Einleitung
Einstellungsuntersuchungen gehören zum Tätigkeitsfeld eines Arbeitsmediziners. Oftmals sieht er sich konfrontiert mit überhöhten Erwartungen des Auftraggebers an die Erkenntnismöglichkeiten derartiger Untersuchungen. Aufgrund des grundrechtlichen Bezugs von ärztlichen Untersuchungen (z.B. Selbstbestimmungsrecht gem. Art. 2 Abs. 1 i.V.m. Art. 1 Abs. 1 GG) stellen aber auch Einstellungsuntersuchungen keinen rechtfreien Raum dar. Sofern der Arbeitgeber Einstellungsuntersuchungen durchführen will, bedarf es somit hinreichender arbeitsrechtlicher und datenschutzrechtlicher Grundlagen. Die folgenden Ausführungen beziehen sich aber lediglich auf Arbeitnehmer im Sinne von § 611a BGB. Einstellungsuntersuchungen auf beamtenrechtlicher Grundlage werden hier nicht weiter erörtert.
Arbeitsrechtliche und datenschutzrechtliche Grundlagen
Vom Grundsatz her ist anzuerkennen, dass ein Arbeitgeber ein Interesse daran hat, nur gesunde Mitarbeiter einzustellen. Durch den Arbeitsvertrag nach § 611a BGB wird ein Dauerschuldverhältnis eingegangen. Bestimmte „Ausfälle“ seiner Mitarbeiter muss ein Arbeitgeber somit gewissermaßen „einpreisen“. Genannt seien hier z.B. die Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall gem. § 3 Abs. 1 EntgFG oder aber auch Arztbesuche, die nur während der Arbeitszeit wahrgenommen werden können und somit einen Grund für eine vorübergehende Verhinderung nach § 616 BGB darstellen. Weiterhin greift nach 6 Monaten Beschäftigungsdauer auch das Kündigungsschutzgesetz (KSchG), so dass auch die Kündigung erkrankter Arbeitnehmer einer sozialen Rechtfertigung bedarf. Gerade die negative Gesundheitsprognose und die Interessenabwägung stellen teilweise eine nicht zu unterschätzende Hürde für den Arbeitgeber dar.
Aber auch der Arbeitnehmer kann gewichtige Gründe gegen eine Einstellungsuntersuchung vorbringen. Ärztliche Untersuchungen greifen immer in das Selbstbestimmungsrecht des Patienten ein. Das sich aus Art. 2 Abs. 1 i.V.m. Art. 1 Abs. 1 GG abzuleitende Persönlichkeitsrecht des Arbeitnehmers gewährleistet diesem, nicht alles von sich preisgeben zu müssen. Daraus ergibt sich auch, dass der Arbeitnehmer den (potenziellen) Arbeitgeber nicht über sämtliche bestehenden Erkrankungen und gesundheitlichen Beeinträchtigungen informieren muss.
Dieser Konflikt lässt sich arbeitsrechtlich nur lösen, wenn die Interessen gegenseitig abgewogen werden und hierbei in der Prüfung die Interessen des Arbeitgebers überwiegen. Daraus ergibt sich aber auch, dass der Arbeitgeber nur ein berechtigtes und billiges Interesse an solchen Fragestellungen haben kann, die einen Bezug zur konkreten Tätigkeit des Arbeitnehmers aufweisen.
Fragerecht des Arbeitgebers
Der vorangestellten grundsätzlichen Problematik war sich das Bundesarbeitsgericht (BAG) schon seit langer Zeit bewusst. Schon sehr früh stellte es fest, dass ein Arbeitgeber auch im Bewerbungsverfahren nicht alles fragen darf und somit nur ein eingeschränktes Fragerecht hat (vgl. z.B. BAG v. 05.12.1957 – 1 AZR 594/56).
Das allgemeine Persönlichkeitsrecht des Arbeitnehmers bzw. Bewerbers und der Grundsatz von Treu und Glauben (§ 242 BGB) lassen folglich nur solche Gesundheitsfragen des Arbeitgebers zu, die eine hinreichende Bedeutung für den Bestand des Arbeitsverhältnisses haben (Aligbe 2015, Rn. 86). Hieraus ergibt sich der „Grundsatz der Arbeitsplatzbezogenheit“ auch für ärztliche Einstellungsuntersuchungen. Einstellungsuntersuchungen müssen somit in hinreichender Weise gesundheitliche Rückschlüsse auf den Bestand des Arbeitsverhältnisses erlauben.
