Statistik „Arbeitsmedizinische Fachkunde“
Die seit dem Jahr 1988 veröffentlichte Statistik „Arbeitsmedizinische Fachkunde“ zeigt die Gesamtzahl der Betriebsärzte, die betriebsärztlich gemäß §§ 3,6 UVV „Betriebs-ärzte und Fachkräfte für Arbeitssicherheit“ (DGUVV2) im Betrieb tätig werden dürfen. Sie schlüsselt diese Ärzte nach dem Ort der Tätigkeit (Bereich der Landesärztekam-mern) sowie nach Altersgruppen auf und gibt zudem seit dem Jahr 2012 den Anteil an Ärztinnen an. Die Statistik erfährt eine hohe Aufmerksamkeit bei den am Arbeitsschutz beteiligten Institutionen und Organisationen und war die Grundlage einer Studie der Bundesanstalt für Arbeitsschutz und Arbeitsmedizin, die vom Bundesministerium für Arbeit und Soziales (BMAS) in Auftrag gegeben wurde. Die Studie zeigte, dass arbeitsmedizinischer Nachwuchs notwendig ist, um den Bedarf an Betriebsärzten in den Unternehmen zu decken. Hier nun die neueste statistische Erhebung.
Statistik nach Landes-ärztekammern
Aktuell sind 12 489 Ärztinnen und Ärzte im Besitz einer arbeitsme-dizinischen Fachkunde (Stand: 31. 12. 2014). Damit ist deren An-zahl gegenüber dem Vorjahr um 0,5 % angestiegen. Tabelle 1 und Abb. 1 führen Ärztinnen und Ärzte mit arbeitsmedizini-scher Fachkunde nach Landesärztekammern auf. Der Anteil der 5202 Ärztinnen mit arbeitsmedizinischer Fachkunde gegenüber der Gesamtzahl an Ärztinnen und Ärzten liegt bei 41,7 %. Die Anzahl der Ärztinnen ist gegenüber dem Vorjahr um 1,6 % gestiegen.
Statistik nach Altersgruppen
Die Analyse nach Altersgruppen im Jahr 2014 zeigt ( Tabelle 2, Abb. 2), dass 7394 Ärztinnen und Ärzte mit arbeitsmedizinischer Fachkunde bereits 60 Jahre alt und älter sind (59,2 %). Diese Zahl ist leicht um 1,4 % angestiegen. Von diesen sind viele zwar noch betriebsärztlich tätig, jedoch ist abzusehen, dass sie mittelfristig dem Arbeitsmarkt nicht mehr zur Verfügung stehen werden. Die Zahl der unter 35- bis 39-Jährigen beträgt 287 und hat sich um 2,9 % gegenüber dem Vorjahr gesteigert.
Statistik im Zeitverlauf
Abbildung 3 stellt die Entwicklung der im Mittel ansteigende Zahl der Ärztinnen und Ärzte mit arbeitsmedizinischer Fachkunde gemäß §§ 3 und 6 UVV „Betriebsärzte und Fachkräfte für Arbeitssicherheit“ (DGUVV2) im Zeitverlauf von 1988 bis 2013 dar.
Bewertung der Statistik
Die Ergebnisse der Statistik zeigen also weiterhin einen – wenn auch nur geringfügigen – Aufwärtstrend im Hinblick auf die Gesamtzahl der Ärztinnen und Ärzten mit arbeitsmedizinischer Fachkunde. Anlass zur Hoffnung auf eine weitere Verbesserung der Situation gibt der Hinweis der Weiterbildungsakademien, dass seit einigen Jahren die Weiterbildungskurse gefüllt sind. Dennoch wachsen immer noch zu wenig Ärztinnen und Ärzte mit arbeitsmedizinischer Fachkunde nach.
Initiativen zur Sicherung des arbeitsmedizinischen Nachwuchses
Seit Jahren wird gefordert, dass die Arbeitsmedizin für den Nach-wuchs attraktiver gemacht werden muss, vor allem müssten die Ar-beitsbedingungen verbessert wer-den. Eine „Konferenz zur Sicherung des arbeitsmedizinischen Nachwuchses – Vorbeugen, Aufklären, Helfen – warum Betriebs-ärzte unverzichtbar sind“ wurde vom Ausschuss „Arbeitsmedizin“ des Bundesministeriums für Arbeit und Soziales am 14. 01. 2013 durchgeführt. In diesem Ausschuss sind Vertreter der Arbeitgeber, der Gewerkschaften, der Länderbehörden, der Gesetzlichen Unfallversicherung und der arbeitsmedizinischen Wissenschaft und die Bundesärztekammer vertreten. Im Ausschuss für Arbeitsmedizin sind somit breiter arbeitsschutz- und arbeitsmedizinischer Sachver-stand vereint. Von dieser Konferenz sind we-sentliche Impulse zur Nachwuchsgewinnung ausgegangen. Eine entsprechende Resolution wurde dort verabschiedet und auch von der Bundesärztekammer sowie dem Deutschen Ärztetag im Mai 2013 ausdrücklich begrüßt.
Aktionsbündnis zur Sicherung des arbeitsmedizini-schen Nachwuchses
Ein „Aktionsbündnis zur Sicherung des arbeitsmedizinischen Nachwuchses“ in der Rechtsform eines gemeinnützigen Vereins von der Deutschen Gesellschaft für Arbeits- und Umweltmedizin (DGAUM) wurde mit allen am Arbeitsschutz beteiligten Akteu-ren am 02. 04. 2014 gegründet. Die Bundeärztekammer ist nach § 7 Abs. 6 der Satzung des gemein-nützigen Vereins kooperatives Mit-glied. Das Aktionsbündnis veranstaltet u. a. Fortbildungen, finan-ziert Weiterbildungen und unterstützt Nachwuchswissenschaftler.
