Grundlage für eine kompetente Beratung, Diagnostik und ggf. Therapie umweltassoziierter Beschwerdebilder und -erkrankungen ist eine fundierte wissenschaftliche Basis der Informationsvermittlung.
In dieser Ausgabe der ASU kann kein umfassender Überblick über die vielfältigen umweltmedizinischen Fragestellungen und hoch aktuellen Themen gegeben werden. Exemplarisch werden aber einzelne aktuelle Aspekte beleuchtet.
Bernd Hartmann äußert sich in einem pointierten Kommentar dazu, wie statistische Assoziationen als kausale Bezüge interpretiert werden, ohne dass überzeugende Erkenntnisse zur biologischen Plausibilität vorliegen (Beispiel Diabetes und Stickoxide).
In erster Linie zielt sein Kommentar aber auf die stark verkürzte und tendenziöse Darstellung in den Medien ab. Die Autoren der Originalstudie zum Thema Diabetes mellitus und Stickoxide haben das Thema durchaus differenzierter beleuchtet, in der Mediendarstellung ging dabei vieles verloren.
Dies ist ein typisches Problem bei umweltrelevanten Fragestellungen, insbesondere, wenn hohe politische Brisanz und ein hoher politischer Druck bestehen.
Thematisch passend dazu beschreiben Heinz Fuchsig und Manfred Neuberger aus Österreich die Rolle der Stickoxide in der öffentlichen Diskussion des Dieselskandals und plädieren hier ebenfalls für eine differenzierte Sichtweise.
Sie sind der Auffassung, dass bei Überbetonung der Stickoxide die wesentlich größere Rolle des Feinstaubs in den Hintergrund tritt und ggf. wichtige Präventionsmaßnahmen diesbezüglich unterbleiben.
Dies erscheint ein wichtiger gedanklicher Ansatz, zumal in der öffentlichen Diskussion – möglicherweise auch politisch gesteuert – die Fakten oftmals in den Hintergrund treten.
Die Innenraumthematik greift der Artikel von Julia Hurraß und Kollegen auf, wobei hier die medizinische Bewertung von möglichen Mykotoxin-Expositionen bei Feuchte- und Schimmelschäden in Innenräumen beschrieben wird.
Diese Thematik wird im Zeitalter des energieeffizienten Bauens eine zunehmende Bedeutung gewinnen und verursacht in der Praxis nicht selten erhebliche Sanierungskosten, wobei Besitzer und Nutzer von Gebäuden nicht selten auch vor unnötiger Diagnostik bewahrt werden müssen.
Schließlich stellen Beatrice Spottke und Koautoren die GESTIS-Stoffdatenbank vor, die eine hervorragende Informationsquelle bei stoffbezogenen arbeits- und umweltmedizinischen Fragestellungen darstellt.
Im Wissenschaftsteil beschreibt Manfred Albrod die Bedeutung der Raumluftkonzentration von Benzol in Verkaufsräumen von Tankstellen im Hinblick auf die Beschäftigung schwangerer Frauen.
In Innenräumen, z.B. Büros, Verkaufsräumen, gelten streng genommen die Arbeitsplatzgrenzwerte im Sinne der Gefahrstoffverordnung nicht, da keine „Arbeit“ mit dem Gefahrstoff erfolgt, andererseits kann die toxikologische Wirkung dieser Gefahrstoffe in qualitativer Hinsicht nicht anders sein als bei identischer Expositionshöhe an Arbeitsplätzen mit direktem Umgang.
Als zweiter Aspekt wird in diesem Artikel sehr gut auf die Problematik der Beratung und des Schutzes schwangerer Mitarbeiterinnen abgehoben.
Insgesamt zeigen die Beiträge in diesem Heft das breite Spektrum umweltmedizinischer Themenfelder und das hohe Ausmaß an Überschneidungen zu arbeitsmedizinischen Themen.
Autor
Prof. Dr. med. Thomas Kraus
Institut für Arbeits-, Sozial- und Umweltmedizin
Uniklinikum, RWTH Aachen
Pauwelsstraße 30
52074 Aachen