Der Schutz der Beschäftigten vor Gesundheitsgefahren am Arbeitsplatz und der Gesundheitsschutz von Bevölkerung und Patienten der Bevölkerung sind zwei Seiten einer Medaille. Zwar sind Beschäftigten- und Patientenschutz juristisch klar getrennt, von den Einrichtungen im Gesund-heitswesen müssen sie jedoch gleichwertig umgesetzt werden. Die Beschäftigten sind durch bundesweit geltende und zum Teil durch Umsetzung von EU-Richtlinien geprägte Arbeitsschutzregelungen berührt. Die Patienten werden über Maßnahmen des Infektionsschutzgesetzes und der Hygieneverordnungen der Länder geschützt. Bei der praktischen Umsetzung von Arbeitsschutz und Patientenschutz ergeben sich jedoch viele Synergieeffekte.
Die Schnittmengen werden bei den zunehmenden infektiologischen Problemen der Bekämpfung des Methicillin-resistente Staphylococcus aureus (MRSA) sowie anderer antibiotikaresistenten Erreger besonders deutlich. Mit dieser Herausforderung sind alle Institutionen des Gesundheitswesens, wie z. B. Krankenhäuser, Arztpraxen, Heime, Pflegedienste, aber auch Rettungs- und Transportdienste sowie das Personal verschiedener Gesundheitsfachberufe sowohl unter dem Blickwinkel des Arbeitsschutzes als auch des Patientenschutzes konfrontiert.
Nach den Vorgaben des Infektionsschutzgesetzes und der Länderhygienever-ordnungen haben sich bundesweit Netzwerke gegen multiresistente Erreger (MRE) unter Leitung des Öffentlichen Gesundheitsdienstes etabliert. Aufgabe dieser Netz-werke ist es u. a., spezifische Fragestellun-gen bezüglich des Umfangs mit multiresis-tenten Erregern im Bereich der medizinischen Versorgung interdisziplinär zu bearbeiten. Beispielhaft sei hier die Landesarbeitsgemeinschaft multiresistente Erreger (LARE) aus Bayern vorgestellt. Dieses landesweite Netzwerk wurde 2008 auf Basis eines Konsensusstatements zwischen Verbänden, Behörden und Universitäten zum Thema MRE in Bayern gebildet. Teil des Netzwerks ist die Arbeitsgruppe „Berufe und MRE“, die sich mit dem Thema multiresistente Erreger und Arbeitsschutz befasst.
Krankenhäuser müssen entscheiden, ob und wann das Pflegepersonal einem Screening unterzogen werden soll
Beschäftigte und Arbeitgeber in medizinischen Einrichtungen, beim Rettungsdienst und Krankentransport sowie in der stationären und ambulanten Pflege müssen gut über die Risiken und vorbeugenden Maßnahmen in Bezug auf Übertragungswege von Mikroorganismen und auch deren Behandlung informiert sein, um sich und andere adäquat schützen zu können. Für schwangere Beschäftigte ist rechtzeitig individuell zu prüfen, ob eine Gefährdung für die Mutter und ihr werdendes Kind sowie die stillende Mutter besteht.
Schwierigkeiten bereitet dabei in den Krankenhäusern die Entscheidung, ob und wann Pflegepersonal einem Screening unterzogen werden soll, da derzeit unklar ist, inwieweit kolonisiertes Personal MRSA unter den Patienten und auch Beschäftigten verbreiten und dadurch auch ein Problem des Patientenschutzes verursachen kann.
Zum einen fürchten Beschäftigte bei po-sitivem Befund eine Stigmatisierung oder Einschränkung ihrer Tätigkeit mit ggf. vermindertem Einkommen, zum anderen kann der Arbeitgeber unter Umständen nicht im ausreichenden Umfang über die Mitarbeiter verfügen. Zudem ist die Übernahme der Kosten von Screening und Sanierung in vielen Einrichtungen bislang nicht geklärt. Auf Basis bestehender Empfehlungen möchte die AG Informationen und praxis-nahe Anleitung für sinnvollen Arbeits- und Patientenschutz, insbesondere auf der Homepage durch FAQs und ausgewählte Links bereitstellen. Weiterhin sollen durch die Wissensvermittlung unnötige Maßnahmen vermieden und Unsicherheiten abgebaut werden. Adressaten sind sowohl Arbeitgeber und Arbeitnehmer als auch Betriebsärzte und Sicherheitsfachkräfte.
Viele Gesundheitsämter stehen vor erheblichen Problemen
Eine Übersicht, welche Netzwerke es in Deutschland gibt und wie die regionalen Zuständigkeiten in den Bundesländern für MRE-Netzwerke sind, können auf der Home-page des Robert-Koch-Instituts (http://www.rki.de) abgerufen werden. Gerade am Beispiel der multiresistenten Erreger wird deutlich, wie eng die inhaltliche Verflechtung zwischen Gesundheits- und Arbeitsschutz und wie eng auch die Zusammenarbeit zwischen den für den Arbeitsschutz Verantwortlichen und dem Öffentlichen Gesundheitsdienst (ÖGD) im Regelfall läuft.
Leider ist es auch im ÖGD zu einem erheblichen Personalabbau gekommen. So hat sich in den letzten 17 Jahren die Zahl der beschäftigten Ärztinnen und Ärzte in den Gesundheitsämtern um ca. 37 % verringert. Nach den offiziellen Zahlen der Statistik der Bundesärztekammer waren Ende 2013 nur noch 2432 Ärztinnen und Ärzte bundesweit in den Gesundheitsämtern tätig. Gleichzeitig ist es in den letzten 15 Jahren zu einem erheblichen Zuwachs an neuen Aufgaben gekommen, vor allen Dingen im Bereich der Hygieneüberwachung und beim Trinkwasser. Dies führte dazu, dass viele Gesundheitsämter vor erheblichen Problemen stehen. Das allgemeine Problem des Nachwuchsmangels im medizini-schen Bereich trifft den Öffentlichen Gesundheitsdienst besonders hart. Dies wird noch dadurch verstärkt, dass die Bezahlung nach TVöD erheblich unter der Bezahlung in allen anderen medizinischen Bereichen liegt. Wenn sich an dieser Situation nichts ändert, droht der Öffentliche Gesundheitsdienst auszubluten.
Autorin
Ute Teichert
Akademie für Öffentliches Gesundheitswesen
Kanzlerstraße 4
40472 Düsseldorf