen Funktion. In den gängigen Mutagenitätstests geht eine bestimmte Enzymaktivität verloren; diese wird mit Hilfe von Selektionsverfahren dazu verwendet, um die Mutanten von den nichtmutierten Zellen zu unterscheiden:
In-vitro-Genmutationstest am Hprt- und Xprt-Gen von Säugetierzellen: Das betroffene Enzym in diesem Test ist die Hypoxanthin- bzw. Xanthin-Guanin-Phosphoribosyltransferase (HPRT- bzw. XPRT-Test). Der HPRT-Test erfasst vor allem Basenpaarsubstitutionen, Leserastermutationen und kleine, auf das hprt-Gen beschränkte Deletionen und Insertionen. Die am häufigsten verwendeten Zelllinien für den HPRT-Test sind CHO, CHL, V79-Zellen des Chinesischen Hamsters sowie L5178Y-Mauslymphomzellen und die humane TK6-Zelllinie. Klar positive Befunde weisen eindeutig auf ein mutagenes Potenzial der Testsubstanz hin.
In-vitro-Genmutationstest am Thymidin-Kinase-Gen von Säugetierzellen (TK±-Test): Dieser Test dient dem Nachweis von induzierten Genmutationen am autosomalen TK-Locus, dem Gen der Thymidin-Kinase, in heterozygoten (TK±) Zellen. TK-defiziente Zellen können in einem Selektionsmedium wachsen, das Trifluorthymidin (TFT) enthält. Im Unterschied zum HPRT-Test führen auch Multilocusdeletionen und chromosomale Deletions- und Rekombinationsereignisse zu TFT-resistenten Kolonien. Solche Mutationen führen im Gegensatz zu den im Wesentlichen auf das TK-Gen beschränkten Mutationen, die große Kolonien mutierter Zellen hervorrufen, zu kleinen, langsam wachsenden Kolonien. Die getrennte Erfassung kleiner und großer Kolonien ist für die Beurteilung des Testergebnisses wichtig, da sie einen Hinweis darauf gibt, ob hauptsächlich Genmutationen oder chromosomale Veränderungen (klastogene Effekte) induziert wurden. Wegen dieser Besonderheit (Nachweis vererbbarer klastogener Effekte an einem bestimmten Genlocus) stellt der TK±-Test eine Kombination von Genmutations- und Chromosomenmutationstest dar. Es gibt jedoch auch Hinweise darauf, dass nicht zwangsläufig aus der Koloniegröße auf den zugrunde liegenden genotoxischen Mechanismus geschlossen werden kann.
Ein positives Testergebnis in einem adäquat durchgeführten Test zeigt ein mutagenes oder klastogenes Potenzial in vitro.
In-vitro-Genmutationstest am Pig-a-Gen von Säugetierzellen (Pig-a-Test): Dieser Test weist Mutationen im X-chromosomalen Pig-a (Phosphatidylinositolglycan, Klasse a)-Gen nach. Das Pig-a-Gen kodiert eine katalytische Untereinheit bei der Synthese von GPI (Glycosylphosphatidylinositol)-Ankerproteinen. Fehlen diese so genannten Ankerproteine, zum Beispiel CD55, CD48 und CD59, auf der Zelloberfläche humaner lymphoblastoider TK6-Zellen oder L5178Y/TK±-Mauslymphomzellen oder werden nur reduziert exprimiert, kann dies im Flow Cytometer mittels Antikörper gegen diese Ankerproteine nachgewiesen werden. Die neue OECD-Prüfrichtlinie beinhaltet neben der In-vivo-Methode auch die In-vitro-Methode und wird voraussichtlich 2020 abgeschlossen (OECD Draft 2019, s. „Weitere Infos“).
Klastogenität/Aneugenität
Test auf chromosomale Aberrationen: Mit diesem Test werden strukturelle Chromosomenaberrationen (klastogene Effekte) in der ersten Mitose nach der Behandlung mit der Prüfsubstanz analysiert. Die Analyse erfolgt in Zellen, die sich in der Metaphase befinden, da die Chromosomen in diesem Mitosestadium sehr kompakt vorliegen und die Struktur gut untersucht werden kann. Es ist ein wichtiger In-vitro-Genotoxizitätstest zur Beurteilung eines klastogenen Potenzials.
