Öffentlicher Gesundheitsdienst – Bevölkerungsmedizin/-prävention
„Zur Lage der Ärztinnen und Ärzte im Öffentlichen Gesundheitsdienst“ berichten Ute Teichert und Annegret Schoeller. Sie stellen fest, dass der ÖGD immer dann verstärkt in den Blickpunkt der Öffentlichkeit rückt, wenn die Gesellschaft mit den Gefahren und Herausforderungen von Pandemien konfrontiert oder die Forderung nach verstärkten Kontrollen durch die Gesundheitsämter erhoben wird, um Hygienemängeln in Arztpraxen, Krankenhäusern und Heimen zu begegnen. Im Jahr 2015 wurden die Aktivitäten des ÖGD insbesondere im Zusammenhang mit der Masernwelle sowie vor allem in der zweiten Jahreshälfte des Jahres 2015 im Kontext mit Gesundheitsuntersuchungen und Gesundheitsversorgung für Flüchtlinge wahrgenommen. Bei Herausforderungen, die nicht oder nicht ausreichend im Rahmen der Regelversorgung im ambulanten und stationären Bereich bewältigt werden können, wird der ÖGD stärker sicht- und wahrnehmbar.
In Leverkusen läuft ein sehr spannendes Präventionsprojekt im Bereich „Betriebliches Gesundheitsmanagement“, bei dem der ÖGD auch ein Partner im Handlungsfeld ist. Die Autoren Birgit Künanz, Regina Poppelreuther und Rüdiger Schüller stellen PLAN GESUNDHEIT vor, ein Präventionsprogramm mit 1,5- bis 2-jähriger Laufzeit. Die pronova BKK, die Deutsche Rentenversicherung und der Arbeitgeber teilen sich in einer sektorenübergreifende Finanzierung die Kosten des Projekts, das ein gelungenes Beispiel für Prävention im Setting ist und neue Wege aufzeigt.
Im Unterschied zur ärztlichen Tätigkeit in Krankenhäusern oder ambulanten Praxen, sind im ÖGD auch bevölkerungsbezogene Aspekte mit präventivem Ansatz von Bedeutung. Besonderes Augenmerk ist daher im Rahmen der subsidiären und sozialkompensatorischen Ausrichtung auf Bevölkerungsgruppen gerichtet, für die kein oder ein erschwerter Zugang zur gesundheitlichen Regelversorgung gegeben ist. Über das Thema „Wohnungsverwahrlosung, Vermüllung und pathologisches Horten“ gibt Matthias Albers vom Gesundheitsamt in Köln einen spannenden Einblick in das Arbeitsfeld des Sozialpsychiatrischen Dienstes, in dem multidisziplinäre Teams sich um die betroffene Menschen kümmern.
Auch für den ÖGD ist es eine Herausforderung, ärztlichen Nachwuchs zu gewinnen. Dabei kommen mehrere Faktoren zusammen: Der ÖGD ist wenig bekannt und wird im Studium der Humanmedizin nicht gelehrt. Junge Studierende haben so kaum die Möglichkeit, ein bevölkerungsmedizinisch orientiertes Berufsumfeld als Karrierealternative für sich zu entdecken. Es gibt an den Universitäten kein eigenes Fach für öffentliche Gesundheit, wenn überhaupt, werden nur wenige Stunden als Querschnittsbereich in einem anderen Fach unterrichtet. Einen richtungsweisenden Weg hat die Universität Frankfurt eingeschlagen. Es ist dort nun möglich, einen Teil des praktischen Jahres im Gesundheitsamt der Stadt Frankfurt abzuleisten. Darüber berichten Kathrin Pientka und Renè Gottschalk in ihrem Beitrag „Praktisches Jahr im ÖGD möglich?“.