Gemäß dem Bundesarbeitsgericht (vgl. z.B. BAG v. 07.06.1984 – 2 AZR270/83) beschränkt sich das Fragerecht des Arbeitgebers in Gesundheitsfragen auf folgende Aspekte:
- Liegt eine Krankheit bzw. Beeinträchtigung des Gesundheitszustands vor, durch die die Eignung für die vorgesehene Tätigkeit auf Dauer oder in periodisch wiederkehrenden Abständen eingeschränkt ist?
- Liegen ansteckende Krankheiten vor, die zwar nicht die Leistungsfähigkeit beeinträchtigen, jedoch die zukünftigen Kollegen oder Kunden gefährden?
- Ist zum Zeitpunkt des Dienstantritts bzw. in absehbarer Zeit mit einer Arbeitsunfähigkeit zu rechnen, z.B. durch eine geplante Operation, eine bewillige Kur oder auch durch eine zurzeit bestehende akute Erkrankung?
Diese ältere Rechtsprechung unterliegt allerdings vor dem Hintergrund des Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetzes (AGG) entsprechenden Einschränkungen. Die Aspekte des Geschlechts und der Behinderung unterliegen dem Schutzbereich des AGG (§ 1 AGG). Seit 2009 gibt es arbeitsschutzrechtlich keine Zugangsbehinderungen zu den Tätigkeiten für Frauen mehr. Durch die damalige Streichung des § 64a BBergG wurde das Verbot aufgehoben, dass Frauen im Bergbau unter Tage beschäftigt werden dürfen. Aber auch den Aspekt der Schwangerschaft darf der Arbeitgeber bei der Entscheidung, ob eine Person eingestellt werden soll, nicht berücksichtigen. Eine unmittelbare Benachteiligung wegen des Geschlechts liegt auch im Falle einer ungünstigeren Behandlung einer Frau wegen einer Schwangerschaft oder Mutterschaft vor (§ 3 Abs. 1 S. 2 AGG). Das Vorliegen einer Schwangerschaft kann somit kein Grund sein, im Rahmen einer Einstellungsuntersuchung zu dem Schluss zu kommen, dass eine Nichteignung für die durchzuführende Tätigkeit vorliegt (Aligbe 2015, Rn. 768ff ).
Das Vorliegen einer Behinderung kann je nach konkret durchzuführender Tätigkeit dagegen gegen eine Eignung sprechen. Das Diskriminierungsrecht verlangt hier allerdings, dass das Fehlen der Behinderung wegen der Art der auszuübenden Tätigkeit oder der Bedingungen ihrer Ausübung eine wesentliche und entscheidende berufliche Anforderung darstellt (vgl. § 8 Abs. 1 AGG). Thüsing stellt hier folgende Testfrage: „Wäre die Stelle dauerhaft unbesetzt geblieben, wenn sich nur Arbeitnehmer ohne das geforderte Differenzierungsmerkmal beworben hätten?“ (Thüsing 2013, S. 146).
Fraglich ist bei Einstellungsuntersuchungen aber auch, was mit „absehbarer“ Zeit gemeint ist. Die Rechtsprechung wollte an dieser Stelle verdeutlichen, dass bei Arbeitnehmern (anders als bei Beamten) ferne Zukunftsprognosen von möglichen Erkrankungen nicht mehr dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit entsprechen. Dies beruht darauf, dass als Ausprägung des Sozialstaatsprinzips (Art. 20, 28 GG) nach 6 Monaten das Kündigungsschutzgesetz greift und auch personenbedingte Kündigungen der sozialen Rechtfertigung bedürfen (§ 1 KSchG). Möchte sich folglich ein Arbeitgeber bedingt durch eine Erkrankung des Arbeitnehmers vom Arbeitsverhältnis nach § 611a BGB lösen, so bedarf es der personenbedingten Kündigung (mit folgenden Schrittprüfungen: negative Gesundheitsprognose, Beeinträchtigung betrieblicher Interessen, Interessenabwägung). Mit „absehbar“ dürfte somit ein Zeitraum von 6 Monaten nach Beschäftigungsbeginn in Frage kommen.
Steht der arbeitsrechtlich zulässige Rahmen fest, ist die Erhebung dieser Daten (gemeint ist hier das Ergebnis der Untersuchung, keine Diagnosen) seitens des Arbeitgebers auch durch das Datenschutzrecht gedeckt. Trotz bestehender Öffnungsklausel in Art. 88 der Datenschutzgrundverordnung (DSGVO) hat es der deutsche Gesetzgeber im Wesentlichen unterlassen, den Beschäftigtendatenschutz besser zu konturieren. Personenbezogene Daten von Beschäftigten dürfen daher immer dann verarbeitet werden, wenn dies für die Entscheidung über die Begründung eines Beschäftigungsverhältnisses „erforderlich“ ist (Art. 26 Abs. 1 BDSG). Bewerber auf eine Stelle stehen datenschutzrechtlich den Beschäftigten gleich (§ 26 Abs. 8 S. 2 BDSG).
