Die neue TRBA 250 wurde im gemein-samen Ministerialblatt (GMBl) der Bundesregierung bekannt gegeben und ist seit dem 01. April 2014 zu berücksichtigen. Sie konkretisiert die Anforderungen der neuen Biostoffverordnung (BioStoffV) zum Schutz der Beschäftigten in den Branchen des Gesundheitswesens und der Wohlfahrtspflege. Gleichzeitig erfolgte eine Anpassung an den aktuellen Stand von Technik und Arbeitshygiene. Die Federführung lag beim Fachbereich Gesundheitsdienst und Wohlfahrtspflege (FB WoGes) der deutschen Gesetzlichen Unfallversicherung (DGUV), der gemäß der Gemeinsamen Deutschen Arbeitsschutzstrategie (GDA) die TRBA 250 im Kooperationsmodell zusammen mit dem staatlichen Ausschuss für biologische Arbeitsstoffe (ABAS) überarbeitete. Das 19-köpfige Expertengremium stellte die Beteiligung der betroffenen Kreise, Sozialpartner sowie Berufs- und Interessensverbände sicher und wurde vom Autor, Aufsichtsperson der BGW, geleitet.
Wesentliche Aufgabe des Arbeitskreises war die Ausgestaltung der Vorgaben der EU-Nadelstich-Richtlinie 2010/32/EU. Diese war als Besonderheit im Sozialpartnerverfahren als Rahmenvereinbarung zur Vermeidung von Verletzungen durch spitze/scharfe Instrumente im Krankenhaus- und Gesund-heitssektor zwischen HOSPEEM (Europäische Arbeitgebervereinigung für Kliniken und Gesundheitswesen) und EGÖD (Euro-päischer Gewerkschaftsverband für den öf-fentlichen Dienst) ausgehandelt worden.
Hervorzuhebende Anpassungen
Der Leser findet sich in der neuen TRBA 250 besser zurecht, da die einzelnen Schutzmaß-nahmen durch Einfügung von Untertiteln, z. B. „4.1.1 Handwaschplatz“ schneller auffindbar sind. Die Ausführungen zu Persönlicher Schutzausrüstung (PSA) sind jetzt systematisch in Schutzstufe 2 zusammen-gefasst worden. Das Verhalten nach Unfällen erhält als eigenes Kapitel eine stärkere Betonung. Die TRBA 250 bietet viele Praxis-hilfen, z. B. in Form von Musterbögen an und führt einige Themen wie Ambulante Pflege, Pathologie, Veterinärmedizin oder den Einsatz von Praktikanten erstmals näher aus ( Abb. 1).
Anwendungsbereich
Die TRBA 250 findet Anwendung auf Tätigkeiten mit biologischen Arbeitsstoffen (= Infektionserreger) in Bereichen des Gesundheitswesens und der Wohlfahrtspflege, in denen Menschen (und Tiere) medizinisch untersucht, behandelt oder gepflegt werden. Darunter fallen auch Labortätigkeiten geringfügigen Umfangs in Arztpraxen und Apotheken, z. B. zur Präanalytik und Labor-schnelltests wie z. B. Eintauchnährböden. Für den veterinärmedizinischen Bereich gilt die TRBA 250 bei Tätigkeiten in Klein- und Heimtierpraxen, Pferdekliniken sowie Nutztierkliniken im Hochschulbereich. Im Anwendungsbereich sind ferner alle Tätigkeiten eingeschlossen, die der Ver- und Entsorgung oder der Aufrechterhaltung des Betriebes dienen, wie z. B. Reinigungsarbeiten oder die Aufbereitung von Medizinprodukten.