Mikronukleustest: Es werden Mikronuklei in Zellen analysiert, die nach der Behandlung mit der Prüfsubstanz eine Zell- bzw. Kernteilung durchlaufen haben. Mikronuklei enthalten entweder azentrische Fragmente (als Folge von Chromosomenbrüchen) oder ganze Chromosomen (als Folge von Chromosomenfehlverteilungen).
Um zu gewährleisten, dass die ausgewerteten Zellen tatsächlich (nur) eine Teilung nach der Behandlung durchlaufen haben, kann den Kulturen Cytochalasin B (CytB) zugesetzt werden, das die Zellteilung nach erfolgter Kernteilung unterbindet. Die Auswertung wird dann nur an zweikernigen Zellen vorgenommen.
Die Unterscheidung zwischen der Induktion von Chromosomenbrüchen (klastogener Effekt) und Chromosomenfehlverteilungen (aneugener Effekt) ist mit Zusatzuntersuchungen durch den Nachweis von Zentromeren durch CREST-Antikörper oder Fluoreszenz-in-situ-Hybridisierung mit spezifischen DNA-Sonden, „FISH“-Technik, möglich.
Der Mikronukleustest ist ein wichtiger In-vitro-Genotoxizitätstest zur Beurteilung eines klastogenen Potenzials, der den In-vitro-Chromosomenaberrationstest zunehmend ablöst. Bei einem positiven Ergebnis sollte immer die Möglichkeit eines aneugenen Effekts bedacht werden. Dazu sind entsprechenden Zusatzuntersuchungen durchzuführen.
Indikatortests
Mit Indikatortests werden Veränderungen in den behandelten Säugetierzellen untersucht, die in engem Zusammenhang mit der Entstehung von Mutationen stehen, wie beispielsweise DNA-Strangbrüche. Positive Befunde in den Indikatortests sollten nur im Zusammenhang mit anderen Genotoxizitätstests beurteilt werden.
SCE-Test (Schwesterchromatidaustausch): SCEs repräsentieren keine Chromosomenaberrationen, das heißt keine klastogenen Effekte, sondern intrachromosomale Rekombinationsereignisse an geschädigter DNA. Eine Induktion von SCE kann auf einer direkten Interaktion der Testsubstanz mit der chromosomalen DNA oder auf einer indirekten Störung der DNA-Replikation basieren. Es wird die Häufigkeit von SCEs in Metaphasechromosomen von kultivierten Säugerzellen analysiert, die nach der Behandlung mit der Testsubstanz zwei Zellzyklen in Gegenwart von Bromdesoxyuridin (BrdU) durchlaufen haben. Bei diesen so genannten „zweiten Mitosen“ können die beiden Schwesterchromatiden durch den Einbau von BrdU voneinander unterschieden werden. Der Test verliert zunehmend an Bedeutung, da die zugrunde liegenden Mechanismen unklar sind. Die OECD-Prüfrichtlinie ist mittlerweile nicht mehr gültig.
Tests auf Induktion von DNA-Strangbrüchen:
Test auf kovalente DNA-Bindung: Hierbei handelt es sich um einen Indikatortest für eine DNA-Reaktivität der Substanz beziehungsweise ihrer Metaboliten mittels DNA-gebundener Radioaktivität oder mittels 32P-Postlabelling. Eine Aussage über das mutagene Potenzial der Testsubstanz lässt ein positives Ergebnis in der Regel nicht zu.
UDS in vitro: Es wird die durch DNA-Schäden ausgelöste DNA-Reparatursynthese anhand des Einbaus radioaktiver DNA-Bausteine (meistens 3H-Thymidin) in Zellen, die sich nicht in der S-Phase des Zellzyklus befinden, autoradiographisch gemessen („unscheduled DNA synthesis“, UDS). Es handelt sich um einen wichtigen Indikatortest auf eine chemische Modifikation der DNA (z.B. Adduktbildung, Oxidation) durch eine Substanz beziehungsweise deren Metaboliten.
In-vivo-Genotoxizitätstests
Tests an Soma- und Keimzellen
Mutagenität
In-vivo-Genmutationstest an Soma- und Keimzellen transgener Ratten und Mäuse: Dieser Test erkennt Genmutationen an einem Reportergen, wie LacZ oder LacI in genomischer DNA, die aus allen Organen einschließlich der Testes der behandelten transgenen Tiere isoliert werden kann. Inzwischen ist ein weiterer Genmutationstest mit dem endogenen Reportergen Pig-a entwickelt worden. Die Methode zum Pig-a-Test ist oben unter den In-vitro-Genotoxizitätstests näher beschrieben. Dieser Test ist sowohl im Tier (Ratte, Maus, Affe) als auch beim Menschen anwendbar und erlaubt den Vergleich der Daten zwischen Tier und Mensch (OECD Draft 2019, s. „Weitere Infos“).
