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Bewertung der Wirksamkeit von BGM durch Kennzahlen

Wirtschaftlichkeitsanalysen im Arbeits- und Gesundheitsschutz

Die Ermittlung und Bewertung der Wirksamkeit bzw. des Nutzens des betrieblichen Arbeits- und Gesundheitsschutzes bzw. der Gesundheitsförderung ist mindestens seit Einführung des Arbeitssicherheitsgesetzes (ASiG) im Jahr 1973 ein stetig wiederkehrendes Thema von Forschungsprojekten und Diskussionen innerhalb der Fachkreise. So finden sich beispielsweise auf der Liste der Forschungsberichte der Bundesanstalt für Arbeitsschutz und Arbeitsmedizin zahlreiche Arbeiten zu Methoden der Wirtschaftlichkeitsanalyse einzelner Maßnahmen bzw. des Arbeits- und Gesundheitsschutzes als Unternehmensfunktion.

Übergeordnetes Ziel dieser Forschungs- und Entwicklungsarbeiten war stets, die Unternehmen davon zu überzeugen, dass Investitionen in die Gesundheit der Beschäftigten – insbesondere über das rechtlich vorgeschriebene Mindestmaß hinaus – lohnenswert sind bzw. ihnen geeignete Verfahren für die Bewertung von BGM-Investitionen an die Hand zu geben. Dafür stehen betriebswirtschaftliche Methoden der Wirtschaftlichkeitsanalyse zur Verfügung, die durch Modifikationen und Erweiterungen an die Besonderheiten der Bewertung von Potenzialinvestitionen – also Maßnahmen, die primär das Leistungsvermögen eines Unternehmens verbessern und deren Wirkungen nicht vollständig oder nur indirekt durch Ertragsveränderungen messbar sind – angepasst werden können (Zangemeister 1993).

Was ist der „Output“ des BGM?

Jede Form der Wirtschaftlichkeitsanalyse beruht auf einem Vergleich zwischen Input (Aufwand, Kosten, eingesetzte Produktionsfaktoren usw.) und Output (Ergebnisse, Produkte, Erlöse, Gewinn usw.). Das zentrale Problem in Bezug auf das Betriebliche Gesundheitsmanagement (BGM) – verstanden als Summe aller Aktivitäten des betrieblichen Arbeits- und Gesundheitsschutzes und der Gesundheitsförderung – besteht dabei in der Operationalisierung des Outputs, d. h. der Festlegung von Kennzahlen, mit denen die „Leistung“ des BGM bzw. sein Beitrag zu den Unternehmenszielen gemessen und zu den Aufwänden in Beziehung gesetzt werden kann. (Genauer betrachtet ist auch die Ermittlung der Kosten bereits eine Herausforderung, weil keine einheitlichen Bewertungsregeln existieren. Dieser Aspekt wird von Gloede (2011) erörtert und hier nicht weiter vertieft.)

Am häufigsten werden dabei Kennzahlen herangezogen, die sich vergleichsweise einfach in monetäre Größen übersetzen lassen, wie insbesondere der Krankenstand oder Zahl und Schwere von Arbeitsunfällen. Mit den Verfahren der „Erweiterten Wirtschaftlichkeitsanalyse“, insbesondere aber seit der Einführung von Controlling-Ansätzen wie z. B. der Balanced Scorecard, die den Blickwinkel über monetäre ökonomische Ergebnisgrößen hinaus auch auf die Treiberfaktoren des Unternehmenserfolgs (Potenzialperspektive) lenken, hat sich auch bezüglich der BGM-Kennzahlen die Perspektive verbreitert: Erhebungen zur Arbeitszufriedenheit oder Untersuchungen der Arbeitsfähigkeit – zumeist gemessen mit dem Work Ability Index (WAI) – bilden z. B. Aspekte des Humankapitals eines Unternehmens als einer Voraussetzung für wirtschaftlichen Erfolg ab, die durch BGM beeinflusst werden können.

