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Ein validiertes Untersuchungsinstrument für die arbeitsmedizinische Vorsorge

Der HEROS

Einleitung

In der Allgemeinbevölkerung ist das Handekzem mit einer Inzidenz von 5,5 Fällen pro 1000 Personenjahre weit verbreitet (Thyssen et al. 2010). In hautbelastenden Berufen, wie beispielsweise denen der Metallindustrie, berichten annähernd 50 % der Beschäftig-ten über beruflich bedingte Hautverände-rungen (Kütting et al. 2009).

Durch medizinische Versorgung, Krankengeld, Arbeits- und Produktionsausfall, Wiedereingliederungsmaßnahmen und ggf. Rentenzahlungen entstehen hohe Kosten (Diepgen et al. 2013), durch die Beschwerden außerdem ein erheblicher Verlust an Lebensqualität, so dass dem Handekzem eine hohe sozioökonomische und sozialmedizinische Bedeutung zukommt (Diepgen 2003). Dabei sind häufig auch junge Beschäftigte, die sich noch in der Ausbildung befinden, betroffen (Grönhagen et al. 2014; Johannisson et al. 2013, s. „Weitere Infos“). Zur Vermeidung des Auftretens beruflich bedingter Hauterkrankungen werden daher verschiedene Präventionsmaßnahmen (Kütting et al. 2010; van der Meer et al. 2014) sowie regelmäßige Hautuntersuchungen im Rahmen der arbeitsmedizinischen Vorsorge durchgeführt. Um alle Veränderungen des Hautzustands (Verbesserung/Verschlechterung) objektiv dokumentieren zu können, wird ein quantitativer Score benötigt, der auch minimale Hautveränderungen erfassen kann. Es existieren verschiedene Scores zur Befundung des Handekzems, die jedoch fast alle für manifeste Handekzeme entwickelt wurden (Weistenhöfer et al. 2010).

HEROS

Der HEROS ist ein Score, der zur Befundung des Hautzustands der Hände dient (Weistenhöfer et al. 2011) und alle für das Handekzem typischen Hautveränderungen wie z. B. Erythem, Papeln, Bläschen, Erosion, Schuppung/Hyperkeratose, Lichenifikation, Rhagaden, Krusten/Exkoriationen und Xerosis erfasst. Die Handoberfläche wird dazu in 54 etwa gleich große Areale aufgeteilt, wobei, soweit möglich, den anatomischen Strukturen gefolgt wird ( Abb. 1).

Die Intensität der jeweiligen Hautveränderung wird für jedes dieser Areale von 0 (nicht vorhanden) bis 3 (schwer) angegeben mit Ausnahme von der Lichenifikation, für die die Intensität von 0 bis 2 angegeben wird ( Tabelle 1). Für die Erfassung des Palmarerythems wird die gesamte Hand-innenfläche als ein Areal betrachtet, um eine hier häufig auftretende unspezifische Gefäßerweiterung nicht als spezifische Haut-veränderung (über) zu (be)werten. Die Wertung der Lichenifikation der Handinnenfläche erfolgt ebenso. Für die Beurteilung der Xerosis wird jeweils eine Hand (dorsal und palmar) als ein Areal angesehen (maximale Wertung für eine Hand also 3 Punkte im Score). Nach der Untersuchung beider Hände werden die Punkte für die einzelnen Hautveränderungen aufsummiert, um einen HEROS-Score-Wert zu erhalten. Die Dokumentation des Hautbefunds mit dem HEROS kann schnell erfolgen, da nur die (vorhandenen) Hautveränderungen dokumentiert werden (s. Beispiel in  Abb. 2).

Validierung des HEROS

Um überprüfen zu können, ob mit einem Score ein objektiver und reproduzierbarer Hautbefund zu erhalten ist, ist die Validierung des Scores durch Testung der Intra- und Interobserver-Variabilität notwendig. Bisher gibt es außer dem HEROS nur drei weitere Scores zur Befundung des Handekzems aufgrund von Hautveränderungen, die validiert wurden: den HECSI (Held et al. 2005), den OHSI (Dulon et al. 2009; Skudlik et al. 2006) und den Manuscore (John 2001). Diese Scores wurden jedoch an erkrankten Personen validiert. Die Intra- und Interobserver-Variabilität des HEROS wurde stattdessen in einem Kollektiv von arbeitsfähigen, weitgehend hautgesunden Arbeitnehmern untersucht. Die Ergebnisse der Validitätsuntersuchungen zeigten, dass die Inter- und Intraobserver-Variabilität des HEROS mit denen der anderen validierten Scores für das Handekzem vergleichbar ist (Weistenhöfer et al. 2011).