Außer im transgenen System war es bisher nur im sehr aufwändigen Fellfleckentest an der Maus möglich, in vivo Chemikalien auf Mutagenität direkt zu überprüfen. In diesem Test werden Genmutationen und Rekombinationsereignisse in embryonalen Melanoblasten der Maus als regionale Farbänderungen im Fell der in utero (pränatal) behandelten Mäuse erkannt. Es handelt sich um einen somatischen In-vivo-Mutationstest. Dieser wird inzwischen nicht mehr durchgeführt.
Klastogenität/Aneugenität: Mikronukleustest: Grundsätzlich werden Mikronuklei nur in Zellen gefunden, die nach der Behandlung mit der Prüfsubstanz eine Zellteilung durchlaufen haben. In der Regel werden polychromatische (junge) Erythrozyten im Knochenmark oder in peripherem Blut untersucht, die den Hauptkern ausgestoßen haben. Der Mikronukleustest lässt sich aber auch mit kernhaltigen Zellen durchführen, beispielsweise mit Hepatozyten, Darmepithelzellen oder frühen Spermatiden. Weitere Einzelheiten sind unter In-vitro-Genotoxizitätstests beschrieben.
Test auf chromosomale Aberrationen: Es werden strukturelle Chromosomenaberrationen (klastogener Effekt) in der ersten Mitose nach der Behandlung mit der Prüfsubstanz analysiert, zum Beispiel im Knochenmark, in differenzierenden Spermatogonien oder auch in der ersten embryonalen Furchungsteilung. Einmalige Behandlung ist unabdingbar, um diesem Prinzip gerecht zu werden. Die unterschiedliche Zellzyklusdauer der Gewebezellen ist zu berücksichtigen bei der Wahl von 2–3 Aufarbeitungszeitpunkten. Ionisierende Strahlen und nur wenige Chemikalien (z.B. Bleomycin) haben eine DNA-Synthese-unabhängige klastogene Wirkung. Die meisten Chemikalien sind DNA-Synthese-abhängig.
Indikatortests: Die häufigsten Indikatortests in vivo sind der SCE-Test, der Comet-Assay und der UDS-Test. Das Prinzip und die Durchführung sind bei den In-vitro-Genotoxizitätstests beschrieben.
Tests an Keimzellen
Alle oben genannten In-vivo-Tests können auch in Keimzellen durchgeführt werden. Zusätzlich existieren spezielle Tests an Keimzellen, wie der Dominant-Letaltest und der erbliche Tranklokationstest (Yauk et al. 2015).
Negative Ergebnisse in diesen Tests sprechen einen Stoff nicht a priori vom Verdacht der Keimzellmutagenität frei, wenn es sich um einen Stoff handelt, der vorwiegend Genmutationen hervorruft.
Da die zuvor genannten Tests nur noch selten (DLT) oder gar nicht mehr (erblicher Translokationtest) durchgeführt werden, ist inzwischen eine OECD-Prüfrichtlinie für den Chromosomenaberrationstest in Spermatogonien (Marchetti et al. 2018) erstellt worden. Für diesen Test gelten im Prinzip die gleichen Aussagen wie für den Chromosomenaberrationstest an Somazellen. Zu beachten ist, dass die gesamte Dauer des Spermatogenesezyklus abzudecken ist.
Bewertung der Ergebnisse der Genotoxizitätstests
Eine Genotoxizitätstestung muss sicherstellen, dass die drei wichtigsten genetischen Endpunkte, nämlich Genmutationen, Klastogenität und Aneugenität, hinreichend erfasst werden.