Unterschiedliche Ziele der Verwendung von BGM-Kennzahlen

Aus der Perspektive einer werksärztlichen Abteilung oder eines BGM-Projektteams (im Folgenden als „BGM-Organisation“ bezeichnet) sind die eben skizzierten methodischen Fragen der Wirtschaftlichkeitsanalyse auf den ersten Blick von untergeordneter Bedeutung: Sie werden seitens der Controller des Unternehmens mit der Forderung konfrontiert, ihre Leistung durch Kennzahlen messen zu lassen und – das unterscheidet sie womöglich von anderen Unternehmensfunktionen – da in der Betriebswirtschaftlehre bisher kaum verbindliche BGM-Kennzahlen etabliert sind, werden sie u. U. aufgefordert, solche selbst vorzuschlagen. Bevor die Vor- und Nachteile einzelner Kennzahlen erörtert werden, sind die Ziele einer BGM-Leistungsmessung zu präzisieren: Geht es darum, Informationen für die Steuerung einer betrieblichen BGM-Organisation – insbesondere zur Verbesserung der Planung und Auswahl von Maßnahmen und Projekten auf der Basis von Erfolgsrückmeldungen – zu gewinnen oder soll nach Art von betriebswirtschaftlichen Kosten-Nutzen-Analysen eine möglichst zuverlässige Gegenüberstellung der Kosten und monetären Effekte einer BGM-Organisation bzw. einzelner Projekte erfolgen?

Fokussierung auf den „Return on Investment (ROI)“?

Das letztgenannte Ziel verfolgen die meisten Arbeiten zur ökonomischen Evaluation von BGM, zu denen es zahlreiche Übersichtsarbeiten gibt (vgl. z. B. den IGA-Report 28: Wirtschaftlichkeit und Nutzen betrieblicher Prävention, s. „Weitere Infos“) und deren Ergebnisse auch gern in Form von optimistischen Broschüren verbreitet werden. Vielfach wird das Ergebnis als „Return on Investment (ROI)“ ausgewiesen, eine Kennziffer, die angibt, wie hoch der Gewinn/Verlust je für das BGM-Programm eingesetztem Euro/Dollar ist. Analysen dieser Art stützen sich fast ausnahmslos auf die Kennzahl „Fehlzeiten/Krankenstand“ bzw. bei Evaluationen des Arbeitsschutzes im eigentlichen Sinne auf die Folgekosten von Unfällen.1 Diese Einengung auf die Kennzahl „Fehlzeiten“ liegt darin begründet, dass es sich hier um praktisch den einzigen Parameter handelt, der innerbetrieblich zuverlässig und valide gemessen sowie darüber hinaus einfach monetarisierbar ist – Kriterien, die in Bezug auf andere Größen wie Arbeitszufriedenheit, Fluktuation oder Arbeitsproduktivität deutlich schwieriger zu erreichen sind.

Die publizierten Ergebnisse zum auf dieser Basis gemessenen „ROI“ sollten jedoch mit großer Vorsicht interpretiert werden, weil die Voraussetzungen für sinnvolle Vergleiche eines „BGM-ROI“ mit alternativen Investitionsmöglichkeiten in diesem Bereich kaum gegeben sind (Goede 2011). Gloede weist auch darauf hin, dass allein die Größenordnung der bisweilen berichteten Rentabilität von BGM bei erfahrenen Betriebswirten eher Zweifel an der Seriosität solcher Berechnungen wecken dürfte: Die in dem oben zitierten IGA-Report Nr. 28 gesichteten Metaanalysen weisen meist Werte von ca. 1 : 3 auf, Gloede fand auch Studien, bei denen mit einem für BGM eingesetzten Dollar 5,8 Dollar verdient, also angeblich eine Verzinsung des eingesetzten Kapitals von 480 % erzielt wurde.