Gefährdungsbeurteilung
Die neue TRBA 250 betont die Einbeziehung arbeitsmedizinischen Sachverstandes in die Gefährdungsbeurteilung. Dabei ist vorrangig der bestellte Betriebsarzt zu beteiligen. Für die Informationsbeschaffung werden einige hilfreiche Quellen benannt. Auch die Informationsweitergabe bei der Verlegung, Überweisung, oder Entlassung von infek-tiösen Patienten oder solchen die mit infektiologisch relevanten Erregern kolonisiert sind, wird gemäß den länderspezifischen Hygieneverordnungen auf Grundlage des § 23 Absatz 8 Infektionsschutzgesetz (IfSG) thematisiert.
Die TRBA 250 definiert die drei am Arbeitsplatz maßgeblichen Übertragungswege und stellt hierfür erstmalig eine Biostoffliste zur Verfügung (s. Tabelle 1 im folgenden Beitrag, S. 32).
Die Tätigkeiten in Einrichtungen des Gesundheitswesens sind dann hinsichtlich ihrer Infektionsgefährdung den einzelnen Schutzstufen 1 bis 4 zuzuordnen. Unterstützt wird dies durch einen Katalog beispielhafter Tätigkeiten.
Mindestschutzmaßnahmen
„Herzstück“ der neuen TRBA 250 sind die aktualisierten Schutzmaßnahmen-Kapitel Nr. 4 und 5. Die Maßnahmen des Abschnitts 4.1 sind im Sinne einer „best practice“ als Mindeststandard zu sehen. Synergieeffekte ergeben sich dabei durch die parallele Erfüllung von Anforderungen anderer Rechtsgebiete wie dem Patientenschutz nach dem IfSG.
Hauterkrankungen nehmen mehr als die Hälfte aller meldepflichtigen Anzeigen des Verdachts einer Berufskrankheit bei der BGW ein ( Abb. 2). Daher erfährt der Hautschutz in der neuen TRBA 250 mit der Forderung nach Erstellung eines Hautschutzplans eine starke Betonung. Da Händewaschen grundsätzlich hautbelastend ist, wird gleichzeitig auf den Vorrang der Desinfektion verwiesen, ebenso wie auf die frühzeitige Einbindung des Betriebsarztes.
Die Auslöser für eine hygienische Hände-desinfektion nach dem WHO-Modell „My 5 Moments of Hand Hygiene“ werden benannt. Um kompatibel mit der „AKTION Saubere Hände“ zu sein, wurde der Händedesinfektion eine eigene Nummer gewidmet. Dies trägt dem Umstand Rechnung, dass die Praxis verteilt aufgestellter Desinfektionsmittelspender, etwa am Eingang von Stationen mittlerweile Usus in deutschen Ge-sundheitseinrichtungen geworden ist. Das Trageverbot (Schmuck, Ringe, Uhren) an den Händen und Unterarmen wurde um künstliche Fingernägel und Freundschaftsbänder erweitert und Anforderungen an die (natürlichen) Fingernägel wurden aufgenommen.
Der Qualifikation und Ausbildung der im Gesundheitswesen tätigen Personen kommt ein hoher Stellenwert zu. Dabei sind auch Praktikanten heute nicht mehr aus dem Arbeitsalltag der Einrichtungen wegzudenken. Die TRBA 250 bietet nunmehr im Anhang 3 eine „Handlungsanleitung zum Einsatz von Praktikanten“, sowohl im Rahmen von „Be-rufspraktika“ als auch „Schnupperpraktika“. Die arbeitsmedizinische Beratung und die Problematik minderjähriger Praktikanten er-fährt dabei besondere Beachtung.
Schutzstufe-2-Maßnahmen
Tätigkeiten, bei denen es regelmäßig zum Kontakt mit potenziell infektiösem Material kommen kann oder die Gefahr von luftübertragenen Infektionen bzw. von Stich- und Schnittverletzungen besteht, erfordern zusätzliche Festlegungen von Schutzmaßnahmen der Schutzstufe 2.