Die ärztliche Untersuchung als Ausübung des Fragerechts
Ein Arbeitgeber wird mit der Einschätzung, wann bestimmte Erkrankungen sich negativ auf die konkret durchzuführenden Tätigkeiten des Arbeitnehmers auswirken, überfordert sein. Er wird daher das Mittel der ärztlichen Einstellungsuntersuchung wählen. Aber auch dieses vermag die Reichweite des Fragerechts des Arbeitgebers nicht zu erweitern. Im Ergebnis kann ein Arbeitgeber ärztlich nur die Fragen klären lassen, die er selbst dem Beschäftigten stellen dürfte.
Für den Arzt bedeutet der Konnex zum Fragerecht des Arbeitgebers aber nicht zwingend, dass er bestimmte Fragen nicht stellen darf. Im Wesentlichen bedeutet der Konnex, dass die Erkenntnisse, die er aus seinen Untersuchungen und Fragen erzielt, einen engen Bezug zu der vom Arbeitnehmer/Bewerber konkret durchzuführenden Tätigkeit aufweist. In der Bewertung gilt folglich auch für den Arzt der „Grundsatz der Arbeitsplatzbezogenheit“.
Da auch für Einstellungsuntersuchungen das Verhältnismäßigkeitsprinzip gilt, ist es dem Arzt verwehrt, ohne Berücksichtigung dieses Prinzips sämtliche Untersuchungen vorzunehmen, die er oder der Arbeitgeber für sachdienlich halten (BAG v. 12.08.1999 – 2 AZR 55/99). Alle im Rahmen von Einstellungsuntersuchungen vorgenommenen Untersuchungsparameter müssen folglich dem Grundsatz der Arbeitsplatzbezogenheit und dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit entsprechen (problematisch: Blutentnahmen bei reinen Bürosachbearbeitern).
Mitwirkungspflichten
Zu klären ist auch, ob die zu untersuchende Person verpflichtet ist, ordnungsgemäß bei Einstellungsuntersuchungen mitzuwirken. Handelt es sich um einen Bewerber (ohne dass schon ein Arbeitsverhältnis gem. § 611a BGB besteht), so gelten hier schon vorvertragliche Pflichten (§ 241 Abs. 2 i.V.m. § 311 Abs. 2 BGB). Diese greifen allerdings nur dann, wenn sich der Bewerber entschließt, an einer an sich rechtmäßigen Einstellungsuntersuchung teilzunehmen. Verweigert er die Untersuchung an sich, so verletzt er zwar keine vorvertraglichen Pflichten, muss allerdings dann auch damit rechnen, nicht eingestellt zu werden.
Bei bereits bestehenden Arbeitsverhältnissen könnte sich eine Verpflichtung zur Durchführung nur aus arbeitsrechtlichen Grundlagen ergeben. Die Fragestellung, ob derartige Eignungsuntersuchungen auch noch nach Beschäftigungsbeginn durchgeführt werden können, wird unten nach kurz thematisiert.
Mitbestimmung der Personalvertretung
Sofern festgelegt ist, dass eine ärztliche Einstellungsuntersuchung Voraussetzung für eine Einstellung ist, so handelt es sich um Auswahlrichtlinien nach § 95 des Betriebsverfassungsgesetzes (BetrVG). Richtlinien über die personelle Auswahl bei Einstellungen bedürfen gem. § 95 Abs. 1 S. 1 BetrVG der Zustimmung des Betriebsrats. Ohne die entsprechende Zustimmung des Betriebsrats ist es somit dem Arbeitgeber verwehrt, eine ärztlich Einstellungsuntersuchung als Auswahlkriterium für eine Einstellung heranzuziehen.
Kommt eine Einigung zwischen Betriebsrat und Arbeitgeber nicht zustande, so entscheidet auf Antrag die Einigungsstelle (§ 95 Abs. 1 S. 2 BetrVG). Ähnliche Regelungen finden sich auch in den Personalvertretungsgesetzen für den Bereich des öffentlichen Dienstes (vgl. z.B. Art. 75 Abs. 4 S. 1 Nr. 13 BayPVG).