Bevor auf den anderen oben genannten Verwendungszweck von BGM-Kennzahlen – die Planung und Steuerung einer BGM-Organisation – eingegangen wird, soll die Kennzahl „Krankenstand“ einer näheren Betrachtung unterzogen werden.

Ist der betriebliche Krankenstand geeignet, um die Leistungsfähigkeit einer BGM-Organisation zu messen?

Auch beim Verzicht auf die Berechnung von Rentabilitätskennziffern, bleibt der „Krankenstand“ eine problematische Kennzahl, weil er – messtheoretisch formuliert – als Messgröße für die Leistungsfähigkeit einer BGM-Organisation sowohl gravierende Reliabilitäts- als auch Validitätsmängel aufweist. Das Messgütekriterium der Reliabilität (Zuverlässigkeit) betrifft die Frage, wie stark ein Messwert durch Zufallseinflüsse „verrauscht“ wird. Die Höhe des betrieblichen Krankenstandes wird auch durch Aktivitäten des BGM beeinflusst. Auf den konkret gemessen Wert nehmen jedoch zahlreiche weitere, teilweise unbekannte oder durch rechnerische Adjustierung nicht kontrollierbare Faktoren Einfluss, die keinen Zusammenhang mit der Leistungsfähigkeit der betrieblichen BGM-Organisation aufweisen und daher in Bezug auf die Messaufgabe als „Zufallsrauschen“ zu werten sind.

Das Gütekriterium der Validität (Gültigkeit) betrifft die Frage, inwieweit eine Messgröße tatsächlich den interessierenden Sachverhalt abbildet, d. h. ob der betriebliche Krankenstand die Leistungsfähigkeit der BGM-Organisation des Unternehmens misst. Daran müssen Zweifel angemeldet werden, weil BGM nachgewiesenermaßen eine Vielzahl von Effekten auf andere relevante Dimensionen – sei es das individuelle Gesundheitsverhalten, die Sicherheitskultur oder die Arbeitsproduktivität – hat. Als valide Kennzahl für die Leistungsfähigkeit einer BGM-Organisation gilt der Krankenstand nur dann, wenn alle anderen Wirkungsebenen von BGM für irrelevant erklärt werden. Aber selbst dann bleibt das Reliabilitätsproblem bestehen.

BGM und die Kennzahl Krankenstand „passen nicht zusammen“, weil BGM mehr leistet als durch den Krankenstand gemessen wird (Validitätsproblem) und weil der Krankenstand nicht allein durch BGM, sondern zahlreiche weitere Faktoren beeinflusst wird (Reliabilitätsproblem). Seine prominente Rolle als Kennzahl zur Bewertung des Nutzens von BGM oder des „Outputs“ einer BGM-Organisation verdankt er primär der Tatsache, dass er sich so leicht in die Logik betriebswirtschaftlicher Kalküle einfügt. Trotzdem sind die Kennzahl „Krankenstand“ bzw. „betriebliche und überbetriebliche AU-Analysen“ nicht obsolet. Die Stärken der aus dem Krankenstand abgeleiteten Kennzahlen liegen im Bereich der internen Steuerung des BGM.

Kennzahlen zur Steuerung und Planung von BGM

Kennzahlen werden vor allem für die Handlungssteuerung bzw. Überprüfung von getroffenen Entscheidungen einerseits sowie für die Reduktion von Unsicherheit bei planerischen Entscheidungen andererseits benötigt. Innerhalb des aus dem Qualitätsmanagement geläufigen PDCA-Zyklus (plan – do – check – act) stehen Kennzahlen hinter dem „check“ und werden sicher erneut in der nächstfolgenden Zyklusschleife im Rahmen des „plan“ herangezogen.