Einflussfaktoren
Metabolische Aktivierung: Zahlreiche Substanzen müssen metabolisch aktiviert werden, um ihre genotoxische Wirkung zu entfalten. Da den für die In-vitro-Tests eingesetzten Bakterien und vielen Säugerzellen häufig wichtige fremdstoffmetabolisierende Enzyme fehlen, ist bei der Testdurchführung die Zugabe eines metabolischen Aktivierungssystems notwendig. Dies ist in der Regel der so genannte „S9-Mix“, hergestellt aus Lebern von Ratten, die mit Enzyminduktoren für Cytochrom-P450-abhängige Monooxygenasen behandelt worden sind, sowie den für die enzymatischen Reaktionen notwendigen Kofaktoren. Daneben sind weitere Enzyme wie die Epoxidhydrolase, die UDP-Glucuronosyltransferasen und die Cytochrom-P450-Reduktase enthalten. Nachteile des S9-Mixes ist seine zytotoxische Wirkung auf die Zellen. Auch muss bedacht werden, dass die Aktivierung der Testsubstanz außerhalb der Zelle erfolgt und ein Transport in den Zellkern notwendig ist, um dort genotoxisch zu wirken.
Es ist auf eine entsprechende metabolische Aktivierung der Substanz zu achten, um auch indirekte Genotoxizität aufzeigen zu können.
Adäquate Testung – Zellteilung, Zytotoxizität, Mitführen positiver Kontrollen: Die Bestimmung zytotoxischer Wirkungen und deren Relevanz für die Bewertung der Ergebnisse sind von Bedeutung, um falsch-negative und falsch-positive Ergebnisse herausfiltern zu können. Die OECD-Prüfrichtlinien enthalten nähere Erläuterungen zu jedem Test. Ohne den Nachweis eines funktionierenden Testsystems durch Mitführen positiver Kontrollen beziehungsweise der stattgefundenen Zellteilungen sind In-vitro- und auch In-vivo-Tests nicht aussagekräftig.
Bewertung
Für die Bewertung müssen stets die Ergebnisse aus einer Kombination mehrerer Tests herangezogen werden. Ergebnisse aus Indikatortests allein reichen nicht aus. Die Daten aus Genotoxizitätstests an Somazellen in vivo und in vitro stellen wichtige Informationen für die Klassifizierung kanzerogener beziehungsweise potenziell kanzerogener Stoffe dar.
Bei der Bewertung von In-vitro-Genotoxizitätstests muss immer berücksichtigt werden, dass es sich um einzelne Zellen handelt, an denen geprüft wird. Falsch-positive Resultate, die beispielsweise durch unphysiologische pH-Werte, Substanzpräzipitation oder starke Zytotoxizität bei In-vitro-Versuchen an chromosomalen Endpunkten erhalten wurden, haben sich bei weiterer Prüfung als nicht relevant herausgestellt. Somit ist die Übertragung der In-vitro-Ergebnisse auf den intakten Organismus nicht zwingend möglich. Die In-vitro-Tests liefern ein erstes Bild über das genotoxische Potenzial einer Testsubstanz, um es in vivo genauer und gezielter zu untersuchen.
In vivo muss beachtet werden, ob das richtige Gewebe verwendet wird oder ob eine ausreichend hohe Konzentration im Zielgewebe von der Substanz beziehungsweise dem Metaboliten erreicht wird.
Die Bewertung der Genotoxizität einer Substanz basiert auf der kritischen Zusammenschau aller Testergebnisse, wobei neben dem reinen Testergebnis die Qualität der Testdurchführung und die Plausibilität der Befunde berücksichtigt werden muss.▪
Interessenkonflikt: Die Autorinnen geben an, dass keine Interessenkonflikte vorliegen.
Literatur
Marchetti F et al.: Identifying germ cell mutagens using OECD test guideline 488 (transgenic rodent somatic and germ cell gene mutation assays) and integration with somatic cell testing. Mutat Res Genet Toxicol Environ Mutagen 2018; 832–833: 7–18.
Yauk CL et al.: Approaches for identifying germ cell mutagens: Report of the 2013 IWGT workshop on germ cell assays (✩). Mutat Res Genet Toxicol Environ Mutagen 2015; 783: 36–54.
Weitere Infos
OECD Draft. The in vivo erythrocyte Pig-a gene mutation assay Part 1: Detailed review paper and performance assessment. Prepared by: Heflich RH, Dertinger SD, Dobrovolsky VN et al., University of Maryland CERSI, and HESI Genetic Toxicology Technical Committee for the Organisation for Economic Cooperation and Development Working Group of the National Coordinators of the Test Guidelines Programme
https://www.oecd.org (Anm. d. Red.: Link nicht mehr gültig)
OECD Guidelines for the Testing of Chemicals, Section 4 Health Effects
https://www.oecd-ilibrary.org/environment/oecd-guidelines-for-the-testi…