Intraobserver-Variabilität

Mit der Intraobserver-Variabilität wird die Reproduzierbarkeit eines Ergebnisses durch den gleichen Untersucher zu einem anderen Zeitpunkt geprüft, also die Abhängigkeit eines klinischen Untersuchungsverfahrens von der (momentanen) Einschätzung des Untersuchers. Für die Bestimmung der Intraobserver-Variabilität des HEROS wurden 30 Beschäftigte aus der Metallindustrie (Alter: 22–57 Jahre, Median: 46,5 Jahre) von drei Ärzten untersucht. Dabei wurde bei zehn Probanden jeweils zwei Mal (mit einem gewissen zeitlichen Abstand) von demselben Arzt der Hautbefund mit Hilfe des HEROS erhoben. Dazu nahmen die zu untersuchenden Personen hinter einem Sichtschutz Platz und streckten nur ihre Hände durch ein Untersuchungsfenster, um eine verblindete Doppeluntersuchung der Hände zu ermöglichen ( Abb. 3 und 4). Nach der Auswertung dieser Daten wurden die so erhaltenen Ergebnisse mit den statistischen Angaben der bereits validierten Scores für das Handekzem (HECSI, OHSI und Manuscore) verglichen (Weistenhöfer et al. 2011). Das schriftliche Einverständnis der Probanden und das Votum der Ethikkommission der Universität Erlangen-Nürn-berg lagen vor.

Die Hautbefunde im HEROS zeigten Ergebnisse zwischen 4 und 61 Punkten, wo-bei die zwei von demselben Untersucher bei einer Person erhobenen Hautbefunde um maximal 6 Punkte divergierten. 67 % der Hautbefunde unterschieden sich um maximal zwei Punkte. Der Korrelations-koeffizient in Klassen betrug durchschnittlich 0,977 (95 % KI 0,952–0,989), was auf eine sehr hohe Konsistenz hinweist. Die Konsistenz für die einzelnen Untersucher war gut bis sehr gut (Weistenhöfer et al. 2011).

Interobserver-Variabilität

Mit der Interobserver-Variabilität wird die Reproduzierbarkeit eines Ergebnisses durch unterschiedliche Untersucher geprüft, also die Abhängigkeit eines klinischen Untersuchungsverfahrens vom Untersucher und somit die Objektivität eines Verfahrens. Zur Bestimmung der Interobserver-Variabilität des HEROS wurden 40 Beschäftigte aus der Metallindustrie (Alter: 28–56 Jahre, Median 41 Jahre) jeweils von drei Ärzten untersucht und der Hautbefund mit Hilfe des HEROS dokumentiert. Die so erhaltenen Ergebnisse wurden dann wiederum mit den Daten der bereits validierten Scores für das Hand-ekzem (HECSI, OHSI und Manuscore) ver-glichen (Weistenhöfer et al. 2011). Die mit dem HEROS ermittelten Hautbefunde wiesen Werte zwischen 2 und 79 Punkten auf, wobei die Hälfte der Befunde weniger als 12 Punkte hatten. Die mit dem Spearman’s Rank Korrelationskoeffizienten bestimmte Interobserver-Korrelation lag im Bereich von 0,685 bis 0,819, was einer deutlichen bis hohen Übereinstimmung entspricht. Der Korrelationskoeffizient in Klassen betrug im Durchschnitt 0,940 (95 % KI 0,890–0,968), was eine sehr hohe Übereinstimmung der Untersuchungsergebnisse zeigt (Weistenhöfer et al. 2011).

Anwendung

Der HEROS hat sich bereits in mehreren großen Studien bewährt (Kütting et al. 2009, 2010). In beruflich exponierten Kollektiven wurden HEROS-Werte bis zu 81 Punkte (Kütting et al. 2010; Weistenhöfer et al. 2014), in nichtexponierten Kollektiven aus der Verwaltung bis zu 48 Punkte beobachtet. Mit Hilfe des quantitativen HEROS konnte u. a. der Hautzustand bei Beschäftigten der Metallindustrie dargestellt (Kütting et al. 2009) und die Effektivität des präventiven Hautschutz- und Hautpflegekonzepts wissenschaftlich nachgewiesen werden (Kütting et al. 2010).