Bei der Entwicklung einer Kennzahlensystematik für das BGM sollte die Eignung der gewählten Parameter für die interne Steuerung einer BGM-Organisation (ökonomisch gesprochen: für die Optimierung der Allokation des für BGM verfügbaren Budgets) im Vordergrund stehen. Bei der Entwicklung einer solchen BGM-spezifischen Kennzahlensystematik empfiehlt sich eine Vorgehensweise nach dem Prinzip der hierarchischen Relevanzbaumanalyse (Zangemeister u. Nolting 1997). Dabei erfolgt eine Gliederung des gesamten Arbeitsfeldes der BGM-Organisation nach Zielfeldern ( Abb. 1):

Auf der obersten Zielebene (ZE 1) wird beispielsweise eine Gliederung nach großen Arbeitsgebieten, wie z. B. „Arbeitsschutz“ (ZF 1-1), „Krankheitsprävention“ (ZF 1-2), „Gesundheitsförderung“ (ZF 1-3), „Betriebliches Eingliederungsmanagement (BEM)“ (ZF 1-4) vorgenommen. Auf der nächsten Ebene (ZE 2) werden die Zielfelder der ZE 1 nach Bedarf in weitere Teilarbeitsgebiete aufgeschlüsselt, d.h. dem ZF 1-1 werden z.B. die darunter liegenden Zielfelder „Unfallprävention“ (ZF 2-1-1), „Gefahrstoffe (ZF 2-1-2) usw. zugeordnet. Diese Baumstruktur von Zielfeldern muss selbstverständlich unternehmensspezifisch festgelegt werden. Das leitende Prinzip bei der Entwicklung ist folgende Frage: In welchen Handlungsfeldern lässt sich durch Maßnahmen der betrieblichen BGM-Organisation ein möglichst großer Beitrag zur Erreichung der Ziele des Unternehmens erreichen? Im Hinblick auf die Ziele des Unternehmens kann man sich an den vier unternehmens- und branchenübergreifend relevanten Zieldimensionen „Wirtschaftlichkeit/Rentabilität“, „Wettbewerbsfähigkeit“, „Image/Ansehen“ und „Sozialverpflichtung“ orientieren. In diesem Kontext kann auch der „Krankenstand aufgrund von Muskel-Skelett-Erkrankungen“ oder der „Krankenstand in Abteilung XY“ zu einem Zielfeld erklärt werden, in dem BGM-Maßnahmen besonders relevant im Hinblick auf die Zieldimension „Wirtschaftlichkeit“ sind.

Ableitung von Kennzahlen aus einem „BGM-Relevanzbaum“

In der Praxis wird von den bereits etablierten Arbeitsfeldern und Projekten der BGM-Organisation ausgegangen und diese in die Baumstruktur eingeordnet. Bei der Entscheidung über neue Maßnahmen und Projekte (ZE 3 in Abb 1) sollte identifiziert werden, an welcher Stelle des Baums sie einzuordnen sind. Auf diese Weise werden Vergleiche zwischen alternativen neuen bzw. zwischen neuen und bereits etablierten BGM-Aktivitäten erleichtert: Welchen Beitrag leistet ein Projekt voraussichtlich zu welchen Zielfeldern und in Bezug auf welche Zieldimension? Sind die für das Projekt erforderlichen Ressourcen gerechtfertigt oder wäre durch ein anderes Projekt oder die Erhöhung der Ressourcen bei bereits etablierten Aktivitäten mehr zu erreichen? Bei solchen Abwägungen sind mangels verlässlicher Daten i. d. R. keine exakten Berechnungen sinnvoll, sondern es kommt primär darauf an, das tatsächlich gesicherte Wissen bzw. die Argumente die für/gegen ein Projekt sprechen, zusammenzutragen und dadurch die Relevanz für alle Beteiligten transparent zu machen.