Reichen bauliche, technische oder organisatorische Maßnahmen zum Schutz der Mitarbeiter nicht aus, hat der Arbeitgeber zusätzlich PSA in ausreichender Anzahl zur Verfügung zu stellen. Die Mitarbeiter haben diese für die Dauer der Gefahr auch zu be-nutzen. Die neue TRBA 250 handelt die ein-zelnen Arten von PSA, nämlich
- Schutzkleidung,
- Schutzhandschuhe,
- Augen-, Gesichtsschutz,
- Atemschutz
nunmehr systematisch ab. Beispiele für Tä-tigkeiten, die die verpflichtende Verwendung von PSA auslösen, wie die Gefahr der Kontamination der Arbeitskleidung durch das Pflegen von Patienten mit Inkontinenz, wer-den benannt. Unter Berücksichtigung der Impfpräventabilität luftübertragbarer Erre-ger, wie z. B. Influenza-Viren, definiert die TRBA 250 den Übergang vom ggf. noch aus-reichenden Mund-Nasen-Schutz zum bereits notwendigen Atemschutz, in der Regel als FFP2-Maske.
Prävention von Nadelstich-verletzungen
In Umsetzung der EU-Nadelstich-Richtlinie fordert die TRBA 250 einen integrierten An-satz zur Minimierung des Risikos von Nadelstichverletzungen (NSV) unter Ausschöp-fung aller technischen, organisatorischen und persönlichen Maßnahmen. Dies schließt auch Fragen der Arbeitsorganisation und der Schaffung eines Sicherheitsbewusstseins mit ein. Durch eine ausreichende Anzahl fachlich geeigneter und unterwiesener Personen sind Fehlbedienungen in hektischen Arbeitssituationen zu vermeiden. Erstmals wird auch das Substitutionsgebot priorisiert. Beispielsweise kann durch Stellen nadelfreier Systeme zur Konnektion mit Gefäßzugängen oder stumpfer Kanülen beim Auf-ziehen von Körperflüssigkeiten auf spitze Instrumente verzichtet werden.
Ist der Einsatz spitzer oder scharfer Instrumente notwendig, zählt der Absatz (4) der Nummer 4.2.5 in sieben Ziffern die Bedingungen auf, nach welchen Sicherheitsgeräte einzusetzen sind. Im Wesentlichen sind das grundsätzlich Tätigkeiten mit besonderer Infektions- oder Unfallgefahr (z. B. HBV/HCV/HIV-positive Patienten) sowie Punktionen von Gefäßen. Für weitere Tätigkeiten, nicht zuletzt Injektionen ohne besondere Infektionsgefahr, ist in einer risikobasierten Gefährdungsbeurteilung der etwaige Einsatz von Sicherheitsgeräten zu prüfen. Diese müssen verschiedene Eigenschaften erfüllen und dürfen vor allem nicht Patienten oder Anwender gefährden. Erfahrungen aus dem Umgang mit verschiedens-ten Sicherheitsgeräten liegen bereits aus über einem Jahrzehnt vor. Der Anhang 4 der TRBA 250 benennt Sicherheitsgeräte, die sich besonders bewährt haben, wie z. B. Einmal-Sicherheits-Lanzetten, und solche, bei denen es Probleme in der Anwendung gibt und daher in einer Gefährdungsbeurteilung begründet momentan auf ein Instrument ohne Sicherheitsmechanismus zurückge-griffen werden darf, z. B. Shunt-Kanülen. Ein Musterbogen zur hausinternen Überprüfung aussichtsreicher Sicherheitsgeräte, z. B. in einer Abteilung, rundet das Angebot ab.
Eine umfassende Marktübersicht über Sicherheitsgeräte, z. B. auch für Port-Kanülen oder Punktionskanülen für zentrale Venenkatheter nach Seldinger, liefert das „Verzeichnis sicherer Produkte“, das die BGW und die Unfallkasse NRW auf ihr Portal „Sicheres Krankenhaus“ gestellt haben (s. „Weitere Infos“).
