Krankenkassen bieten ihren Versicherten ab dem 50. Lebensjahr einen kostenlosen Haemoccult®-Test an. Ab dem 55. Lebensjahr besteht Anspruch auf zwei Koloskopien im Abstand von 10 Jahren. Die Koloskopie ist der Goldstandard zur Krebsfrüherkennung. Leider machen nur etwa 20–30 % der Berechtigten insgesamt von diesem Angebot Gebrauch.. Dies ist umso gravierender, als die Früherkennung beim Darmkrebs sehr gute Heilungschancen mit sich bringt.
Ein ganzheitliches Gesundheitsmanagement, das zusätzlich zu den gesetzlich vorgeschriebenen Maßnahmen beispielsweise einen Medical Check für alle Beschäf-tigten, zahlreiche Bewegungsangebote und Beratungsangebote zur Ernährung sowie vielfältige Workshops zum Thema Psychi-sche Gesundheit anbietet, ermöglicht es, Beschäftigte auch auf Themen anzusprechen, die bislang eher im Tabubereich angesiedelt sind.
Präventionstradition der Deutschen Telekom im Darmkrebsmonat März
Seit vielen Jahren bietet die Deutsche Tele-kom im Darmkrebsmonat März ihren Beschäftigten eine Vielzahl an Informationen zum Thema an: Im Intranet wird auf Risikofaktoren sowie auf präventive Möglichkeiten hingewiesen. Auch zu den familiären Risikofaktoren wird mit Hilfe des Fragebogens der Burda Stiftung informiert. Schwieriger ist die flächendeckende Umsetzung eines Vorsorgeangebots bei einem Unternehmen mit einigen tausend Standorten und etwa 120 000 Beschäftigten.
Bis zum Jahre 2008 wurde zusätzlich zu den oben genannten Informationen der von den Krankenkassen zur Verfügung gestellte Haemoccult®-Test zur Abholung in den betriebsärztlichen Zentren bereitgestellt. Die Inanspruchnahme dieser Vorsorgeuntersuchung war trotz aller Kommunikation zu gering. 2008 beteiligten sich etwa 2500 Mitarbeiter an der Untersuchung mit Haemoccult®-Testbrief. Die Abholung und Rückgabe des Tests beim Betriebsarzt war sicherlich ein Gesichtspunkt für die geringe Nutzung des Angebots, außerdem ist die Handhabung des enzymatischen Stuhltests für den Probanden aufwändig. Einer Untersuchung des Deutschen Krebsforschungszentrums zufolge sind die Ergebnisse des Haemoccult®-Test zudem denen des immunologischen Tests, speziell bei der Sensitivität, deutlich unterlegen.
Immunologischer Test als Standard
Deshalb entschlossen wir uns 2009, das An-gebot für einen immunologischen Test denjenigen Mitarbeitern, die altersmäßig am ehesten gefährdet sind, über die in unserem Unternehmen gebräuchlichste Form, nämlich per E-Mail persönlich zu senden. So erhalten seitdem alle über 45-Jährigen jeweils im März direkt das Angebot, sich über einen Link beim durchführenden Labor einen immunologischen Test (immoCare der Firma Care diagnostica GmbH) zu bestellen.
Im Jahr 2013 wurden rund 73 000 Beschäftigte angeschrieben. 15 422 forderten das Testkit an, das an die Privatadresse des Beschäftigten gesandt wird. 13 160 sandten ihre Probe an das Labor zurück.
Alle Mitarbeiter erhalten durch das Labor schriftlich ihren Befund, der den dringenden Hinweis auf eine notwendige weitere Abklärung einschließt, falls er positiv ist. Zusammen mit dem Ergebnis für den Mitarbeiter ergeht die Bitte an den koloskopierenden Arzt, eine Aussage zu den erhobenen Befunden bezüglich Makroskopie, und Histologie sowie den durchgeführten Maßnahmen zu machen.
Auf Grundlage der an das Labor zurück-gesandten Koloskopie-Ergebnisse ist die Aussage zulässig, wie viele Karzinome, fort-geschrittene Adenome sowie Polypen bei der Aktion insgesamt gefunden wurden. Diese Auswertung überzeugt auch kritische Entscheider, wenn es um die Bewilligung der jährlich anfallenden Kosten für die Aktion geht.