Eine ausgearbeitete Relevanzbaumstruktur ergibt ein mehr oder weniger vollständiges Bild von den bestehenden Tätigkeitsfeldern der BGM-Organisation und den dadurch angestrebten Beiträgen („Outputs“) zu den Unternehmenszielen. Im letzten Schritt gilt es, Kennzahlen (KZ-a usw. in Abb. 1) zu definieren, mit denen auf der Ebene der Zielfelder der jeweilige Grad der Zielerreichung gemessen werden kann. Grundsätzlich gilt, dass sich umso leichter valide Kennzahlen definieren lassen, je weiter unten im Relevanzbaum man sich befindet, d. h. je unmittelbarer der Bezug zu konkreten Maßnahmen ist (im Beispiel in Abb. 1 etwa der Anteil von ausgebildeten Ersthelfern als Kennzahl zu ZF 1-1-1). Der Nachteil besteht darin, dass solche maßnahmenspezifischen Kennzahlen für sich genommen keine Gesamtaussage zur Leistung der BGM-Organisation ergeben. Der Versuch der Umrechnung z. B. des Anteils ausgebildeter Ersthelfer (und aller übrigen BGM-Aktivitäten) in Kosteneinsparungen für das Unternehmen erscheint ein naheliegender Weg, um diesem Problem abzuhelfen, er führt jedoch in der Regel kaum zu Ergebnissen, die einen professionellen Controller überzeugen dürften.

Aggregation von Kennzahlen zu multiplen Ergebnisindices

Für die Messung der Leistungsfähigkeit einer BGM-Organisation empfehlen sich Konzepte, die im Bereich der Evaluation von Rehabilitationsmaßnahmen – insbesondere der psychosomatischen Rehabilitation – entwickelt und erprobt worden sind (zum Überblick vgl. Wittmann et al. 2002). BGM und Rehabilitation ähneln sich insoweit, als in beiden Bereichen eine große Zahl von unterschiedlichen Effektparametern beeinflusst werden, die zudem für verschiedene „Stakeholder“ (Beschäftigte, Kollegen eines Beschäftigten, Führungskräfte, Unternehmensleitung, Sozialversicherungsträger usw.) von unterschiedlicher Relevanz sind – ohne dass es möglich oder sinnvoll wäre, eine klare Gewichtung vorzunehmen.

Eine geeignete methodische Strategie besteht in diesen Fällen darin, sog. multiple Ergebniskriterien zu bilden, d.h. einzelne Kennzahlen oder Messwerte zu einem Gesamtwert nach Art eines Index zusammenzufassen: Für jede auf einer unteren (maßnahmenbezogenen) Ebene definierte Kennzahl wird festgelegt, was als Verbesserung bzw. Zielerreichung zu werten ist. Bei der Indexberechnung wird dann für jede Kennzahl nur gewertet, ob sie sich verbessert hat bzw. das Ziel erreicht wurde (= 1) oder nicht (= 0). Der Maximalwert entspricht der Summe der einbezogenen Kennzahlen und wird erreicht, wenn überall eine Verbesserung bzw. das vorgegebene Ziel (das auch die Erhaltung des Status quo sein kann) erreicht wurde. Durch eine Normierung können Indices mit unterschiedlicher Zahl von Einzelkriterien vergleichbar gemacht werden.

In Abb. 1 ist eine gestufte Indexbildung (Ind-ZF x-y) über mehrere Zielebenen angedeutet. Auch die Bildung eines Gesamtindex (Ind BGM) als Kennzahl für die Leistung der BGM-Organisation im Betrachtungszeitraum ist eine Option. Falls gewünscht, lässt sich die skizzierte Vorgehensweise jederzeit um methodisch anspruchsvollere Elemente erweitern: Wenn die Zielerreichung in den verschiedenen Zielfeldern nach der Relevanz für das Unternehmen priorisiert werden kann, so lässt sich das bei der Indexbildung durch entsprechende Gewichtungsfaktoren abbilden. Auch Methoden für eine systematische Budgetierung von Projekten oder nachträgliche Kosten-Wirksamkeits-Analysen sind in diesem konzeptionellen Rahmen möglich (Details in Zangemeister u. Nolting 1997).