Verhalten nach Unfällen
Der Arbeitgeber hat ein innerbetriebliches Verfahren zur lückenlosen Erfassung von Un-fällen, insbesondere NSV und sonstigen Schleimhaut-/Hautkontakten zu potenziell infektiösem Material zu etablieren. Im Anhang 6 der TRBA 250 findet sich ein Beispiel für einen „Erfassungs- und Analysebogen NSV“, um technische und organisatorische Unfallursachen erkennen und gegebenenfalls eine Abhilfe vornehmen zu können, wobei individuelle Schuldzuweisungen zu vermeiden sind. Das Kap. 6 beschreibt dagegen das innerbetriebliche Management nach NSV, das in Abstimmung mit dem Be-triebsarzt festzulegen ist. Dazu gehören u. a. die Durchführung von Sofortmaßnahmen, die Benennung einer geeigneten Stelle, die nach einer NSV aufzusuchen ist und die serologische Kontrolle.
Hinweis: Empfehlungen zur Vorgehensweise nach NSV halten die Unfallversicherungsträger vor, z. B. als Regeluntersuchungsprogramm der BGW.
Betriebsärztliche Unterweisung
Die Beteiligung des mit der arbeitsmedizinischen Vorsorge beauftragten Arztes an der allgemeinen arbeitsmedizinischen Beratung wurde gestärkt. Diese kann beispielsweise auch in der Durchführung von Multiplikato-renschulungen oder dem Erstellen geeigneten Unterrichtsmaterialien bestehen. Die Unterweisung informiert über die gesundheitlichen Gefahren durch Infektionserreger und die Schutzmaßnahmen, über die Vor-aussetzungen, unter denen ein Anspruch auf arbeitsmedizinische Vorsorge besteht sowie über Impfangebote.
Fazit
Durch eine breite Einbeziehung der Verbände des Gesundheitswesens, der Sozialpartner und weiterer Experten konnte die TRBA 250 auf einen zeitgemäßen Stand gebracht werden. Als konsensual abgestimmte Regel enthält sie auch zu schwierigen Themenkomplexen geeignete Vorgaben zum Schutz vor Infektionsgefahren im Gesundheitswesen und in der Wohlfahrtspflege. Als aktuelles Papier, Stichwort „Ebola-Epide-mie“, gibt sie dabei Hinweise beim Auftreten von Verdachtsfällen und beschreibt detailliert die Schutzmaßnahmen, die auf Sonderisolierstationen bei der Behandlung von Patienten mit Risikogruppe-4-Erregern zu beachten sind.
Daneben kann sie als Vorlage für vergleichbare Tätigkeiten mit Infektionsgefah-ren in anderen Branchen dienen, wie z. B. bei polizeilichen Blutproben oder der Detektion von Körperschmuggelware.
Wichtig
Arbeitgeber müssen die TRBA 250 grund-sätzlich berücksichtigen. Wenn der Arbeit-geber sie anwendet, kann er davon ausge-hen, dass die Anforderungen der BioStoffV erfüllt sind („Vermutungswirkung“). Er steht dann insofern auf einer rechtlich sicheren Seite. Wählt er dagegen Lösungen jenseits der TRBA 250 muss er damit mindestens den gleichen Gesundheitsschutz für seine Mitarbeiter erreichen und dies auch in der Gefährdungsbeurteilung dokumentieren.
Weitere Infos
TRBA 250 – Biologische Arbeitsstoffe im Gesundheitswesen und in der Wohlfahrtspflege, BGW
Technische Regel für Biologische Arbeitsstoffe 250
http://www.baua.de/de/Themen-von-A-Z/Biologische-Arbeitsstoffe/TRBA/TRBA-250.html
Portal „Sicheres Krankenhaus“ der Unfallkasse Nordrhein-West-falen und der BGW: Verzeichnis sicherer Produkte
Autor
Dr. rer. nat. C. Deininger
Berufsgenossenschaft für Gesundheitsdienst und Wohlfahrtspflege (BGW)
Präventionsdienste
Röntgenring 2 – 97070 Würzburg