Gute Testorganisation und Testimonials steigern die Akzeptanz
Die Beteiligungsraten stiegen seit der Umstellung auf den immunologischen Test mas-siv an. Dafür gibt es sicher mehrere Gründe: Das Angebot für die Vorsorge kommt zwar direkt vom Arbeitgeber, die direkte Abwicklung durch das Labor garantiert den Mitarbeitern jedoch absolute Diskretion.
Der immunologische Stuhltest, der von den Krankenkassen nicht bezahlt wird, ist für unsere Beschäftigten interessant. Berichte von Mitarbeitern, die uns schildern, dass sie nur aufgrund des niederschwelli-gen Angebots durch den Arbeitgeber die Chance hatten, früh- und somit noch recht-zeitig vom Krebs befreit worden zu sein, motivieren auch Vorsorgemuffel, diese Vorsorge-untersuchung in Anspruch zu nehmen.
So schreibt uns z. B. ein Mitarbeiter, der sich im Anschluss an die Vorsorgeuntersuchung einem operativen Eingriff unter-ziehen musste: „Ich hatte keinerlei Beschwerden, hätte also keine Veranlassung gehabt, eine entsprechende Untersuchung vornehmen zu lassen. So hat diese Untersuchung mir höchstwahrscheinlich das Leben gerettet. Die Diagnose erfolgte im Rahmen der betrieblichen Vorsorgeuntersuchung. Das Angebot zu dieser, für die Mitarbeiter kostenlosen, Vorsorge-untersuchung ist Teil der Gesundheitspolitik und Kultur unseres Unternehmens. Sie steht allen Mitarbeitern offen und welch hohen Wert sie hat, das habe ich erlebt.“
Da in den ersten drei Jahren eine große Zahl von Mitarbeitern zwar das Testkit bestellte, jedoch keine Rücksendung vornahm, entschlossen wir uns 2012 erstmalig, ein Erinnerungsschreiben durch das Labor an diejenigen verschicken zu lassen, die nach vier Wochen noch keine Rücksendung vorgenommen hatten. Dies steigerte den Rücklauf erheblich. Nach Aussagen des Labors ist eine derartig hohe Rücklaufquote einmalig in Unternehmen ( Tabelle 1).
Die Aufrechterhaltung einer hohen Beteiligung und hohen Rücklaufquote bedarf einer kontinuierlichen Kommunikation. Wichtig ist es, bei der täglichen Fülle an Top-Meldungen im firmeneigenen Intranet einen herausragenden Platz zu erhalten.
Die Beschränkung auf den „Darmkrebsmonat März“ mit Aktionscharakter garantiert eine erhöhte Aufmerksamkeit für das Thema. Seit 2012 weisen wir in unserem Einladungsschreiben darauf hin, dass bereits koloskopierte Mitarbeiter Rücksprache mit ihrem behandelnden Arzt halten sollten, da sich Stuhluntersuchungen durch eine Koloskopie mit unauffälligem Befund in der Regel erübrigen. Dies könnte die etwas niedrigere Beteiligung seit 2012 erklären.
Durch unsere jährlichen Aktionen konn-ten wir mit Sicherheit auch Mitarbeiter ohne Symptome oder Befunde zur Koloskopie motivieren, was neben einer hohen Beteiligung am immunologischen Stuhltest ein weiteres Ziel darstellt.
Koloskopie-Befunde belegen den Return on Invest
Fazit: Angesichts knapper Personal- und Finanzressourcen ist die Frage nach der Sinnhaftigkeit vorgeschlagener Gesundheits-förderungs- und Präventionsmaßnahmen durchaus berechtigt. Die von uns durch-geführte Aktion bindet wenig Personal im Unternehmen und überzeugt durch einen nachweisbaren „Return on Invest“ (Kosten für die Aktion im Verhältnis zu vermiedenen Ausfalltagen). So rechnet man mit mindestens 60 Ausfalltagen für ein zu spät entdecktes Karzinom.
Die Hochrechnung der eingegangenen Koloskopie-Befunde ergab 12 Karzinome sowie 155 fortgeschrittene Adenome. Für die Mitarbeiter ist die Darmkrebsvorsorge-aktion ein wichtiger Baustein des betrieblichen Gesundheitsmanagements, der zeigt, dass die Gesunderhaltung der Beschäftigten ein großes Anliegen für den Arbeitgeber darstellt.
Autorin
Dr. med. I. Eisenacher-Abelein
Deutsche Telekom AG
Friedrich-Ebert-Allee 140
53113 Bonn