Fazit

Auch bei der Festlegung von Kennzahlen zur Messung der Leistung (Outputs, Beiträge zu den Unternehmenszielen) einer BGM-Organisation sollten die üblichen messtheoretischen Gütekriterien der Validität, Reliabilität und Objektivität im Vordergrund stehen. Der betriebliche Krankenstand erfüllt zwar das Objektivitätskriterium und lässt sich problemlos in betriebswirtschaftliche Kalküle einfügen, er ist jedoch keine valide und reliable Messung der Gesamtleistung einer BGM-Organisation. Generell haben sich die Versuche nicht bewährt, die BGM-Leistung über eine monetarisierbare Kennzahl abzubilden, da die methodischen Voraussetzungen für solche Berechnungen nicht gegeben sind.

Der hier vorgeschlagene Weg einer Orientierung der Kennzahlensystematik an Steuerungs- und Planungsaufgaben beruht auf den Erfahrungen des IGES Instituts aus entsprechenden Beratungsprojekten: Die relevanten Entscheider in einem Unternehmen lassen sich viel eher überzeugen, wenn die belastbar mess- und begründbaren Effekte einer gesundheitsbezogenen Maßnahme sowie deren Kosten transparent dargelegt und die Entscheidung mit Argumenten begründet wird, als wenn „heroische“ Berechnungen zur Rentabilität oder zum denkbaren Effekt auf den Krankenstand vorgelegt werden. Das skizzierte Verfahren der Steuerung einer BGM-Organisation mit Hilfe einer Relevanzbaumanalyse in Verbindung mit „maßnahmennahen“ Kennzahlen, die zu multiplen Ergebnisindizes aggregiert werden können, bietet ein Instrumentarium zur Herstellung solcher Transparenz.

Literatur

Gloede D: Betriebswirtschaftliche Evaluationsmethoden. In: Bamberg E, Ducki A, Metz A-M (Hrsg.): Gesundheitsförderung und Gesundheitsmanagement in der Arbeitswelt. Göttingen: Hogrefe, 2011, S. 235–255.

Wittmann WW, Nübling R, Schmidt J: Evaluationsforschung und Programmevaluation im Gesundheitswesen. Zeitschrift für Evaluation 2002; 1: 39–60.

Zangemeister C: Erweiterte Wirtschaftlichkeits-Analyse (EWA) – Grundlagen und Leitfaden für ein 3-Stufen-Verfahren zur Arbeitssystembewertung. Schriftenreihe der Bundesanstalt für Arbeitsschutz, Fb 676. Bremerhaven: Wirtschaftsverlag NW, 1993.

Zangemeister C, Nolting H-D: Kosten-Wirksamkeits-Analyse im Arbeits- und Gesundheitsschutz. Einführung und Leitfaden für die betriebliche Praxis. Schriftenreihe der Bundesanstalt für Arbeitsschutz und Arbeitsmedizin, Sonderschrift S44. Bremerhaven: Wirtschaftsverlag NW, 1997.

Fußnoten

1In den zahlreichen amerikanischen Studien werden auch die von Unternehmen getragenen Krankenversicherungsprämien berücksichtigt, ein Aspekt, der in Deutschland keine nennenswerte Rolle spielt.

    Zur Person

    Hans-Dieter Nolting leitet als Geschäftsführer die Bereiche Qualität – Evaluation – Reporting sowie Arbeitswelt & Demografie und Marktforschung am IGES Institut, nachdem er zuvor auf den Gebieten Versorgungsforschung, Gesundheit und Arbeitswelt wissenschaftlich tätig war.

    Er ist Psychologe und betreut ferner die Arbeitsbereiche Evaluation und Empirische Sozialforschung. Des Weiteren forscht er über Konsumentenpräferenzen im Gesundheitswesen.

    Weitere Infos

    Autor

    Hans-Dieter Nolting

    IGES Institut GmbH

    Friedrichstr. 180

    10117 Berlin

    hans-dieter.nolting@iges.com

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