Blutentnahmen
Aufgrund des Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit (abgeleitet aus Art. 20 Abs. 3 GG und den Grundrechten) bedürfen Blutentnahmen bei Einstellungsuntersuchungen einer genauen Prüfung der Erforderlichkeit. Blutentnahmen greifen auch weiterhin in das Grundrecht auf körperliche Unversehrtheit ein (Art. 2 Abs. 2 S. 1 GG). Letztendlich muss auch Berücksichtigung finden, dass Blutentnahmen (auch wenn sie ärztlich veranlasst sind!) nach der obergerichtlichen Rechtsprechung immer als tatbestandliche Körperverletzung nach § 223 Abs. 1 StGB anzusehen ist (so schon seit 1894: Entscheidungen des Reichsgerichts, Bd. 25, S. 375), die nur durch eine Einwilligung des Patienten auf Rechtfertigungsebene gerechtfertigt ist.
Eingriffe in das allgemeine Persönlichkeitsrecht nach Art. 2 Abs. 1 i.V.m. Art. 1 Abs. 1 GG muss ein Beschäftigter nur hinnehmen, wenn ein überwiegendes Interesse eines anderen vorliegt und der Eingriff (fallbezogen: Blutentnahme) unter strikter Wahrung der Verhältnismäßigkeit erfolgt (vgl. auch hierzu: BVerfG v. 08.03.1972 – 2 BvR 28/71). Insbesondere muss eine Blutentnahme im Rahmen des Fragerechts des Arbeitgebers auch entsprechende Rückschlüsse auf die konkrete Tätigkeit zulassen. Problematisch ist somit die Blutentnahme bei Einstellungsuntersuchungen von reinen Bürosachbearbeitern. Diese dürften in aller Regel unzulässig sein, da sich nämlich keine Rückschlüsse für die Eignung der konkreten Tätigkeit ziehen lassen. Anders ist die Sachlage allerdings zu bewerten, wenn der Arzt die Blutentnahmen hier nicht in allen Fällen durchführt, sondern erst dann, wenn er z.B. im Rahmen der Anamnese von bestimmten Erkrankungen erfährt, die einer weiteren Eignungsabklärung bedürfen.
Festlegung der Untersuchungsparameter
Vereinzelt ist immer wieder festzustellen, dass Ärzte bei Einstellungsuntersuchungen sich die Untersuchungsparameter vom Arbeitgeber vorgeben lassen, der Arbeitgeber folglich festlegt, was untersucht werden soll. Dies wird aber dem Arztberuf als „freiem“ Beruf nicht gerecht (vgl. z.B. § 1 Abs. 2 BÄO, § 1 Abs. 1 BO Ärzte Bayern). Insbesondere verstößt ein Arzt, der hinsichtlich seiner ärztlichen Entscheidungen Weisungen von Nichtärzten entgegennimmt, gegen das für ihn geltende Standesrecht (vgl. § 2 Abs. 4 BO Ärzte Bayern). Aber selbst das Ersinnen um medizinisch unnötige Untersuchungen seitens eines vorgesetzten Arztes muss ein Arzt grundsätzlich ablehnen (vgl. § 2 Abs. 1 BO Ärzte Bayern).
Die Festlegung der Untersuchungsparameter obliegt somit allein dem die Untersuchung durchführenden Arzt. Dieser ist dabei an den Stand der Arbeitsmedizin gebunden (vgl. § 2 Abs. 3 BO Ärzte Bayern, § 630a Abs. 2 BGB; zur grundsätzlichen Möglichkeit der „Behandlung“ außerhalb des Standards s. Nussstein 2018).
Bei Untersuchungen ohne medizinische Indikation muss weiterhin beachtet werden, dass die zu untersuchende Person umso ausführlicher und eindrücklicher über erreichbare Ergebnisse und Risiken aufzuklären ist, je weniger eine Maßnahme medizinisch geboten ist (vgl. § 8 BO Ärzte Bayern). So wird dann selbst bei Blutentnahmen in dieser Konstellation eine ausführliche Aufklärung über (auch entferntere) Risiken erforderlich.
Invasive Maßnahmen im Rahmen von Einstellungsuntersuchungen (z.B. Blutentnahmen, Röntgen, Impfungen) denen keine medizinische Indikation zugrunde liegt und die lediglich aus finanziellen Erwägungen vorgenommen werden, müssen auch vor dem Hintergrund des § 228 StGB (Strafgesetzbuch) überprüft werden. In dieser Vorschrift ist geregelt, dass trotz Einwilligung der untersuchten Person eine Rechtswidrigkeit der Körperverletzung dann vorliegt, wenn die „Tat“ trotz der Einwilligung gegen die guten Sitten verstößt.