Fazit

Der HEROS ist ein validierter, quantitativer Hautscore, mit dem schnell und objektiv der Hautzustand der Hände dokumentiert werden kann.

HEROS-Befundbögen sind kostenlos von der Homepage des IPASUM herunterzuladen (s. „Weitere Infos“). Ein Internet-Tool für den HEROS ist in Vorbereitung und bald über die Homepage zu beziehen. 

Literatur

Diepgen TL: Occupational skin-disease data in Europe. Int Arch Occup Environ Health 2003; 76: 331–338.

Diepgen TL, Scheidt R, Weisshaar E, John SM, Hieke K: Cost of illness from occupational hand eczema in Germany. Contact Dermatitis 2013; 69: 99–106.

Dulon M, Skudlik C, Nübling M, John SM, Nien-haus A: Validity and responsiveness of the Osnabruck Hand Eczema Severity Index (OHSI): a methodologi-cal study. Br J Dermatol 2009; 160: 137–142.

Grönhagen CM, Liden C, Bergström A, Kull I, Wahl-gren CF, Meding B: Prevalence and incidence of hand eczema in adolescence: report from BAMSE – a population-based birth cohort. Br J Dermatol 2014; 171: 609–614.

Held E, Skoet R, Johansen JD, Agner T: The hand eczema severity index (HECSI): a scoring system for clinical assessment of hand eczema. A study of inter- and intraobserver reliability. Br J Dermatol 2005; 152: 302–307.

John SM (2001). Diagnostics in the investigation of occupational skin diseases – I: Operationalisation of the clinical findings (Manuscore). In: John SM (Hrsg) Clinical and experimetal studies of the diagnostics in occupational dermatology. Osnabrück: Universitäts-verlag Rasch.

Kütting B, Baumeister T, Weistenhöfer W, Pfahlberg A, Uter W, Drexler H: Effectiveness of skin protection measures in prevention of occupational hand eczema: results of a prospective randomized controlled trial over a follow-up period of 1 year. Br J Dermatol 2010; 162: 362–370.

Kütting B, Weistenhöfer W, Baumeister T, Uter W, Drexler H: Current acceptance and implementation of preventive strategies for occupational hand eczema in 1355 metalworkers in Germany. Br J Dermatol 2009; 161: 390–396.

Skudlik C, Dulon M, Pohrt U, Appl KC, John SM, Nienhaus A: Osnabrueck hand eczema severity index – a study of the interobserver reliability of a scoring system assessing skin diseases of the hands. Contact Dermatitis 2006; 55: 42–47.

Thyssen JP, Johansen JD, Linneberg A, Menne T: The epidemiology of hand eczema in the general population – prevalence and main findings. Contact Dermatitis 2010; 62: 75–87.

Van Der Meer EW, Boot CR, Twisk JW et al.: Hands-4U: the effectiveness of a multifaceted implementa-tion strategy on behaviour related to the prevention of hand eczema-a randomised controlled trial among healthcare workers. Occup Environ Med 2014; 71: 492–499.

Weistenhöfer W, Baumeister T, Drexler H, Kütting B: An overview of skin scores used for quantifying hand eczema: a critical update according to the criteria of evidence-based medicine. Br J Dermatol 2010; 162: 239–250.

Weistenhöfer W, Baumeister T, Drexler H, Kütting B: How to quantify skin impairment in primary and secondary prevention? HEROS: a proposal of a hand eczema score for occupational screenings. Br J Dermatol 2011; 164: 807–813.

Weistenhöfer W, Wacker M, Bernet F, Uter W, Drexler H: Occlusive gloves and skin condition – is there a problem? Results of a cross-sectional study in a semi-conductor company. Br J Dermatol. 2014 Oct 15. doi: 10.1111/bjd.13481. [Epub ahead of print]

    Weitere Infos

    HEROS-Befundbogen

    http://www.arbeitsmedizin.uni-erlangen.de/pdf/HEROS_Befundbogen.pdf

    Johannisson A et al.: Prevalence, incidence and predictive factors for hand eczema in young adults – a follow-up study. BMC Dermatol 2013; 13: 14

    https://bmcdermatol.biomedcentral.com/articles/10.1186/1471-5945-13-14

    Für die Autoren

    Dr. med. W. Weistenhöfer

    Institut und Poliklinik für Arbeits-, Sozial- und Umweltmedizin

    Universität Erlangen-Nürnberg

    Schillerstraße 25/29

    91054 Erlangen

    wobbeke.weistenhoefer@ipasum.med.uni-erlangen.de

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