Beitrag der Bundes-ärztekammer
Ein Beitrag der Bundesärztekammer zur Nachwuchsförderung ist z. B., dass im Rahmen der Novel-lierung der (Muster-)Weiterbildung (MWBO) die Weiterbildung für den Nachwuchs weiterentwickelt und der Zugang zur Weiterbildung erleichtert wird. Es soll für die klinische Weiterbildungszeit nicht nur – wie bisher – die Innere Medizin vorgesehen werden, son-dern sie soll künftig für alle klini-schen Fächer eröffnet werden.
Es ist ferner von der Bundesärztekammer ein Fortbildungscur-riculum für Medizinische Fachangestellte (MFA) und Arzthelferinnen „Arbeits- Betriebsmedizin“ erarbeitet worden und liegt seit dem 24. 04. 2015 vor. Die MFA wird mit dieser Fortbildung befähigt, den Arbeitsmediziner und den Betriebsarzt verstärkt und umfassend zu unterstützen und zu entlasten. Unter der Verantwortung des Betriebsarztes wird die Kompetenz der MFA deutlich bei der Gefährdungsanalyse, Untersuchungen, Beratungen und der Koordination des Arbeitsschutzmanagements, Betrieblichen Gesundheitsmanagements und des Betrieblichen Eingliederungsma-nagements vergrößert. Damit ein-hergehend vergrößert sich ebenso der Aktionsradius des Betriebsarztes.
Arbeitsbedingungen
Seit Jahren wird gefordert, dass die Arbeitsmedizin für den Nach-wuchs attraktiver gemacht werden muss, indem die Arbeitsbedingungen verbessert werden. Zwischenzeitlich sind Modelle von wertschätzender Unternehmenskultur zu beobachten, die hoffnungsvoll stimmen. Überbetriebliche Dienste haben sich darauf eingestellt, dem Nachwuchs Weiterbildungsstellen anzubieten, die attraktiv sind und auf einem wertschätzenden Verhaltenskodex aufbauen. So werden von Unternehmen z. B. Weiterbildungskurse bezahlt, Fortbildungen zur Kompetenzförderung angeboten, für den Mitarbeiter Berufsunfähigkeitsversicherungen abgeschlossen und es leistet einen Beitrag zum Work-Life-Balance, in-dem flexible Arbeitszeiten und Teilzeittätigkeit, auch während der Elternzeit möglich sind. Solche Unternehmenskultur ist sicher-lich geeignet, den Nachwuchs an das Unter-nehmen zu binden.
Info
Weitere Hinweise zur näheren Interpretation der Statistik
Gegliedert nach Ärztekammer-Bereichen sowie zusammengefasst auf Bundesebene erfolgt die Angabe der Zahl der Ärzte mit den nach §§ 3 und 6 DGUVV2 Unfallverhütungsvorschrift „Betriebsärzte und Fach-kräfte für Arbeitssicherheit“ in der Fassung vom 01. 01. 2011 möglichen betriebsärzt-lichen Qualifikationen. Ausgewiesen wird somit nicht nur die Zahl der Ärzte, welche die Gebietsbezeichnung „Arbeitsmedizin“ oder die Zusatzbezeichnung „Betriebs-medizin“ zu führen berechtigt sind (§ 3 Nr. 1 und DGUVV2), sondern auch die Zahl derjenigen Ärzte, die nach Erfüllung der Voraussetzungen die Übergangsrege-lungen des § 6 Abs. 1 Nr. 1 und 2a sowie Nr. 1 und 2b DGUVV2 weiterhin über die arbeitsmedizinische Fachkunde verfügen. Die Zahl dieser Ärzte nimmt entsprechend der Konstruktion dieser Vorschriften als Übergangsregelungen seit 1988 ständig ab.
Der Rückgang der Ärztinnen/Ärzte mit ar-beitsmedizinischer Fachkunde gemäß §§ 3, 6 DGUVV2 in den Jahren 2000 bis 2002 um 10,5 Prozent ist vor allem durch die umfassende EDV-Umstellung und Neuausrichtung der Erhebungsgrundlagen in den Landesärztekammern zu erklären. Es erfolgten insbesondere Bereinigungen von Doppel- und Mehrfachnennungen unterschiedlicher Stufen der arbeitsmedizini-schen Fachkunde gemäß §§ 3 und 6 DGUVV2 und damit einhergehend die Erfassung nur der jeweils höchsten betriebsärztlichen Qualifikation eines Arztes/einer Ärztin im Bereich sämtlicher Ärztekammern.
Eine weitere EDV Umstellung einiger Landes-ärztekammern im Jahr 2011 bewirkte, dass viele Ärztinnen/Ärzte von der Statistik „Ar-beitsmedizinische Fachkunde“ mit Stand vom 31. 12. 2011 (nach §§ 3 und 6 Unfall-verhütungsvorschrift „Betriebsärzte und Fachkräfte für Arbeitssicherheit“ (DGUVV2) in der Fassung vom 01. 01. 2011) nicht er-fasst wurden. Diese wurden aber im Er-fassungsjahr 2012 wieder aufgeführt und erklärt die Steigerung der Gesamtanzahl um 7,6 Prozent gegenüber dem Vorjahr. Werden die Zahlen vom Stichtag, dem 31. 12. 1010, herangezogen, so ist die Ge-samtanzahl der Ärztinnen und Ärzte mit der arbeitsmedizinischen Fachkunde keines-falls weniger geworden, sondern konstant geblieben.
Aufbereitet von
Dr. med. A. E. Schoeller
Bereichsleiterin, Dezernat 5: Versorgung und Kooperation mit Gesundheitsfachberufen
Bundesärztekammer, Berlin
Herbert-Lewin-Platz 1
10623 Berlin