BMI als Kriterium
Problematisch ist im Rahmen von Einstellungsuntersuchungen auch der Bezug zum so genannten „Body-Mass-Index“ (BMI). Oftmals fehlt es hier an einem tatsächlichen Bezug zwischen dem Gesundheitszustand des Bewerbers und der geschuldeten Arbeitsleistung (LAG Rheinland-Pfalz v. 29.08.2007).
Einstellungsuntersuchungen nach Beginn der Beschäftigung
In der Praxis ist oftmals festzustellen, dass Einstellungsuntersuchungen durchgeführt werden, obwohl das Beschäftigungsverhältnis schon begonnen hat (ausführlich zu dieser Problematik s. Aligbe 2015, Rn. 560 ff.). Hier wird arbeitgeberseitig allerdings des Öfteren übersehen, dass derartige Regelungen (Vorbehalt der nachgeschobenen Einstellungsuntersuchung) in Arbeitsverträgen dem Teilzeitbefristungsgesetz unterliegen. Rechtlich handelt es sich dann hierbei um eine auflösende Bedingung gem. § 158 Abs. 2 BGB, so dass gemäß § 21 TzBfG (Teilzeit- und Befristungsgesetz) bestimmte Regelungen des Befristungsrechts greifen.
In der Rechtsliteratur ist strittig, ob derartige auflösende Bedingungen im Arbeitsvertrag überhaupt zulässig sind. Da es sich bei diesen Untersuchungen um planbare Ereignisse handelt, fehlt es hier (so die Argumentation) am erforderlichen Sachgrund.
Aber auch, wenn eine solche Regelung für zulässig erachtet wird, muss bedacht werden, dass Formfehler dazu führen, dass die auflösende Bedingung (nämlich: die Untersuchung mit dem Ergebnis ungeeignet) nicht mehr zu einer Auflösung des Arbeitsvertrages führen können (§ 16 TzBfG).
Im Ergebnis ist hier zu raten, die Einstellungsuntersuchung immer vor Beginn des Beschäftigungsverhältnisses durchzuführen. Als gleichwertig ist auch die aufschiebende Bedingung gem. § 158 Abs. 1 BGB zu sehen. In dieser Fallkonstellation beginnt das Arbeitsverhältnis erst mit dem positiven Ergebnis der Einstellungsuntersuchung.
Qualifikation des Arztes
Für die hier umschriebenen arbeitsrechtlich begründeten Einstellungsuntersuchungen existieren keine Formalvorschriften, welche Qualifikation der durchführende Arzt aufweisen muss. Hier gilt der allgemeine Grundsatz, dass dieser Arzt den Stand der Arbeitsmedizin beherrschen muss (vgl. § 2 Abs. 3 BO Ärzte Bayern, § 630a Abs. 2 BGB). Dies ist ein rein faktisches Kriterium, der Gebietsbezeichnung „Arbeitsmedizin“ bzw. der Zusatzbezeichnung „Betriebsmedizin“ bedarf es daher nicht.
Umgekehrt ist aber davon auszugehen, dass Ärzte mit der Gebietsbezeichnung „Arbeitsmedizin“ bzw. „Betriebsmedizin“über die erforderliche Qualifikation verfügen.
So kann der Beschäftigte vom Arbeitgeber verlangen, dass derartige Untersuchungen auch von einem Arzt mit der entsprechenden Fachkunde durchgeführt werden (vgl. z.B. BAG v. 07.11.2002 – 2 AZR 475/01).
Kosten der Einstellungsuntersuchung
Für die Kosten der Einstellungsuntersuchung hat der Arbeitgeber aufzukommen (§§ 675, 670 BGB).
Fazit
Wie dargestellt, stellen auch vom Arbeitgeber geforderte Einstellungsuntersuchungen keinen rechtsfreien Raum dar und unterliegen Grenzen. Hier ist es ratsam, mit dem Auftraggeber vor Durchführung derartiger ärztlicher Untersuchungen ein Beratungsgespräch über den möglichen Umfang und die Erkenntnismöglichkeiten zu führen. Die Festlegung der konkreten Untersuchungsparameter muss dabei aber immer in der Hand des die Einstellungsuntersuchung durchführenden Arztes bleiben.
Interessenkonflikt: Der Autor gibt an, dass kein Interessenkonflikt vorliegt.
Literatur
Aligbe P: Einstellungs- und Eignungsuntersuchungen. München: C.H. Beck, 2015.
Nussstein K: Ärztliche Behandlung außerhalb des Standards – Anfechtung, Aufklärung und Einwilligung. VersR 2018; 22: 1361–1365.
Thüsing G: Arbeitsrechtlicher Diskriminierungsschutz. München: C.H. Beck, 2013.